KILLING JOKE, 'ne Vorband / 26.09.2003 - Hamburg, Gruenspan
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Dienstag, 21. November 2006 00:00
- Geschrieben von Philipp
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Die Wahl der Qual: KILLING JOKE oder DRILLER KILLER? Doch halt, es handelt sich hier um einen Rockschuppen und einen Zecken-Laden, somit dürfte die zeitliche Überschneidung marginal, der Besuch BEIDER Konzis kompatibel sein. So dachten wir - Kalle und ich - uns und so geschah es letztendlich auch. Eine kleine Fon-Aktion brachte uns die Info, dass es im Gruenspan um 20:00 Uhr losgehen werde. So starteten wir erschreckend pünktlich um 17.30 Uhr in Kiel und verpassten trotzdem einige Songs der Vorband... Am Eintritt mussten wir erstmal schlucken: 22,- Euronen sind ETWAS mehr als auf der letzten Tour. Doch wer weiß, wann die uns wieder beehren? Also abgelöhnt und rein da!
Und gleich fiel uns auf: Das Gruenspan ist eigentlich ziemlich scheiße. Hatte mich zum letzten Mal in den Achtzigern hierher verirrt und heute strahlt der Laden immer noch ein unangenehm zeitloses Altrocker-Flair aus. Studenten und Hippies geben sich hier sonst wohl die Klinke, ähnlich wie im Hinterhof in Kiel wahrscheinlich noch ein über Dekaden identisches Publikum - irgendwie gruselig. Aber egal, Mann. Immerhin ist die Bühne schön überschaubar und wir wollten hier ja auch nicht länger als nötig verweilen. Die Vorband sahen eher wenig Leute, die aber höflich Applaus spendeten. Den Namen hab ich nicht verstanden, irgendwat aus Prag. Mehrere Streich-Instrumente trafen auf klassische Rock-Besetzung, Ergebnis ziemlich Folk-lastig. Sogar irgendwie an Irish Folk erinnernd, aber nagelt mich da bloß nich fest. Konnte mich eh kaum drauf konzentrieren, denn gleich sollten KILLING JOKE kommen, die mich die letzten Male doch ziemlich weggeblasen haben! Immerhin aber sollte sich die Wahl der Vorband bezahlt machen, sprang doch ein Macker der Band mit Geige später des Öfteren bei KILLING JOKE auf die Bühne um Songs wie "Pandemonium" oder "Communion" dat nötige exotische Flair zu verleihen!
Und in der Umbaupause füllte es sich doch recht schnell - als dann das Hallenlicht ausging, war das Gruenspan gerammelt voll, vielleicht ausverkauft?!? Ein gnadenlos treibender Rhythmus wurde ins Rund geklopft. Klar, Dave Grohl, der die aktuelle Scheibe eingespielt hat, würde nicht mit auf Tour kommen, aber hier saß definitiv ein TIER am Schlagzeug, das die ganze Konzertlänge über fette Beats kloppte. Später hörte ich, dass es Ted Parsons von PRONG gewesen sein soll, konnte man vor lauter Nebel zwar nicht erkennen, kann aber gut angehen. Da drüber stoische Dampfwalzenriffs, die den Körper automatisch zucken ließen. Alles schon geil, aber der HAMMER war wieder Jaz Coleman, der das Konzert zur Zeremonie machte! Schon die Klamotten - irgendein Wams mit 'ner aufgemalten Spinne drauf, aus dem Tierknochen ragten - ließen ihn wie einen heidnischen Priester erscheinen, der einem alten Horrorschinken entsprungen war, dazu war seine Fresse mit grünem Schleim bedeckt. Dennoch nur Beiwerk, denn allein Gestik, Mimik und vor allem DIESE STIMME waren derart fesselnd, dass man nur von einem Bühnenmagier sprechen kann wie man ihn nur selten erlebt. Einfach ist es sicher nicht, mit diesem Freak auf der Bühne zu stehen, drehte er sich doch des Öfteren wutschnaubend zu seinen Mitmusikern um, wenn ihm irgendwas nicht passte, griff beispielsweise Geordie in die Saiten, wenn der seiner Meinung nach zu lange ausklingen ließ. Halt ein Perfektionist, der schon als Musikdirektor des Philharmonischen Orchesters in Prag gearbeitet hat. Coleman schrie, brüllte, flüsterte und sang, dass es einem eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken jagte. KILLING JOKE starteten gleich mit "Communion" (incl. erwähnten Geigers, der ein abgefahrenes "indisches" Solo dudelte), ballerten "The Requiem" hinterher, schlossen mit "Total Invasion" an und spätestens jetzt hatte sich das Areal vor der Bühne in eine schwitzende, tanzende Masse verwandelt. Ab und zu ließ Coleman durch seine Grimassen sogar mal ein Grinsen blecken ob der Publikumsreaktionen. Die Texte der neuen Scheibe waren den Leuten schon gut geläufig und wurden frenetisch mitgebrüllt. Sind aber auch wieder gnadenlos auf den Punkt gebracht: "It`s a global abrasion, It's conflagration, United Nations, It's a total invasion". Die großen Hits "Love Like Blood" und "Eighties" ließ man aus, dafür gab es "The Wait", "Wardance", "Kings And Queens", "Black Moon", "Pandemonium" und viel von der grandiosen neuen Platte wie "The Death And Resurrection Show" (Höhepunkt!), "Blood On Your Hands", "Loose Cannon" oder "Seeing Red" (wo sich Coleman über den Irak-Krieg auskotzte: "They`re dropping bombs again, and they`re doing it in your name, kiss the arse of uncle sam, oh to be an Englishman"). Zwei Zugaben, dann war Schluss, "viel zu kurz" maulte Kalle, aber dat Zeiteisen zeigte gnadenos, dass die Band Ein- und 'ne Dreiviertelstunde gezockt hatte. "Das ist vollkommen okay", erzählte EROSION-Sänger Zenk, "in den Achtzigern haben die immer höchstens 'ne halbe Stunde gespielt".
Unser Fahrer (Cheers Carsten!) wollte erwartungsgemäß nach Hause, aber inzwischen hatten wir Kumpels (Cheers Ingo & Mathias)getroffen, die ebenfalls noch zur Flora wollten und so war der Abend noch lange nicht zu Ende! - Beitrag von: Philipp
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