VLADIMIR HARKONNEN, POWER, KILLBITE / 31.01.2014 - Kiel, Schaubude

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Herb: Eigentlich wollte ich cool bleiben, Freitag nachmittag packt mich dann aber doch die Panik, also flugs noch dank Hilfe eines Kumpels ein Ticket für die Releaseshow von VLADIMIR HARKONNEN ausgedruckt. Eine gute Entscheidung,denn gerade 14 Restkarten gibt es noch an der Abendkasse. Als ich um viertel vor neun eintreffe, sind die dann auch folgerichtig weg und die Bude ist ausverkauft. Das Publikum heute bunt gemischt, Metaller_innen, Punks und dazu noch massig bekannte und unbekannte Gesichter. Zehn von zehn Punkten für den Metaller mit dem Exodus-Backpatch, nur warum muss er dazu eine wirklich potthäßliche Strickmütze des miesen FC St.Pauli tragen? Beschäftigt mich den ganzen Abend, die Frage...

Einziger richtiger Wermutstropfen ist an diesem Abend aber: die neue Scheibe „Into Dreadnought Fever“ ist zwar als schnöde CD und schickes Tape (trudelt im Laufe des Abends ein) vorhanden, das Vinyl ist aber leider nicht rechtzeitig fertig geworden. Dafür gibts dann massig Vinyl von Break The Silence und Obey! Records.

Pan: DIE BLAUE GALA. Schon wieder so ein Konzert, bei dem ich Wochen vor dem eigentlichen Ereignis anfange, mich darauf zu freuen. Zur Einstimmung darauf stellen VLADIMIR HARKONNEN „Into Dreadnought Fever“ dankenswerterweise auch rechtzeitig auf Bandcamp online. Es besteht also die Chance, sich schon vorm Releasekonzert den langerwarteten zweiten Longplayer komplett und mit Texten anzuhören – wobei ja mindestens „Frontex Fuckers“ ohnehin seit geraumer Zeit zum Liveset gehört und in der Hinsicht keine wirkliche Überraschung mehr darstellten dürfte. Zur Abrundung des Abends spielen neben VLADIMIR HARKONNEN außerdem noch POWER und KILLBITE aus Bremen.

Dirk: Die wochenlange Spannung gepaart mit Vorankündigungen der Hardcoretruppe Vladimir Harkonnen hatte mich heiss gemacht. Die Herren sind ja nunmal totale Vollprofis und Sänger Phil ein Garant für ein Lineup, bei dem jeder auf seine Kosten kommt. Die Schaubude war ausverkauft und platze schon aus allen Nähten. Ich glaube, das war mein knappster Karteneinkauf aller Zeiten. Tics gekauft und schwupps... nichts geht mehr.

Pan: Da das Schaubuden-Programm bekannterweise rechtzeitig startet, legen wir dort kurz vor 21.00 Uhr eine Punktlandung hin. Denn es soll voll werden. Letzter Stand um 19.30 Uhr desselben Abends: Noch 30 Karten im Vorverkauf! Wir sind natürlich vorbereitet und haben uns schon vorher mit Tickets versorgt, denn an diesem Abend vor ausverkaufter Tür stehen? Undenkbar!

Herb: Um kurz nach neun legen dann KILLBITE dann los. Vor der Bühne ist noch einiges an Platz,dann ändert sich aber im laufe des Gigs. Die Bremer geben auch von Anfang an Gas, eine coole Mischung aus ordentlich Crust, einer guten Dosis Metal (Zitat des kameralosen Jan ML: „Die haben aber viel ENTOMBED gehört“) und natürlich amtlich Punk wird den Hörer_innen serviert. Riffs der Marke „Simpel, aber effektiv“, immer wieder kurze Gitarrensoli, Neu-Drummer Ballo treibt die Songs unwiderstehlich an und dazu Texte über den miesen Zustand der Welt ('Dystopia') und die nervige Lohnarbeit ('Permanent Pressure'). Kommt vor der Bühne neben dem typischen Krusten-Kopfnicken fliegen die ersten Haare und lautstark Beifall bekundet. Die Band freut sich sichtlich und liefert einen starken Auftritt ab. Folgerichtig sind die wenigen Exemplare ihrer 10“ „Brilliant Hell“ dann später auch restlos ausverkauft.

Pan: KILLBITE eröffnen den Abend. Die Bremer machen seit Ende 2012 Metal-Crust, den sie den Besucher_Innen der Schaubude mit ordentlich Druck um die Ohren pusten. Das Set wird zügig durchgekloppt und in der ersten Reihe wirbeln bereits früh die ersten langen Mähnen herum. „Kiel ist echt super“, ist ungefähr die einzige Ansage, an die ich mich erinnern kann. KILLBITE auch, finde ich. Wobei für mein Empfinden ein bisschen an den groovigen Parts gespart werden könnte, um das Ganze noch ein Stück zackiger zu machen. Aber , wie immer und alles: Geschmackssache.

Dirk: KILLBITE aus Bremen machten den Anfang. Und diese Truppe hämmerte headlinermässig sowas von ab... also das hätten die jetzt auch noch 2 Stunden so machen können. Allerdings gibts dann Probleme mit der Pumpe. KILLBITE besitzen zwar richtig gutes Groovepotential, werfen aber in richtiger Hardcoremanier ihre Krachersongs ins Publikum. Und die Menge dankt es ihnen. Darum dürfen Sie dann auch nach ner 3/4-Stunde den Pausenraum entern und das Backstagebier schlürfen. Das war ne richtig geile Nummer. KILLBITE sind bei mir vorgemerkt.

Herb: So, mittlerweile ist die Bude voll, das freut POWER, die laut Bandgeschäftsführer JoyBoy noch nie vor so vielen Leuten gespielt haben. Und die Band hat nicht nur Bocky (am Bass), sondern auch Bock. Die Mischung aus Hardcore, Punk und Metal knallt auch heute wieder gut rein , Macko beweist, dass er ein richtig guter HC-Shouter ist und der Rest der Band ist musikalisch eh verdammt gut aufeinander eingespielt. Dazu kommt noch eine gute Prise Humor, so bezeichnet JoyBoy „Into Dreadnought Fever“ als schleswig-holsteinische Antwort auf „Chinese Democracy“ und Olli beschwert sich, dass er auf der Bühne nur das Keyboard hört. Highlights des Sets sind für mich 'Bible Grind', 'Drowning In The Mud' und 'Regener In Blood'. Richtig gute Show, im Pit geht es dann auch ab.

Pan: Von POWER schneide ich dann irgendwie gar nicht so viel mit, da immer mehr bekannte Gesichter die Schaubude entern und ich ständig mit irgendwelchen Leuten quatschen muss. Das, was ich mitbekomme, ist wie immer extrem gut und vor der Bühne sind die langhaarigen Kutten den jugendlich-aufgedrehten Jeanswesten gewichen. Der hervorragend Schlagzeug spielende Kelling wird im Nachhinein noch explizit erwähnt und ich habe den Anflug eines schlechten Gewissens, dass ich POWER gar nicht ausreichend gewürdigt habe. Beim nächsten Mal dann wieder.

Dirk: POWER lieferten auch sonne Mischung aus Punk und Hardcore. Mit wesentlich mehr Abrissbirne als KILLBITE. POWER genießen den Heimvorteil. Hier darf man sich ruhig verausgaben und nass spielen. Nach Hause isses ja nicht weit. Ich kannte POWER bisher nur vom Hörensagen und Online-Präsenz. Aber alter Falter...die gehen echt richtig gut ab. Vor der Bühne wird es tanzbar. BZW rempelbar. Was angesichts einer ausverkauften Bude auch ganz normal ist. Nichts für Pogoverweigerer. Der Mob reisst dich automatisch mit und ich als Pogoverweigerungssachverständiger lass es geschehen. Echt geile Nummer von POWER. Check!

Herb: Es ist also alles angerichtet für die Vladis und die nehmen die Vorlage dankend auf. Ein neuer Track und das darauffolgende 'Roadkill BBQ' sorgen gleich mal dafür, dass der Mob vor der Bühne auf Betriebstemperatur gebracht wird. Mit ihrer Mischung aus Hardcore, Thrash Metal und Punk, treffen VLADIMIR HARKONNEN auch den Nerv des Publikums, das Songs wie Irukandji' (von Linguistikexperte JoyBoy gleich beim ersten Versuch korrekt ausgesprochen), 'This Ain't A Lovesong', das richtig geile Brett 'Frontex Fuckers' oder 'Not Even Close' mit einem geilen Moshpit würdigt. Auch Philipp ist heute gut drauf, widmet sich in seinen Ansagen nicht nur dem Erhalt von Freiräumen wie der Roten Flora und der Meierei oder den menschenverachtenden Praktiken der EU-Grenzschutzagentur Frontex, sondern berichtet auch von einem youtube-Video, indem erklärt wird, wie mensch eine Banane isst, was dann seine Hoffnung auf Veränderungen doch erschüttert hat. Trotz dessen wird das Konzert ein rauschendes Fest, dass seinen vorläufigen Höhepunkt in Party Of The Damned' findet. Aber danach ist noch nicht Schluss, es werden noch zwei Coverversionen angekündigt, als erstes 'The Power Of Lard' von äh LARD. Die Band hat auch fleißig geprobt, also alle außer Philipp, der nur mäßig textsicher ist. Da aber Gitarrist Zarc Harkonnen den Song schon gefühlte 6666-mal gehört hat und den Text auswendig kann, fällt das nicht ins Gewicht und für den Refrain gibt es ja noch die Meute vor der Bühne, die dann beim nächsten Cover, 'Bonded By Blood' von EXODUS nochmals richtig ausrastet (good friendly violent fun!) und so zusammen mit den Vladis für einen großartigen Abschluss eines großartigen Konzerts sorgt.

Pan: Bei VLADIMIR HARKONNEN bin ich dann wieder voll anwesend. Die habe ich aber auch eeeeewig nicht live gesehen und freu‘ mich deshalb um so mehr auf den Auftritt. Die Schaubude ist mittlerweile zum Bersten voll, als ob sich während der letzten halben Stunde noch mehr Leute als vorher schon hineingequetscht hätten. Oder tauchen sie schlagartig alle aus den Untiefen des Raucherraums auf? Unklar. Die HARKONNENS starten mit „Reign in Vlad“, das nicht nur durch Titelwahl, sondern auch musikalisch zu überzeugen weiß. Ein Glück! Im Anschluss wird eine bunte Mischung aus einigen alten und zahlreichen neuen Liedern geboten. Philipp legt eine Mordsenergie an den Tag und hüpft durchgehend auf der Bühne auf und ab. Ich bin außerdem ziemlich begeistert davon, dass er live nicht nur fies brüllen, sondern noch fieser kreischen kann. Textlich ist „Into Dreadnought Fever“ übrigens deutlich kritischer als sein Vorgänger, so richten sich die Texte u. a. gegen Umweltverschmutzung, die Schließung von Freiräumen und die Grenzbewachung des Schengenraumes. Der Blick auf den rechten Teil der Bühne und damit auf Andi und Eric bleibt mir leider praktisch während des ganzen Sets versperrt, deshalb kann ich ansonsten nur noch den links stehenden Zarc bestaunen, der sich als mittlerweile einziger Gitarrist von VLADIMIR HARKONNEN durchs Set schwitzt. Am Ende intoniert er sogar noch recht beeindruckend das LARD-Cover „The Power of Vlad“ (statt „The Power of Lard“.) Den Abschluss des Abends bildet dann das EXODUS-Cover „Bonded by Vlad“ – statt „Bonded by Blood“. Alles in allem eine ziemlich runde Sache, der Auftritt. Die neue VLADMIR HARKONNEN-Platte weiß auf jeden Fall live zu überzeugen und ich bin fast ein bisschen traurig, dass ich es nicht auch noch zur BLAUEREN GALA nach Rendsburg am nächsten Tag schaffe. War bestimmt auch super ;)

Dirk: Vladimir Harkonnen haben einen echt markanten Sänger. Diese Stimme hörste wohl unter 1000 heraus. Sozialkritik steht hier ebenso hoch im Kurs wie granatenmässiges Releasegekloppe. Aber das Banner des Hardcore heute steht doch vor der Politik. Aber... ich komme aufgrund einiger Inhalte nicht drumherum, das Thema Politik aussenvor zu lassen. Bei dem Song 'Frontex Fuckers' geht es um die Grenzpolizei Europas, die auf unmenschliche und unmoralische Art Menschen des Kontingents verweisen und klatschend dabei zusehen, wenn eben diese absaufen. Darum ist es mir auch wichtig, die Band für dieses etwaige Engagement zu loben. Denn zu oft gehen mir Parolen gegen Berlin auf den Sack, wenn es in Verbindung mit Punk geschieht, aber in den meisten Fällen eher haltlos ausfällt. Vladimir Harkonnen haben eine Message. Und die ist voller Brisanz. Nun aber wieder zurück zu der Musik. Das war n amtliches Brett. Selbt hinten in der Räucherkammer bei der Pausenkippe hört man den mächtigen Sound dieser Truppe. Leider gabs noch keine Vinyl. Aber der Merch war trotzdem gut besucht. Lag ja auch an den beiden Vorgängercombos. Vladimir Harkonnen waren zwar der Hauptact, dennoch von der Spielfreude und Brachialität in keinster Weise besser oder schlechter. Alles Andere liegt im Auge des Betrachters. Hier waren 3 gute Bands zu Gange die sich in Punkto 'Können' alle geghenseitig die Butter vom Brot klauen duften. Vielen lieben Dank. Auch an Dicki und seine Schaubude.

Herb: Fazit: Geile Releaseparty, super Stimmung, glasklarer Sound, ein denkwürdiger Abend, gerne nochmal! Auf das nächste Album von VLADIMIR HARKONNEN müssen wir ja hoffentlich nicht wieder vier Jahre warten.....

Kommentare   

+2 #3 Philipp 2014-02-10 10:34
Jetzt ist aus dem Autorenduo ein Trio geworden - Bericht um Dirks Sicht der Dinge ergänzt. Denn sechs Ohren hören mehr!
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+1 #2 socialrealist 2014-02-08 11:45
Zufällig mal auf 'ner blauen Gala und schon wird er vorlaut. Halt's Maul, Rostock-Schwein!
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+6 #1 DoctorJoyBoyLove 2014-02-08 11:03
Schöner Bericht. "In der Schaubude noch nie vor so viel Leuten" wollte ich eigentlich dagen, was aber auch durchaus was heißt. Das war immerhin das siebte Mal, dass wir da gespielt haben, wenn ich mich nicht verzählt habe.
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