THE FREEZE, LAURA PALMER / 13.10.2015 – Kiel, Schaubude

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Die alten Hardcore-Haudegen von THE FREEZE in Kiel! Was noch vor wenigen Jahren als mittelschwere Sensation galt, hat sich mittlerweile relativiert. Schließlich gastiert die Legende aus Cape Cod um den Frontmann mit dem cleversten Pseudonym der Punkgeschichte – Cliff Hanger – bereits zum dritten Mal hier, dazu noch an einem casual tuesday. Da ist klar, dass Wochenendpunks zu Hause bleiben und die Chose sich auf den harten Kern konzentriert. Hardcore eben.

THE FREEZE

Bild von Jan ML



Nach den üblichen Ritualen – Begrüßen von Bekannten, Stempel an die Stirn, Belehrung über das Pfandsystem der Bude durch Julius (ich find das gut, dass er dessen nicht müde wird, und ich bin sicher, dass selbst tägliche Budengänger von Julius beim ersten Getränk darüber informiert werden) geht es auch ruckzuck los. Aus Australien stammen LAURA PALMER und sie zocken schnörkellosen Rock'n'Roll-Punk. Man gewinnt gleich Sympathiepunkte, indem man uns über den Bassisten von Helge Rathjens grüßen lässt, den als Kiwipflücker nach Neuseeland ausgewanderten Ex-Gitarristen von BONEHOUSE, TYPHOON MOTOR DUDES und SUBURBAN SCUMBAGS. Die beiden spielten nämlich eine Zeitlang zusammen bei den mittlerweile aufgelösten GHOST ECHOES (typische Helge-Mucke, ihr findet bei Facebook noch Songs). Auch LAURA PALMER dürften das Wohlgefallen von Mr. Rathjens finden, malträtieren sie doch ihre Äxte auf schneidige Art und Weise. Der Gesang ist von einer an Frankie Stubbs erinnernden Rauheit geprägt, die Refrains auf Anhieb eingängig. Das Songwriting fällt geradlinig bis zur Monotonie aus, durch passables Zusammenspiel und Durchschlagskraft bleibt die gute Laune in der Bude jedoch im oberen Bereich und ab der Hälfte des Sets wird vereinzelt gepogt.


Keine zehn Minuten lassen THE FREEZE verstreichen, bevor auch sie sich ans Werk machen. Cliff Hanger ist natürlich der Blickfang, ein echtes Original, ein fertiger Vogel, den man aber irgendwie gern haben muss. Der Kerl hat viel Scheiße erlebt, litt (oder leidet) unter Kleptomanie und dürfte die Kerze lange Zeit an beiden Enden angezündet haben. Apropos: Heute fackelt er nichts ab, tigert aber wie gewohnt immer wieder mit irrem Blick durch den Mob oder wirft sich auf den Boden. Während die hart genuschelten Ansagen Ozzy-like kaum verständlich sind, klingt sein Gesang original wie früher. Also diese Mischung aus aggressiver Power und ohrwurmiger Melodie. I love it! Der Griff in den Klassikersack tut ein Übriges – immer wieder schnellen Fäuste hoch, werden Refrains wie „Sacrifice Not Suicide“, „Princess Die!“ oder „This Is Boston, Not L.A.!“ mitgerotzt. Die Diskussion über Cliffs obszöne Gesten hatten wir hier schon (siehe Meierei-Bericht), ich denke, dass es sich um eine optische Umsetzung des Themas sexueller Übergriffigkeit handeln soll, einen gewissen Provofaktor dabei bewusst einkalkulierend. Mr. Hanger nimmt dem Ganzen die Schärfe, indem er die Ansage Klownhouse-Benny widmet: „Benny, I'm too old for you, really!“ Der Sound ist übrigens super, und auch die Lautstärke geht voll klar, bewegt sich auf einem angenehm hohen Level. Kann mir nicht vorstellen, dass es Besucher_innen gibt, die enttäuscht nach Hause gehen.


Hier noch ein Link zu einem interessanten Interview mit Cliff, welches Helge Schreiber 2009 fürs PLASTIC BOMB geführt hat. Da geht es u.a. über Cliffs Kleptomanie:

http://plastic-bomb.eu/index.php/artikelkolumnen/interviews/366-the-freeze-on-tour

Kommentare   

0 #1 Philipp 2015-10-15 19:06
Hab ein Bild von Jan ML ergänzt. Hat noch jemand welche gemacht, die wir für die Galerie und den Bericht nutzen dürfen?
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