SKINDRED, DEADLY CIRCUS FIRE, URBAN MAJIK JOHNSON / 15.11.13 - Hamburg, Markthalle

0 Dislike0

Wir waren eingestellt auf einen schönen intimen Abend mit den Reggae-Dub-Moshern SKINDRED  und machten uns am gemütlichen Freitag abend auf, um uns in Hamburg eben diesen zu geben.
Doch was zur Hölle... Kaum die Markthalle betreten, ditschen wir schon mit der Nase auf  die Jacke eines dort kurz hinter der Tür stehenden Menschen, der sich als Schluß der  Garderobenschlange entpuppt. Immerhin noch IN der Halle, später geht die Schlange dann bis  VOR die Halle. Fix (naja) durchgeschlagen in den Konzertsaal, und - Junge, ist das heiß.  Die Halle ist massiv gefüllt, das habe ich bei vielen Headlinern nicht so voll gesehen,  und hier spielen gerade URBAN MAJIK JOHNSON, also die Vorband der Vorband, wenn man so  will. Und der Mob geht ab und feiert die Hamburger, die uns mit Ihrem Anarchofreakmetal  noch vom Konzert mit den INFECTIOUS GROOVES an gleicher Stelle in bester Erinnerung waren.  Auf jeden Fall war die Bude ordentlich angeschwitzt und die Stimmung bestens. Leider haben  wir nur noch die letzten beiden Lieder mitbekommen, aber die Band ist einfach cool live  anzusehen, optisch wie akustisch ein Genuß, wenn man etwas open minded Metal mit  Funkattitüde mag und die Bühnenpräsenz ist...sehr präsent, echt mal jetzt.
Überhaupt das Publikum, selten so eine bunte Mischung gesehen, von Metalfreaks über  Poppers und Rastamen ist alles vertreten, ein Mädel sogar im 50er Jahre Outfit mit  Petticoat...
Als nächstes sind DEADLY CIRCUS FIRE aus London dran. Alle angetüncht mit Anleihen von THE  CROW, dem JOKER usw. dachten wir schon, jetzt kommt ein Black Metal Brett - naja, passt ja  irgendwie nicht. War auch nicht so. DEADLY CIRCUS FIRE knattern nicht brachial los,  stattdessen kommt es mal melodiös-melancholisch, mal geht es heftig hopsend zu Sache. Wenn  TOOL sich jetzt entschliessen würde, Metalcore zu machen, dann könnte das ungefähr so  klingen. Passte trotzdem nicht so richtig und URBAN MAJIK JOHNSON sind im Geiste SKINDRED  deutlich näher als die verbruzzelten Clowns. Die Reationen waren dementsprechend  freundlich bis höflich, aber zum Ende des (sehr kurzen) Gigs war die Halle deutlich leerer  als bei UMJ. Erwähnenswert noch die Show des Bassers, der wie ein geistesgestörter Roboter  über die Bühne fegt und einen erstaunlichen Beweis für die Flexibilität des Nacken selbst  bei krankestem und abgehacktesten Extrem-Moshen liefert...

Letzter Umbau, alles wartet auf den Hauptact aus Newport. Wir widmen uns anderen wichtigen  Themen und stellen fest, dass die Besiedelung des Mars deutlich einfacher ist als gedacht  und werden im Traum reich bei der Idee, unsere neuen Erkenntnisse an die NASA zu  verkaufen. Schickt einfach konzertbegeisterte Metalfans mit ner coolen Band da rauf, denn  die brauchen keinen Sauerstoff! No Terraforming needed! Die (mittlerweile wieder)  proppevolle Markthalle ist der Beweis. Genau wie auf dem Mars beträgt der Sauerstoffgehalt  ca. 0,15% - BEVOR SKINDRED loslegen. Es muss nur noch geklärt werden, wie man den Mars auf  Markthallenkompatible 50°C aufheizt, aber das ist gewiss das geringere Problem oder?

Zurück zur Erde, und das heißt: Lights on, let the show begin! Nachdem bereits die  Zwischenmucke mit Pretenders, Police, Thin Lizzy,... eher unüblich ausfiel, schallert nun  AC/DCs "Thunderstruck" als Intro aus den Boxen. Aber was heißt Intro??? Die Briten kommen  einfach nicht auf die Bühne und der Song läuft von Konserve mit kompletter Lightshow  einfach bis zum Ende durch... Und der Mob? Geht ab wie sonstwas, da wird geshoutet,  gebangt und Fäuste geschüttelt, was das Zeug hält. Nachdem Atze sich zuende die Ehre  gegeben haben, beginnt mit dem Star Wars Klassiker "Imperial March" das tatsächliche  Intro. 1000 mal gehört? Ja, aber nicht in dieser Version, die in eine Reggae Variante  übergeht, und da sind die SKINDREDs auch endlich!

Nun beginnt ein Höllenritt, der die Markthalle in einen Tropenbeachclub verwandelt,  SKINDRED spielen tatsächlich fast jeden Song in einer speziellen Livevariante, bauen  Spielchen ein, Zitate ("Sad but true"), verbinden sie miteinander und binden das Publikum  in einer Weise ein, wie ich es selten gesehen habe. Insbesondere Sänger Benji, den ich  stimmlich heute als nicht so stark wie auf Vinyl empfinde, hat die Masse voll im Griff,  spielt mit ihr, badet in ihr, und alle fressen ihm aus der Hand. Jeder Move, jeder  Gesangspart wird von der GESAMTEN Markthalle aufgegriffen und mitgemacht, sei es, als sich  die gesamte Halle hinsetzen (was ALLE tun) und anschliessend jumpen soll (dito), oder bei  der Aufforderung "Pull out your Shirts!". Nun wird das ganze nicht zu einer schmierigen  Saunaparty oder so, sondern ist die vorbereitung für den "Newport Helicopter", als alle  halbnackerten Ihre Klamotten über dem Kopf kreisen lassen. Das sah mal richtig abgefahren  aus und war bei gefühlten mittlerweile 80° zudem eine willkommene Erfrischung. Über  einzelne Songs abzufaseln, macht hier wirklich keinen Sinn, der dieser Abend geht als eine  großartige Gesamtshow in die Geschichte ein, da muss man nichts heraus- oder  hineinstellen. Außerdem war auch egal, ob man die Songs kannte oder nicht, weil die  Liveperformance mit den Konservensongs teilweise nur vage miteinander zu tun hatten. Wer  so eine Bandbreite an Publikum derart in Griff hat, gehört auf jeden Fall zu den ganz  großen Liveperformern! "My DJ loves SLAYER!" Yo!

Ich habe jedenfalls in Hamburg noch nie eine solche Stimmung gesehen, und prophezeihe,  dass es bei SKINDRED nicht nur in mittelgroßen Hallen, sondern auch auf großen Festivals  in Zukunft vor der Bühne verdammt eng werden wird. Aber es lohnt sich! Who needs Oxygen when you can have vibes - Roots Rock Ríot rules!

Kommentare   

+2 #2 siggi sick 2013-12-06 15:19
ja das war hammer,,auf platte wirkt der Sänger für meinen Geschmack zu Nervös,,aber man konnte sich bei den Songs schon denken das es Live knallen wird,,schöner saunaabend mit leichter Vodkanote bei mir!
Zitieren
+1 #1 Doc Doom 2013-11-29 17:59
Das war mal was ganz Neues, auf ein Konz zu gehen bei dem ich nicht einen einzigen Song kenne. Es hat sich definitiv gelohnt! Party machen geht mit Crossover (was auf Band und Publikum gleichermaßen zurifft) halt besser als mit so manchem genretypischen homogenen Mob. Matt, das das Thema NASA-Mission war mir glatt entfallen. Verflixte Gerstenbrause!
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv