KEEP IT TRUE XIV / 29.04.2011 - Lauda-Königshofen, Tauberfrankenhalle, Tag 1

0 Dislike0

 

Im letzten Jahr der Stress wegen Eyjafjallajökull und auch 2011 können sich die Veranstalter des KIT nicht entspannen: Dieses Mal ist die Ursache menschliche Gier – ein Einzeltäter oder eine Gruppe von Arschgeigen hat Karten für das restlos ausverkaufte Festival gefälscht und über Quellen wie eBay verkauft. Gerade bei einem derartigen Underground-Festival mit Anreisenden aus aller Welt eine widerliche Sauerei, zumal die Halle ein begrenztes Fassungsvermögen hat, es sich nicht um ein weitläufigeres Open-Air-Gelände handelt. Ich hoffe, dass es sich herausfinden lässt, wer für die gefälschten Karten verantwortlich war!

Neudi / Griffin

Fotos von Oliver "Bomber" Barth & Neudi Neuderth (Griffin from behind)

 

 

Auch in unserer Reisegruppe ist ein potentielles Mitglied betroffen und der Kollege bleibt lieber gleich zu Hause. Bittere Pille. Sind wir früher zu zweit gefahren – Stefan und ich – , hat sich unsere Zahl mittlerweile verdoppelt, seit Jahren ist jetzt Doc Lord Garbrecht dabei, den auch die weite Anreise aus Israel nicht abhalten kann und heute stößt das Metal-Zebra aus Kiel dazu, das mit 19 Jahren bereits ein erstaunliches Heavy-Metal-Fachwissen vorweisen kann (das erstaunliche Heavy-Metal-Outfit samt Patronengürtel und namensgebender Zebrastreifen-Leggins nicht zu vergessen!) und das auf der Anfahrt mit obskuren Tonträgern auftrumpft. Insofern sind wir ein gar nicht untypisches Beispiel für das KEEP-IT-TRUE-Publikum, tummeln sich dort doch verschiedene Altersgruppen, welche die Liebe zu purem Metal vereint. Für nächstes Jahr ist eine weitere Verdoppelung unserer Reisegruppe geplant…

Nach erfreulich stressfreier Anfahrt wird erst das Metal-Zebra auf dem Gelände vor der Tauberfrankenhalle abgeladen, denn der Kollege ist der Meinung, dass Zelten im April viel eher Metal sei als bonzenmäßig in einem Hotel zu schlafen. Ich darf vorwegnehmen, dass sich diese Meinung im Verlauf des Wochenendes noch revidieren soll… Alsbald treffen wir auf erwähnten Lord Garbrecht, nehmen im nahegelegenen Bad Mergentheim noch ein paar Absacker, lernen ein kanadisches Paar kennen, welches seine Flitterwochen auf europäischen Metal-Festivals verbringt, und checken dann in unseren bewährten Hotel Deutschmeister (so heißt das echt!) ein, wo man uns bereits erkennt und nett begrüßt.

Alle sind aufgeregt, als wir schließlich am Freitagmorgen in die Halle strömen, das Metal-Zebra sieht nach einer kalten Nacht, wenig Schlaf und massiver Dehydrierung sogar gar nicht soo fit aus und legt einen kurzen Zwischenstopp im Sani-Bereich ein. Auch nicht schlecht – BEVOR das Fest richtig losgeht! Ansonsten wird zielsicher gleich erst mal der High-Roller-Stand angesteuert und euphorisch abgeerntet…

ALPHA TIGER

Vor dem Bankrott retten mich ALPHA TIGER aus dem sächsischen Freiberg, die das KIT 2011 mit einem Paukenschlag eröffnen, mich somit von den verführerischen Vinylständen weglocken. Mit langen Screams kassiert der bedreadlockte Sänger Szenenapplaus, die Band bewegt sich stilsicher im Fahrwasser von LETHAL, DEADLY BLESSING oder frühen QUEENSRYCHE. Letzteren Einfluss belegt man noch durch eine grandiose Coverversion von „Queen Of The Ryche“, womit man sich endgültig die Wertschätzung des Publikums erspielt. Auch die eigenen Songs überzeugen im Vorfeld, man höre nur mal „Starrider“, „Against The Time“ oder „Crimson Desert“.

http://www.myspace.com/alphatigerband

http://www.alphatiger.de/

HELLHOUND

HELLHOUND sind wohl die einzige Band des gesamten Festivals mit einem etwas schwächeren, da recht dumpfen Sound. Die Amis zählen zu den Bands, die bereits in den frühen Achtzigern gegründet worden sind und vor einigen Jahren den Reanimationsprozess begonnen haben. Ihren Stil würde ich leicht thrashigen US/Power Metal bezeichnen. Im Spannungsfeld des diesjährigen KIT-Line-Ups gehören HELLHOUND meiner Meinung nach nicht zu den Highlights. Einzelne Songs und Parts überzeugen mich durchaus, insgesamt klingt das Material jedoch etwas monoton und auch die Darbietung erfolgt eher statisch. Gelungen und auch gut gesungen aber das RAINBOW-Cover „Kill The King“!

http://www.myspace.com/hellhoundusa

DAMIEN THORNE

Es ist bereits sechs Jahre her, dass DAMIEN THORNE auf dem Headbangers Open Air ihre Reunion gefeiert hatten. Damals hatten sie Pech, NACH den bestechenden ATTACKER und TYRANT’S REIGN spielen zu müssen und standen vergleichsweise blass da. (Mein damaliger Bericht: http://www.dremufuestias.de/index.php?option=com_content&view=article&id=297&catid=15&Itemid=26). Heute sieht das anders aus, gerade der neue Sänger Martin DeBourge gefällt sowohl stimmlich als auch vom Sympathiefaktor her. So grüßt er von der Bühne freundlich die Italiener SIGN OF THE JACKAL, die sich natürlich nach dem 86er DT-Debut benannt haben (und am Folgetag einen perfekten Opener darstellen werden). Traditionsbanger bemängeln nach dem Auftritt höchstens, dass zu viele neue Songs gespielt worden seien, aber die Tatsache, dass der aktuelle Tonträger noch am selben Tag am Merch ausverkauft ist, bestätigt die Band wiederum in dieser Entscheidung.

http://www.facebook.com/DamienThorneBand

In den Pausen selbstredend ein sich stetig wiederholendes Ritual: Raus aus der Halle, ein Getränk, die Sonne und ‘ne kleene Heavy-Metal-Fachdiskussion genießen. Gespannt ist man ja nun, wie Betsy und BITCH sich schlagen werden! Das Metal-Zebra hat gar alle BITCH/BETSY-Cover zum Signieren dabei…

BITCH

Die Halle ist folglich RICHTIG voll, als BITCH loslegen. Wow, ich will ja jetzt nicht jugendkultmäßig abfeiern, wie gut sich der eine oder die andere gehalten habe, aber Betsy ist definitiv, wie sie selbst singt, „a sight to see“ („Right From The Start“). Ich hätte nicht gedacht, wie gut die Songs von „Be My Slave“ live immer noch knallen, aber mit Leuten von u.a. HIRAX und ABATTOIR hat Betsy auch eine fitte Truppe am Start. Betsy zieht dazu das weibliche Pendant zur klassischen Rob-Halford-Show knallhart durch, schwingt lasziv die Hüften, zu „Live For The Whip“ gar die Peitsche. Zu den schon nicht mehr zwei-, sondern ziemlich eindeutigen Zeilen „everybody’s got a special gift, let me put my mouth around you, if you catch my drift, I’m a skullcrusher!“ wird gar noch an einer Zuckerstange gelutscht, was so einige Freaks komplett ausrasten lässt. Eine Heavy-Metal-S/M-Party mit augenzwinkerndem Zelebrieren aller Klischees!

http://www.betsybitch.com/

SLAUTER XSTROYES

Doch der Wahnsinn soll jetzt kein Ende nehmen, SLAUTER XSTROYES stellen in mehrfacher Hinsicht eine Überraschung dar! Nicht nur kann die durchgeknallte Mischung aus epischem und technischem Metal völlig mitreißen, nicht nur erweist sich der Sänger als VÖLLIG wahnsinnige High-Pitch-Schreigräte, nein, auch die Leuten drehen durch und brüllen Textzeilen und Refrains mit. Zeigt mal wieder, was das KIT-Publikum für ein Underground-fixierter Haufen ist. Klar kann man sich mit den großen Namen zufrieden geben, aber so richtig fies infizierte Musiknerds buddeln eben gern tiefer und so kann man bei jedem KIT beobachten, dass hier keine gute Band vom Publikum ignoriert wird.

http://www.myspace.com/slauterxstroyesband

BROCAS HELM

Bei BROCAS HELM kommt ein ähnlicher Effekt wie bei DAMIEN THORNE zustande, sogar in noch extremerem Ausmaße. Denn die Band hatte mich 2004 auf dem HOA ziemlich enttäuscht (http://www.dremufuestias.de/index.php?option=com_content&view=article&id=205&catid=15&Itemid=26), obwohl oder gerade weil ich großer Anhänger des „Into Battle“-Klassikers bin. Doch was soll man sagen. Offenbar war der Sänger damals tatsächlich nicht auf der Höhe, denn heute klingt die Band phänomenal! Der Gesang kommt charismatisch, der völlig eigenständige Gesamtsound von BROCAS HELM klatscht mir ins Hirn und es werden uns Hits wie „Into Battle“ oder „Ravenwreck“ vom Debut kredenzt. Nach dem abschließenden „Skullfucker“ verkündet der kauzige Basser (siehe Foto…) dem fassungslosen Publikum allerdings, dass dies der allerletzte Auftritt von BROCAS HELM gewesen sei. Huch? Die Leute brüllen Aufforderungen, doch die Band kommt nicht zurück.

http://www.myspace.com/brocashelm25

BREAKER

Wie oft ich den BREAKER-Klassiker „Get tough“ gehört habe, möchte ich gar nicht wissen. Umso erfreulicher, diese Band bereits zum dritten Mal live genießen zu können nach HOA 04 und irgendwann in Wacken. Nach zwei derartig kultigen Bands haben BREAKER tatsächlich keinen ganz leichten Stand. Aber erstens können sie mit zeitlosen und atmosphärisch packenden Krachern in geradezu inflationärem Maße um sich schleudern (was sie auch tun, u.a. kommen „Lie To Me“, Blood Money“, „Ten Seconds In“ und „Get Tough“) und zweitens geben sich die Jungs sich nicht mit dem Bewegungsradius eines Bierdeckels zufrieden: Sowohl Sänger als auch Gitarrist diven in die Menge (und dieses Mal wird ersterer nicht wieder von einem Ordner per Arschtritt in die Menge zurückbefördert, wie auf dem HOA irrtümlich geschehen), lassen schließlich ein begeistertes Publikum zurück. Angemessen für eine Band, die seit 25 Jahren Cleveland Metal zelebriert.

http://www.auburnrecords.com/

GRIFFIN

GRIFFIN bestehen aus dem Originalsänger William Roderick McKay und den Jungs von ROXXCALIBUR, die somit zum zweiten Mal in die Rolle einer Backingband schlüpfen, denn letztes Jahr verkörperten sie bekanntermaßen mit Chris Loque SAVAGE GRACE. Die GRIFFIN-Chose funktioniert besser, wie ich finde. Wie ich von Schlagzeuger Neudi weiß, hat man fast eine Woche zusammen geprobt und augenscheinlich hat sich da ein harmonisches Miteinander entwickelt. McKay übergeht die besondere Situation auch nicht, sondern stellt alle Bandmitglieder auf charmante Art vor. Sehr gut gesungene und detailgetreue Versionen von „Heavy Metal Attack“, „Hawk The Slayer“ (jaaa! „Hawk has come to claim his vengeaaaaaaaaance!“), „Flight Of The Griffin“ oder “Watching From The Sky” werden vom Mob förmlich aufgesogen wie Wasser vom (nicht mehr) dehydrierten Metal-Zebra. Einziger Downer: Der fiese Cowboy-Hut, den McKay schmerzfrei auf der Rübe spazieren führt.

GRIFFIN

http://www.myspace.com/griffinhawktheslayer

VICIOUS RUMORS

Ich will noch nicht alles vorwegnehmen, aber der Auftritt von VICIOUS RUMORS gehört zu einer der Sensationen des diesjährigen KIT-Festivals. Und dabei hatte ich bei der Ankündigung, dass es eine Art „Tribute To Carl Albert“-Show mit Alberts Sohn gar nicht allzu viel erwartet! Ja, ich fand es gar ein wenig enttäuschend, dass man den guten neuen Sänger Brian Allen kaum werde hören können. Kevin Albert, dessen Vater vor jetzt bereits 16 Jahren bei einem Autounfall gestorben ist, hatte zwar schon als Gitarrist gezeigt, dass er den Weg in die Metalszene gefunden hat, doch dass er ein UNFASSLICH guter Sänger ist, überrascht aufs Positivste. Der Kerl muss die ersten VICIOUS RUMORS-Alben sein Leben lang mitgesungen haben – er klingt bis in die kleinsten Nuancen wie sein Vater. Das verleiht dem Auftritt natürlich eine besondere Note – man sieht nicht nur einen technisch hervorragenden Sänger, sondern ist vom emotionalen Aspekt her ergriffen, wenn Kevin z.B. „The Voice“ seinem Vater widmet. „Das gibt es doch nicht“ – exakt dieser Satz ist an allen Ecken und Enden zu hören… Nach vier Krachern in der „speziellen“ Besetzung (außer Kevin Alberts auch mit den Ex-Leuten Mark McGee und Tommy Sisco), „Digital Dictator“, „Out Of The Shadows“, „Down To The Temple“ und „Dust To Dust“, kommt die aktuelle Besetzung auf die Bühne. Auch die überzeugt natürlich und ich freue mich auf einen regulären Auftritt mit mehr neuen Songs. Heute gibt es lediglich „Murderball“ und leider ausgerechnet den schwächsten Titel der „Razorback Killers“, nämlich „Let The Garden Burn“ (live allerdings etwas besser). Doch den spektakuläreren Teil der Show macht eben Kevin Albert aus, der seine Sache völlig souverän und selbstverständlich durchzieht. Es folgen „Abandoned“, „You Only Live Twice“ (das scheint zumindest für die Stimme Carl Alberts zu gelten…), „The Voice“, „Lady Took A Chance“, „Worlds And Machines“, “Ship Of Fools”, “Hellraiser” sowie als Zugaben “Ministry Of Fear” und eine alle in die Knie zwingende Version von „Don’t Wait For Me“. Gigantisch!

Zwischendurch vermögen ein paar junge und waghalsige Banger meine Aufmerksamkeit kurz vom Geschehen auf der Bühne abzulenken: Die entdecken Betsy Bitch auf den Rängen und klettern in einer waghalsigen Aktion zum Balkon hoch, um dann vor ihrer Metal-Göttin devot niederzuknien. Diese lässt sich von beiden generös einen Handkuss geben.

VICIOUS RUMORS

http://www.viciousrumors.com/

MASTERS OF METAL... John Cyriis letzte Rache.

Tja, dass John Cyriis AGENT STEEL wieder verlassen hat, dürfte jeder mitbekommen haben. Zwischenzeitlich war die Band daher im KIT-Billing gestrichen, doch mit Rick Mythiasin von STEEL PROPHET hat man einen kompetenten Ersatz, muss sich aber (aus rechtlichen Gründen?) als MASTERS OF METAL präsentieren, prominent mit MOM abgekürzt, hehe. „Agents Of Steel“ donnert dann auch gleich als Opener aus den Boxen und alle Trademarks der Stahlagenten sind da. Frurioses Riffing, herausgerotzt mit einer gewissen Lässigkeit (…und Schnelligkeit!), die geshouteten Refrains und der extrem hohe Gesang. Rick trägt ein Alien-Shirt und eine ganz fiese Sonnenbrille, die auf dem Festival schnell den Namen „John Cyriis‘ letzte Rache“ bekommt. Und wenn er dann noch dazu grinst, dann sieht das wirklich so seltsam aus, dass man Angst bekommen könnte… Ich beruhige mich jedoch, denn irgendwann fliegt die Brille in die Ecke und eine riesige Wundertüte an grandiosen Songs lässt mich eh schier in Trance fallen. „Never Surrender“, „Unstoppable Force“, „Children Of The Sun“, „Traveler“, „The Rager“, “Guilty As Charged”, Nothin‘ Left“ sind von den ersten beiden Platten dabei, aus der Bruce-Hall-Phase gibt es „Know Your Master“ und „Ten Fits Of Nations“. Und von der offenbar bereits aufgenommenen kommenden Platte wird ein Song namens „Tomb Of Ra“ präsentiert, der mit schiebendem Midtempo, peitschenden Riffs und einprägsamem Gesang überzeugt. Ein weiteres Mal wird heute Dio gewürdigt, AGENT STEEL  spielen gleich ein Medley aus "Children Of The Sea", "The Last In Line" sowie "Stand Up And Shout" - SEHR gut von Rick gesungen. Dann betritt James Rivera zusätzlich die Bühne, beide Sänger entfesseln den „Ripper“ von PRIEST im Duett. Immer noch nicht die Schnauze voll? Gibt es halt noch „Bleed For The Godz“ vor den Latz. Es spricht für die Band, dass auch nach diesem langen Festivaltag Sprechchöre mit dem Bandnamen (nein, nicht MOM, den „echten“…) noch recht lange erschallen.

AGENT STEEL aka MOM

http://www.myspace.com/agentsteel

Tag 2… folgt ASAP…

Kommentare   

+2 #2 MetalSon 2011-05-07 07:21
Sehr gut geschrieben.
Freue mich schon sehr auf nächstes Jahr.

VG
Das potentielles Mitglied
Zitieren
+2 #1 Metal_Zebra 2011-05-04 22:26
Seeeeehr guter Bericht! Und ja, ich ziehe nächstes Jahr auch ins Hotel :lol:
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv