FLUFF FEST 2011 / 22.07.-24.07.2011, Rokycany, Tag 0 + Tag 1

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Es verwundert mich immer wieder, wie schnell doch eigentlich die Zeit vergeht. Da ist auf einmal schon wieder ein ganzes Jahr rum und für mich steht das zweite Mal die Fahrt ins weit entfernte Rokycany in der Tschechischen Republik an, wo nun schon zum zwölften Male das Fluff Fest stattfindet. Da unter Anderem dieses Festival dafür verantwortlich ist, dass ich mich seit einem Jahr Straight Edge schimpfe, es also maßgeblich einen bedeutenden Lebenswandel meinerseits beeinflusst hat, ist das Fluff für mich etwas ganz besonderes. Umso größer ist dann auch meine Vorfreude. Vor allem das Lineup ist der Oberknaller und trifft genau meinen Geschmack. Relativ wenig Prollo-Kram, dafür viel HC mit Herz. Aber dazu später mehr.

 

Wir brechen also am Donnerstag in dem extra von Mutti geliehenen Kleinwagen auf. Dank Navi und weil ich die Strecke schon zum zweiten Mal fahre, kommen wir dieses Mal auch schon nach ca. neun Stunden an unserem Zielort, dem ungefähr 900 km entfernten, in der Nähe von Pilsen gelegenen Rokycany Airfield an, einem kleinen Sportflugplatz, der als Veranstaltungsort dient. Die Bodenbeschaffenheit lässt erahnen, dass es seit Tagen geregnet hat und das, was bei unserer Ankunft vom Himmel fällt, lässt die Hoffnung auf ein trockenes Festival recht zügig schwinden. Doch schon nach wenigen Minuten lässt der Regen nach und die Zelte können zumindest trocken aufgestellt werden. Danach regnet es aber erst mal weiter. Wir holen uns dann erst einmal unsere Bändchen am Einlass und checken aus, was das vegane Catering dieses Jahr so zu bieten hat. Es gibt zwei verschiedene Burger, Crèpes, Pommes, Tortillas, ein täglich wechselndes Tagesgericht, Couscous und sogar veganes Softeis und das alles zu mehr als günstigen Preisen. Was will das Veganer_innenherz mehr? Dieses Jahr gibt es auch am Donnerstag schon musikalisches Programm: Auf der Zeltbühne spielen drei Bands aus der Umgebung. Ich bekomme aber nur eine zu Gesicht. Die spielt Post-Irgendwas ohne Gesang, das dafür aber auch nicht gut. Zusätzlich ist der Sound eine Zumutung. Ich beschließe, mich früh schlafen zu legen, um für den nächsten Tag fit zu sein. Leider machen mir meine Nachbar_innen aus Litauen einen Strich durch die Rechnung, da sie auf die Idee kommen, mit ihrer Karre den halben Zeltplatz mit litauischem '90er Trash zu beschallen. Trotz mehrere verärgerter Ansagen wird die Musik erst ausgemacht, als ein etwas aggressiver, junger Herr mit einer Backpfeife für Ruhe sorgt. Mein Bedauern hält sich irgendwie in Grenzen und ich kann endlich schlafen.

 

Am nächsten Morgen hat der Regen aufgehört. Trotzdem gehen wir noch vor dem Frühstück in den Ort, um uns Gummistiefel zu kaufen. Ich ergattere noch einen Linken in Größe 44 und einen Rechten in Größe 45. Nicht schön, aber selten. Tun trotzdem ihren Dienst. Der Rest des Vormittags wird in Ruhe vertrödelt und mittags werden die Distros begutachtet. Dann eröffnen irgendwann um kurz nach 14 Uhr HOPELESS aus Australien das Programm des Freitags. Im Nachhinein kann ich mich leider nicht an die Musik erinnern, da kurz nach Beginn des Konzerts mein Telefon klingelt und ich ein paar ankommenden Freund_innen den Weg in unser Lager weisen muss. Da die Spielzeit auf Grund der doch nicht unbeträchtlichen Anzahl an Bands meist recht kurz gehalten ist, lohnt es auch nicht, wieder aufs Festivalgelände zu gehen, sodass ich mir eine Pause gönne, bis ich mich um 16:15 Uhr wieder vor der Bühne einfinde, um mir STAY HUNGRY aus Schweden anzusehen. Geboten wird Straight Edge Hardcore der prolligen Schiene. Auf hartes Aussehen wird viel Wert gelegt. Auf „X“e auf den Händen auch. Zwischendurch übernimmt ein junger Typ mit dicken Arbeitshandschuhen mit noch dickeren „X“en drauf das Mikrofon. Es handelt sich nach Aussage des STAY HUNGRY Sängers um den Sänger einer befreundeten Band. Welche auch immer. Eben dieser junge Herr hatte sich vorher in der Schlange am Einlass schon über das „[...] No Sexism, No Tough Guys [...]“ auf der Tackleberry-Tasche einer Freundin lustig gemacht. Der gesamte Auftritt also ein Schauspiel zwischen affig und erbärmlich. Für mich einer der schlechtesten Auftritte an diesem Wochenende.

Ich freue mich schon auf SS20, die danach auf der Zeltbühne spielen sollen. Leider musste der Auftritt aber anscheinend abgesagt werden. So eine Scheiße. Zum Glück spielen kurze Zeit später DEATH IS NOT GLAMOROUS auf der großen Bühne und heitern mich mit ihrem Auftritt wieder auf. Äußerst sympathische Jungs aus Norwegen, die Punkrock mit einer guten Kante Harcore kredenzen.

 

Danach gehe ich noch ein bisschen auf den Zeltplatz, bis ich mich an der Zeltbühne wiederfinde, um mir mit ALL TEETH aus Californien eines meiner Highlights des Tages anzusehen. Die knallen mir ein kurzes, aber knackiges Set um die Ohren. Hardcore mit ordentlich Emotionen, voller Hass und Verzweiflung und trotzdem zum abgehen. So mag ich das gern. Nach 15 Minuten ist auch schon Schluss, weil sich die Fußmaschine des Drummers in mehrere Kleinteile zerlegt. Da das Set aber nach Aussage des Sängers eh nur noch einen weiteren Song umfasst hätte, bleibt der Ausfall also relativ gering.

Außerdem fällt daher die zeitliche Überschneidung mit TOUCHÉ AMORÉ weg, sodass ich deren Auftritt von Anfang an bewundern darf. Musikalisch schlagen die fünf Jungs aus LA in eine ähnliche Kerbe wie ALL TEETH. Ich bin hellauf begeistert und kann mein Glück die meiste Zeit gar nicht fassen. Wunderschöne 45 Minuten später ist es damit leider auch schon vorbei.

 

Ich begebe mich zur Zeltbühne, um mir mal anzusehen, was die Punkband FANZUI XIANGFA aus Peking zu bieten hat. Es gibt Knüppel-auf-den-Kopp-Punkrock mit sympathischen Ansagen. Leider fangen kurz danach auf der Hauptbühne THE CARRIER an zu spielen, sodass ich nur einen Bruchteil des Konzerts zu Gesicht bekomme.

Sei es drum, ich hab mehr Bock auf Boston Hardcore. THE CARRIER überzeugen mich auch recht fix mit ihrer Musik und ich stürze mich in den Moshpit. Ein etwas komisches Gefühl, mit Gummistiefeln zu tanzen und teilweise im Schlamm stecken zu bleiben, aber Spaß habe ich trotzdem. Zwar sind THE CARRIER offensichtlich auch gaaaanz harte Jungs, wie ihre bösen Blicke und Posen zeigen, aber übertreiben tun sie damit nicht allzu sehr. Zumindest nicht so sehr, dass es mir die Stimmung vermiesen würde. Was mich außerdem verwundert, ist, dass trotz der vielen anderen „harten Jungs“ im Moshpit Rücksicht aufeinander genommen wird. So bleibt der Spaß erhalten und es artet nicht in eine Kampfkunstshow aus.

 

Schon zehn Minuten später fangen LA DISPUTE an zu spielen. Eine Band, bei des es mir sehr schwer fällt, sie musikalisch einzuordnen. Teilweise klingt es nach Harcore, teilweise nach Screamo, dann mal nach Hardrock und im nächsten Moment beinahe nach Rap. Auf jeden Fall transportiert sie eine unglaubliche Stimmung. Ein traumhaft schönes Konzert. Einziges Manko ist, dass die Band meinen Lieblingssong „Such Small Hands“ nicht spielt und dass mir wieder mal bewusst wird, wie weit viele Hardcore Kids von Punk entfernt sind, wenn plötzlich angefangen wird, Songs mit zu klatschen und eine Stadionrock Atmosphäre aufkommt. Aber da kann die Band ja auch nicht viel für...

 

Als Fazit des Tages bleibt, dass wir beschließen am 03.08.2011 nach HH in die Rote Flora zu fahren, um TOUCHÉ AMORÉ, DEATH IS NOT GLAMOROUS und LA DISPUTE noch einmal sehen zu können.

 

Wieder gehe ich früh ins Bett und kann dies Mal auch recht fix einschlafen, da meine litauischen Nachbar_innen wohl noch von der letzten Nacht eingeschüchtert sind.

Kommentare   

0 #2 Michel 2011-08-02 14:10
Hm, ich kenn die Jungs ja nicht persönlich, sondern kann nur von dem, was ich gesehen habe, Rückschlüsse ziehen.
Mag ja sein, dass die alle persönlich total nett sind. Sowas kommt aber auf der Bühne bei so einem Gehabe nicht unbedingt rüber.
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0 #1 Bolle 2011-08-02 12:34
Ich finde, das tust du Stay Hungry unrecht. Die alten Herren sind die chilligsten und vor allem unprolligsten Typen!!
Klar, man kann´s mit den Xen auch übertreiben, aber was soll´s.

Auch die Musik ist eher Thrash als "prollige Schiene".

Nebenbei erwähnt auch allesamt sehr politische Leute, denen ihre Punk-Wurzeln wohl bewusst sind.
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