WACKEN OPEN AIR XX / 30.07.09 – Wacken, Tach 1

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Die TV-Berichterstattung übers W.O.A. gleicht sich mit jedem Jahr und auf jedem Sender mehr und mehr.

Befragt werden Anwohner: „Diese Metallköpfe sehen alle soo wild und schwarz aus, sind aber soo lieb.“

Befragt werden die Veranstalter: „Die Fans mögen das Festival, also machen wir weiter.“

Und natürlich die Besucher: „WAAACKÖÖN! HELGAAA! UÄRRGS!“

Das mag abgeschmackt erscheinen, aber selbst mit dem Wissen im Hinterkopf, dass das Festival mittlerweile für eine hochkommerzialisierte Geldmaschine steht, die jährlich mehr Eventtouristen anzieht, welche mit extremer Musik wenig am Hut haben [kein Wunder bei sinnlosen „Specials“ wie den „Wackingern“ (eine Art Mittelalterspektakel), Lady-Schlammcatchen, Wrestling, Stripshows, Jägermeister-Hochsitz-Bar etc. ], lässt sich doch auch weiterhin ein Fest feiern. Und zwar immer noch mit vielen musikalischen Highlights (wobei mir dieses Jahr die Überraschungen weitestgehend fehlten) und einer abermals verbesserten Logistik: Der Platz war zum Beispiel nie so überfüllt wie bei MAIDEN letztes Jahr, Änderungen wurden rechtzeitig bekanntgegeben, der Zustand der Toiletten war vorbildlich, der Sound bis auf zwei, drei Ausnahmen schön laut und ausbalanciert und das Essen zwar sauteuer, aber recht vielfältig im Angebot.

Aber nu los: Wer waren die Stinker, wer hat sich selbst übertroffen, wer sich am peinlichsten daneben benommen?

https://www.youtube.com/watch?v=crxf8RDeWOA

Der Eric Harkonnen hat es perfekt formuliert: „Wenn ich in Wacken ankomme, fühle ich mich erst mal wie ein Kind im Bonbonladen“. Ganz genau, man kann nicht genug bekommen, dreht völlig am Rad und übertreibt es mit den Erfrischungsgetränken. So eierte auch ich angenehm betüdelt gegen 17.00 Uhr aufs Gelände, um mal einen Blick auf D.A.D. zu werfen. Nun, auch nach diesem Konzi bleiben die Dänen für mich eine doch eher überbewertete Band. Unterhaltsam war es schon, wie der Basser ständig mit neuen Modellen wie dem legendären raketenförmigen, zweisaitigen Bass auftauchte, aber viele der Songs find ich einfach zu durchschnittlich. Ausnahmen gibt es natürlich, z.B. das eingängige „Sleeping My Day Away“.

RUNNING WILD lösen sich auf und hatten zur allerletzten Show übers Internet ihre HörerInnen über die Setlist abstimmen lassen (zumindest wohl über einen Teil derselben). Ich bin sicher, dass dieses Konzert in vielen Zines kritisiert werden wird, weil Rock’n’Rolf keine große Show mit Böllern, Feuern oder Piratenschiffen abzog. Stattdessen gab es einfach nur Song auf Song auf die Mütze – kein weiteres Brimborium. Ich fand das eigentlich gerade gut, denn die Show von RUNNING WILD war doch früher eher nervig bis albern gewesen – z.B. hatte Rock’n’Rolf sich ja ständig umgezogen und die neueste Piratenhutmode präsentiert. Nett wären allerdings ein paar Gastauftritte von Ex-Mitgliedern gewesen, um alles ein wenig mehr zu zelebrieren. Gab es aber nicht, die Mitmusiker des Chefs waren mir auch bis auf eine Ausnahme – den MASTERPLAN-Bassisten Jan Eckert - nicht weiter bekannt. So muss man leider sagen, dass dieser Besetzung natürlich der emotionale Bezug fehlte – es war halt keine richtige Band, die dort auf der Bühne stand. Dennoch konnte man merken, dass zumindest der Käptn nicht unbewegt blieb.

Dem einen oder anderen kamen sicher Erinnerungen in den Sinn, die man mit den ollen Piraten verbindet. So waren RUNNING WILD Silvester 1984 ein unvergessliches Highlight für mich (danach gab es noch auf dem Hamburger Hauptbahnhof auf die Fresse für uns, na vor allem meinen Kumpel Don fuckin‘ Karton: Fragt so’n Asi in Fußballkutte ihn: „Bist du’n Dröhner oder ‘n Glatter?“ Don: „Äh, ein Dröhner?“ Batsch! Batsch! Batsch! Der Typ also an meine Wenigkeit gewendet: „Und du? Dröhner oder Glatter?“ Ich – messerscharf schließend, dass ein „Glatter“ offenbar die richtige Wahl ist: „Ein Glatter selbstverständlich!“ „Du bist in Ordnung, Alter! Aber deinen Kumpel behalte ich als Geisel und du besorgst jetzt Bier!“. Ja ja, hard times in an age of quarrel… Oder das kultige Konz im Gaardener Werftpark, auf dem es schüttete wie aus Eimern…

Es begann auch jetzt zu regnen, was aber der Stimmung keinen Abbruch tat. Gespielt wurden übrigens:

Chamber of Lies
Port Royal
Bad To The Bone
Riding The Storm
Soulless
Prisoner Of Our Time
Black Hand Inn
Purgatory
Battle Of Waterloo
Raging Fire
The Brotherhood
Draw The Line
Whirlwind
Tortuga Bay
Branded And Exiled
Raise Your Fist
Conquistadores
Under Jolly Roger

Eine ärgerliche Überschneidung stellte das zeitgleiche Auftreten von GRAND MAGUS und HEAVEN & HELL dar. Normalerweise entscheide ich mich in einem solchen Fall für die unbekanntere Band, aber BLACK SABBATH mit Dio KONNTE ich mir einfach nicht entgehen lassen. Und WOW. Was RUNNING WILD gefehlte hatte, war hier einfach im Übermaß vorhanden: Eine leidenschaftliche Präsenz, vor allem festzumachen an Dio und Toni Iommi. Obwohl ich es hasse, mit Superlativen um mich zu werfen, muss es so gesagt werden: Der Sound war einfach perfekt – besser geht es nicht. Der kleene Dio war ehrfurchtgebietend bei Stimme und führte uns charmant ohne jegliches Gepose durch die Show. „The Mob Rules“, „Children Of The Sea“ und „Falling Off The Edge Of The World“ waren einige Stationen aus der 80er Phase dieser Besetzung, die „Dehumanizer“-Scheibe wurde mit „Time Machine“ sowie „I“ bedacht, von der aktuellen Platte war vor allem „Bible Black“ ein Gänsehaut-Höhepunkt. Zwischendurch gab es ein leider miserables Drumsolo (zumindest für das sonstige Niveau des Herrn Appice), aber „Heaven And Hell“  rüttelte die Schüttelrüben wieder von den Bierständen. Sehr fulminant auch das Ende: Ein angespieltes „Country Girl“ ging über das galoppierende „Neon Knights“. Ich würde rückblickend diesen Auftritt als den besten von BLACK SABBATH bezeichnen, den ich gesehen habe, und auch als den frühen Höhepunkt des diesjährigen W.O.A.

Das musste gefeiert werden, was sich bei einigen Leuten rächen sollte – vergessene Mitfahrer, fiese Flatulenzen, Mörderkater… aber mehr dazu später…

Kommentare   

0 #5 DoctorJoyBoy Love 2009-08-03 23:47
Geiler Video!
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0 #4 Philipp Wolter 2009-08-03 23:47
So, Idee bei Matt geklaut und wat von YouTube kopiert.
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0 #3 siggi sick 2009-08-03 23:47
ha ha ,super ,haben in den 80 im winter,nach konzert-frag nich welches-im pornokino auf der reperbahn übernachtet,bis der zug fuhr,gute alte zeit
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0 #2 Philipp Wolter 2009-08-03 23:47
Ha ha, nein - absolut nicht. Das war so schräg, der Typ hat uns Knirpse dann noch stundenlang zum Saufen genötigt und ab und zu Don eine gewatscht. Irgendwann morgens kam dann sein Zug...
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+1 #1 DoctorJoyBoy Love 2009-08-03 23:47
Faszinierende Geschichte. 'Dröhner oder Glatter' - konnte man sich 1984 irgendwas darunter vorstellen?
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