WACKEN XVIII / 04.08.2007 – Wacken, Tag 3

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Und hier endlich der Abschluss unseres Wacken-Reports. Es berichten von Massen-Circle-Pits, Spider-Schweinen, verrückten Metzgern, Kopfschmerzen, dem Schuhgrab u.v.m: Torsten, Helge, Matt und Philipp

 

TORSTEN:

Olle Kopfschmerzen – vermiesen die mir doch glatt die Freitagnacht. Doch zum Glück ist Samstachmorgen alles wieder gut. Is’ auch besser so, denn der heutige Tag ist vollgestopft mit sehens- u. hörenswerten Bands. Bevor’s um 12 mit den Proggies DISILLUSION losgeht, sorgen Kaffee und Muffins für allgemeines Wohlbefinden. Zuerst sieht es so aus, als ob nicht allzu viele Metaller Bock auf vertrackte Songstrukturen am Morgen haben. Doch kurz vor Beginn füllt sich der Platz vor der Party-Stage mehr und mehr. Wohlmeinende Reviews und einige Samplerbeiträge haben mich auf DISILLUSION aufmerksam werden lassen und ich bin gespannt, wie die Band sich live präsentieren wird. Und ich bin von Anfang an gefangen! Zwar sind die Song verschachtelt und z.Tl. sehr lang, aber trotzdem klingt das Ganze sehr harmonisch. Nicht zuletzt wegen der breiten Keybord- u. Samplerteppiche. Der Sound ist sehr angenehm und ich lass mich gerne in den musikalischen Kosmos der Band fallen. Death-Metal-Riffs paaren sich mit modernen Arrangments und komplexer Rhythmik; Grunzlaute wechseln sich ab mit klarem Gesang. Und immer wieder schöne Samplereinsprengsel. Schön! Gut! Mitreißend!  Hab’gleich den CD-Erstling „Back To Times Of Splendor“ verhaftet. 

Philipp:

Nach ein paar Stunden Schlaf wurde ich von „Spider-Schwein“-Chören geweckt. Gut so, schließlich sollten bereits um 12:50 Uhr SACRED REICH spielen! 

Das letzte Lebenszeichen der Band, die Live-Scheibe „Still Ignorant“, liegt zehn Jahre zurück, nun sollte es mit dieser Reunion ein paar allerletzte Shows geben. Erstmal schön, dass alle vier Mitglieder dabei waren, denn SACRED REICH hatten immer aus diesen vier Charakterköppen bestanden. Mit „The American Way“ hatte man keinen optimalen Einstieg gewählt. Ist zwar ein guter Song, aber zu langsam und behäbig, ein schneller Thrash-Knaller zwischen die Augen wär meines Erachtens besser gewesen. Dafür war der Sound sehr geil, richtig dick. Und spätestens mit Granaten wie „Ignorance“, „One Nation“ oder natürlich „Surf Nicaragua“ hatten SACRED REICH mich im Sack. Phil grinste über beide Backen, wenn er seinen Blick über die vielen Headbanger schweifen ließ und bedankte sich gleich mehrfach für diesen Zuspruch. Die Band konzentrierte sich auf die frühen Sachen – von „Heal“ gab es nix und von „Independent“ lediglich den Titelsong. Genau wie früher markierte das BLACK SABBATH-Cover „War Pigs“ einen weiteren Höhepunkt. Obwohl dieses Stück schon von so vielen Bands gecovert worden ist, hat die SR-Version ihre eigene Magie und gehört zum Set wie z.B. „Am I Evil“ zu METALLICA. 

Matt:
Na, da muss ich dem Philipp ja erstmal wiedersprechen. „The American Way“ ist ja mein absoluter Lieblingssong zumindest von SR. Und damit war von der ersten Sekunde an kein Halten mehr. Der Set liess aber auch nicht das geringste bischen zu wünschen übrig. Alle Kracher an Board, dass die „Heal“-Scheuibe hinten über fiel, kann man nur sagen: Zu recht, ich kann mich so richtig gar nicht mehr an dies letzte Werk von SR erinnern. Und die Hammerriffs wurden noch und nöcher geliefert, auch „Death Squad“ war dabei sowie das eher bedächtige, doch nicht minder geile „Who's to blame“. Bei den ersten Tönen von „War Pigs“ dachte ich nur, ob man von der knappen Zeit wirklich etwas verschenken muss mit dem wohl meistgecovertsten Song im Metalbereich? Naja, war aber ok, und der Mitgröhlfaktor sprach dafür, dass der nette Herr Rind und Konsorten das richtige Händchen hatten. Ein ums andere Mal lief mir eine Gänsehaut über den Rücken, und ein Blick auf meine Mitstreiter verriet, dass es nicht nur mir so ging. Geil. Highlight. Der Beschluss stand schnell fest, dass wir den netten Herrn Rind backstage auflauern, mit illegalen Substanzen vollpumpen würden, und ihn dann zwingen, einen Vertrag über die Reunion SACRED REICHs zu unterzeichnen. Leider war er nach dem Gig nicht mehr auffindbar... Meine Stimme übrigens für den Rest des Tages auch nicht...

 

Helge:

Guten Morgen, es ist Samstag und nach Frühstück und Bier rückt der Gig von SACRED REICH und die Erwartungen immer näher.Und wurde man enttäuscht? Aufgarkeinenfall!!! Die gute alte Zeit ist zurück. American Way, Surfin Nicaragua oder War Pigs klangen so frisch wie vor 15 Jahren. Das Publikum feierte und grölte die Songs mit und die Band legte eine Spielfreude an den Tag, dass ich mir die Frage stellte „Keine neue Platte mehr produzieren? Was für eine saublöde Idee“. Wirklich schade, dass ihr aufhört.

 

TORSTEN:

Kaum ist der letzte Song von DISILLUSION verklungen, heißt es beeilen. Denn gleich spielen SACRED REICH! Der Gedanke daran macht mich ganz fickrig! „Surf Nicaragua“ ohrwurmt sich durch meinen Schädel und voller Erwartung starre ich zur Bühne hoch. Die Jungs steigen mit „The American Way“ ein – ideal zum Mitbrüllen. Hah, der Sound ist fett und meine Kopfhaut prickelt (d.h. alles ist GUUUUTT!!!!)! „Ignorance“, „One Nation“ und eine spielfreudige Band, nebst einem bestens aufgelegtem Phil Rind bringen meine Old-School-/Thrash-Metal-Adern zum Schwellen. Links und rechts neben mir regiert der Pit, der auch beim unerlässlichen Black Sabbath – Cover „War Pigs“ nicht zum Stillstand kommt. Genial! Als dann endlich „Surf Nicaragua“ erklingt, bin ich überglücklich! Wiiiee geeiiilll! Was soll denn jetzt noch kommen?! 

Erstmal ein Bier – Prost! Da momentan keine mich wirklich interessierende Band spielt (und ich ohnehin noch in Nicaragua surfe), schließe ich mich Philipp an und wir schauen uns von Ferne HEAVEN SHALL BURN an. Weitere Kieler AsselInnen finden sich ein, um würdigend mit dem Kopf zum Stampftakt der Ostdeutschen zu nicken. Cool: Weil den Jungs jüngst ihr Backdrop abfackelte, hängt an seiner statt ein T-Shirt (!) im Hintergrund. Geht auch. Aber he, HSB verstehen es die Massen zu mobilisieren. Plötzlich kommt ein Riesen Circle Pit in Fahrt, der die Leute um den Mischerturm herumführt! Runde um Runde wird gedreht; immer mehr Freaks laufen mit – was für ein geiler Anblick! Selbst HSB wirken erstaunt – und die werden ja schon einiges erlebt haben. Tolle Aktion!  

Philipp:

Danach wechselten wir in mittlerweile vielköpfiger Gesellschaft zur „Party“ Stage und erlebten im Zuge des HEAVEN SHALL BURN-Gigs ein kultiges Ereignis. Die Band war eh wie immer geil und fräste ihre Mischung aus Death Metal und Metalcore durch die Boxen. Der Sänger brachte dazu lockere Ansagen, z.B. versprach er für massives Crowdsurfing freie T-Shirts – mit dem Resultat, dass sich irgendwie die gesamten ersten zehn Reihen gleichzeitig in die Luft zu erheben schienen… Dann wurde es aber noch kurioser: „So, macht mir ma einen schönen Circle Pit – bis zum Dönerstand da hinten! Beim Rückweg bringt mir bitte jemand einen Döner mit!“ Und – zum Glück habe ich Zeugen – dann ging es ab: Um die Gruppe Fress- und Bierbuden in der Mitte des Platzes herum formierte sich ein gigantischer Circle Pit. Erst rannten Dutzende dort herum, dann Hunderte, bis das Ding sich zur Massen-Stampede erweiterte. Sah das krass aus!

 

Matt:

Ja, in Sachen Publikumsanimation waren HEAVEN SHALL BURN die absoluten Meister der Wacken Tage. Da gibt es nichts gegen zu sagen, und ich bin erfreut, den größten Circle Pit aller Zeiten (du musst den Leuten einfach Vorschläge machen, die total bekloppt sind, und schon flutscht es) miterlebt zu haben. Interessant wäre nur zu wissen, ob (und wie viele) Döner der Herr Sänger denn nun mitgebracht bekam...

 
Helge:

Für den geilsten Circle Pit sorgten HEAVEN SHALL BURN. Zwar wirkten sie auf der Party Stage irgendwie fehl am Platz (größere Bühne wäre besser), aber das machten sie mit ihrer Mucke, dem obengenannten Circlepit und Massensurfen wider wett. Laut, brutal und publikumsnah präsentierte sich der Fünfer.

Der genauen Gegensatz dazu war SWALLOW THE SUN. Die Mucke war ganz in Ordnung, aber die Band selbst schlich sich irgendwie durch ihren Auftritt, wirkte schüchtern und zurückhaltend. Schade.

 

Matt:

SWALLOW THE SUN waren uns vorab von verschiedenen Doom-geneigten Seiten empfohlen worden. Und Mucke mässig war alles im grünen Bereich, aber ich kann Hellge nur zustimmen, der Übergang nach HEAVEN SHALL BURN war einfach zu krass, die Band zu selbstbezogen. Gut zum Biertrinken und traurigsein. (Wir haben aber nur eins von beidem gemacht, ratet mal, was...) Nichts desto trotz eine nette Geschichte, und plattenmäßig werde ich die Band auch mal abchecken.

 

TORSTEN:

Pause. Essen. Shoppen. Warten. Aus der Distanz höre ich das hohe Stimmchen des STRATOVARIOUS–Sängers. Interessiert aber überhaupt nicht (mehr).

Die Japaner DIR EN GREY seh’ ich von hinten. Eine derbe Geräuschkulisse aus modernen Klängen und ein Sänger, der den Verrückten mimt (inkl. blutig gehauener Visage). Nix für mich. Ich kann das Zeug nicht ernst nehmen. Bratwurst is’ besser. 

Im Zelt SECRETS OF THE MOON. Black Metal mit Atmosphäre. Ihr überzeugendes aktuelles Album “Antithesis” läuft oft bei mir. Dunkel, bedrohlich, eigenständig; eigensinnig. Satan ja, aber nicht auf Deibel komm’ raus. Sympathisch. Machtvoll. Satte Gitarren, schnelle Beats, sinistrer Gesang. Wenig Licht. „Lucifer Speaks“. Grandios! 

Da ich Dussel SAHG verpasst habe, sind SWALLOW THE SUN für mich an diesem Wochenende doomiges Pflichtprogramm. „Hope“, der aktuelle Longplayer der Finnen ist ein überraschend gutes Album geworden und so bin ich gespannt, ob live mit ebensolchen Resultaten zu rechnen ist. Das Hauptaugenmerk der Band liegt dann auch tatsächlich auf den Songs des neuen Albums, die mit ordentlich Dampf und Einsatz dargeboten werden. Bis auf den Sänger ist die Band ständig in Bewegung. Erstgenannter wirkt sehr in sich gekehrt, kommuniziert nicht mit dem Publikum und passt irgendwie nicht zum Bewegungsdrang der anderen Bandmitglieder. Naja – zumindest ist musikalisch alles im grünen Bereich. Da aber eine Band meist mit dem Frontmann steht und fällt, gibt es diesbezüglich einen faden Beigeschmack. Da geht mehr! 

So wie bei DESTRUCTION! Da werden zur Feier des Tages einfach mal drei(!) Schlagzeuge aufgebaut. Wieso? Weil auch diese Band ein Jubiläum zu feiern hat und extra deswegen alte Mitstreiter geladen hat. Und so kommt es, dass plötzlich drei Drummer trommeln, zwei Mädels mit Pom-Poms puscheln und der verrückte Schlachter Fleischstücke zerhackt und dann ins Publikum feuert. Musik gibt’s natürlich auch: „Invincible Force“, „Mad Butcher“, „Total Devastation“, „Nailed To The Cross“ und, und, und. Das volle Programm. Selbst Mr. Fisher (oder besser „Corpsegrinder“), der plötzlich hinter mir steht, ist  angetan und singt so manche Textzeilen mit. Viel Feuer, viel Rauch, viel Thrash! Jau, dat hat gerockt!  

Philipp:

Die Massen-Circle-Pit-Geschichte musste erstmal verdaut werden, so fanden wir uns erst wieder zu RAGE auf dem Gelände ein. Auf dem Headbangers-Open-Air fand ich die allerdings geiler. Heute waren RAGE wieder mit Orchester am Start, darauf steh ich persönlich nicht so. Trotzdem war es ein sehr schöner Momernt, wir fläzten uns einfach ins Stroh, fraßen irgendwelche Nudelpfannen, die Sonne schien und man lauschte den Klängen ganz entspannt nebenbei. 

Ähnlich wie SODOM hatten auch DESTRUCTION eine besondere Show mit Gästen angekündigt. Da gab es zum einen stimmliche Unterstützung bei „The Alliance Of Hellhoundz“ durch Bobby Blitz (OVERKILL), Peavy (RAGE, noch mit Handtuch um die Schultern), Oddleif (COMMUNIC) und Tom Angelripper. Später verlangte Schmier plötzlich: „I think we need some extra drumsets“ und zack fuhren Bühnenverkleidungen zur Seite, so dass nun DREI Drumkits parallel nebeneinander standen. Und die Dinger wurden dann auch noch gleichzeitig verdroschen – neben dem aktuellen Schlagzeuger Marc kloppten seine Vorgänger Sven und Olly in die Felle. Auf der Leinwand ergab das einen imposanten Anblick, wenn die Kamera von der Seite zeigte, wie die drei sich synchron bewegten. Damit nicht genug, torkelte ab und zu der Mad Butcher in blutverschmiertem Metzgerkostüm und Hackebeil über die Bühne – wenn ich das richtig gesehen hab, warf er sogar Fleisch ins Publikum. Ich hoffe doch, dass da auch Tofuschnitzel bei waren, wär ja sonst voll diskriminierend… Ach ja, Songs wollt ihr ja immer wissen: Persönliche Highlights „The Butcher Strikes Back", „Mad Butcher", „Nailed To The Cross", „Thrash Til' Death".und „Bestial Invasion“. Nach SODOM ein weiterer Klasseauftritt einer deutschen Thrash-Legende – für nächstes Jahr sind KREATOR übrigens bereits bestätigt.  

HELGE:

DESTRUCTION – hmmmm – umgehauen hat mich das nicht gerade, hat mir einfach nicht gefallen.TYPE O NEGATIVE sollte diese Band wirklich nur noch Konzerte von der heimischen Couch aus geben? Herrschte ein Redeverbot? Oder musste man in den Pause hinter der Bühne erst mal Luft holen? Trotz großartiger Songs und geiler Bühnendeko für mich eher eine kleine Enttäuschung. 


Matt:

Bei DESTRUCTION wurde es langsam RICHTIG voll, daher nahmen wir die Band von weiter weg wahr. Über die lustigen Spässchen und Mätzchen wurde ja bereits ausführlich berichtet. DESTRUCTION war ja mal eine meiner Lieblingsbands, aber wir ich feststellte ist dies doch diverse Jahre her und die Mucke sagt mir einfach nix mehr.

Bei TYPE O NEGATIVE waren wir natürlich gespannt, hatte Herr Stahl doch nach dem Fiasko des letzten Hamburger Konzerts (DreMuFueStiAs.de berichtete) einiges wieder gut zu machen. Machte er aber nicht. Zu schlapp, zu uninspiriert, zu sebstverliebt das Ganze. Natürlich ist ein TYPE O Konzert in erster Linie immer eine gigantische Selbstinszenierung, und es kommt hier nicht darauf an, wer sich am schnellsten bewegt, oder wer die lustigsten Ansagen macht. Aber ein bischen mehr Action dürfte schon sein, mein Eindruck war, dass der Großteil des Publikums diesen Gig als Pause vor der Bühne nutzte, lediglich beim Krachen „Black No 1“) kam kurzzeitig so etwas wie Stimmung auf.

Eine kleine Anmerkung am Rande noch: Als TYPE O vor einigen Jahren auf dem DYNAMO (jetzt fange ich auch noch damit an) OPEN AIR spielte, setzte mit den ersten Tönen passend zu Musik ein leichter Nieselregen an einem ansonsten strahlenden Sommertag ein, und alle fragten sich: „Wie machen die das bloß?“

Und heute?: Regnete es zwar nicht, aber während des Gigs ging die Sonne in einem riesigen roten Feuerball unter. Wow. Wie machen die das bloß?

Philipp:

Beim Warten auf MOONSORROW bekam ich nur am Rande etwas von TYPE O NEGATIVE mit. Musikalisch zwar genial, aber es gab nervige minutenlange Pausen und Peter Steele soll einen sehr fertigen und kaputten Eindruck gemacht haben. Da gräbt sich offenbar gerade jemand selbst sein Grab… 

TORSTEN:

Hah, nu bin ich auf TYPE O NEGATIVE gespannt. Den vernichtenden Konzertbericht eines DREMU-Schreibers noch im Hinterkopf, begebe ich mich zur Bühne. Und holla die Waldfee – mit viel Elan und Fröhlichkeit stürmt Hr. Stahl auf die Bühne. Angetan mit Sonnenbrille und Zylinder (mit grünem Hutband) erinnert mich der Riese an Dracula aus dem Film, der irgendwann in den Neunzigern raus kam. Aber all das ist nur Schein. Dank (oder Fluch) der großen Leinwand, die aus jeder Kameraperspektive etwas wiedergibt, erlebt man einen Musiker, welcher sich mehr und mehr der Lächerlichkeit preisgibt. Die Kamera enthüllt einen völlig mitgenommenen Steele, dessen Augen starr und glasig in die Masse vor der Bühne starren. Auch sonst habe ich den Eindruck, dass Peter S. sich total gehen lässt, denn sein ungepflegtes Äußeres (schwarz geränderte Fingernägel, ein schwarzer Schneidezahn, strähnige Haare) wirkt erschreckend Zwischen den gespielten Songs gibt’s ewig lange Pausen, die jeden Rest von Stimmung ersticken. Die anderen Bandmitglieder scheinen zwar besser drauf zu sein als ihr Meister, aber wer weiß, ob dieser Eindruck nicht auch täuschte. Zumindest Keyborder Silver sieht man die Langeweile an. Als Steele sich in einem „Basssolo“ ergeht, bohrt sich der Tastenmann ungerührt in der Nase. Steele indes hat eher Spaß daran, den Kameraschlitten mit seinem Rotwein zu segnen; das Zeug fließt über die ganze Bühne. Songs werden natürlich auch gespielt; auch drei Song der geliebten ersten Scheibe „Slow, Deep and Hard“, aber richtige Freude will sich darüber bei mir nicht einstellen. Ganz schnell weg hier; das ist pure Zeitverschwendung. Gute Nacht, P.S.! 

Zum Glück erlösen mich MOONSORROW vom New Yorker Übel. Trotz der übermächtigen Konkurrenz von IMMORTAL auf der Black Stage, ist das Zelt gut gefüllt, was MOONSORROW Dank und Respekt abverlangt. Die Finnen fangen später an, als geplant, spielen aber dafür länger als auf dem WFF. Diesmal nehmen mich die Songs noch mehr gefangen als vor Monatsfrist in Roitzschjora. Diese verdammt geilen Hymnen mit ihren tollen Arrangements ziehen mich total in ihren Bann. Ein warmes, wohliges Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. Neben mir steht ein Pärchen aus Italien, welches viele der Songs mitsingt und total abgeht. Bin selbst hin und weg. Gänsehaut und Anerkennung! Mehr davon!   

Philipp:

Mit gehöriger Verspätung begannen dann MOONSORROW, das Zelt war proppevoll und die Stimmung war ähnlich frenetisch wie bei BELPHEGOR am Vortag. Ich habe MOONSORROW jetzt zum dritten Mal in kurzer Zeit gesehen und war abermals begeistert. Ich musste unwillkürlich an ENSLAVED denken, denn auch MOONSORROW lassen den Hörer durch ein Wechselbad der Gefühle waten und verbinden extreme Gegensätze in ihren überlangen Stücken. Rasendes Geschwindigkeitsgebolze trifft auf geradezu episch ruhige Momente. Je länger die Finnen spielten, desto mehr verschmolzen Band und Publikum, bis ich zum Teil gar nicht mehr wusste, wer gerade die Chöre sang. Ohne irgendwelche Flammenwände oder Showelemente zu bemühen, erzeugten MOONSORROW eine Atmosphäre, die nicht wirklich in Worte zu fassen ist.

Dass ich gerade IMMORTAL verpasste, fand ich nicht soo schlimm. Hab sie oft genug gesehen, und die Reunion folgte im Vergleich zu POSSESSED oder SACRED REICH jetzt derart fix auf die Auflösung (2003), dass sie damit ruhig noch ein paar Jahre hätten warten können… 

Außerdem war ich eh viel zu aufgeregt, um mich auf etwas anderes zu konzentrieren, denn nun sollten MUNICIPAL WASTE folgen. ENDLICH! Auf keine andere Band war ich so gespannt, höre ich doch schließlich seit einigen Wochen „The Art Of Partying“ und „Hazardous Mutation“ rauf und runter. Ich war dann doch überrascht, wie viele Leute sich in MUNICIPAL WASTE-Shirts ins Zelt drängelten, aber offenbar haben die Thrasher sich auf der Tour mit THE HAUNTED einige Freunde gemacht. Was dann abging, hab ich noch NIE gesehen: Als der erste Ton erklang, ja sogar noch kurz DAVOR, begann der Mob in einem Circle Pit loszulegen! Es folgte eine der coolsten Shows ever. KEIN Song ohne Circle Pit! Die Band erzeugte hektische Energie, als sie ihre Old School-Mischung aus THE ACCÜSED, D.R.I. oder NUCLEAR ASSAULT runterdonnerte. Überschallgeschwindigkeit! Man zerrte einen riesigen Typen auf die Bühne, weil: „this guy looks like the singer from TANKARD! Get him up here!“. Und zu den ersten Takten von „Empty Tankard“ wurde dem Armen erstmal ein extragroßer Beer Bong in den Schlund gesteckt… Ich glaub, ich hab mich gesamten Auftritt über schlappgelacht! Sogar beim Im-Kreis-Wetzen… Zeigt mir den Typen, der zu Songs wie „Headbanger Face Rip“, „Unleash The Bastards“, „I Wanna Kill The President“, „Sadistic Magician“, „Bangover“ oder „The Thrashin’ Of The Christ“ nicht durchdreht – ich tret ihm innen Arsch. Die einzelnen Bandmitglieder schnackten in den Pausen alle gleichzeitig ins Mikro und redeten wirres Zeug, was dann oft auch in die Tat umgesetzt wurde: „Let’s do this song as fast as possible!“ Und danach: „Shall we play this one again? Faster?“ – „Yeah – as fast as possible again!“. „United Forces“ von S.O.D. gab es auch noch – „for all you speed metal punks!“ Mit „Born To Party“, dessen Refrain „MUNICIPAL WASTE is gonna fuck you up“ amtlich mitgeschmettert wurde, schien der Auftritt zu enden. Doch der Pöbel brüllte die Band noch mal zurück auf die Bühne. Ganz klar: Für mich die beste Band des Festivals.  

TORSTEN:

Gleich als nächstes gilt es einer Empfehlung Philipps nachzukommen, denn mit MUNICIPAL WASTE gibt es eine Band, die herrlich alten Thrash-Core im Stile alter D.R.I. oder auch NUCLEAR ASSAULT spielt. Und tatsächlich, dieser Gitarrensound klingt wie auf einigen Scheiben aus den 80-ern. Schon mal geil! Die Müllabfuhr-Jungs haben ordentlich Spaß inne Backen und zocken ihre Mucke mit viiieel Humor und Selbstironie. Neben diversen lustigen Texten gibt’s auch einige nette Spielchen: da werden Surfbretter und Beerbongs ans Publikum verteilt und ein Auserwählter kriegt `nen Extra großen Bong live auffe Bühne verabreicht. Echt alle haben richtig Spaß, den Aufrufen Circle Pits zu bilden, wird in wilder, gigantischer Weise nachgekommen, Bier fließt (und fliegt) in Strömen. Yeah, „MUNICIPAL WASTE IS GONNA FUCK YOU UP!“  Vollkommen richtig, hehe! Geiler Tipp, Philipp! 

Von IMMORTAL kriege ich immerhin noch mit, wie den Schwarzmetallern bei ihrem Hit “Blashirk-Mighty Ravendark” schnöde der Saft abgedreht wird. Wenn dat man nich’ Ärger gab hinter der Bühne … 

Was mich aber am meisten überrascht ist, wie viele Menschen sich jetzt auf dem Gelände befinden. Gerade wurden IMMORTAL beendet und IN FLAMES schicken sich an die Massen zu unterhalten. Vom Bühnenrand bis fast zurück zum Eingang/Ausgang erstreckt sich die feiernde, wabernde Masse. Unglaublich! Hier is’ was los! Für IN FLAMES habe ich gerade mal ein müdes Schulterzucken übrig. Dat is’ mir alles zu glatt. Massenkompitables Geseier. Was nützt ein formidabler Sound, wenn dir die Melodien nach zwei, dreimal hören aus’m Halse hängen. Ich schlängle mich Richtung Party-Stage, zu den Händlern, um noch mal CD’s zu kaufen (Sabbat, Secrets Of The Moon) und weiteren Gerstensaft zu tanken.


 

HELGE:

Die Enttäuschung über TYPE O NEGATIVE hielt zum Glück nicht lange an, denn das nächstes Highlight diese Tages, neben SACRED REICH, ließ nicht lange auf sich warten. IN FLAMES.War das ein starker Liveauftritt. Geiler Sound, tolle Bühnenshow und ein übervoller Platz sorgten für eine super Stimmung (einen Tag später gleich eine CD gekauft – musste sein).

Bei CANNIBAL CORPSE habe ich nur mal kurz reingeschaut, man muss es halt mögen dat laute Geknatter und Gegrunze. Für mich war dat nix.

Also noch ein Bier dann müde und erschöpft und mit einem glücklichem Grinsen zurück zum Zelt und das Festival ausklingen lassen.Geil war`s !!

Mann kaputt!?Held Helge 

Philipp:

Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, war es bereits so 02.00 Uhr und ich dachte, ich hätte 1349 verpasst. Doch die Verspätung im Zelt hatte sich mittlerweile auf ca. 1,5 Stunden ausgedehnt (was einige Leute schwer genervt hat). Für mich eher Glück, denn ich ging zufällig am Zelt vorbei, als gerade das Intro von 1349 ertönte. Geil, da hab ich natürlich noch den ganzen Auftritt mitgenommen. Der Name 1349 bezieht sich übrigens auf den Höhepunkt der Pest in Europa bzw. Norwegen, genau passend für so misanthropische Mucke. Meine Güte, ham die losgeballert und ihre Rüben geschüttelt! SATYRICONS Frost knüppelte wirklich alles in Grund und Boden und der Sänger war angenehm aktiv, erinnerte mich von den Bewegungen und von seinen einpeitschenden Ansagen her an Legion (Ex-MARDUK). Das Zelt war nur viel zu gut besucht, daher wurde man ordentlich hin- und hergeschüttelt und konnte sich kaum darauf konzentrieren selber abzugehen. Egal, ein guter Abschluss!  

Hätte ich dann nur nicht noch die Jungs von INSTINCT OF SURVIVAL getroffen, die mit MUNICIPAL WASTE unterwegs waren, und den ollen KLARTEXT-Gerrit, der unglückseligerweise am St-Pauli-Stand arbeitete und Zugriff auf die damit verbundenen Getränke hatte… Ich hör lieber auf…


 

TORSTEN:

Zwischenzeitlich haben CANNIBAL CORPSE ihr Schlachtfest eröffnet, aber ich stehe am Zelt und warte darauf, dass endlich 1349 anfangen. Da VITAL REMAINS NICHT spielen, hat sich der Zeitplan der Zeltbühne aber abartig verzogen. Momentan spielen UNHEILIG ihren Elektro-Rock. Der klingt so scheiße konservig, dass es bald einer Belästigung gleichkommt, zuhören zu müssen. Tolle Texte wie: „Flieg mit mir zum Mond“ (oder so ähnlich) tun ihr übriges… CC knüppeln sich tight durch ihren „Best Of“- Autritt, freuen sich immer noch, dass Christal Jenal keine Macht mehr über sie hat (brutal, aber gut – „Hammer Smashed Face“) und lassen ein Video mitfilmen. Aus der Distanz des Zeltes wirken die Metaller vor der Black Stage schon etwas müde, doch es ist noch nicht vorbei. Im Zelt dürfen UNHEILIG noch Zugaben spielen, was bei vielen Extrem-Metallern ÜBERhaupt nicht ankommt. Einige Erboste ziehen ihren Stinkefinger und grüßen damit im Takt den „unheiligen“ Sänger (schick im Anzug). Coole Aktion, hehe! Doch irgendwann hat auch dieser Spuk sein Ende und es ist Zeit für Pestilenz und Verderben. Oder schlichter ausgedrückt: 1349 - die letzte Band des Festivals. Viel Nebel und rote Scheinwerfer tauchen die Bühne in höllisches  Licht. Zwei Fackeln tauchen auf und die eine wird zu einer Flammensäule. Dann ist Inferno! Rasende Black Metal-Geschosse durchteilen den Nebel, in dem die Musiker nur schemenhaft auszumachen sind. „Hellfire“! Obwohl nur wenige Songs dieser Scheibe gespielt werden und ich mit unbekannten Sachen Vorlieb nehmen muss, fahre ich auf die düstere Stimmung, die entsteht, voll ab. Rabiat und roh, naja auch ein bißchen theatralisch, doch trotzdem einnehmend ohne Ende. Geschrote mit black-metallischem Niveau. Eine perfekte Show, die das diesjährige W:O:A würdig beschließt! 

Als Fazit bleibt zu sagen, dass es trotz der immensen Größe immer noch ein nettes, entspanntes Festival war. Man kann nur von Glück reden, dass das W:O:A 07 nicht dem Wetter zum Opfer fiel. Ich sag’ „Danke!“ an alle Helfer, die es möglich gemacht haben, dass das Festival doch noch stattfinden konnte!!! Schönen Dank auch an Claudia und Sven für’s mitnehmen und die nette Gesellschaft! Respekt an alle Rollstuhlfahrer, die sich trotz des Schlamm-masels nicht aus der Ruhe und der Feierlaune bringen ließen! Ihr seid die Härtesten! 

Aber es ist auch anzumerken, dass das Gelände für so viele Menschen dann doch zu klein wurde. Das Nadelöhr Party-Stage oder die Enge im vorderen Bereich des Zeltes sprechen für sich. Da müssen Veränderungen her mehr (mehr und größere Ein- u. Ausgänge). Dann wird auch 2008 ein cooles Fest mit zufriedenen Metallern. 

Torsten 

Kommentare   

0 #3 Matt 2007-08-31 20:55
Hab meinen Senf auch noch dazugequescht, damit ist der Artikel endlich fertig. Ja Hendrik, du HAST was verpasst. Aber von dem 'Interview', dass wir angestachelt von Dir mit Bobby Blitz Ellsworth wegen THE CURSED geführt haben, berichten wir an anderer Stelle...
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0 #2 hendrik 2007-08-31 20:55
Verdammich, SACRED REICH hätte ich auch gerne gesehen. Vielleicht lassen sie sich ja vom Erfolg der Shows umstimmen...
Blitzkrieg, Lightning War!
Hendrik
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0 #1 Philipp Wolter 2007-08-31 20:55
Matts Beitrag wird von ihm noch live dazu reingehackt... stay tuned...
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