WILWARIN X / 26.05.2007 – Ellerdorf, Tag 2

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TRIPPLEPACKBERICHT von Steffi, Philipp und Matt:

Photo by Arnulf23 @ http://www.flickr.com/photos/wilwarin-festival/ 

Philipp: Am Samstagmorgen läuteten die Glocken. Zumindest in meinem Schädel! Weshalb wohl? Ich hoffe, dass es nicht an der NDW-Mucke des CREETINS-DJ-Teams gelegen hat, dessen Klänge mich noch in den Schlaf verfolgt hatten. Jedenfalls fühlte ich mich ziemlich beschissen – die erste bei vollem Bewusstsein ausgeführte Bewegung sorgte dafür, dass mir NOCH schlechter wurde, ein Schwall Galle stieg mir in den Hals – eigentlich Zeit, mal gepflegt kotzen zu gehen, doch die Anstrengung erschien zu groß, also schluckte ich den Rotz wieder herunter. Ging nicht lange gut, aber auch beim nächsten Schwall konnte ich mich nicht aufraffen, das Zelt zu verlassen und kotzte ins Vorzelt.

 

Als ich gerade dachte, dass ich jetzt noch mindestens einige STUNDEN Schlaf gebrauchen könnte, bimmelte das Fon – die Reisegruppe um LOS BOMBEROS DE MONTE CRUZ aus Berlin wollte doch tatsächlich schon das Wilwarin verlassen und pochte auf ihr Recht gebührend verabschiedet zu werden.  

Das erwies sich im Nachhinein als ganz gut, denn so kam ich schneller wieder in die Gänge und konnte bereits um 12.30 Uhr die FORD BRONCOS bestaunen. Yeah, die Bluegrass-Travestie gefiel mir heute richtig gut. Banjo, Waschbrett, Slideklampfe und der Gesang von Polo – das war mir zwar schon von früheren Auftritten bekannt, wirkte heute aber irgendwie stimmiger und frischer. Neu (für mich) war, dass Timo von EINMAL EIN GOTT SEIN jetzt dort Gitarre spielt. Der schien aber richtig Spaß zu haben und warf sich auf und vor der Bühne mächtig ins Zeug. 

Gut, ein bisschen Regen kam ja doch runter jetzt, aber das war die einzige Phase des Festivals, während der man mal nass wurde, wenn ich mich recht erinnere. Auffer Tresenbühne – übrigens wie alle Bühnen, Buden etc. dieses Jahr komplett NEU zusammengezimmert! – gab es jetzt mal eine Kapelle aus Ellerdorf. EMILY hießen sie, melodiösen Punkrock fabrizierten sie. Nicht schlecht, dass so ein 400-Seelen-Dorf bereits Punkbands hervorbringt! 



Steffi:

Intoxicnation war die erste Band, die ich mir angesehen habe.
Insgesamt sehr sympathisch, wenn auch noch ziemlich neu und frisch, jedenfalls wirkten sie sehr unerfahren. Immer wieder wurde betont, dass die Jungs & Mädels ausm Ruhrpott zu uns kamen und ihre Songs behandelten sozialkritische Themen, wie z.B. Menschen die keine eigene Meinung haben u.ä.
Allgemein sehr pogotauglich und mit 2 Sängern (ein Sänger & eine Sängerin) sehr abwechslungsreich. Leider hat die Kombo noch nichtmal eine EP oder Demo released, so dass man sich ihre Songs bist jetzt nur bei myspace anhören kann (wenn ich das richtig verstanden hab zumindest).



Philipp:

Von INTOXICNATION hab ich nur ein paar Songs gesehen, die sich angenehm räudig anhörten – ziemlich straighter und fieser Hardcore/Punk mit Sängerin und Sänger. Aber da ich vor Jahren dem Teufel meine Seele verkauft hatte, forderte der heute seinen Preis: Ich musste arbeiten, und zwar als Ansager. Ist aber ganz interessant, wie die Bands so mit einem dahergelaufenen Typen umgehen, der kurz vor ihrem Auftritt irgendeine Gülle ins Mikro sabbelt. Am nettesten waren übrigens die SPERMBIRDS – echte Gentlemen der alten Schule eben!  

ELOPE waren heute die erste Band auffe Freiluftbühne. Sehr schön anzuschauen, wie die beiden Schlagzeuger hypotaktisch und/oder parataktisch ihre Sets verkloppten. So macht das ganze gleich noch mehr Spaß, obwohl die Stücke an sich schon dreckig rocken. Es waren auch schon überraschend viele Leute auf den Beinen und rieben sich die Schlafpopel aus den Augen. 

Aber was ging bei NOM? Meine Fesse –derart aggressiv und dynamisch hab ich die ja noch nie gesehen! Ging voll nach vorne, jeder aus der Band brüllte mit aufgerissenen Glotzies in die Mikros, dazu schrie und sang Wolly und Riffsalven über Riffsalven ließen die Flaschen am Tresen klirren. Richtig amtlich! 

Steffi:

17:15 Uhr N.o.M. hatte ich vor kurzem erst im Highway Swans Club in Neumünster gesehen und war absolut begeistert gewesen.
Aufm Wilwarin dagegen konnten die Jungs mich nicht so überzeugen, da die Show zwar cool war und die Songs auch abgingen wie immer, aber irgendwie war es ein wenig dröge und lustlos gespielt. Jedenfalls in meinen Augen, bei anderen wird das wohl anders angekommen sein.

 

Philipp:

Auf der großen Bühne dann irgendwann THE POKES. Hatte erst gedacht, dass es sich wohl um eine Coverband handele, aber nö – man zockte durchweg eigene Songs, natürlich stilistisch im Folkpunk angesiedelt. Vor der Bühne wurde jetzt schon ordentlich losgetanzt, mir persönlich war die Band aber zu folkig bzw. zu wenig punkig. 

Nach einer längeren Auszeit hieß es rechtzeitig zu TACKLEBERRY zurück sein! Ich war ohne Scheiß aufgeregt, denn die letzten Konzis der Band hatten mich immer weggeblasen. Erstmal musste man allerdings etwas überrascht feststellen, dass die Bettys ein neues Gesicht in der Band haben! Gitarrist Olli hat die Band verlassen! Erstmal schade, den fand ich sehr sympathisch und charismatisch. Aber nu, er wird sicher irgendwo anders wieder auftauchen. Der „neue“ musste dann auch gleich für zwei spielen, denn Kollege Andre weilte mit THE FORCE WITHIN in Russland. Aber was soll man sagen – auch so entfesselten TACKLEBERRY einen wahren Knochenbrecherpit und rotzten aus allen Rohren. ’Nen Gig wie ’ne Atombombe! Die Diver flogen in alle Himmelsrichtungen. Hannes sprang wie bekloppt hin und her und verkündete auf die Forderung nach einer Wall Of Death: „Nee, wir machen heute die ’Wall Of Nerds’ – wir treffen uns alle in der Mitte und rennen voreinander weg!“ Und das hat sogar geklappt! Highlight! 



Steffi:

20:00 Uhr Tackleberry. Was kann man dazu sagen? Ging ab, aller! Tackleberry legen ja zumeist eine der besten Liveshows ab, dies gibt. Diesmal war ihre Tracklist allerdings Gitarristenwechselbedingt kürzer als sonst und eher mit neuen Songs bestückt. Die neuen Songs "Choose your course", "Don´t mess with the sharks" etc. liegen eher im midtempo und sind deshalb nicht so wild wie die alten Songs. Es gab Freibier, es gab wilden Pogo und es gab keine Toten! Typisch Tackleberry also.

 

Matt:

Von Tackleberry, bei Dremu jüngst zu Schleswig-Holsteins Band des Jahres gewählt,  bekam ich leider nur noch die Menschenmengen mit die vor der kleinen Buehne abfeierten. Die letzten Toene des HC Gewitters donnerten gerade ueber das Wilwarin. Hey shit - wieder mal verpasst. Aber spaete Anreise und diverse Male des Umparkens rächten sich nun.

Zu MUFF POTTER waren wir dann pünktlich vor der großen Buehne, weitere Umparkaktionen sprengten allerdings den Musikgenuss und die grossen Hallos unter den bekannten Fuzzis hier. Musikalisch konnten MUFF POTTER ueberzeugen mit Ihrem intelligenten durchaus massenkompatiblen Rock mit deutschen Texten.

 

Philipp:

MUFF POTTER hatte ich mir vorher noch nie (bewusst) angehört. Irgendwie klangen sie aber exakt so, wie ich mir sie vorgestellt hatte. Nicht schlecht, aber belanglos. Keine Melodie erschien mir wirklich zwingend und an Aggression oder Energie hatten sie (für mich) halt nix zu bieten. War aber recht voll auffem Gelände und viele fanden es offenbar sehr gut. 

Da waren GORILLA MONSOON schon eher mein Geschmack, auf Dauer allerdings auch wieder zu monoton. Ja ja - da spielt schon mal ’ne Metalband und ich bin immer noch nicht zufrieden… Im Ansatz schön von BLACK SABBATH beeinflusster Doom, der mir etwas zu sehr in den Stonerbereich abdriftet. You can’t please ’em all… 


Steffi:

22:15 Uhr Gorilla Monsoon: doomiger Trash-Metal dröhnte von der unteren Bühne, zu langsam um ne Moshpit zu starten aber gut um zu moshen. War mal ganz angenehm und das Micro von den Typen is echt hammercool!

 

Matt:

GORILLA MONSOON. Yea, ein erwartetes Highlight, haben GM doch vor 2 Jahren auf dem Wacken mit ihrem Doommosh überzeugt. Auch heute legten sie wieder los, wie es im Gedächtnis haftete. Schwer, druckvoll, meistens langsam bis Midtempo mit druckvollem Gesang. Der Platz vor der Buehne war vollomat und ein Nackenbrecher jagte den nächsten. Man konnte sich gar keine Pause gönnen, denn die Songs waren ausnahmlos auf hohem Niveau und brachial dargeboten.

Auf der Hauptbühne legten nun die Kieler Oberasis SMOKE BLOW los. Mit der Erwartung an (im besten Sinne) Routine und grosse Bühnenpräsenz freute man sich auf eine schöne Deathrock Show. Aber irgendwie wirkt die Band heute komisch gehemmt, der finale Funke sprang zunächst irgendwie nicht über. Erst als die Band zu Ihrer mittlerweile zum Kult aufsteigender Billy Idol-Coverversion "Rebel Yell"kam, taute der Mob so richtig auf. Ab da stieg das Niveau drastisch, vielleicht brauchte die Band heute auch einfach einen Arschtritt vom Publikum, um aufzuwachen, und so geschah es auch. Im folgenden waren SB wieder voll da und rockten das Haus. Nur was der Typ mit der roten Mülltonne auf der Bühne wollte/sollte, erschloss sich mir nicht so ganz. Vielleicht kann jemand Aufklärung schaffen...

 

Philipp:

Zum x-ten Mal SMOKE BLOW! Als Fazit kann vorweggenommen werden, dass dieser Auftritt zu den besseren SB-Gigs zählte. Und da dat SB-Niveau recht hoch ist, soll das natürlich wat heißen. Das Gelände war richtig voll, der Mob ging steil, als Bewährtes wie „Dark Angel“, „Satan’s Highway“ oder „Sick Kid ’85“ gezockt wurden. Drei brandneue Songs wurden auch gespielt, die mir allerdings ehrlich gesagt so auf Anhieb etwas substanzlos vorkamen. Abwarten! Richtig crazy war ein Typ, der irgendwie vorher gefragt hatte, ob er an eine Mülltonne angeleint diven dürfe. Ha, das sah mal geil aus. Begleitet von warmen Worten Lettens kettete der Macker sich also mit so einem rot-weißen Absperrband an ’ne originale Mülltonne und… sprang in das Meer wartender Hände. Tonne & Typ segelten dann auch bis zum Mischpult und zurück. Letten ließ es sich natürlich nehmen danach auch noch in die Tonne zu klettern und legte sich mit dem Ding gediegen auf die Fresse. Ganz großes Kino! 



Steffi:

23:15Uhr Smoke Blow: mit exklusiver Ansage von Philipp, und er erinnerte an den Ausspruch von sonem König, der die "Krone aus Dreck und Letten" nicht haben wollte. Wie geil! Als ich das Thema im Geschichtsunterricht hatte (und das is gar nich so lange her) musste ich bei dem gleichen Satz auch an Jack Letten denken!


Smoke Blow waren gut, sehr gut sogar. Herr Letten hat an diesem Abend bestimmt fünf "allerbeste Freunde" gehabt. "Wie geil war das denn?" ist auch seit diesem Abend mein Lebensmotto ;). Es gab noch zwei Zugaben, wobei "crocodile rodeo" zum zweiten Mal angestimmt wurde, da sich ein Mann im Publikum (Lettens allerbester Freund =)) das gewünscht hatte und obwohl das doch "voll unprofessionell" ist.
Sehr geil alles, auf jeden Fall :)

 

Philipp:

Zwischendurch hab ich auch noch SEXTO SOL mitgenommen, schließlich hatte Letten die uns ja auch heiß empfohlen („Gleich spielt mein Freund Späthi drüben, kann nur den Namen nicht aussprechen, is irgendwie so’n Mestizoname, Sexirgendwas…“). Steh ja nicht soo auf diesen Sound, aber wer die Bande erstmal privat kennen gelernt hat, kann die verrückten Bastarde nur lieben und dann sieht man natürlich auch gleich die Musik in einem anderen Licht. Geil war auf jeden Fall ein Song, in dem es irgendwie über Flüchtlinge und Grenzen ging und Sänger Carlos in einen dramatischen Part eine Spoken-Word-Passage integrierte, während derer auf Flüchtlinge geschossen wird. 



Matt:


Nach einem Ausflug über den Campingplatz war ich rechtzeitig zu SEXTO SOL wiederam Start. Die Latin Ska Band mit massiv südamerikanischer Besetzung, verstärkt durch Ex-Bonehouse Gitarrist Späthi war für mich bis dato eine Unbekannte. Auf jeden Fall ging hier die Party so RICHTIG ab. Der Bereich vor der kleinen Bühne war proppenvoll und die Meute tanzte ab wie nix Gutes. Daran waren nicht nur die leckeren Mischen schuld, die das Wilwarin-Tresenteam kredenzte, sondern vor allem die Band selber. Die schaffte es, ueber die gesamte Spielzeit das Tempo so aberwitzig hoch zu halten, immer wieder nach vorne gepeitscht vom hyperaktiven Sänger und getragen von der optimal abgestimmten Percussionabteilung. Mit -ich glaube- 9 Leuten auf der kleinen Bühne zudem eine solche Bewegung non-stop auf derselben zu haben verdient Respekt! Die Party des Abends, vom Stil und der Ausstrahlung her sind SEXTO SOL wohl am ehesten mit den Mexikanern von PANTEON ROCOCO zu vergleichen.

SPERMBIRDS. Wir sind unwürdig. Als ich vor dem Gig angesprochen wurde "Sag mal, spielt Lee Hollis eigentlich mit?" bekam ich Angst. Denn bislang kam ich nicht mal auf die Idee, dass es nicht so sein könnte. Als Philipp die Band ansagte und versprach, wir dürften ihm "auf's Maul hauen", wenn die Band schlecht sei, stieg die Stimmung wieder, da wir so oder so Spass hätten ;). Um es kurz zu machen: Philipp blieb heute abend verschont und Lee Hollis war natürlich dabei!
Beim NO MEANS NO Konzert wurde ein T-Shirt verkauft mit der sinnigen Aufschrift "old is the new young". Und auch die SPERMBIRDS bewiesen, das alte Männer einfach besser rocken! Unglaubloch energetisch, unglaublich tight und auf den Punkt zogen die SPERMBIRDS mit ihrer HC-Punk-Melange die Menge in den Bann. Ein Programm, dass eine gute Auswahl an Klassikern bot von "Americans are cool" über "Only a Phase" und "Try again" sowie auch Stuecke, die mir nicht bekannt waren, aber nicht minder rockten. Wenn da auch neue Stücke dabei waren, revidiere ich sofort meine Meinung über Comebackalben- kenne aber auch nicht alles von der SPERMBIRDS. Dazu die bissigen, augenzwinkernden  "Böser HC-Sänger" Ansagen rundeten den Spass ab! Die Meute tobte und der Rest ging im Jubel und Getobe der Menge unter...

 

Philipp:

Yeah, EGAL, mit wem ich nach dem Festival gesprochen hatte, original JEDE/R bis auf eine einzige Person nannte als TOTALEN Höhepunkt den Auftritt der SPERMBIRDS. Oh Mann, da war einfach alles da: Vom ersten Ton an Bewegung auf der Bühne, Energie, Charisma und diese unvergleichbare Stimme von Lee Hollis! UND Songs, die sich bei nicht wenigen BesucherInnen seit Jahren/Jahrzehnten in der Hirnrinde eingebrannt hatten: „Americans Are Cool“, „Try Again“, „My God Rides A Skateboard“, aber auch die neuen und genau so guten „Knifethrower“ oder „Neighborhood Relations“. Nachdem ich ein paar Songs aus dem Pit heraus genossen hatte, landete ich irgendwie auf der Hüpfburg, die natürlich längst verlassen war. Zumindest von Kindern, denn mittlerweile hüpften die „erwachsenen“ Festivalbesucher darauf herum. Ein unvergesslicher Moment: Zu den SPERMBIRDS auf der Hüpfburg herumspringen oder einfach auf dem Rand sitzen und rodeomäßig durchgeschüttelt werden! 

Tja, irgendwann ist auch die heftigste Party ausgefeiert und ich wollte mir etwas Nachtruhe gönnen. Doch just, als ich in der Koje lag (5.00 oder 6.00 Uhr oder wat), begann der Boden zu vibrieren. Meine Nachbarn hatten tatsächlich ihre Goa-Party gestartet und hopsten dem Gekreisch nach begeistert zu dem Computergedröhn herum! Trotz bis Anschlag hereingesteckter Ohrstöpsel war bis 9.00 oder 10.00 Uhr nicht an Schlaf  zu denken. Immerhin ist keiner in mein Zelt gefallen…   

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