HEADBANGERS OPEN AIR / 11.07.2003, Brande-Hörnerkirchen

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Wer noch nicht auf dem HEADBANGERS OPEN AIR war (und das sind offenbar noch VIELE Kieler), dem sei gesagt, dass dieses Festival vom Ambiente her so ziemlich das Kultigste ist, was man sich vorstellen kann: Der Veranstalter öffnet einfach die Pforten seines Bauernhofes, lässt einen Haufen Metalbands direkt NEBEN SEINEM Haus zocken, stellt Bier- und Fressbuden auf und lässt 2000 Freaks in seinem Garten zelten...

Leider hatte ich in diesem Jahr nur am ersten Tach des zweitägigen Festivals Zeit, aber auch das lohnte die Fahrt nach Brahöki bei Elmshorn. Boris von NOISE FOREST saß am Steuer seines frisch bei e-bay erworbenen Busses und am Hals klebte `ne leckere Pulle Wein (AN MEINEM HALS versteht sich). Nach kurzer Irrfahrt (wer kennt sich schon im Pfefferland aus) erreichten wir dat Areal gegen 19.00 Uhr. Gleich fiel mir auf, dass dieses Jahr deutlich mehr Leute anwesend waren als in den Vorjahren. Wenn Matt in Bezug aufs HONIGSEE-Open Air von "einem schlafenden Riesen" spricht, dann kann man hier wohl von einem "gerade erwachenden Riesen" sprechen. Kein Wunder bei der durchweg positiven Presse der letzten Jahre. Deutliches Zeichen für den erhöhten Bekanntheitsgrad ist allein schon das Vorhandensein so prominenter Schreiberlinge wie Götz Kühnemund... Einerseits schön für den Veranstalter, andererseits auch schade, denn wenn nächstes Jahr auch nur 500 Nasen mehr kommen, kann das Festival nicht mehr in dieser Form stattfinden. Ticketlimitierung oder größeres Gelände (auf der Wiese hinterm Haus vielleicht) sind dann die Alternativen.

BÄD INFLUENCE waren schon fertig, aber die durchgeschwitzte Gitarristin Julia lief uns übern Weg und erzählte begeistert von einem amtlichen Gig mit ordentlich Alarm im Publikum. Und tatsächlich war der Raum vor der Bühne bereits jetzt vollgepropft mit Bangern. Die kamen wirklich von überall her - Bekannte aus Berlin, dem Pott, Bielefeld und natürlich Hamburch wohin das Auge sah. Schon die T-Shirt-Motive zeugten von der Underground-Mentalität des Festivals, oder wo sonst sieht man auf einen Haufen Shirts von BREAKER, CIRITH UNGOL, HEAVY LOAD oder WATCHTOWER?

SOLITUDE aus Japan waren bereits am Start, als wir uns vor die Bühne drängten. Sehr geiler melodischer Thrash Metal mit rauen Vocals schallte uns entgegen. Die Tatsache, dass jemand so ein Maniac ist, wegen seiner Mucke aus Japan nach Deutschland zu orgeln, verschafft natürlich auch Bonuspunkte. Trotzdem waren SOLITUDE nicht auf einen Exotenbonus angewiesen, denn sie eroberten sich die Sympathie des Publikums problemlos durch ihre Musik. Schön fix mit `nem starken Euro-Touch krachten die Songs durch die P.A., dazu kam der versoffen klingende Gesang des entzückt wirkenden Frontmanns. Daumen hoch!

Dann waren die Hamburger von STORMWARRIOR an der Reihe. Deren erste Platte hat mich ja mit seinem early HELLOWEEN-Sound schwer begeistert. Auch live waren die Jungs in Wacken schon recht geil, aber mittlerweile haben sie sich sogar noch gesteigert. Ich würde das gar nicht mal am neuen Gitarristen festmachen, sondern an dazugewonnener Spielsouveränität. War jedenfalls sehr tight gezockt. Lars (alias "Thunder Axe" - he he) überzeugte zudem nicht nur mit gepfefferten Riffs, sondern auch durch den kraftvollen Gesang. Traut man dem Kutten-Maniac gar nicht zu, wenn man ihn sonst VOR irgendwelchen Bühnen volltrunken rumasseln sieht... "Trendwixern, die Metal nur für das Scheißgeld machen" widmete man "Deceiver", weitere Höhepunkte waren Rübenabschrauber wie "Bounde By The Oathe", "Iron Prayers" und "Sons Of Steele". Textlich musste man natürlich `ne ganze Ladung Klischees schlucken, dat wimmelte nur so vor Brothers, Sisters, geraisten Swords und grimmen Battles, aber dat ist halt TRUE METAL... Verstehe nur diese ganze Thor/Odin-Scheiße nicht - was ist daran besser als am christlichen Glauben?

Har har, in der Umbaupause kam Boris mit `ner geilen Schote an:
Boris: "Kennst Du STRATOVARIUS, Philipp?"
Philipp: "Logen, Aller!"
B.: "Und kennst du den STRATOVARIUS-Sänger?"
P.: "LOGEN, ALLER!"
B.: "Und findest Du, dass ich dem ähnlich sehe?"
P.: "Du bist männlich, langhaarig und weiß - ABER DAT IS AUCH ALLES! KEINEN METER!"
B.: "Grade hat mich aber jemand mit ihm verwechselt! Der hat mich zuerst angesprochen, wie geil er meine Band finde. Und ich dachte, dass er von NOISE FOREST spricht, ey! Aber als er mich dann nach ordentlich Geschwaller zu einer Melanie und `anderen Bekannten` schleifen wollte, hab ich`s gerafft und dat Ganze stellte sich als VERWECHSLUNG raus!"

Nu kamen die Finnen SOLITAIRE! Die hätten eigentlich mit HIRAX auf Tour kommen sollen und hätten zu denen wie Arsch auf Eimer gepasst. Was für ein Geballer! "SPEEEEEEEEEED METAL" schrie der Sänger dauernd mit hochroter Birne - und diese Bezeichnung nahmen die Jungs aber WÖRTLICH: Langsame Parts oder Midtempo war denen offenbar völlig unbekannt, ein Song schneller als der andere, dazu hysterisches Gekreisch. Der Sänger war sowieso ein zu klein geratenes Halford-Lookalike. Was aber GAR NICHT GING, waren die Klamotten des Gitarristen: Leggings und WEISSE Turnschuhe! Sehr lustig. Aber Aussehen ist uns ja egal und mit EXCITER ("Violence And Force"!) und EXODUS ("Metal Command"!!) hatten sie noch zwei geschmackssichere Cover-GRANATEN am Start. Für mich DIE ÜBERRASCHUNG des Festivals!

Nach den wirklich hyperschnellen Finnen gab es dann eher Midtempo US Power Metal von NIGHTSHADE. Das sind ja die Nachfolger von Q5, an deren Klasse sie aber meiner Meinung nach nicht heranreichten. Gut, der Sänger hatte eine Klassestimme, aber die Mucke eierte doch arg unspektakulär vor sich hin. Da ließ es sich doch bestens über die fiese LEDERMÜTZE des Sängers lästern, mit der er aussah wie MAUS KLEINE... Mit den Q5-Nummern "Steel The Light", "When The Mirror Cracks" und "Missing In Action" konnten die Amis gegen Setende dann doch noch punkten und entließen das (übrigens begeisterte) Publikum.

Überrascht und erfreut trafen wir dann Volker aus der Konzertgruppe des Bielefelder AJZs (oder besser EINER der Konzertgruppen). Sehr angenehmer Gesprächspartner, mit dem wir dann auf dem Campingplatz ein paar Humpen einnahmen. Mein Gott, waren die Bielefelder Kollegen schon stramm! Vor allem die Mädels waren der verbalen Kommunikation nicht mehr ganz mächtig... Ein neues Shirt hatten die Bielefelder auch am Start: "NAZI-METALS FUCK OFF!" stand drauf mit dem Emblem des ersten METALLICA-Covers, nur dass der Hammer `nen Hakenkreuz zerdeppert - cool! Schön auch, dass der Kollege, der das Shirt trug, auch `nen Thorshammer am Hals hängen hatte (JA JA - ich WEISS, dass nicht alle...- is schon klaaa), was uns zu einer weiteren SHÖRT-IDEE verleitete: THORSHAMMER GEGEN RECHTS! Nicht gut? Ach, Maul halten!
Rechtsgerichtete Personen ließen sich bis auf einen übrigens nicht in BRAHÖKI ausmachen, ist eigentlich immer äüßerst friedlich da. Den Spacken hatte Volker mit seinen Adleraugen erspäht, denn der Typ trug ein COMBAT 81-T-Shirt mit eindeutigem White Power-Slogan. Als der Volkers auf ihn gerichteten Zeigefinger in Verbindung mit unseren Blicken sah, ist der aber GANZ SCHNELL verschwunden... Dabei wollten wir doch nur mit ihm REDEN...

Über diversen Anekdoten verpassten wir doch glatt den Anfang von SACRED STEEL. Bei dieser Band gilt: Love `em or hate `em, für Volker hießen sie z.B. nur Schrecklich Steel, während ich die Jungs GANZ GROSS finde. Von weitem glaubte ich "Dark Forces Lead Me To The Brimstone Gate" auszumachen, endlich durch den dichtgedrängten Mob gelangt, wurde uns ein saftiges Programm durch alle vier Scheiben der Schwaben geboten: Watsch Watsch Watsch machte es und "True Force Of Iron Glory", "Wargods Of Metal", "Master Of Thy Fate", "Sacred Bloody Steel", "Heavy Metal To The End", "Metal Is War", dat geile OMEN-Cover "Battle Cry" und das alles zerstörende "Slaughter Prophecy" hinterließen nur noch verbrannte Erde. Für viele mögen SACRED STEEL zu sehr auf truemetallischen Themen herumreiten, aber ich finde, dass sie es mit Stil und überzeugender Leidenschaft tun. Gerrit ist dazu ein smarter Frontmann, der mit cleveren Ansagen vielen potentiellen Kritikern den Wind aus den Segeln nahm: "Manche meinen, wir seien arrogant odar gar militant. Aber ein Song wie `Metal Is War` bezieht sich auf den täglichen Kampf gegen die Gesellschaft, den ein jeder austragen muss, der rebellische Musik hört! Oder denkt ihr, dass wir dauernd Leuten auf die Fresse hauen? So ein Quatsch!" Schön auch vor dem Titelsong der zweiten Platte: "Hey, wir denken nicht, dass wir `Wargods Of Metal` sind - wir besingen die Wargods nur, die alten Bands, die eine Musik gespielt haben, die es heute leider kaum noch gibt. Alles klaaaar?" Yeah (obwohl für mich "Kriegsgötter" nix Verehrungswürdiges darstellen, aber logisch, ist ja alles ganz SYMBOLISCH hier, wa), und tatsächlich greifen SACRED STEEL den Spirit der 80er (vor allem der US Metal Bands) perfekt auf, haben aber (mittlerweile) die Eier, ihn mit eigenen Elementen zu vermischen. So zum Beispiel beim herrlichen "Slaughter Prophecy", wo Gerrit in einigen Parts plötzlich mit Death Metal-Growls überrascht. Ansonsten scheiden sich an der Stimme zwischen AGENT STEEL, HELSTAR, KING DIAMOND und JELLO BIAFRA (die Idee des letzten Vergleichs stammt von SOLSTICE-Rich und ich muss ihm bei einigen Parts echt Recht geben) natürlich die Geister, an den peitschenden Riffs und hymnischen Refrains wohl weniger. Wie immer ein völlig überzeugender Gig bei hervorragendem Sound. RAISE THE METAL FIST!

Wir beschlossen aufgrund der vorgerückten Uhrzeit die letzte Band nur noch kurz anzuchecken. Die hießen VICTIMS OF MADNESS und waren eher ein Pool von verschiedensten Musikern, die laut eigener Aussage ungeprobt Klassiker covern. Ich hielt das "Nicht-Proben" zunächst für einen Spruch, aber diverse Spielfehler und Unsicherheiten bestätigten die Aussage. So fragte der Sänger ständig: "Äh, sing ich noch den nächsten Song?", legte der Drummer bei "Overkill" ein viel zu hohes Tempo vor, worauf sich der Rest der Band erschreckt anguckte oder setzte irgendjemand IMMER zu früh/zu spät ein. Lustiges Chaos also, und trotzdem beeindruckend umgesetzt. Der (erste) Sänger schmetterte verdammt geil "What You Don`t Know (Sure Can Hurt You)" und "Under The Blade" (beide natürlich TWISTED SISTER), dann kam PRIESTs "Hellbent For Leather" und bei der MOTÖRHEAD-Ecke verließen wir den Ort des Geschehens, obwohl die "Band" wie gesagt durchaus geil war.

Tscha, dat war`s für uns dieses Jahr aber ein Besuch für nächstes Jahr ist eigentlich zwingend und so verließen wir gut gelaunt den Ort des Geschehens, wurden dabei sogar gastfreundlicherweise mit einem saftigen Gute Nacht-Kuss verabschiedet, aber das ist eine ganz andere Geschichte... - Beitrag von: Philipp

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