OFF!, CABLE TIES / 02.02.2023 - Hamburg, Logo
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Sonntag, 05. Februar 2023 18:40
- Geschrieben von Steffen Frahm und Philipp Wolter
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Steffen: OFF!s „Free LSD“ aus dem letzten Jahr ist für mich als Album nah an der Perfektion: Alles geht ineinander über, ab dem vierten oder fünften Stück klingt es sowieso immer gleicher, und im Gesamtverlauf ist „Free LSD“ ein einziger, überlanger Song, aus dem sich immer wieder grandiose Passagen, Riffs, Heizkörper oder Metallshredder erheben, regelmäßig partitioniert von freenoisigen Freejazz-Freekadellen. Im Ernst, wer hat nicht schonmal von einem solchen Album geträumt?
Philipp: Ich schließe mich diesem Urteil vollständig an, wobei es mich erstaunt, dass manche Leute den stilistischen Unterschied zu den ersten drei OFF!-Alben als derart krass empfinden, dass sie sich mit „Free LSD“ schwertun. Natürlich ist das Ding experimenteller, fordernder, aber die Kernidentität der Band ist in meinen Ohren weiterhin vorhanden. Die Entstehung war indes nicht einfach: Die Arbeit an dem Album und einem Film hat die alte Besetzung offenbar in eine Krise getrieben, sodass Keith Morris und Dimitri Coats (g) sich von Steven McDonald (b) und Mario Rubalcaba (d) trennten. Das ist schade, aber die neue Besetzung ist sensationell gut. Abermals handelt es sich um Musiker mit gehöriger Banderfahrung, nämlich dem Jazz-Drummer Justin Brown (u.a. HERBIE HANCOCK) und dem Bassisten Autry Fulbright II (…AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD). Neben den Jazz-Einflüssen und natürlich ganz viel Hardcore/Punk höre ich übrigens eine nicht unerhebliche Dosis Classic Rock heraus. Dies bestätigt sich im OX-Interview mit Keith Morris, der dort sagt: „Viele Leute distanzieren sich von ihren LED ZEPPELIN-, JETHRO TULL-, Peter Gabriel- oder GENESIS-Platten, von Classic Rock oder Prog Rock… Aber wir alle haben Musik gehört, bevor es Punk gab. (…) Free your mind!“ (OX #164, S. 619. Diese Offenheit mag manche überfordern. Ich find’s super.
Doppelreview von Steffen Frahm und Philipp Wolter. Bilder von MJ und Steffen.