CYANIDE PILLS, SHALLOW TALK / 22.03.2017 – Kiel, Schaubude

0 Dislike0
77er Punkrock in der Bude, das wäre allein schon ein Grund für den Konzertbesuch, wenn man grad Bock hat. Ich gebe aber zu, dass der eigentliche Anreiz für mich die relativ frisch gegründeten SHALLOW TALK sind, welche mit Henrik (NO MORE ART), Sam (CHEAP DRUGS) und Dominik (ca. alle Bands, die es in Flensburg gibt) aus diversen nicht unbeschriebenen Blättern bestehen. Ich bin doch so neugierig!



SHALLOW TALK meinen es ernst: Wer erst sechs spielfertige Stücke hat und trotzdem schon live zocken will, der hat zumindest keine Böcke, die schimmelige Proberaumluft über Gebühr einzuatmen. Ein weiteres Indiz: Schon bei diesem zweiten Gig prangt ein Backdrop hinter dem Trio. Das fertigt man ja auch nicht an, wenn man nur einmal im Jahr auf Ommas Geburtstag auftreten will. Zwanzig Minuten dauert das Set und diese Zeit wird genutzt, um im Uptempo zu kredenzen. Henrik (d) und Sam (b) sorgen dafür, dass es permanent pumpt und drückt, während Dominik ein Punkmassaker wegrifft. Dominik und Sam teilen sich den Gesang, ersterer schreit im Vergleich mehr, beide klingen aber noch auf rohe Art melodisch. Kommt gut! 

Aus Leeds kommen CYANIDE PILLS. Bevor der erste Song gespielt ist, wird schon mal optisch gepunktet: fünf Nasen, vier Lederjacken. Und letztere auch noch wohlgeordnet – die beiden weißen in der Mitte werden von den beiden schwarzen eingerahmt. Gefällt mir. Der Hammer sind aber die Songwritingskills der Band, denn jeder, wirklich jeder Song geht mit einer coolen Mitschmetterhookline in die Birne. Dazu spielt der Gitarrist links hammereingängige Licks. Was könnte also fehlen? Richtig, ein guter Sänger. Tut er aber nicht, denn Phil Privilege ist der richtige Punk an der richtigen Stelle! Den braucht man bloß zu sehen und stellt sich vorm inneren Auge so einen richtigen Rotzlöffel vor, der in der Schule ein Troublemaker ohne Ende ist (dafür hab ich ‘nen Blick). Nur dass Phil P. wohl nicht mehr zur Schule geht. Dafür singrotzt er die Dinger erbaulich schnodderig raus, tanzt spackig und saut die Bühne ein (das mag ich besonders! Ich frage mich immer, wie andere Sänger es schaffen, eine Bühne NICHT mit Bier zu fluten) und versucht beim Hüpfen mit dem Kopp die Decke einzudellen. Zum 77er Punk kommen poppige Melodien und Rock’n’Roll-Einflüsse, alles blitzsauber gezockt und mit für dieses Genre größtmöglicher Abwechslung. Fast alle Besucher*innen sind begeistert, nur ein Typ direkt am linken Bühnenrand schläft mehrfach ein. Aber ich glaub, der ist eigentlich auch begeistert, nur halt müde. (Schöner Moment übrigens: Als die Band kurz die Bühne verlässt, erwacht der Schläfer und nimmt blitzschnell einige tiefe Züge aus dem Bandbier.) 

Ja, geil.

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv