DEAN DIRG, BLANK PAGES & PAGANIZER / 16.05.12 – Hamburg, Hafenklang & Bambi Galore
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Freitag, 18. Mai 2012 12:34
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Ja, ihr lest richtig: Hardcore/Punk und Death Metal an einem Abend. Aber nicht auf einer Veranstaltung. Möglich wird diese Kombi durch Konzerthopping quer durch Hamburg, wobei die Mitgliederzahl unsere Reisegruppe zwischendurch von drei auf fünf Köpfe ansteigt und das Pärchen, welches wegen Rückfahrplätzen fragt, kurzerhand noch mit zum Schlachtfest ins Bambi gekarrt wird.
DEAN DIRG waren länger nicht mehr auf Tour. Der letzte Konzertbericht in der Dremu-Datenbank datiert auf 2007, als die Band zum fünften Mal in der Schaubude gastierte. Dieses Mal gibt es kein Kieler Gastspiel, überhaupt kaum Konzerte im Norden, da die Band eigentlich nur kurz Boxenstopp auf dem Weg nach Schweden macht.
Hafenklang-Bilder von Toffi, Bambi-Galore-Pics von Jan
Die Konsequenz: Es wird richtig voll im Hafenklang. Das ursprünglich für den Goldenen Salon geplante Konzert wird in den größeren unteren Raum verlegt. Viele Kieler_innen, Rensdsburger_innen usw. sind zugegen und sind guter Dinge.
Leider langweilen erst mal BLANK PAGES mit ziemlich öder Rockmucke. Nennt es meinetwegen auch Postpunk oder Indie. Berührungspunkte gibt es im direkten und aufs Wesentliche reduzierten Schlagzeugspiel, aber das bringt mich insgesamt alles nicht auf Trab. Musikalisch passt das nicht so richtig zur DEAN-DIRG-Action, personell dagegen schon, da hier auch der neue DEAN-DIRG-Gitarrist Andi zockt und singt. Bei meiner kurzen Recherche stoße ich auf die Randnotiz, dass es eine US-Truppe gleichen Namens gibt. Die sind allerdings voll missionarisch im Namen des Herren unterwegs, was die deutschen Pages (huch) zu folgendem Hinweis veranlasst hat:
„Hello americans, we
came to realize that a lot of you seem to get us confused with the christian
Blank Pages from Indianapolis. Whereas we seriously don't give a fuck whether
you "like" us or not, you should be aware that not only are all of us
sincere atheists, but we also hold the firm conviction that the christian
religion, as much as any other religion for that matter, is medieval bullshit
that shouldn't have a place in the 21st century.
Thank you, good night and fuck your jesus.
Blank
Pages“
Ebenfalls auf der Schnellstraße zur Hölle befinden sich DEAN DIRG, zumindest dürfte das die Zielgruppe obigen Zitats vermutlich so empfinden. Denn die hier anwesende Jugend scheint ganz und gar verloren und verdorben. Aufnäher wie „Unholy Handjob“ zieren die schmierigen Klamotten, sie huldigt einem Sänger, der aussieht wie ein 70er Jahre Asi-Fußballfan und führt obszöne Tanzbewegungen aus, reiben sich gar wollüstig aneinander! Oh lord!
DEAN DIRG entfachen nach der für viele langwierigen Wartephase einen violenten Tanzreigen. Wie immer gibt es tight aufs Haupt. Die Gitarre nicht zu sehr verzerrt, die Drums ausschließlich auf mitreißende Beats fixiert, der kreischgeile Gesang von Doph, die Stücke unter zwei Minuten – alles wie gehabt, alles wie erwünscht/erhofft. Oder wie ein Kollege treffend definiert: „Es gibt einen großen Unterschied zwischen ‘gut‘ und ‘sehr gut‘ und der ist größer als der Unterschied zwischen ‘gut‘ und ‘scheiße‘. DEAN DIRG sind sehr gut.“ Meine Faves im heutigen Set? „Everyone Back Off“ und „Raus!“
Der Spaß ist natürlich nach recht kurzer Dauer auch schon wieder vorbei, aber DEAN DIRG hören eben immer auf, wenn es am Schönsten ist oder bevor jemand behaupten könnte, dass es nach einer gewissen Zeit langweilig geworden sei.
Zum Glück hatte Siggi darauf hingewiesen, dass heute auch eine Death-Metal-Sause im Bambi stattfindet. Denn der Abend ist noch jung und wir sind hungrig. Und so cruist Siggi seinen Dodge im Affenzahn gen Billstedt.
Wir haben Glück: PAGANIZER ist zuvor ein Amp abgeschmiert und so beginnen sie gerade erst richtig ihr Konzert, als wir in die Bambi-Katakomben purzeln. Jaaah, was für eine Soundwand! Man schwafelt bei Death Metal ja gerne vom „Gefühl, als werde man von einem Panzer überrollt“. Klischee – aber hier trifft das echt gut zu. Denn gerade in den tiefen Frequenzen wühlen die Schweden um Death-Metal-Workaholic Rogga Johansson (RIBSPREADER, DEMIURG, THE GROTESQUERY, BONE GNAWER, CARVE, EDGE OF SANITY…) aufs Effizienteste; das gräbt so richtig in den Eingeweiden. Das Bambi ist gut gefüllt, die Luft schwanger von Schweiß und Hochprozentigem. Grund für Letzteres ist der Geburtstag von Underground-Ikone Wiebke Hörmann (u.a. Doom Metal Front Zine), denn aus diesem Anlass werden die Kurzen tablettweise herumgereicht. Lecker: der hiesige Mexikaner. PAGANIZER donnern Stücke von ihren ca. 16 Veröffentlichungen und ernten massives Headbanging. Für Wiebke wird „Scandinavian Warmachine“ gar ein zweites Mal gespielt. Geiler Song. Zum Einstieg empfehle ich ansonsten die letztjährige Scheibe „Into The Catacombs“.
Es dauert, bis man sich von allen Bekannten verabschiedet hat, aber irgendwann beamt uns Siggi zurück nach Kiel, wo am nächsten Tag schon das nächste Highlight wartet: COMMON ENEMY und INSIDE JOB. Fortsetzung folgt…
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