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Kategorie: Berichte aus dem Pit
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Veröffentlicht: Donnerstag, 09. Februar 2023 20:51
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Geschrieben von Philipp Wolter
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Zugriffe: 480
Mit einer Abfahrtszeit von 18:20 Uhr hatten wir die Pünktlichkeit der Fabrik dann doch etwas unterschätzt. Wobei die Überlegung, möglicherweise die ersten Songs einer potentiellen weiteren Band (some call it „Vorgruppe“) zu verpassen, schon auch im Raum stand. So cruisen wir entspannt und gut gelaunt, dabei die Black Metal Band SUNKEN hörend, von Kiel nach Hamburch, suchen uns in aller Ruhe einen genehmen Parkplatz, halten noch mit Bekannten ein Schwätzchen und bewegen uns dann erst in die heiligen Hallen hinein. Aber Entspannung am Arsch – kaum haben wir die Prozedur Pullern – Garderobe – Bier abgeschlossen, apparieren WISHBONE ASH auch schon auf der Bühne. Aah, schnell mittig vor die Bühne drängeln! Das erweist sich als gar nicht so einfach, pressen sich die dort bereits stehenden dicht gedrängten Reihen doch fest aneinander, Bauch an Bauch, Hüfte an Hüfte, dabei empört Sätze flüsternd „Die kommen erst jetzt und wollen unsere Plätze!“ Doch wir sind schon länger in the game, kennen jeden Trick. Dieser deutschen „Ich war zuerst hier“-Mentalität begegnet man am besten, indem man sich einfach die ca. drei- bis vierfache der eigentlich benötigten Menge Bier holt und die Becher vor sich herträgt – mit entsprechend determiniertem Blick. Gleich teilen sich die Reihen, so empathisch sind die Leute dann schon, dass sie den durstigen Kumpels, die ja irgendwo warten müssten, nicht ihr Getränk verwehren wollen. Biste dann am Platz deiner Wahl, bleibste einfach stehen und führst dir genüsslich die drei, vier Humpen zu Gemüte. Je nach Laune unter triumphierendem Gelächter Marke James-Bond-Schurke. Aber das Beschriebene verläuft automatisch, die Konzentration richtet sich vom ersten Moment an auf die Bühne: Dort stehen WISHBONE ASH, die heute ihr gesamtes „Argus“-Album spielen werden, verdammt noch mal!

Bilder von MJ
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Kategorie: Berichte aus dem Pit
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Veröffentlicht: Sonntag, 05. Februar 2023 18:40
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Geschrieben von Steffen Frahm und Philipp Wolter
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Zugriffe: 536
Steffen: OFF!s „Free LSD“ aus dem letzten Jahr ist für mich als Album nah an der Perfektion: Alles geht ineinander über, ab dem vierten oder fünften Stück klingt es sowieso immer gleicher, und im Gesamtverlauf ist „Free LSD“ ein einziger, überlanger Song, aus dem sich immer wieder grandiose Passagen, Riffs, Heizkörper oder Metallshredder erheben, regelmäßig partitioniert von freenoisigen Freejazz-Freekadellen. Im Ernst, wer hat nicht schonmal von einem solchen Album geträumt?
Philipp: Ich schließe mich diesem Urteil vollständig an, wobei es mich erstaunt, dass manche Leute den stilistischen Unterschied zu den ersten drei OFF!-Alben als derart krass empfinden, dass sie sich mit „Free LSD“ schwertun. Natürlich ist das Ding experimenteller, fordernder, aber die Kernidentität der Band ist in meinen Ohren weiterhin vorhanden. Die Entstehung war indes nicht einfach: Die Arbeit an dem Album und einem Film hat die alte Besetzung offenbar in eine Krise getrieben, sodass Keith Morris und Dimitri Coats (g) sich von Steven McDonald (b) und Mario Rubalcaba (d) trennten. Das ist schade, aber die neue Besetzung ist sensationell gut. Abermals handelt es sich um Musiker mit gehöriger Banderfahrung, nämlich dem Jazz-Drummer Justin Brown (u.a. HERBIE HANCOCK) und dem Bassisten Autry Fulbright II (…AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD). Neben den Jazz-Einflüssen und natürlich ganz viel Hardcore/Punk höre ich übrigens eine nicht unerhebliche Dosis Classic Rock heraus. Dies bestätigt sich im OX-Interview mit Keith Morris, der dort sagt: „Viele Leute distanzieren sich von ihren LED ZEPPELIN-, JETHRO TULL-, Peter Gabriel- oder GENESIS-Platten, von Classic Rock oder Prog Rock… Aber wir alle haben Musik gehört, bevor es Punk gab. (…) Free your mind!“ (OX #164, S. 619. Diese Offenheit mag manche überfordern. Ich find’s super.

Doppelreview von Steffen Frahm und Philipp Wolter. Bilder von MJ und Steffen.