LOUDNESS, MY OWN GHOST, GREY ATTACK / 13.06.2016 – Hamburg, Marx

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ENDLICH! LOUDNESS zählen seit über dreißig Jahren zu den Bands, die ich unbedingt mal live sehen wollte, es aber bis jetzt nie geschafft hatte. Ich muss für diesen Bericht also meine sonstige gewohnte emotionslose Objektivität ablegen und mal hart subjektiv abgehen: Es war 1984, als ich den Longplayer „Disillusion“ im Kieler Plattenladen Membran erwarb. Ich hatte über das Ding ‘ne euphorische Plattenrezension gelesen, was mir damals wie heute noch der Hauptanreiz zum Erwerb eines Tonträgers war. Somit wanderte „Disillusion“ zu Zeiten in meine Plattensammlung, als die sich noch in überschaubarer – höchstens dreistelliger – Größe befand. Und was hat man mit diesen vergleichsweise wenigen Alben gemacht, die man als Teenager hatte? Man hat die Biester rauf- und runtergedudelt, tage-, ja wochenlang nichts anderes gehört (bzw. GEMACHT!)… Diese leichtfüßige Gitarrenarbeit, dieser spezielle Gesang, diese SONGS! Geil war übrigens, dass die Platte in japanisch und in englisch eingesungener Version existierte: Ein Kumpel hatte die japanische Version – wir verglichen und stellten fest: Weder das japanische noch das „englische“ Gesinge von Minoru Niihara war in irgendeiner Form verständlich... Was aber dem Reiz durchaus nicht abträglich war. Jedenfalls zählen LOUDNESS und deren erste acht Alben (das Livealbum mitgezählt) für mich eigentlich zu den recht zentralen Dingen im Leben. Und dennoch hab ich bisher kein Konzert der Japaner besuchen können! Vielleicht gut so, denn die Band hatte eine längere „experimentelle“ Phase, in der sie irgendeine Musik gespielt haben soll, die recht wenig mit ihren Ursprüngen zu tun hatte. Doch schon seit Jahren besinnen sich LOUDNESS laut Berichten auf ihre Roots. Ich erhoffte mir also zumindest einen Abglanz ihrer Anfangszeit. Sollte aber viel mehr bekommen…


Die beiden Supportbands GREY ATTACK und MY OWN GHOST handele ich mal fix ab. Beide passen stilistisch nicht wirklich zu LOUDNESS. GREY ATTACK vielleicht noch eher als letztere, bieten die Aachener immerhin Rock bis Hardrock. Auf der Habenseite kann ‘ne angenehme Leadstimme notiert werden, aber insgesamt kommen die Band und ihr Songwriting einfach zu bieder rüber. Optisch und musikalisch seh ich die eher auf ‘nem Bikertreffen. Gänzlich in andere Gefilde führen uns MY OWN GHOST aus Luxemburg. Die Basis ist 90er Metal, dazu kommen Electrosounds und sehr poppiger Gesang, als Vergleich ziehe ich mal EVANESCENCE heran und covern tun sie DEPECHE MODE. Gute Stimme hat die Sängerin immerhin, aber mir ist das deutlich zu gefällig.


Das Marx ist nicht gerade gefüllt, aber die ca. 100 Besucher_innen drängeln sich in gespannter Erwartung ganz nach vorne, sodass eine würdige Atmosphäre entstehen kann. Und HOLY SHIT! – LOUDNESS legen los und schmirgeln mir fast meine Lauscher weg! Das liegt nicht nur an der dem Bandnamen angemessenen Lautstärke, sondern an Akira Takasaki. Was für ein Schredderer! Das war mir natürlich schon vorher von den Platten her klar, aber ihr kennt das bestimmt, wenn ihr nur wenige Meter vor einem begnadeten Musiker steht und der in Bestform hart abliefert! Da gehste nur noch in die Knie und deine Fressluke steht auf, ohne dass du es raffst. Das zweite Alleinstellungsmerkmal der Band ist natürlich Sänger Minoru Niihara, der immer noch diese typische Klangfarbe besitzt. Das setzt LOUDNESS endgültig von den europäischen Bands ab, obwohl sie zu ihrer Gründung sicherlich von NWoBHM etc. beeinflusst gewesen sein mögen. Aber die ganze Band ist gnadenlos gut eingespielt und reißt gut gelaunt eine Setlist runter, welche von Klassikern gespickt ist. Mit „Crazy Nights“ geht der wilde Ritt los und ich verkleckere gleich ein halbes Bier vor Begeisterung. Ich hätte halt einfach nicht zu hoffen gewagt, dass sich LOUDNESS in einer solchen Form präsentieren. Und dass sie eine so krasse Setlist zocken! Gespielt werden nämlich u.a. „Heavy Chains“, „The Law Of The Devil’s Land“, “Like Hell”, “Esper” (hell yeah!), “Shadows Of War (Ashes In The Sky)”, “Loudness”, “Street Woman”, “In The Mirror”,“Crazy Doctor” und “S.D.I.”, alles Klassiker von den ersten Alben, welche die gesamte Bandbreite der Band umfassen: den Speedbolzen, das verspielte Riffmonster, den Stadionstampfer und balladeske Töne. Alle verbindet die spielerische Brillanz, mit der die Stücke gezockt werden. Das gilt tatsächlich auch für die zwei, drei neuen Songs im Set, weswegen ich mir danach meine erste LOUDNESS-Platte seit den Achtzigern hole, „The Sun Will Rise Again“. Publikum und Band haben richtig Spaß an dem Abend, was auch wiederholt in der Kommunikation deutlich wird. Minoru Niihara: „Ah, yes, thank you for coming along on a mondayevening“ – Typ in der ersten Reihe: „We had to!“ – Niihara: “Thanx for, ah, whatever you just said! Yes, we don’t speak good English, but we speak good Rock’n’Roll!” Sehr schön auch der Moment, als der Sänger fragt, ob den auch Japaner_innen anwesend seien und eine Japanerin, welche schon den ganzen Auftritt über direkt vor ihm stand, aufgeregt mit der Hand wedelt: „Ah, yes, of course you’re japanese!“ Übrigens befinden sich drei Gründungsmitglieder im Line-Up, außer den erwähnten ist Bassist Masayoshi Yamashita dabei, während Ur-Drummer Munetaka Higuchi 2008 verstorben ist (R.I.P.). Seinen Posten übernimmt seit 2009 Masayuki Suzuki. Ingesamt muss ich sagen, dass LOUDNESS bei allen Megakonzis der letzten Zeit vielleicht den krassesten Flash-o-mat darstellen! Sie werden diesen Sommer noch auf einigen Festivals auftauchen, u.a. in Wacken, verpasst sie nicht!

Jetzt ist es an CIRITH UNGOL, NASTY SAVAGE, JELLO BIAFRA, FUCKED UP und EXHORDER, um weitere klaffende Löcher in meiner Konzertbio zu füllen…


Setlist:

  • Crazy Nights
  • Like Hell
  • Heavy Chains
  • The Law of Devil's Land
  • The Sun Will Rise Again
  • Street Woman
  • Loudness
  • Esper
  • Shadows of War (Ashes in the Sky)
  • Got to Be Strong
  • The Power of Truth
  • In the Mirror
  • Mortality
  • Crazy Doctor
  • S.D.I.

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