TESTAMENT, OBITUARY, DESTRUCTION, NERVOSA / 14.10.2025 – Hamburg, Große Freiheit 36

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„Du bist ja gar nicht bei MASTERS OF REALITY?“, werde ich heute wiederholt gefragt. Tatsächlich war das eigentlich mein Plan gewesen und die Band stellt auch einen zu streichenden Namen auf meiner Bucket List dar. Aber es ist verrückt: Genau wie beim letzten Mal mussten MASTERS OF REALITY mitten während der laufenden Tour kurzfristig absagen, in beiden Fällen direkt vor der Show in Hamburg. Gesundheit geht natürlich vor, das ist keine Frage. Und spontan beschließe ich, dann doch zum THRASH OF THE TITANS zu fahren. Streng genommen zählen sowohl TESTAMENT als auch DESTRUCTION und OBITUARY zu meinen Roots – ich kannte und hörte diese Bands jeweils von ihren ersten Platten bzw. ersten Demos an. Wenn ich nur ans DYNAMO ’87 denke, auf dem DESTRUCTION und TESTAMENT live spielten (letztere sogar ihre erste Europashow), dann schlackern mir gleich die Knie. Da kamen MASTERS OF REALITY doch knapp später dazu, denn ihr Debut erschien „erst“ 1988. Insofern passt der Switch schon, auch wenn ich weiterhin auf ein MOR-Konzert hoffe, denn im Gegensatz zu den Thrashbands hab ich die noch nie gesehen (witzigerweise war es auch bei einem DYNAMO, als es fast gelang – ich hörte die MASTERS in der Ferne spielen, musste aber erst noch mein Zelt aufbauen).

 

DESTRUCTION

Bilder von Rüdiger Naffin und Frank C. Dünnhaupt - https://duennhaupt.com/.

 

Danke also an Kevin Junker von HAMBURG CONCERTS, der die DreMu-Akkreditierung auf diese kurzfristige Anfrage hin organisierte. Ab in den Regio und zur Reeperbahn gebeamt, aufm Weg noch ‘n Powernap und die Autobiografie von King Fowley „Stay Ugly“ weitergelesen (Hammerteil!).

 

Als ich ankomme, spielen NERVOSA bereits ihre letzten Songs. Ich muss leider noch in den Keller zur Garderobe und verpasse natürlich selbst den Schluss. Schräg: Bei der Garderobe kann man nicht mehr bar bezahlen, sondern nur noch mit Karte. Noch schräger: Der Typ gibt mir keine Nummer. Als ihn doof angucke, zeigt er genervt auf den Zettel auf dem Tresen. Darauf wird erläutert, dass man eben keinen Zettel mit Nummer bekomme, sondern bei der Abholung erneut seine EC-Karte präsentieren solle. Das System habe die Daten schon gespeichert. Tja, schöne neue Welt. Die Zeiten, in man sich einfach ein paar Scheine in die Hosentasche stopfen konnte und loszog, sind wohl vorbei…Aber zurück zu NERVOSA: Sollen gut gewesen sein!

 

NERVOSA

 

Ich spoiler es jetzt schon: DESTRUCTION markieren für mich das Highlight des Abends! Meine Fresse, schenken Schmier und seine Mannen ein. Da lacht nicht nur der Metzger, auch auf meine Fresse schleicht sich ein diabolisches Grinsen. Der Sound ist Bombe, die Riffs tun förmlich weh auf der Haut. Schmier hat immer noch diese geilen Screams drauf, da kreisch ich vor Begeisterung mit. Geschickt nutzt die Band den Bühnenrest, der ihnen vor dem Headliner-Drumriser bleibt. Witzigerweise sieht ihr Bühnenbild heute am besten aus, wofür das perfekt abgestimmte Licht und die Sidedrops sorgen, aber natürlich auch die Leder-und-Nieten-Kluft der vier Musiker. So wie DESTRUCTION den begrenzten Raum clever nutzen, füllen sie auch die Spielzeit optimal. Zwei neue Songs, „Scumbag Human Race“ und „No Kings, No Masters”, unterstreichen die Relevanz der aktuellen Scheibe, der Rest der Setlist besteht aus Klassikern, nämlich „Curse The Gods“, „Nailed To The Cross“, „Mad Butcher“, „Thrash ‘Til Death“ und „Bestial Invasion“. Ich habe mittlerweile Bekannte getroffen, wir bangen begeistert und feiern diesen Auftritt. Top!

 

DESTRUCTION

 

OBITUARY sind aber eigentlich auf demselben Level. Ich kann jeden verstehen, der für OBI als Tagessieger votet. Auch hier überzeugt der Sound. Die Riffs kommen ultraheavy, die Drums bekommen durch Zusatzpercussion und Subwoofer-Effekte einen perversen Punch. Da wird so manche Hose durchgeschüttelt, aber trotz höllischer Lautstärke bleibt es differenziert. Die Setlist ist etwas länger als in Wacken, schließlich verkörpern OBITUARY den Co-Headliner. Im Zentrum, steht das „Cause Of Death“-Album, welches die Tardy-Brüder, Trevor Peres, Terry Butler und „der Neue“, Kenny Andrews, mit immerhin sieben Songs würdigen, es fehlen lediglich „Find The Arise“ und „Memories Remain“. Schön auch, dass die selbstbetitelte LP von 2017 (Killerscheibe!) immerhin mit zwei Songs vertreten ist, „Sentence Day“ sowie „A Lesson In Vengeance“. Ansonsten quer durchs OBI-Beet, bis mit „Slowly We Rot“ der Sarg geschlossen wird. Die Jungs wirken heutzutage entspannter, bangen aber immer noch ordentlich ihre Matten und bringen die Stücke so rüber, wie man sie hören will.

 

OBITUARYOBITUARYOBITUARY

 

TESTAMENT können nicht ganz mit ihren beiden Vorgängern mithalten. Schon die Bühne sieht wenig spektakulär aus, zu leer, und das Artwork der neuen Platte ist halt auch nicht soo spannend. Noch frappierender: Die Band ist offenbar auf Kemper-Modeling Amps umgestiegen. Das macht sich in einem zu braven Sound bemerkbar, dem die Wucht der Gitarren fehlt. Kein Vergleich mit der Gitarrenpower vom oben erwähnten Dynamo-Auftritt und dem Dutzender anderer TESTAMENT-Liveattacken. Auf der anderen Seite kann die Band natürlich ein gewisses Level auch nicht unterschreiten. Gut sind sie durchaus – Chuck Billy zeigt sich in starker Form und zeigt alle Facetten seiner Stimme, die ja erstaunlich vielseitig ist. Bei „Low“ klingt er fast wie ein Death-Metal-Growler, Songs wie „Electric Crown“ oder „Native Blood“ wiederum singt er melodisch-bissig, „“Return To Serenity“ geradezu sanft und die Thrash-Highlights wie „Practice What You Preach“, „First Strike Is Deadly“ oder „Into The Pit“ besitzen die nötige Wut und Dringlichkeit. Die Setlist deckt ganze zehn Alben ab, was einerseits immer cool ist, andererseits auch dazu führt, dass Bruner wie „Over The Wall“, „The Haunting“, „Raging Waters“, „Alone In The Dark“, „Trial By Fire“, „The Preacher“ oder „Disciples Of The Watch“ fehlen. Die neue Platte kennt natürlich auch noch kaum jemand, somit geht bei den beiden davon gespielten Stücken stimmungstechnisch nicht viel und noch weniger beim überflüssigen Schlagzeugsolo. Insgesamt gab es bei DESTRUCTION und OBITUARY deutlich mehr Bewegung und große Circle Pits im Publikum, während es bei TESTAMENT etwas abflacht. Schon etwas schade, denn sie können es ja immer noch besser, wie z.B. noch 2024 im Vorprogramm von KREATOR. Kemper wegschmeißen, Rock’n’Roll braucht Gerät!

 

TESTAMENT

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

TESTAMENTTESTAMENT

 

Das hat sich insgesamt sehr gelohnt! Viele Leute getroffen und dem Thrash gefrönt oder wie Schmier sagt: „Nich lang schnacken – Thrash in‘ Nacken!“   

 

TESTAMENTTESTAMENT

Kommentare   

0 #1 Philipp 2025-10-27 08:40
Fotos von Frank C. Dünnhaupt ergänzt - mehr in der Galerie:
https://www.dremufuestias.de/index.php?view=category&catid=1253&option=com_joomgallery&Itemid=516
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