CASTLE RAT, DAEVAR / 23.10.2025 - Berlin, Lido
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Montag, 27. Oktober 2025 10:40
- Geschrieben von Doom Fränk
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„Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!“ - „Nanu? Nach Berlin? Das ist ja unglaublich! Etwa an den schönen Wannsee Strande? Doch nicht etwa zum ****** nach Frohnau? Oder doch mal wieder nur zum Saufen nach Karlshorst? Da bei Dieters Zapfstation?“ - „Nichts davon! Das Ziel heute ist das Lido in Friedrichshain! Da spielen Castle Rat! Der heißeste neue Scheiß im Bereich des Doooooom! Also hin da!“
Hin und zurück mit dem ICE. Bahn typisch klappt mal wieder gar nichts. Waggons fehlen und eine Weiche „klemmt“ auf der Hinfahrt, auf der Rückfahrt verpasse ich den Anschlusszug in Hamburg, da der Zugführer erst kurz vor der Abfahrt in Berlin merkt, dass er den Zündschlüssel bei Curry Heiner auf der Anrichte vergessen hat. Die Bahn steht da als Beispiel für das ganze Land. Aber egal, angekommen ist man ja jeweils.
Im Lido war ich bisher erst ein einziges Mal. Das muss mindestens 10 bis 15 Jahre her sein und gespielt haben die richtig geilen Dover aus Spanien. Da hab ich als Merch noch so ein Zippo Clone mit dem Bandnamen als Aufdruck darauf gekauft – keine Ahnung, wo das geblieben ist. Dover war aber wie immer super. Schade, dass es die nicht mehr gibt bzw das sich sich am Ende von dem punkigen Roots entfernt haben. Hier auch egal. Treffe mich sodann mit einem Kumpel und vor einem Späti bechern wir ordentlich Zubr Bier aus Polen. Jaaaaaa, das mit dem Wisent drauf! Hat 6 Pfund statt 4,5 und schmeckt wie Wasser. Das gute Schultheiss gibt es natürlich auch, wir sind ja in Berlin. Dementsprechend beschickert kommen wir auch am Lido an. Davor sprechen wir mit 2 vielleicht 20-jährigen, jungen Damen und die hören tatsächlich Testament und Destruction. Da dachte ich, ich bin bereits bekloppt. Aber sowas gibt es wirklich...also das nicht nur ungepflegte, alte weiße Männer diese Art von Musik mögen. Trotzdem unglaublich.
Den Laden hab ich von Innen anders in Erinnerung, aber außer der Toilettengebühr finde ich den Bums ganz „knorke“. Also rein ins Gelümmel....ähhh...Getümmel. Daever aus Köln sind heute der Support. Sie kommen aus Köln und im Treibsand in Lübeck habe ich sie vor ein paar Monaten bereits gesehen. Da fand ich fürchterlich, dass sie vermutlich ihre Entourage im Gepäck hatten und die haben ungefähr 1.000.000 Bilder und 78.000 Videos in den 45 Minuten Spielzeit geschossen und gedreht. Wenn das bei den ersten beiden Liedern ist...ok....das muss man heute in Zeiten von TikTok oder Instagram vielleicht,,,aber das war da schon nervig. Vor allem wenn man merkt, dass den Knipsern die Musik eigentlich egal ist.
Heute ist das nicht und wir stehen vorne links der Bühne und hören auch nur, was links auf der Bühne passiert. Ganz miese Abmischung da, aber vielleicht ist es woanders besser. Kein Bass, kein Gesang, nur Schlagzeug und E-Gitarre sind zu hören. Das beides ist aber spitze und der Gitarrist kann wirklich spielen. Mal eine gekonnte Kyuss Kopie, dann auch wieder etwas doomiger.
Wäre die Band aus den USA und von einem Label gepusht, wäre der hier der nächste heiße Scheiss. Wenn du aus dem provinziellen Deutschland kommst, ist das natürlich immer schwieriger. Guter Auftritt, auch wenn wir nur die Hälfte gehört haben.
Jetzt wird es spannend! Maskiert und kostümiert schreiten Castle Rat auf die Bühne! Hier lassen sich * SPOILER* nicht vermeiden, aber egal. Der geschätzte Kollege Wolthers wird die Band in Kürze ja auch noch sehen, wie mir vor 2 Wochen ein Schamane in der Mongolei voraussagte.
Wen haben wir denn da? Zuerst ist da die Sängerin und mehr-oder-weniger Rhythm-Gitarristin Rat Queen a.k.a. Riley Pinkerton. Bei ihrem bürgerlichen Namen denke ich immer, das wäre ein geiler Titel für einen Sloppy Seconds Song – aber nicht nur der Name. Egal. Ihr Outfit ist nebenbei kein Kettenhemd Bikini – nein, als früherer Pen and Paper AD+D Spieler erkenne ich sofort, dass es sich hier um einen Schuppenpanzer Bikini handelt, der eine viel schlechtere Rüstklasse hat. Da wir das sexistische Geplänkel zum Glück überwunden haben, erspare ich mir jede weiteren Beschreibungen und lasse nur die Bilder sprechen. Die sprechen aber eine eindeutige Sprache, mein lieber Scholli...wie man in Berlin so sagt. Does Sex sell? Kauf ein Ticket für die nächste Castle Rat Show und finde es selbst heraus! Ticketpreis heute 27,00 oder so – ist fair!
Die folgenden Namen der Mitmusiker habe ich von einer professionellen Software übersetzen lassen, da ich kaum Englisch spreche und sowieso recht dumm bin. Wir haben den Druiden mit dem Elchgeweih, den Landvoigt und zuletzt Dr. Beule. Dazu aber gleich mehr. Dies ist nämlich kein gewöhnliches Konzert mit „Alle rauf auf die Bühne, schrubben und dann alle wieder weg“ - nein, hier wird gleich eine Geschichte erzählt und kunstvoll dargeboten! Im Internet habe ich gelesen, dass die Rat Queen unglaubliche 8 Jahre gebraucht hat, um diesen sogenannten „Mythos“ zu entwickeln! 8 Jahre! Ähnlich lange hat ansonsten nur Danzig gebraucht, um das Misfits Lied „Mommy, can I go out and kill tonight?“ zu schreiben.
Nach der Lektüre der gleich folgenden Zusammenfassung bleibt dem geneigten Leser anschließend nichts anderes übrig, als den Meister der One-Liner, Bertold Brecht, einen Verfasser von Schundliteratur zu nennen.
Die auftretenden Dramatis Personae sind im Gegensatz zu Tolstois Krieg und Frieden relativ schnell zusammen gefasst: Da ist die Queen Rat, die auch singt und der Landvoigt, der auf Vampir macht und zufällig auch Lead spielt. Doc Beule bearbeitet den Bass und der Druide verprügelt einfach so mir-nichts-dir-nichts das Schlagzeug. Kurz taucht noch ein Magier auf, aber ich glaube, das war einfach nur der Typ, der kurz zuvor die Boxen auf die Bühne gerollt hat und sich dabei den Fuss eingeklemmt hat. Zumindest hat der Magier auch gehumpelt. Egal! Außerdem gibt es noch die Rat Reaperess, die macht aber keine Musik. Wie Berthold Brecht mal kalauerte: Da wo Menschen singen, lass dich ruhig nieder – böse Menschen singen keine Lieder! Richtiger Schund im Vergleich zu dem, was gleich kommt....sorry Bertold...isso.
Also die Darsteller decken alle Epochen ab, seit dem Judith Holofernes töte. Also ich meine die Judith den Holofernes tötete – ich will hier keine Anzeige wegen Verleumdung riskieren.
Es gibt also eine Handlung. Nebenbei finde ich Konzept Alben aber mal so richtig scheiße, aber egal. Hier ist es ja nicht der Fall. Noch schlimmer ist es, wenn dazu noch die Big Band der Bundeswehr so Metal Opas begleitet – aber alles hier nicht der Fall! Das gibt aber auch so richtige Scheiße und meistens dann noch auf Wackööööööööön! Schlamm drüber!
Also jetzt eine Zusammenfassung, wie ich sie nach reichlich Zubr und Schulle begriffen habe:
Im Land der unrasierten Achselhaare und zu Zeiten von Queen Rat versteckt ein humpelnder Zauberer ein Buch auf einer der Boxen. Nach diesem trachtet die Rat Reaperess. Warum? Keine Ahnung. Die Rat Queen will aber aus Gründen das Buch nicht hergeben, daher schart sie allerlei Gesindel um sich (<<die Band!!!). Soweit, so Knud.
Jetzt kommt es zum großen Endkampf! Auf die Bühne!!! Beim Konzert!!! Die Rat Queen mit Rat Sword und Rat Shield gegen die Rat Reaperess mit Rat Scythe. Auf der Bühne geht’s nun ab wie bei die Gebrüder Karamsoff in dem gleichnamigen Werk des russischen Dramatikers Fjodor M. Dosojewski. Dieser brauchte nur 3 Jahre statt 8, erreicht aber auch nicht die Qualität und Tiefe des Werkes der Rat Queen. Apropos Ratten, die brauchte die Band nach Berlin nicht mitbringen. Mehr dieser Tiere habe ich bisher nur in Hanoi, Vietnam und am Kieler Südfriedhof zwischen Bölterkamp und Harmsstraße gesehen – der sogenannten Todeszone. Weiter im Text!
In dem von mehreren Kampfsportlern und Ex-Söldnern choreographiertem Kampf gibt es nur eine Siegerin: Die Rat Queen! Plötzlich erwacht die Rat Reaperess aber zu neuem Leben! Heimtückisch und niederträchtig – ich würde hier sogar von Mord sprechen – ersticht die Rat Reaperess die Rat Queen mit einem Plastik Dolch aus der Transformer Serie.
Nun kommt aber der Plastik Hammer! Die Rat Queen ist gar nicht tot, sondern hatte vermutlich nur eine Alkoholvergiftung! Der Druide mit dem Elchgeweih oder der Landvoigt oder Doktor Beule erweckt sie jedenfalls ebenfalls. Das Publikum jubelt, manche weinen sogar! Daraufhin trinkt die Rat Queen einen doppelten Appelkorn und Blut läuft an ihr herab. Erneut stellt sie sich der Rat Reaperess, das Publikum schreit irgendwas und der Druide mit dem Elch Geweih, der Landvoigt und Doc Beule spielen ihre Musik einfach weiter. Jetzt tötet die Rat Queen die Rat Reaperess mit ihrem Plastikschwert. Das Buch – vermutlich ein alter Quelle Katalog mit Preisen vor der Inflation – ist gerettet. Ende, Vorhang zu, Ratte tot.
Ok, da hat ein 3 Panel Peanuts Cartoon mehr Inhalt, aber da gibt es keine Musik. Wie ist die eigentlich? Immerhin ist dies eine kleinbürgerliche Punk und Metal Schmonzette mit ewigem Hang zur Teilnahme am Diskurs im bürgerlichen Salon.
Doom ist das nicht, dafür fehlt das drückende, depressive und das Bass-lastige. Eher geht es musikalisch in Richtung Witchfinder General oder Pagan Altar unter Drogen, die beide ja auch an der Grenze zum Heavy Metal operieren. Hier bei Castle Rat ist der Klang irgendwie schmieriger, so wie altes Fritten Fett.
Sind wir ehrlich, war mal was anderes. Ich brauche die ganze Kostümierung genauso wenig wie ein Wikinger Schiff aus Styropor auf die Bühne. Einfach geile Musik ist mir wichtiger. Und wenn Waffen, dann ne echte Machete wie bei Brujeria! Viva Zapata! Viva Pancho Villa! Viva Machete! Viva Brujeria!
Alle anderen fanden es super und alle anderen werden es auch zukünftig super finden. Beenden wir es mit einem Zitat eines Verfassers von Schundliteratur:
Das Chaos ist aufgebraucht, es war die beste Zeit!

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