BOLT THROWER, MORGOTH, SOULBURN / 21.09.2014 – Bremen, Schlachthof & 23.09.2014 – Berlin, SO 36

0 Dislike0

Evelyn: Ich liege in meinem Bus und lasse den gestrigen Abend Revue passieren. Mein Gehirn läuft noch etwas schleppend, aber eine Sache will mir partout nicht aus dem Kopf: Was unterscheidet eigentlich ein Konzert von einem großen und einzigartigen Konzert?

Es ist natürlich nicht nur die Band, der Sound, oder der Ort, sondern gerade und vor allem die Fans. Eine lebendige, wabernde Masse, die als leuchtender Spiegel den Abend in eine brennende Hölle guter Laune verwandeln kann oder aber alles im Keim ersticken lässt.
Darum möchte ich gar nicht über die Setlist, brachiale Riffs oder ähnliches sprechen. Ich bin kein Musiker und hab keine Ahnung davon.

Nein!

Ich kann nur das erzählen, was ich gesehen, gehört & gefühlt habe.

Über den Beginn der Bolt Thrower - Overtures of War - Tour 2014 mit Morgoth und wechselnden Vorbands wie Soulburn, Incantation & Vallenfyre.

BOLT THROWER 

Bericht von Evelyn, Ufo und Philipp, Fotos von Evelyn und Philipp



Der Auftakt in Bremen war grandios! Essen schon gelaufen und leider verpasst.

Nun stand ich in Berlin, im schmalen Schlauch des SO36. Erwartungsschwanger und mit der Kamera im Anschlag. Hinter mir drängten und schoben sich so unfassbar viele Menschen. Ausverkauft...

Natürlich!

Plötzlich hörte ich ein eine besonders hervorstechende Stimme. Freche Sprüche über die Bands und deren üblichen Ansagen bezüglich "Old School Death Metal". Ich drehte mich um und sah ein paar Jungs. Die Kutte 1A mit Patches vollgepackt. Die Haare lang, blond und schön. Quasi der Bilderbuch-Metal-Fan.

In mir fing es an zu brodeln und ich fragte den Burschen, der am lautesten alles auf die Schippe nahm: "Na, sag doch mal…wie alt bist Du eigentlich ?" Vermutlich werde ich es nicht O-Ton wiedergeben können, aber er konterte mit einer Gegenfrage: "Was schätzte denn?" Ich sagte ihm meine Vermutung und er rief so etwas in die Runde wie : "Jungs, die denkt, ich bin 25." Natürlich wollte ich es ganz genau wissen und er sagte mit stolz geschwellter Brust: "20 Jahre."
Danach bin ich erst mal innerlich zusammengesackt.

Vor Wut.

Wie kann so ein frecher Fatzke in der zweiten Reihe stehen und solche Sprüche von sich geben? Er fragte mich, warum ich das wissen will, aber außer einem "Nur so" konnte ich nichts mehr sagen.

Ich stand dort zwischen all diesen schwitzenden, hin und her schiebenden Leibern und schwelgte in Erinnerungen. Nicht nur in meinen eigenen, als ich zum ersten Mal so etwas wie Death Metal hörte.
Auch in denen aller anderen, die damals (Anfang der 90er) noch mit Bus und Bahn, Kilometer um Kilometer in den nächsten Laden des Vertrauens (es gab nicht viele) fahren mussten.
Nur, um endlich die heiß ersehnte Scheibe kaufen zu dürfen.

Eine Zeit, in der man noch ehrfürchtig die Schallplatte in den Händen hielt.

Jedes noch so kleine Detail des Covers in sich aufnahm, mit zitternden Händen darüber strich und mit der Beute den langen Weg zurück nach Hause fuhr.

Todglücklich!

Diejenigen, die eben nicht mit der Bequemlichkeit des Downloads groß geworden waren.

Und der Schuppen war rappelvoll mit einem Großteil genau dieser Sorte Mensch.

Gute alte Zeit.

Soulburn hatten einen tollen letzten Abend abgeliefert und Morgoth betraten die Bühne.

Alle Songs ballerten mit dem besten Sound (ernsthaft), der je im SO36 fabriziert wurde, über die Zuschauer.

Als ich mich zum zweiten Mal umdrehte und sah, dass die Nachfolge-Generation tatsächlich ebenfalls ein Lächeln auf dem Gesicht hatte und nicht das Weite suchte, war mir alles egal. Dumme Sprüche von irgendwelchen Beinah-Teenies waren vergessen. Genau die standen nämlich immer noch in der zweiten Reihe und ließen die Haare kreisen.

Morgoth brannten, das Publikum auch!

Und wie!

Bolt Thrower vollendeten den Abend und ließen natürlich das komplette Ding brodeln. Es war unfassbar und so spielten sie nicht nur die regulären Zugaben, sondern setzten noch einen drauf.
Nicht ganz grundlos.

Denn eine Handvoll Männer hatten in 5 Jahre langer Feinstarbeit ein Motorrad gebaut, dass alles andere in den Schatten stellt . Und dieses dann auch noch zum Soundcheck mit donnerndem Motor ins SO gefahren.

Nur damit die Band einen Blick darauf werfen konnte.

Somit hatte der erste Gute-Laune-Endorphin-Schub schon nachmittags bei allen eingesetzt.

Und darum geht es.

Um die Fans und um das Miteinander.
Das Herz und die Leidenschaft!
Wenn der Letzte aus dem Laden gekehrt wurde.
Die Türen verschlossen sind.
Der Puls anfängt sich zu beruhigen.
Alle selbst Hand anlegen und ihren Merch abbauen.

Man an die Fans denkt, die Ihre Fäuste gen Himmel streckten und mitgegrölt haben.

Dann mag der Abend zu Ende sein.

Aber das zufriedene Gefühl und das Glück des Moments.

Das steckt in jedem.

Egal, ob man auf der Bühne stand oder davor.
Egal, ob Musiker oder Zuschauer.
Egal, ob Jung oder Alt

Und nur darum gehen wir doch alle auf Konzerte.

Und genau dann ist so ein Abend groß und- einzigartig.

So wie am 23. 09. 2014 zur Herbst, Tag- und Nachtgleiche , auch Mabon genannt, in Berlin.

Also Leute, man sieht sich im Moshpit

"For Victory"

 
BOLT THROWER

 

Philipp: Symptomatisch für BOLT THROWER und den gesamten Abend, als sich kurz vor Showbeginn der Bannerwechsel hinzieht: Rockstars würden sich jetzt genervt irgendwo verstecken und über die Roadies schimpfen, welche das Backdrop nicht schnell genug fixiert bekommen. Sich bloß nicht vor Einsetzen des pompösen Intros blicken lassen! Doch BOLT THROWER stehen grinsend und zockgierig am Bühnenrand. Eine Horde Eingeweihter weiß irgendwoher, dass Karl Willets heute Geburtstag hat und stimmt einen „Happy Birthday“-Chor an, dem sich immer mehr Leute anschließen. Ein paar Freaks haben sogar ein Geburtstags-Transpi gebastelt. Scheiß aufs Intro und den großen Auftritt, denkt sich Willets offenbar, stapft zur ersten Reihe, um anzustoßen, Hände zu schütteln und den Lappen entgegen zu nehmen, mit welchem ihn die anderen Bandmitglieder gleich fotografieren. Beste Stimmung also schon, BEVOR es wirklich losgeht…

Aber zurück zum Anfang: Hölle, wir sind spät dran! Schuld sind Bullen. Genauer gesagt DIE BULLEN, die heute Morgen zum Videodreh gerufen hatten. Und da Ufo dort Bass spielt und natürlich alles viel länger gedauert hat als erhofft, muss der Gute nun den Bleifuß mimen. (Außerdem verfahren wir uns so peinlich brutal, dass wir davon NIEMALS was erzählen werden.)

Ufo: Schon lange im Vorfeld habe ich mich auf diesen Tag gefreut, denn heute spielen BOLT THROWER im Schlachthof in Bremen. Die letzen paar Konzerte konnte ich leider nicht besuchen, da die Karten immer unheimlich schnell vergriffen waren. Lag wohl daran, dass BOLT THROWER nicht an jeder Steckdose spielen. Dieses Mal kann es aber endlich losgehen, da sich der werte Philipp coolerweise rechtzeitig um Tickets gekümmert hat. Wir fahren also gegen 17 Uhr in Kiel los und liegen auch eigentlich ganz gut in der Zeit, bis wir uns ziemlich peinlich kurz hinter Hamburg verfahren, was leider sehr viel Zeit kostet. Endlich in Bremen angekommen bekommen wir noch die letzen paar Minuten von SOULBURN mit, was im Nachhinein betrachtet sehr schade ist, da sie so‘n ASPHYX artigen Death Metal spielen, der ganz schön geil klingt.

SOULBURN


Philipp: Bis wir uns zu SOULBURN vorgekämpft haben, dauert es dann noch mal bestimmt eine Viertelstunde. Denn erst mal ist es überall sehr voll und dann trifft man wirklich auf Schritt und Tritt Bekannte aus Kiel, Hamburg, Verden, Bremen und von weit her. Bereits von weitem drückt der lavaartige Sound im besten ASPHYX-Stil. Ist auch logisch, denn im Grunde waren SOULBURN eine Art ASPHYX-Nachfolger. Dann wurden ASPHYX reanimiert, SOULBURN zu Grabe getragen. Aber da diese Niederländer offenbar gern in vier Bands gleichzeitig zocken, gibt es die Band seit kurzem wieder. Der Stil ist wenig überraschend angeschwärzter Doom Death Metal mit Einflüssen von VENOM, BATHORY und CELTIC FROST. Nun, mehr kann ich aufgrund des kurzen Eindrucks nicht sagen, die Band hat offenbar gut abgeräumt und erntet ordentlich Applaus. Album kommt Ende des Jahres.

Der Merchstand ist immer noch umlagert wie Sau. Zum Glück sehe ich meinen Kumpel Soky recht vorn in der Schlange und drücke ihm Knete für die MORGOTH-7“ in die Pranken. Nur verliere ich ihn dann bis nach Konzertende aus den Augen, sodass er noch den ganzen BOLT-THROWER-Auftritt über mit der Single in den Griffeln herumrennen muss… Danke, Mann!


MERCHMERCH


Auf MORGOTH hatte ich mich bereits sehr gefreut, da sie für mich immer zu den besten deutschen Death-Metal-Bands zählten und mir sowohl die Shows in den Neunzigern als auch das Comeback in Wacken 2011 gefallen hatten. Mit Recht! Denn MORGOTH haben nichts verlernt. Ganz charismatisch ist Marc Grewes Gesang, den man ähnlich wie Karl Willets aus unzähligen Death-Metal-Schreihälsen heraushören kann. Heutzutage growlen und gurgeln viele Death-Metal-Sänger ja doch sehr ähnlich, Grewe hat aber für diese Stilrichtung ein recht breites Repertoire zu bieten, mal sehr tief – natürlich - , aber auch immer wieder mit derben Schreien und aggressivem, fast Old-School-Hardcore-mäßigen Gesangslinien versehen (dass er letzteres voll drauf hat, konnte er bei POWER OF EXPRESSION schön zeigen). Ein weiteres Trademark ist der unkonventionell spielende Schlagzeuger (Marc Reign, Ex-DESTRUCTION), der zwar nicht immer die total runden Vorzeigefills zockt, aber der Chose richtig Arschtritt und Groove verleiht. MORGOTH sind eh nicht die Frickeltechniker vor dem Herrn (Satan) – zum Glück! Kracher wie „White Gallery“, „Body Count“, „Burnt Identity“ oder „Isolated“ leben von peitschenden Riffs, treibenden Rhythmen, viel Atmosphäre und dem Killergesang. Überall drehen jetzt die Maniacs am Rad, volle Bierbecher fliegen durch die Luft (hey, gebt die Humpen lieber mir!), einer trifft genau zwischen meinen Füßen auf den Boden und sorgt für unverhoffte Abkühlung im Schritt. Der neue Song „God Is Evil“ ist erfreulicherweise voll auf Augenhöhe mit dem alten Stoff und hätte gut auch auf „Cursed“ stehen können. HERR WOLTER EMPFIEHLT: Abernten! Und Grewe weist zu Recht darauf hin: „Das Wochenende ist noch nicht zuende!“

MORGOTH


Ufo: Dann legen MORGOTH los. Ich bin schon lange Zeit großer Fan der Demos und der ersten beiden Scheiben, habe es allerdings seit der Reunion vor 3 Jahren noch nicht geschafft, mir die Band mal live zu Gemüte zu führe, zu Unrecht, wie sich herausstellen wird. Sofort fällt auf, dass die Band Bock hat. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die eigenwilligen, aber dadurch überhaupt nicht aufgesetzt wirkenden Ansagen von Sänger Marc Grewe, sehr sympathisch, wie ich finde. Die Band spielt hauptsächlich Songs der Demos und der ersten beiden Platten. Sehr cool finde ich auch die beiden neuen Songs, welche nahtlos an die Frühwerke der Band anknüpfen. Ich bin sehr gespannt, wie die neue Platte klingt, die im nächsten Jahr veröffentlicht werden soll. Meine Highlights des Gigs sind „Under the Surface“ (Gänsehaut), „Isolated“ und „Sold Babtism“.

MORGOTH


Philipp: Boah, nun steigt aber die Spannung! Trotzdem sabble ich mich fest und als wir die Halle betreten, hätte das Konzert eigentlich schon begonnen haben müssen. Aber irgendwie will das eingangs erwähnte Backdrop nicht so richtig. Schließlich wird es irgendwie befestigt und hängt da halt schief rum. Hat auch was. Ein mächtiges Intro ertönt, Karl Willets klatscht vor Freude Ozzy-like in die Hände und dann montiert „Forever Fallen“ uns fast die Rüben ab. Hui, was für ein Sound! Monströs erhaben und mächtig. Warum gerade diese Band? Weil BOLT THROWER sich zum Beispiel allen angeblichen „Regeln“ entziehen. Du musst unbedingt alle zwei Jahre ein Album rausbringen, sonst vergessen dich die Leute! Am Arsch, sagen sich BT und haben jetzt seit neun Jahren nichts Neues releast. Du solltest beim Merch richtig zuschlagen, nur da verdienst du Geld! „Fuck Price Politics!“, antworten BT und verkloppen ihre Shirts heute für 12,- Euro. Im Grunde sind die Coventry-Vögel Punks, was man ja nicht zuletzt daran sieht, dass sie immer wieder mit Bands wie VARUKERS oder DISCHARGE spielen. Argh, die Setlist killt! Es folgt ein Vorschlaghammer auf den anderen, sodass man sich nach „Mercenary“, „Cenotaph“, „Warmaster“, „IVth Crusade“, „…For Victory“ oder „Killchain“ irgendwann fragt, was da eigentlich noch fehlt. Bei BOLT THROWER muss man eben nicht neue, langweilige Songs fürchten- denn die gibt’s nicht, alle acht Alben sind nun mal grandios. Diese Gitarrenwände, der unnachgiebig rollende Schlagzeugdonner – dazu Riffs für die Ewigkeit wie in „Killchain“, dessen unwiderstehlicher Reiz gerade im verhaltenen Tempo liegt und späteres Uptempo-Gemeter dadurch umso wirkungsvoller Hälse abschraubt. Am Ende zwingen und stampfen BOLT THROWER noch mal ALLES in Grund und Boden: Wie unfassbar HEAVY kommt bitte „Powder Burns“ (lichttechnisch auch passend unterstützt, das flackert und blitzt, dass einem ganz schwindelig wird)? Und dann folgen „No Guts, No Glory“ sowie „When Cannons Fade“, welche alle Nervenenden in Brand setzen. FUCK!

Zum Gelingen dieses großartigen Abends trägt in meinen Augen auch der Schlachthof bei, dessen räumlicher Aufbau mit den hohen Rängen etwas von ‘nem Amphitheater hat. Mag ich sehr. 1996 – vor 18 Jahren! – hab ich BOLT THROWER hier übrigens schon mal gesehen (mit VARUKERS, POWER OF EXPRESSION und SENTENCED).

 BOLT THROWER


Ufo: Nun sollen eigentlich BOLT THROWER spielen, doch das zieht sich noch ein wenig hin, da es Probleme gibt, das Backdrop zu wechseln. Ganz egal, die Zeit wird von der Meute genutzt, Sänger Karl Willetts ein Geburtstagsständchen zu singen, worauf dieser auch breit grinsend auf die Bühne kommt und sich von der Menge feiern lässt. Nach einigen Versuchen lässt man das Backdrop dann notdürftig hängen und BOLT THROWER starten ihr Set.

Losgelegt wird mit „Forever Fallen“. Mann, geht das ab, die Leute sind von Anfang an am Crowdsurfen und Stagediven, was ich in dieser Form lang nichtmehr auf einem Konzert erlebt habe. Das alles trägt natürlich zur Stimmung bei und man wird förmlich mitgerissen, ich komme auf jeden Fall aus dem Dauergrinsen nichtmehr raus. Die Band ist gut aufgelegt und freut sich sichtlich über die Publikumsreaktionen, woran man erkennen kann, das sie nach all den Jahren auch immer noch Bock haben zu spielen. Abgerundet wird das Ganze dann noch durch eine super ausgewählte Steilst, welche sich durch fast alle Werke der Band zieht. Gespielt werden unter anderem „ Warmaster“ , „...For Victory“, „IVth Crusade” und “Anti-Tank”. Als Zugabe gibt es dann nochmal „ No Guts no Glory“ und „When Cannons Fade“, welcher sich mit seinem Schleppenden Schlussriff mehr als perfekt zum Rausschmeißer eignet.


BOLT THROWER 


Setlist:

  • Forever Fallen
  • Mercenary
  • World Eater
  • Cenotaph
  • Anti-Tank
  • All That Remains
  • Warmaster
  • War
  • Remenbrance
  • This Time It’s War
  • IVth Crusade
  • Entrenched
  • …For Victory
  • Killchain
  • Powder Burns
  • No Guts, No Glory
  • When Cannons Fade

Kommentare   

+1 #1 Philipp 2014-10-05 16:47
Leider mussten wir die meisten von Evelyns Bildern aufgrund rechtlicher Umstände wieder rausnehmen. Abfukk. Dafür sind jetzt ein paar schäbige Bilder drin, die ich gemacht habe...
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv