POWER, ROBINSON KRAUSE, AND THEN THEY RUN / 16.04.2016 – Kiel, Alte Meierei

0 Dislike0
Eine Stärke von POWER war in meinen Ohren immer die recht große musikalische Bandbreite bzw. die unterschiedlichen Einfüsse, die ihren Weg in den Bandsound fanden. Da gab es melodische O-ho-ho-Chöre, metallische Riffs, Thrash-Geknüppel und natürlich ganz viel HC/Punk. Offensichtlich haben gerade die verschiedenen Geschmäcker und Songwriting-Vorlieben dazu geführt, dass die Bandmitglieder gemeinsam entschieden haben, das Ding zu beenden. Es wird einen Nachfolger geben, der dann wohl – ohne JoyBoy – in eine andere Richtung gehen wird. Aber warten wir es ab, heute gilt es erst mal, POWER mit einer Brachialparty zu verabschieden. Blut, Schweiß und ganz viel Tränen?


POWER

Fotos von Svetlana Grigorieva



Alle sind gekommen, manche gar mit Kuchen. Und Helium-Luftballons in Ponyform. Und Konfettikanonen. Und Wunderkerzen. Natürlich, so gehört sich das ja auch!


„es ist so weit, wir tun es wieder! erst ein mal zu diesem besonderen anlass. das wird cok güzel, junge!“, verkündeten AND THEN THEY RUN unlängst in sozialen Netzwerken. Der Anlass ist heute, geschreddert wird – JETZT. Ich freu mich total, hab ich doch jeden erlebten Auftritt der Flüchtigen genossen und besonders das „The Core And The Shell“-Album rauf- und runtergehört (bevorzugt auf Kassette übrigens, die klingt in diesem Fall noch etwas geiler als die CD-Version). Mit viel Enthusiasmus geht es los – alle fünf scheinen ordentlich die Hummeln im Arsch zu haben. Die Generalprobe soll scheiße verlaufen sein, was bekanntlich immer ein gutes Zeichen ist. Verlernt haben die Hunde nichts, warum auch, waren doch z.B. Niles und der Ufo-Mann in den letzten Jahren schwer aktiv. Wobei ersterer sich von ultradoomiger Spielweise auf schweißtreibendes Geballer umstellen muss, was aber bis auf ein wenig Stöhnen und Ächzen seinerseits flutschig gut gelingt. Pete schreit uns Texte wie „i've grown so weary / relieve me / i want out (we want out) / let's escape / from this fucked up world / 'cause it's a dead end / we are done here / it's over“ („The Jaded Empire“) energiereich entgegen – nicht wenige schmettern mit Zornesfalten auf der Stirn mit. Eine tolle Rückkehr, die lediglich durch penetrante Feedbacks beeinträchtigt wird, welche immer wieder in empörend fieser Frequenz durch unsere Lauscher zucken.


POWERPOWER


Als weitere Trauerverstärker sind natürlich ROBINSON KRAUSE sehr willkommen. Denn wer kennt sich besser mit dieser Emotion aus als die drei „Drehtürpatienten auf dem Weg zu Getränke-Rönnfeld“ (Eigenbeschreibung)! Sind Songs wie „Meer der Erinnerung“, „Begrüßung an der Eingangstür“ oder „Fokker 100“ schließlich nichts anderes als eine tiefenpsychologische Therapie. Die verabreichen Robin, Aron und Öli heute allen Anwesenden, ob sie es nun wollen oder nicht. Die Meierei dampft mittlerweile, Stagediver fliegen tief – die KRAUSEs gehen souverän damit um. Pausiert wird höchstens, wenn Robin sich eine Strähne aus dem Gesicht streichen muss. Erwähntes „Fokker 100“ zählt neben „Stress am Bierpilz“ zu den Highlights. Meinen jedenfalls und ich schreib schließlich das Review. Interessante Randerscheinung übrigens: Mensch trinkt während eines RK-Auftritts mehr und schneller Bier als beim durchschnittlichen Punkrockkonzert anderer Bands. Woran das liegt, sollte mal jemand untersuchen.


POWERPOWER


Und dann zum letzten Mal: POWER! Schon optisch ein nostalgischer Genuss: JoyBoy im kleinen Roten, Olli im ewigen AMULET-Shirt. Zunächst ertönt ein Intro, welches dem Anlass würdig ist: Die Titelmelodie von „Jurassic Park“, zunächst im Original, welche in eine fiese Melodica-Coverversion übergeht. Bevor sich irgendwer beschweren kann, böllert der Fünfer auch schon los. Der Klang ist extracremig (Motormichael an den Knöppen) und wird übrigens auch live festgehalten. Es donnert sehr differenziert aus der Meierei-PA, sodass diese Aufnehmen sicher hörenswert sind und nach dem ganzen Gemixe hoffentlich irgendwann neugierigen Ohren zugänglich gemacht werden. Natürlich ackern sich POWER durch das gesamte Schaffen ihrer Existenz, gezockt werden z.B. „Drowning In The Mud“, „Raise Your Fist Bicyclist“, „Biblegrind“ oder „The Lovely Side Of Losing“. Und wie! Es ist der beste Auftritt, den ich je von POWER gesehen habe. Wahrscheinlich der beste, den sie überhaupt je gespielt haben. Das kann man wohl ohne Übertreibung sagen. Und das liegt an verschiedenen Faktoren – die generelle Situation eines letzten Auftritts, die gesteigerte Intensität, die optimalen Rahmenbedingungen. Jedenfalls schaukeln sich Mob und Band durch stetes Herumspringen und Mitshouten gegenseitig hoch, immer wieder böllern Konfettifetzen durch die Meierei, perfekt ergänzt um Bierfontänen (das sonntägliche Saubermachen stelle ich mir lieber gar nicht erst vor) und hin- und hergestupste Luftballons. Die Riffs zucken teilweise so richtig von der Bühne, dazu Kellings Höllengedengel, Ollis Jammerbalkenalarm – herrlich! Erwähnenswert ist auch der Gastauftritt von Moe, der die Demo-Wuchtbrumme "Schön ein saufen, Aller" erstmals so richtig live brüllt (Es gab schon mal eine Version im Rahmen eines Akustik-Auftritts, aber sowas zählt natürlich nicht). Am Ende werden überall in der Meierei vorher heimlich verteilte Wunderkerzen angezündet. Ich hoffe, ich werde hier noch ein paar schöne Bilder einbauen können. Einzig blöd: Ein Besucher wird im Chaos vor der Bühne irgendwie in Scherben geschubst, welche zwei Nerven eines Daumens durchtrennen. Gute Besserung, Kacki!


POWERPOWER


Auch die Aftershowparty hat es in sich. Tim und JoyBoy legen auf, was in massives Getanze mündet. Besonders schön ist für mich der Moment, als JoyBoy uns nach diversen Popsongs durch Punkrock erlöst (selten so über „Pöbel & Gesocks“ gefreut…).


Destroy it! Reinvent it!


POWERPOWER

Kommentare   

+4 #4 bockfred 2016-05-05 12:31
Ich habe mir bei dieser show übrigens einen kleinen wunsch erfüllt, der verständlicher weise in diesem artikel nicht erwähnt wurde: zwei mal während einer show philipp wolter dissen, traumhaft :lol:
Zitieren
+1 #3 Philipp 2016-05-04 15:34
Jetzt mit MEHR Fotos von Svetlana Grigorieva. Danke, Svetlana!
Zitieren
+3 #2 toffi 2016-04-25 05:48
Die Melodica war wunderschön! Da kann sich selbst der olle Trompeter bei Gorilla Biscuits gehackt legen.
Zitieren
+5 #1 DoctorJoyBoyLove 2016-04-23 17:26
Ich lege mich jetzt mal fest: Der schon jetzt legendäre Mitschnitt wird noch irgendwann rausgehauen - allen Verzockereien und endlosen Durcheinanderansagen zum Trotz. Dauert aber noch etwas. Ich arbeite dran.
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv