VARUKERS, KILL YOUR IDOLS, 2ND ENGINE/04.07.03, Kiel - Alte Meierei

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Dieses Konzert schien zunächst unter einem schlechten Stern zu stehen. Erst die Gerüchte, dass es gar nicht stattfinden würde, dann der Schock für die Konzertgruppe zwei Tage vorm Konz: PA-Macker Möhre vom 4K-Verleih musste seine Teilnahme als Mischer leider absagen, die PA könne er zwar stellen, das Teil müsse aber aus HH geholt werden. Benny also in einer Nacht- und Nebelaktion nach HH und zurück nach Kiel, wo sich herausstellte, dass Teile der Anlage defekt waren, andere gar fehlten. Kurzerhand hatte man die Drecksäcke Kocky und Ulf Nagel rangeholt, die mit magischen Fingern an der Anlage rumfuchtelten. Ulf stand die Genervtheit augrund der streikenden Technik in die Fratze geschrieben und es galt die Losung: "Sprich den Uller jetzt bloß nich an!"... Ich war gegen 21.30 Uhr da und bekam den Soundcheck von 2ND ENGINE mit, der soundtechnisch noch absolut grausam ausfiel und FINSTERES erwarten ließ - brumm, ächz, knurr... Aber ULF NAGEL ist nicht umsonst Kiels SOUNDMANN NUMERO UNO und so kriegte er es tatsächlich hin, dass beim 2ND ENGINE-Showstart alles korrekt klang und der Klang sich im Laufe des Gigs zusehends verbesserte. Schön zu sehen, dass es Mischer gibt, denen die Bands NICHT scheißegal sind und die während des Gigs permanent eine noch BESSERE Leistung zu erzielen suchen! 2ND ENGINE aus Rendsburg überzeugten auch live - ihre CD "Smashed To Smithereens" zählt für mich zu den Hardcore/Punk-Highlights der letzten Zeit. Schön schnell und zackig ballerten die Jungs ihre Songs in die Manege, wobei der Gesang so kraftvoll und melodisch wie auf Platte rüberkam. Hauptsänger Schnappi (auch SPRAWL) und Basser Jens teilten sich auf gelungene Art und Weise den Gesang. Besonders cool kamen "Solutions" und "Bob Dewleys Mothers Smooth Skin" (was für ein Titel!). Wenn ich mich nicht irre, gab es auch zwei Coverversionen, die ich erstens NO USE FOR A NAME und zweitens (mit Owes Hilfe) ENTOMBED zuordnete. Man korrigiere mich bei Fehleinschätzung. Auffällig ein Freak gleich vor der Bühne, der sich sein T-Shirt in Fetzen riss, Liegestützen (!) machte und permanent nach Songtiteln der Band schrie. Einige Leutz machten den Typen begeistert nach, um ihn zu verarschen. Doch nach einiger Zeit war ich mir gar nicht so sicher, wer hier wen verarscht. Wenn Punk bedeutet "tu, was du willst", dann war der halbnackte Macker jedenfalls 100% Punk, aber irgendwie hatte er die Jungs dazu gebracht, sich AUCH zum Affen zu machen...

KILL YOUR IDOLS enterten die Bühne und zunächst befürchtete ich von der Optik her fiesen Macho/tough guy-Hardcore.... War aber gar nicht der Fall, vielmehr sammelte der PFUNDIGE Sänger durch ruhige, zurückhaltende Ansagen Pluspunkte. Wieder mal den eigenen Vorurteilen erlegen... Der Bassist hat mal bei SHEER TERROR gespielt und das ist auch ein ganz guter Vergleich, wobei KILL YOUR IDOLS zumindest live noch etwas punkiger klangen. Das Publikum kam erst mit der Zeit in Fahrt, was wohl an dem etwas unspektakulärem Songmaterial lag - solide, aber nicht sensationell. Cool allerdings, dass man den früheren Drummer auf die Bühne holte, einen dünnen Langhaarigen, der bei zwei Songs ins Mikro schreien durfte. Insgesamt eine sehr sympathische Band, die auch noch später in der Schaubude aufschlug. Der Ex-Drummer ("they kicked me out, because I sucked") spielt inzwischen übrigens bei DEATHCYCLE A.D. (Demo-Rezi demnäxt hier).

Die kurze Pause verging schon fast zu schnell, da zu meiner Freude Tom von CORE-TEX aus Berlin als Tourbegleiter mit dabei war. Übrigens kann jedem HC-Freak beim näxten Berlin-Aufenthalt ein Besuch von Core-Tex empfohlen werden, ist einer der best sortiertesten Plattenläden in diesem Bereich.

VARUKERS legten dann los wie von der Tarantel gestochen. Der personifizierte ANARCHO-ORKAN blies zur Attacke gegen Staat und Herrschaft. Von Anfand an war das Aggessionspotential enorm, so dass sich vor der Bühne gleich ein amtlicher Mob formierte. Ehe ich es mich versah, befand auch ich mich im Pit, und reckte schweißgebadet die Arme zu Smashern wie "Led To The Slaughter", "Bomb Blast", "Murder", "Protest To Survive" oder "March Of The SAS". Die Texte sind aber auch zu geil! Wo Wattie es bei "Fuck The System" oder "Beat The Bastards" belässt, gehen VARUKERS etwas tiefer: "See the SAS as they smash down your wall / See the SAS as they smash down your door / See the bleeding heart / See the bleeding heart / See the bleading heart / As they fall on the floor can`t take no more". Geil, da drehte der Mob gleich doppelt so heftig am Rad! Sänger Rat hatte es aber auch drauf, die Leute durch aggressive Gestik und Mimik zusätzlich anzustacheln. Auch der Rest der Band spielte sich den Arsch ab, jeder schrie enthusiastisch die Texte vor sich hin, egal ob Mikro vor der Fresse oder nich. Ulf hatte dazu wohl die Regler auf 11 gestellt, jedenfalls war es VERDAMMT laut. Jemand fragte mich, ob dat nu schon Crustcore sei. Scheißegal, jedenfalls 200% PUNKROCK, der neben Legenden wie DISCHARGE locker bestehen kann. Bei denen sollte Rat ja am nächsten Tag auch auf dem WITH FULL FORCE singen, aber dat sollte ausfallen, weil die Band wohl nicht genügend gemeinsame Proben auf die Reihe gekriegt hat.

Danach verlegten viele Leute ihren Trinkplatz in die Schaubude, wo Jan (Motor Dudes) und Freddy (CREETINS) Platten auflegten. Da wurde dann auch der eine oder andere Hit in die Gehörgänge gepustet und diverse Tanzbeine aktiviert. Wie gesagt tauchten auch KILL YOUR IDOLS auf, die sich vom Ambiente sehr angetan zeigten. Ich vollbrachte trotz nahenden Deliriums sogar noch eine gute Tat, indem ich beim gegenüberliegenden Döner-Mann für die Amis den Dolmetscher spielte und Forderungen wie "French Fries" (jaha, nix mit "Freedom Fries" hier!) oder "vegetarian stuff" ins Kielerische übersetzte. Puh, nu war es auch schon fünf Uhr und ich mehr als 24 Stunden auf den Beinen, was mich meine Kontaktlinsen spüren ließen, da sie nur noch undeutliche, milchige Signale der Außenwelt an mein Stammhirn weiterleiteten. Also Schicht im Schacht und Dankeschön fürs Zuhören.
- Beitrag von: Philipp

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