WACKEN XVIII / 03.08.07 – Wacken, Tag 2

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Matt:

„Wacken kaputt!“

wacken heil

hätte es auch gut als Einleitung für den Bericht heißen können. Wie Philipp schon vermeldete, war Land unter in Wacken. Die Horrormeldungen über ein Festival, das im Schlamm versinkt, häuften sich in der Woche vor dem WOA. Um 16 Uhr am Donnerstag fiel die Entscheidung: Absage oder nicht. Nachdem die Helfer die ganze Woche am Rödeln waren, und dabei tonnenweise den Boden abgetragen hatten (die Dokumentation zu den letzten Vorbereitungstagen lief spannenderweise zwischen den Bands auf der Leinwand), hieß es schließlich: Wir versuchen es! Ob es wirklich eine Wahl gegeben hat? Ich habe meine Zweifel, da viele der letztlich über 70.000 Zuschauer bereits angereist waren (viele von außerhalb Deutschlands), hätte es wohl eine Revolution in Wacken gegeben – oder das Festival hätte trotzdem stattgefunden – dann eben ohne Bands und Buden. So war es wohl der bessere Weg, das Glück zu versuchen. Witzigerweise besserte sich das Wetter ab Freitag. Es wurde eines der heißesten Wacken-Wochenenden und vor der Bühne brannte es sogar wegen der Trockenheit! (s.u.)

(Alle Fotos unter http://picasaweb.google.com/dremufuestias/Wacken2007FotosByDocDoomMatt

Matt:

Wegen Maloche konnte unser Tross erst am Freitag morgen anreisen, also düsten Marc und ich los nach NMS, um Helge aus dem Zug aus Bayern abzuholen und anschließend Richtung geheiligtes Land loszuflitzen. Dort angekommen erwartete uns die erste positive Überraschung: Am Kartenschalten stand exakt KEINER. Ich erinnere mich noch an das WOA vor zwei Jahren, als wir hier zwei nette Stunden mit viel Bier verbringen durften. Die zweite Überraschung: Sonnenschein noch und nöcher! Naja, wenn Banger reisen, lacht der Himmel,gelle?


Philipp:

Weiß gar nicht mehr, wie ich es geschafft habe, aber ich war doch tatsächlich gegen 10.30 Uhr abmarschbereit um mir THE BLACK DAHLIA MURDER anzusehen.

Auf dem Weg wurde ich wegen meines Shirts angesprochen, dessen Rückenaufdruck verlautete: „Maritim und Asozial!“. „Äh, was bedeutet denn maritim?“, wollte so’n Typ wissen, der offenbar tief in den Bergen wohnt. Und mir fiel nur ein: „Dat is ’n Hotel, du Wixer!“. „Ach so…“


Interessant auch, dass auf dem Gelände eine Festivalzeitung verscherbelt wurde, die man für 50 Cent erstehen konnte (30 Cent waren als Spende für einen guten Zweck vorgesehen). Irgendwie abgefahren – eine Art Tageszeitung (Herausgeber sh:z) mit Festivalneuigkeiten, die immerhin am zweiten und dritten Tag erschien und jeweils auf 24 Seiten vom Vortag berichtete…


THE BLACK DAHLIA MURDER hatten trotz der frühen Uhrzeit einen ordentlichen Mob vor der Bühne. Ich war gespannt, denn dies war eine der fünf Bands auf meinem persönlichen Fahrplan, die ich noch nie gesehen hatte. Geil, der Sänger hatte eine Statur wie Jack Black und sprang hyperaktiv auf der Bühne herum, das gefiel schon mal. Die Musik war herrlich rüpeliger Death Metal mit fiesen Blastbeats, guten Riffs und beachtlich gut gezockten Soli. Es gab immer mal wieder technische Pannen, die der Sänger gekonnt überbrückte: „Who’s drunk alrady? Really? That’s impressive! You are impressive. (Could use a beer myself)“ Sowieso beeindruckend, wie die Amis Ansagen wie „the next song is about turning into a fucking wolf“ bringen können, ohne dabei eine Miene zu verziehen… Insgesamt weit besser, als ich erwartet hatte!


Helge:

„Petrus ist ein Metalhead!“ Nach dem es so aussah,als würde das W.O.A. im Wasser ersaufen hat sich Petrus doch als wahrer Metal-Fan erwiesen und zur richtigen Zeit die Wolken vertrieben und die Sonne angeknipst. Danke Alter! Eine weiteres großes DANKE! Geht an das W.O.A.-Team das durch harte Arbeit und Trockenlegungen mal wieder ein Wahnsinn Festival auf die Beine gestellt hat. Hat echt Spaß gemacht.

Es ist Freitag morgen, bin gerade aus dem Nachtzug gestolpert und mit Marc und Matt auf dem W.O.A. angekommen. Als erstes mal das Zelt aufbauen und standesgemäß Richtfest feiern.

Als erste Band stand BLACK DAHLIA MURDER auf dem Programm.

Diese haben mich trotz Empfehlung nicht überzeugt, da ich den Gesang als ziemlich Anstrengend und nervend empfand – oder ich war einfach noch zu müde.


Matt:

Mittlerweile hatten wir flugs unser Zelt aufgebaut und waren tatsächlich rechtzeitig zu BLACK DAHLIA MURDER startbereit, von denen wir auf dem Festivalgelände noch die letzten Töne mitschnitten. Nettes Gebrate, für uns eher der Soundtrack um mal flugs das Gelände abzuchecken.

Schnell ging es wieder zur Hauptbühne zurück, denn AMORPHIS kündigten sich an und an die hatte ich vom letzten Konzert noch beste Erinnerungen. Doch stattdessen sahen wir IN FLAMES. Aber nicht die Band, sondern jemand hatte es geschafft, die Unmengen an Stroh, die zum Abdecken des Schlamms vor die Bühne gekarrt wurden, in Brand zu setzen. Zunächst dachten wir, was für eine derbe Nebelshow auf der Bühne. Es dauerte ein bischen, bis wir checkten, dass das Ganze sich doch mit deutlichem Abstand VOR der Bühne ereignete. Dann kam auch schon eine entsprechende Durchsage und wir konnten live die legendären Wacken Firefighters in Action bewundern. Dieses Ereignis wirbelte den ganzen Zeitplan doch mächtig durcheinander und so ging es erstmal mit den Grunzlegenden von NAPALM DEATH weiter.






Torsten:

Samstag penn ich doch länger als gedacht, esse gemütlich Frühstück und mache mich zu AMORPHIS auf den Weg zum Gelände. Die Leute vor der „Echt-Metal-Bühne“ sind sehr entspannt. Aber nur solange bis es ihnen zu heiß wird. Aber nicht die Sonne ist schuld – eine Kippe sorgt für „Höllenstimmung“. Plötzlich nämlich fängt es an zu brennen! Ruck-Zuck greifen die Flammen im trockenen Stroh um sich. Der Wind treibt die Flammen in Richtung der zwei großen Bühne und nur mit viel Zureden gelingt es einem Verantwortlichen den Platz vor der Bühne frei zu kriegen. Die Wackener Feuerwehr hat alle Schläuche voll zu tun, ein weiteres Übergreifen der Flammen zu verhindern. Aufgrund der Löscharbeiten verschiebt sich die Anfangszeit von AMORPHIS nach hinten.


Helge:

Kein AMORPHIS, dafür aber ein Feuer. Das aus gebrachte Stroh zum trocknen des Bodens hatte Feuer gefangen und endlich konnte man die Wacken Fire Fighters mal so richtig in Aktion erleben. Wasser statt Blasmusik. Das brachte die Running Order ein bisschen durcheinander.

Also als nächstes NAPALM DEATH. Schlagartig war ich wider munter, denn das war ein geiler Sound, lautes Geknatter und ein Barney der vor dem Auftritt irgendetwas geiles zu sich genommen haben muss, so wie der auf der Bühne abgegangen ist – das Zeug will ich auch. Ein ziemlich guter überzeugender Auftritt.


Philipp:

Beim Wechsel zur „True Metal Stage“ erlebten wir hautnah den Ausbruch des legendären Feuers am Samstag: Jemand hatte wohl eine noch brennende Kippe ins mittlerweile knochentrockene Stroh geworfen. Ich schwör’s, einen Meter von uns entfernt leckten die ersten Flammen hoch, die in Windeseile um sich griffen. Wir versuchten, das Feuer einzudämmen, indem das Stroh drumherum mit den Füßen zur Seite getreten wurde, aber keine Chance, das Feuer war schneller und hatte bald bedrohliche Ausmaße angenommen. Securitys kamen mit zwei, drei Feuerlöschern, die jedoch auch nichts ausrichteten. Teile des Feuers waren erstickt, aber Stroh glimmt in unteren Schichten weiter und fupp – waren die Flammen wieder da. Na ja, schließlich kam die Feuerwehr mit feisten Schläuchen und per Ansage wurde das Publikum durch die gigantische Rauchwolke zur „Black Stage“ rüberdiktiert.


AMORPHIS wurden daher zeitlich verlegt, da sie als nächste auf der „True Metal Stage“ an der Reihe gewesen wären. Fand ich egal, da mich die Band schon lange nicht mehr interessiert. Dafür wurden auf der benachbarten „Black Stage“ NAPALM DEATH vorverlegt, die normalerweise ca. ’ne halbe Stunde später hätten zocken sollen. Bitter für diejenigen, die sich erst zum offiziellen Beginn der Birminghamer auf den Weg gemacht hatten.


NAPALM DEATH sind eine der wenigen Extrem-Combos, die in jeder Situation bestehen können und auch nicht lediglich von ihrer Vergangenheit leben. Ich mein, die Band existiert seit 26 Jahren (!) und ist immer noch relevant! Und auch die Größe der Bühne, der anfänglich etwas mumpfige Sound und die sengende Hitze konnten Barney und Co. nicht stoppen. Munter metzelte man sich von Song zu Song, der Sound wurde stetig besser, die Moshpits stetig größer, Barneys Ansagen gegen Kirche und Staat im üblichen Slang stetig angepisster. Neben mir drehte ein Engländer komplett durch und kreischte mit aufgerissenen Augen unverständliches Zeug (ich verstand zwischendurch nur: „That’s the real thing! The real fuckin’ thing! Aaargghhh“). Zur durchschlagenden Wirkung trug wie immer auch das abartige Gekreisch von Gitarrist Mitch Harris bei. Obwohl ich die Band in den letzten Jahren sehr oft gesehen habe, waren keine Abnutzungserscheinungen spürbar – NAPALM DEATH markierten ein Highlight aufm W:O:A ’07.


Torsten:

Es geht nun mit NAPALM DEATH weiter. Jawoll – schön auf’s Maul am frühen Morgen, hehe! Anfangs ist der Sound noch nicht optimal, doch nach und nach erreichen die Briten ihre volle Durchschlagskraft. Aufgrund der kurzen Spielzeit beschränken sich Barney und Co auf’s Wesentliche. „Suffer the children“, „Scum“ (20-jähriges Jubiläum DER Grind-Scheibe), „Breed To Breathe“ – das üblich-fette Gemetzel. Auch neue Songs fehlen nicht. Und immer wieder herrlich ist es „…Fuck Off“ zu brüllen, wenn Frontbär Barney vorher „Nazipunks…“ ins Mikro haucht! Hach – wie schön!!!



Philipp:

Scheiße, Mann. Knete fast alle, Handy-Guthaben ganz alle. Da half ein Spaziergang ins Dorf. Ho ho, da war ja bald mehr los als auf dem Gelände! Die Wackener sind mittlerweile professionell geworden, was den Verkauf von Fressalien und Bier angeht. Da wird nicht mehr einfach ma ’ne Palette Bier in den Vorgarten gepfeffert und Omma dahintergestellt. Nee, mittlerweile findet man auf nahezu JEDEM Grundstück Bierzelt, Zapfanlage, Beschallung, Verkauf von Campingutensilien… Und wer sich von der Konkurrenz abheben will, der veranstaltet Happenings wie Rülps-Contest, Schrei-Contest oder Luftgitarrencontest!


Torsten:

Von AMORPHIS krieg ich dann irgendwie nicht viel mit. „Black Winter Day“ erinner’ ich noch. Bin am schnacken, trinken und schnacken – oder umgekehrt? Muss mir die Finnen noch mal in einem Club ansehen …

Unglücklicherweise spielen POSSESSED und VOLBEAT zur selben Zeit. Scheiß Überschneidungen! Auch die „Brandverschiebungen“ ändern nichts an dieser Tatsache. In der Hoffnung noch eine halbe Stunde VOLBEAT mitzukriegen, mache ich mich auf zur PARTY-Stage. Doch getäuscht - statt um 14:00 Uhr spielen nun beide Bands um 15:00 Uhr. Schnell zurück vor die Schwarze Bühne. POSSESSED haben gerade angefangen – und ich übergebe an dieser Stelle an Philipp, da der die älteren Rechte hat und einfach prädestinierter ist, als ich es bin …

Ich bin jedenfalls nicht weniger glücklich und gerührt als das einzige Originalmitglied Jeff Beccerra! Toll!!!


Philipp:

Eine der nervigen Überschneidungen dieses Jahr war für mich VOLBEAT und POSSESSED. Aber da ich VOLBEAT gerade auf dem WFF gesehen hatte und POSSESSED zum letzten Mal auf der ’86er Tour mit KREATOR und CELTIC FROST, entschied ich mich für Jeff Becerra und seine Jungs. Klar, letztere waren allesamt keine Originalmitglieder, sondern ursprünglich wohl die Mitglieder von SADISTIC INTENT, die seit 2007 mit Jeff Becerra gemeinsam als POSSESSED firmieren. Bekanntermaßen ist Becerra 1989 von einer verirrten Kugel getroffen worden und seitdem querschnittsgelähmt – er sang also im Rollstuhl. Da saß er also und grinste über beide Backen über den gigantischen Zuspruch. Hätte er wohl nicht gedacht, dass wir ihn nicht vergessen haben, aber immerhin haben POSSESSED mit „Seven Churches“ einen Klassiker fabriziert, der nicht nur meine musikalische Sozialisation tief geprägt hat. Los ging es natürlich mit dem kultigen Intro ebenjener Platte und krachbumm gab es „The Exorcist“ auf die Glocke. Die aktuelle Besetzung spielte sogar technisch etwas besser als die Originalleute, wenn ich mich recht entsinne. Geil auch, dass man nicht nur das Debut bedachte, sondern zudem „The Heretic“ und „Tribulation“ von der unterbewerteten „Beyond The Gates“ sowie „Confessions“ & „“My Belief“ von der Mini „The Eyes Of Horror“ brachte. Den definitiven Höhepunkt verkörperte aber „Death Metal“, von Jeff Becerra unnachahmlich geschrieen und begleitet aus Tausenden heiserer Kehlen. Welcome back!


Matt:

Nach der den Vorrednern trefflich beschriebenen NAPALM Walze nun also doch noch AMORPHIS. Diese hatte ich lange nicht gehört und stellte fest, ich habe auch nix verpasst. Irgendwie hatte ich die Finnen wesentlich abwechsungsreicher in Erinnerung. Dieser Gig verlief in einem gleichbleibenden Tempo zu einem relativ uninsirierten Mid-Death Brei. Uninteressant. Also schnell weiter zum Hot Dog Stand und nen Riesenhotdog in die Platze gedrückt, denn wir wollten ja fit sein für VOLBEAT:

volbeat

Helge:

Jetzt aber zu AMORPHIS. Das soll nur True Metal sein? Also ich weiß nicht.

AMORPHIS haben irgendwie viele Elemente in ihrer Musik, besonders im Gesang, was die Band für mich sehr interessant machte. Ihr Platz wäre mehr zwischen den beiden Hauptbühnen gewesen, der so genannten True-Death-Metal-Stage.

VOLBEAT haben mich mit ihrem Erstlingswerk „The Strength....“ überzeugt und live kam es genauso gut rüber – cooler Rock`n`Roll aus Dänemark eben, was will man mehr.

Auf der Wet Stage spielten fast zur gleichen Zeit TORTURE SQUAD also rübergewangt und angeschaut.

Geeeeil kann ich dazu nur sagen. Schöner Thrashmetal aus Brasilien, erinnerte mich ein wenig an Testament/Anihilator und die Jungs fegten wie wild über die Bühne und brachten ordentlich Stimmung in das Zelt.


Matt:

Yo, Aller. VOLBEAT waren mir natürlich als Dremu-Teammember ein Begriff, nur gesehen hatte ich die Danskis noch nicht. Naja, netter Schradel Rock n Roll mit Elvis Gesang. Es gab mal ne deutsche Underground Band die so ähnlich klang... Ich komm nicht auf den Namen. Egal! VOLBEAT waren auf jeden Fall nett, für mich (obwohl hoch-affin für solche Musik) aber heute nicht das, was ich hören wollte. Ich will doch Metal-Geschrammel! Sorry Jungs, aber VOLBEAT geb ich mir lieber nochmal in nem hot'n'sweaty Club.

Da POSSESSED uns nicht so sehr interessierten, ging es ab ins Zelt, wo man in den vergangenen Jahren immer wieder einige Perlen entdecken konnte. Natürlich erheischten wir unterwegs einen Blick auf POSSESSED und deren Rollbestuhlten Frontman. Darf man darüber überhaupt schreiben? Ich fand es jedenfalls cool, das so etwas möglich ist, und hoffe nur, dass POSSESSED nicht versuchen, aus dem Exotenstatus Ihres Sängers Kapital zu schlagen. Das würde die Normalität der Szene leider ad adsurdum führen. Ich fürchte nur, dass genau das passieren wird.

Ins Zelt: Wie Helge schon berichtete, spielte dort eine nette brasilianische Combo namens TORTURE SQUAD auf. Und original sahen wir: TESTAMENT zu „Legacy“ Zeiten! Der Eindruck entstand aufgrund der Mucke – die Songs hätten alle auf TESTAMENTs Erstlingswerk Platz gefunden. Der Gesang tat sein übriges -schön mit Chuck Billy mäßigen Grunts und Gekreische. Und die Illusion wurde durch das Aussehen des Frontmannes perfekt gemacht: Wallemähne und beeindruckende Statur liessen den jungen Billy wiederauferstehen. Schön old-school! (Und das sag ich!)

 

Über THERION hatte ich im Vorfeld viel Gutes gehört und stellte nun fest, dass das wohl schon lange her gewesen sein muss. Uninspiriertes Geheule mit klirrenden Gitarren, die meine Nervern als Saiten benutzten – nix wie weg, flüssige und feste Nahrung aufnehmen!

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Philipp:

Durch die Verzögerungen war nun nicht mehr genug Zeit, um vor SABBAT eine Pause einzulegen. Von GRAVE DIGGER schaute ich mir aus der Ferne ein paar Songs an, die sich auch gewohnt kultig anhörten, aber dann war es Zeit sich rechtzeitig ins Zelt zu drängeln.


SABBAT scheinen es mit der Reunion ernst zu meinen – ich konnte sie dieses Jahr bereits auf dem KIT erleben, wo sie einfach nur grandios waren. Heute spielten sie auf genau diesem Niveau, vielleicht bei noch besserem Sound und ähnlich begeistertem Publikum. Neben mir zeigte sich Eric Harkonnen als erstaunlich textsicher und brüllte ganze Passagen der komplexen Texte Martin Walkyiers mit. Der kleine Sänger wetterte beeindruckend gegen Kirche („The Church Bizarre“) und Faschismus („Behind The Crooked Cross“). Der völlig eigenständige Thrash der Briten kombiniert mit diesen Texten lässt SABBAT auch 20 Jahre nach Entstehung von „History Of A Time To Come“ völlig zeitlos und einzigartig erscheinen. Meine Gänsehaut war jedenfalls zentimeterdick, als uns „The Clerical Conspiracy“, „The Best Of Enemies“, “Hosanna In Excelsis“ oder „A Cautionary Tale“ in den Bann zogen.


Jetzt konnte ich endlich mal pausieren, denn die folgenden Bands TURBONEGRO, LACUNA COIL und J.B.O. find ich alle jeweils kacke.


Matt:

LACUNA COIL ist auch nicht so meine Musik, aber heute habe ich mir die Italiener gerne gegeben. Mann/Frau Teams am Mikro sind mir zwar prinzipiell ein Gräuel, aber bei LACUNA COIL störte mich dies wenig. Vielleicht lag das auch am Auftritt der Frontfrau, die weder als Opendiva im schillernden Ballkleid, noch als abgewarzte Metalschlampe daherkam, sondern einfach mal ganz normal. Nett wars, wird aber trotzdem nicht den Weg in meinen Plattenschrank finden, dafür ist es doch zu „nett“, glatt und vorhersehbar. Neulich hab ich irgendwo den geilen Spruch gelesen „Nett ist die kleine Schwester von Scheisse“ - höhö, aber so schlimm war es nicht.


Torsten:

Bis zum Beginn von SABBAT wird der Leber noch was zu tun gegeben und ein kleines bisschen gegraveddiggert. Olle Boltendahl kreischt wie immer (am Spieß), aber beim Thema Old School steht mir der Sinn eher nach „Insel-Thrash“. Also schnell zur Zeltbühne, zu England’s Finest SABBAT. Dort herrscht schon eine gespannte Ruhe. Viele Fan’s sind’s nicht gerade, aber die die da sind, wissen noch wie’s 1988/89 abging. Und kaum ist das Intro verklungen, ist der Jubel groß, als Frontmann Martin Walkyier und seine originalen Spießgesellen loslegen. Darunter, an der Gitarre, Produzentenkönig Andy Sneap. Zwei Scheiben haben SABBAT damals veröffentlicht: „Dreamweaver“ und „History Of A Time To Come“ ( hab damals Songs vom DDR-Radio mitgeschnitten), und von beiden gibt’s alle Songs, die mir wichtig waren und sind. Die Zuhörer drehen durch und Martin dirigiert dieses Chaos mit seinen z.Tl. dt. Ansagen und seinem Pathos, das nichts von seiner Magie verloren hat. Der knackt wohl jedes Publikum. Hinter mir stehen zwei Drittel von Wladimir Harkonnen und grölen die Texte mit. Besonders Drummer Eric steht dat Freudenpipi inne Augen. Is’ aber auch ein geiles Gefühl Thrash-Klassiker wie „Hosanna In Exelsis“ oder „I For An Eye“ live zu hören und zu sehen. So könnte es noch ewig weitergehen, doch andere Bands wollen auch noch ran und so wanken wir am Ende glücklich und leicht benommen ins Sonnenlicht zurück.


Helge:

Zu JBO sag ich mal lieber nichts. Lest Matt´s Kritik.

Weiter ging es mit DRONE auf der Wet Stage. Gesamteindruck: Wer MACHINE HEAD mag, wird an DRONE gefallen finden. Echte starker Auftritt der vier Jungs, sowie eine sehr gute Kommunikation mit dem Publikums was man von einigen anderen nicht sagen kann.

drone

LACUNA COIL waren gut, aber erwartet habe ich ein bisschen mehr. Sie haben ihre Songs – überwiegend von der Karmacode – gut rübergebracht, aber so richtige Kracher fehlten einfach.


Matt:

Die J.B.O. Kritik war die Einzige, die ich bereits auf dem Festival fertig geschrieben hatte:

KOTZ!

Dann doch lieber wieder ins Zelt, wo DRONE aufspielten. Metalcore wird im Moment ja wohl wieder ziemlich gehypet, und daher schaffen es auch viele Bands minderer Qualität auf große Bühnen. DRONE gehören definitiv nicht dazu! MACHINE HEAD kennen die Jungs auch, aber insgesamt präsentierten sie sehr eigenständigen ...naja... Metalcore halt... Groovy, fies, hart, mit geilem Gesamg und guter Interaktion mit dem Publikum, dass dieses Fest dankbar annahm und die Band abfeierte (es war mittlerweile im Zellt prippenproppenvoll). Wonderbar!


Philipp:

Dafür war ich richtig gespannt auf ENSLAVED, denn obwohl ich die Band bereits seit ihrem Klassiker „Frost“ liebe, konnte ich sie noch nie live sehen. Ich war nicht sicher, ob viele Menschen der Band auf ihrer Reise in immer abgefahrenere Gefilde gefolgt sind. Experimentell bis hin zu 70er-Prog-Einflüssen, blieben ENSLASVED jedoch auch immer metallisch und heidnisch. Und so war das Gelände vor der „Party-Stage“ eben doch gerammelt voll – man darf nicht davon ausgehen, dass alle Wacken-BesucherInnen ausschließlich Partybands abfeiern, deren Musik leichtverdaulich ist. Los ging es gleich mit zwei Stücken vom „Ruun“-Album, „Fusion Of Sense And Earth“ und „Path To Vanir“ – aaargh, einfach pure Magie. Raserei, epische Melodien, Gekreisch, klare Gesänge – und das alles flüssig und natürlich miteinander verbunden. Man fragt sich, wie lange die Norweger wohl fürs Songwriting brauchen, um solche Stücke zu schreiben? Natürlich gab es auch ältere Songs – Grutle kündigte „Loke“ an – „the jester among the gods“, und von „Eld“ gab’s „For Lenge Siden“. Und dennoch sollten die absoluten Höhepunkte noch folgen: Diese waren für mich erstmal „Ruun“ – bei dem Anfang dachte ich, ich heb vonner Erde ab! Und dann der letzte Song im Set: „Slaget I Skogen Bortenfor“ von der ’93er Split mit EMPEROR – 13 Minuten Hypnose…


Torsten:

Du meine Güte – da is’ alles rosa – J.B.O. sind im Anmarsch. Schnell weg; das ist mir zu lustig. Lieber noch wat schäumend-gelbes im Camp von WH und danach mit Philipp zur Party-Stage. ENSLAVED gucken. Und auch hier – Stapelweise Menschen. Passend zum Sonnenuntergang (ähem …) bieten uns die Norweger ihre Black Metal – Interpretation dar. ENSLAVED befinden sich ständig in Entwicklung und so finden sich in der Setlist Songs aus allen Perioden. Trotz der Unterschiede im Songwriting werden alle Songs ordentlich abgefeiert. Sei es „Ruun“ oder ein Song von der ersten Splitscheibe (mit Satyricon); mithin das harscheste, kühlste der gespielten Lieder. Allen gemein aber ist diese schöne, dunkle Atmosphäre, die ENSLAVED erschaffen. Und das im Hellen – Respekt! (Nein, ich hatte die Augen nicht geschlossen…)

BLIND GUARDIAN mochte ich früher mal sehr gerne. Heutzutage kann ich mit den Krefeldern nichts mehr anfangen. Die haben ihren Zenit lange überschritten. Und Hansis Stimme wird immer dünner. Und die neuen Songs wirken furchtbar deplaziert …



Philipp:

Um die Zeit bis zu BELPHEGOR zu überbrücken, ließ ich ein paar Stücke BLIND GUARDIAN über mich ergehen. Unverständlich, dass die Massen diese Band so abfeierten. Hansi Kürschs Stimme ist kaputt, der klingt in meinen Ohren einfach nur noch anstrengend. Und dann noch diese unbeholfenen Ansagen. Ganz schlimm auch die Versuche, neue Songs zu präsentieren, die keine Sau hören wollte (und das war der Band sogar bewusst, nach dem Motto: „Na ja, ich weiß, hat keiner Bock drauf, wir spielen es trotzdem“…). Ich fand BG früher übrigens super, hab die Platten sogar noch bis zur „Nightfall…“ und live waren die früher wirklich gut. Na ja, schön, dass sie soviel Erfolg haben, aber ich kann nix mehr damit anfangen.


Boah, BELPHEGOR verliehen der Bezeichnung „volle Hütte“ eine neue Dimension. War das eng und heiß in diesem Zelt! Dafür war aber auch die Begeisterung enorm, als es losging. Ein begrenzter Raum sorgt meist einfach für die intensivere Atmosphäre, so war es auch hier, als die Schweinepriester ihre Melange aus Black und Death Metal auf den wirklich gierigen Mob losließen. Jeder Song erhielt einen Applaus, als wär morgen Schluss mit Konzerten und JETZT die letzte Chance noch mal durchzudrehen. Besonders fies böllerten „Pest Teufel Apokalypse“ und „Bluhtsturm Erotika“. Musikalisch mächtig, brutal UND eingängig, dazu besitzen Helmuth und Sigurd ganz klar eine sinistre Ausstrahlung, weswegen BELPHEGOR im Vergleich mit anderen extremen Bands die Nase vorn haben. Österreich – 666 Punkte…


Torsten:

Da sind mir BELPHEGOR doch lieber. Das denken auch etliche andere – das Zelt is’ schön voll. Da haben die Ösis ordentlich Opfer zum niedermetzeln. Jaha, da jubelt der Sensemann! Den infernalischen Soundtrack liefern BELPHEGOR frei Haus. Viele Verschnaufpausen gibbet eh nich’ . „Blutstuhl – äh „Blutsturm Erotica“ ist beinah schon Doom im Vergleich zum restlichen Geballer der Band. „Lucifer Incestus“ und ähnliche Kaliber kennen kein Erbarmen. Doch das genau will die Meute vor der Bühne – schnellen, geilen Black Metal! Gewinner!!!

Da es doch recht kühl geworden ist, begebe ich mich zum Zelt, um was Wärmeres anzuziehen. Aus dem kurzen Aufenthalt am Zelt wird allerdings nichts. Vielmehr muss ich mich plötzlich einsetzenden penetranten Kopfschmerzen beugen, und so zieht sich mein Zeltbesuch so sehr in die Länge, dass ich es nicht mehr schaffe zu ICED EARTH und zu SAMAEL auf’s Gelände zurückzukehren. Verdammte Schande! Philipp … !?


Matt:

Während Marc sich 70er Rock von THE ANSWER reinzieht, gehen wir CDs abchecken. Zu DIMMU BORGIR sind wir wieder zurück am Start, aber trotzdem ich es wirklich immer wieder versuche (irgendwas muss an den Jungs doch dran sein) – ich stehe einfach nicht auf Tünch-Metal.


Philipp:

Nach ENSLAVED und BELPHEGOR konnten DIMMU BORGIR einfach nicht punkten. Wenn man gerade direkt im Auge des Tornados stand, Bands aus nächster Nähe betrachtet hat, deren Mitgliedern die Begeisterung in den Augen loderte, dann wirkte die pompöse Show der Black Metal-Chartstürmer einfach weniger intensiv. Auch DIMMU BORGIR will ich sicherlich nicht absprechen, dass sie mit Herzblut agieren, aber die orchestralen Kompositionen SIND nun mal weit von der Basis räudigen Metals entfernt. Und wenn man dann noch in ca. zwei Kilometern Entfernung steht, hat man eher das Gefühl, dass man zu Hause vor der Glotze sitzt. Allerdings isses da nicht so laut – selbst in großer Distanz konnte man sich nicht unterhalten – ich hab es vergeblich versucht. Diese Lautstärke hätten SLAYER mal vor ein paar Jahren haben sollen, als sie hier in Wacken das gesamte „Reign In Blood“-Album runtergeholzt haben, aber viel zu leise waren! Rein objektiv waren DIMMU BORGIR gewohnt gut, vielleicht sogar etwas energischer und zupackender als auf letzten Touren. Aber wie gesagt war ich nicht so bei der Sache und glotzte eher passiv zu.


Für ICED EARTH gilt im Grunde dasselbe wie für BLIND GUARDIAN – früher mal richtig geil, mittlerweile auf dem absteigenden Ast. Ich spürte immer mal, wie mein Interesse wuchs, wenn Songs der ersten Platten gespielt wurden („Stormrider“!), aber der Band fehlte jegliche Ausstrahlung. Gerade die Hauptakteure Jon Schaffer und Ripper Owens sahen so dermaßen spackig in ihren Ledermänteln aus, das konnte ich einfach nicht ausblenden. Dann noch dieses Bild aus dem „Glorious Burden“-Booklet vor Augen mit dem weinenden Adler vor den Twin Towers – ich garantiere, das vertreibt jede ungewollte Erektion. Naja, natürlich sang der olle Ripper göttlich, aber technische Perfektion allein reicht halt nicht. Ich behalte ICED EARTH lieber so in Erinnerung, wie sie sich auf ihren ersten Touren präsentiert hatten.


Helge:

Letzte Band an diesem Tage waren SAHG, ich glaube auch aus Dänemark, auf der Wet Stage. Starker Doom Metal von ihrerer ersten CD mit leichten Trouble Einschlägen – so müssen Debütscheiben klingen. Sehr schön.

So jetzt noch ein Schlummifix-Bier und dann ab ins Bett/Zelt.


Matt:

Dazu ist nix zu sagen: In ihrer Interaktion mit dem Publikum zwar zu schüchtern, aber fies schleppend. Für Doom-Fans ein heisser Tipp (neue Platte im Herbst). Trotzdem glaube ich, es waren Schweden! Wer klärt auf?


Philipp:

Nachdem gerade auf den beiden größten Bühnen einige schnarchnasige Auftritte vonstatten gegangen waren, kam jetzt doch noch eine Band, die vormachte, wie man die riesige Bühne RICHTIG rockt und das Publikum in ein willenlos tanzendes Heer von Marionetten verwandelt: DIE APOKALYPTISCHEN REITER zogen erbarmungslos alle Register ihres Könnens und veranstalteten mit einer Best-Of-Playlist und viel Charme eine gigantische Party. Fuchs hüpfte barfüßig auf der Bühne herum, Dr. Pest zockte im Käfig (in dem später noch die üblichen „Sklaven“ angekettet wurden), überdimensionale Gummibälle wurden ins Publikum gekickt, man reichte zwei Freiwilligen je ein Schlauchboot, mit dem sie jeweils auf den Händen des Mobs bis zum Mischpult „schwimmen“ sollten und zurück zur Bühne… Dazu Granaten wie „Riders On The Storm“, „Die Sonne scheint“, „We Will Never Die“ (samt Streicherquartett), „Unter der Asche“ oder „Heavy Metal Will Never Die“ – ich bin einfach nur abgegangen. Der Sound war perfekt, die Band einfach ständig in Bewegung, dauernd gab es was zu lachen – REITERMANIA über Wacken…


Bin dann noch später zur Metal-Karaoke gewieselt, wo man sich gut amüsieren konnte. Tipp für Leute, die vermeiden wollen, dass sie aufm W:O:A zu viel Schlaf bekommen…

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