WACKEN OPEN AIR XXXIV / 01.08.2025 – Wacken, Tag 3

3 Dislike0

Philipp: Heute ist extrafrühes Aufstehen angesagt, denn wir wollen um 11:00 Uhr schon HEAVYSAURUS sehen! Ich finde, dass ein Festival wie WACKEN die perfekte Gelegenheit dazu ist, zumindest hätte ich mir vor dem heutigen HEAVYSAURUS-Erstkontakt bestimmt kein Ticket für ein Hallenkonzert der Band geholt. Auch ansonsten ist der Tag vollgestopft mit unterschiedlichsten Bands wie GRAVEYARD, VICTORY, FORBIDDEN, KROKUS (leider zeitgleich: NAILBOMB, ANGEL WITCH), DIRKSCHNEIDER (leider zeitgleich: KYLESA), ORANGE GOBLIN, UK SUBS (leider zeitgleich: BOOMTOWN RATS) und HELLACOPTERS. Also schnell ‘ne Toastscheibe mit Ketchup ins Maul und ab auffen Acker!

 

WACKEN 2025

Bilder von Strecker, Roman und Philipp.

 

HEAVYSAURUS

 

WACKEN 2025

 

Philipp: Wir hatten es geahnt: Der Platz ist bereits enorm gut gefüllt, bevor HEAVYSAURUS überhaupt anfangen. Und die Leute haben richtig Bock, klatschen bereits vor der Show Applaus. Es gibt sogar einen Bereich, in dem sich ausschließlich Kinder aufhalten. Da geht’s auch schon los, natürlich mit einem Intro, in dem die Mission von HEAVYSAURUS erläutert wird: Vier Dinosaurier (und ein Drache) werden rocken! Der darauf folgende Gig ist sauunterhaltsam und hätte mich als Kind komplett abgeholt. Moment, ich präzisiere: Er holt das innere Kind in mir ab, und zwar jetzt gerade! Wie ich es als Knirps gefunden hätte, kann ich ja gar nicht wissen. Aber wie kann man Songs und Inhalten wie „Kaugummi ist mega!“, „Dinos woll’n euch tanzen seh’n“ (deutscher Text über „Rock You Like A Hurricane“), „Rarr“ oder „Retter der Welt“ widerstehen? Supereingängig und so nachvollziehbar im Arrangement, dass Kinder und/oder Betrunkene in jedem Moment checken, was gerade Phase ist. Ob das alles live ist? Durch die Masken und Kostüme kann man das schwer beurteilen, aber ich denke der Leadgesang (Michael Voss?) dürfte live performt werden, bei einigen Backingchören bezweifle ich es, da sie extrem perfekt und „groß“ wirken. Aber was zählt, ist hier auch die Message und die Idee, Kindern Heavy Metal und Hardrock näherzubringen. Und es wird nie peinlich oder unnötig albern, tatsächlich formuliert der Dinosänger eine richtig positive Ansage: Es sei egal, wie man aussehe oder was für ein Geschlecht man habe, ob man einen Bauch habe oder schlank sei, weiß, gelb, schwarz oder grün sei – bei HEAVYSAURUS sei man willkommen und überhaupt könne jede:r rocken. Voll gut! Sich so klar und in so schönen Worten gegen Diskriminierung zu stellen, das bekommen doch die wenigsten Bands hin. Daumen hoch!

Strecker: Zusätzlich zu der Toastscheibe gab es bei mir noch einen Kaffee. Gesunde ausgewogene Festivalernährung muss sein. Immer dieser Gruppenzwang. Ich hätte mir HEAVYSAURUS nicht angeguckt, wenn nicht schon zu so früher Stunde – gerüchteweise wurden sogar Wecker gestellt - so eine Aufbruchstimmung im Camp geherrscht hätte. Ich ließ mich anstecken und bin mit zur W.E.T. Stage geshuttelt. Vor der Bühne war es richtig voll. Damit hätte ich nicht gerechnet und auch  nicht damit, dass mir das Konzert wirklich gut gefallen hat. Die Songs und Texte sind einfach und eingängig oder anders gesagt kindgerecht gehalten. Dennoch sind die Texte bei weitem nicht so plump und inhaltslos wie ich sie noch von so manch einem Kinderliedermacher aus meiner Kindheit erinnere und ehrlich gesagt haben viele Texte von Liedern für „Erwachsene“ weniger Inhalt und Aussagekraft als die Texte von HEAVYSAURUS, die sich auch mit ernsten Themen wie Rassismus und Diskriminierung beschäftigen. Die Dinos und Drache wussten auch was mit ihren Instrumenten anzufangen und manch ein Mensch wäre neidisch auf die musikalischen Fähigkeiten. Wie viele Finger haben Dinos eigentlich? Wie eingangs schon geschrieben, hat das Konzert Spass gemacht und mir überraschend gut gefallen. Eine Platte oder eine Karte für ein Konzert von HEAVYSAURUS würde ich mir nicht kaufen, aber falls die Band z.B. mal im Rock Camp zur Kieler Woche spielt, kann ich mir gut vorstellen hinzugehen.    

 

GRAVEYARD

 

WACKEN 2025GRAVEYARD

 

Philipp: Endlich mal wieder GRAVEYARD! Ich liebe alle sechs Alben der Band, habe die Schweden aber geschlagene 13 Jahre nicht live gesehen. Ob sie sich seit 2012 in hiesigen Breitengraden so rar gemacht haben oder ich sie schlicht verpasst habe, weiß ich nicht, aber ich hab richtig Bock. Das geht nicht nur mir so, denn mit jedem Song wird die Menge vor der drittgrößten Bühne, der Louder Stage, größer. GRAVEYARD spielen ihren Vintage Hardrock bei Top Sound und mit großer Leidenschaft. Mich packen vor allen die Gesänge und die geschmackvollen Gitarren, aber im Grunde passt hier wirklich jedes Detail. Die Setlist stellt vor allem den Klassiker „Hisingen Blues“ und das 2018er Album „Peace“ in den Fokus. Ich hätte mit mehr Songs von „6“ (2023) gerechnet, aber das passt schon. „Please Don’t“ funktioniert toll als Opener, „Ain’t Fit To Live Here” und “Hisingen Blues” sind wohl die größten „Hits“ und mit „The Siren“ verabschieden sich GRAVEYARD vom begeisterten Publikum, bei dem sie sich – offenbar ehrlich gerührt – bedanken.

Strecker: Weiter ging es mit GRAVEYARD, die mit ihrer entspannten Musik für mich perfekt zu so früher Uhrzeit (es war gerade mal 12 Uhr Mittags) funktionieren. Eigentlich war mein Plan, dass ich mich irgendwo auf den Rasen in die Sonne setze, einen Kaffee trinke und mir das Konzert angucke. Mangels Sonne und Rasen viel der Plan ins Wasser. Ich musste bei Nieselregen im Matsch stehen und statt Kaffee gab es das erste oder vielleicht auch schon zweite Bier des Tages. Hat auch funktioniert. GRAVEYARD waren gewohnt lässig und gaben sich ganz ihrer Musik hin. Gerade im Vergleich zu Konzerten auf der Hauptbühne, die mit etlichen Pyros und anderen Showeffekten aufwarten fand ich es sehr schön, einfach nur 4 Menschen zu sehen, die Musik der Musik willen machen und völlig darin aufgehen. Schönes Konzert und das nächste mal gern wieder in der Sonne. 

 

VICTORY

 

WACKEN 2025

 

Philipp: VICTORY sind aktuell in der Form ihres Lebens! Ich fass mir selbst an den Kopp, dass ich die Band früher nicht wirklich gut fand. Hat sich in diesem Fall mein Geschmack verändert oder sind VICTORY faktisch einfach besser geworden? Der neue Sänger Gianni Pontillo (seit 2019 dabei) ist jedenfalls der Hammer uns besitzt die perfekte schmirgelig-melodiöse Hardrockstimme. Und was soll man über Herman Frank an der Gitarre sagen? Er hätte übrigens für meinen Geschmack gern später bei DIRKSCHNEIDER als Gast mitspielen dürfen, das hätte doch wie Arsch auf Eimer zur „Balls To The Wall“-Anniversary-Setlist gepasst. Der Sound ist der absolute Wahnsinn, was wohl nicht zuletzt am Loudmaker Jacky Lehmann liegt, der die Knöpfe bedient. So trocknen Dampfhämmer wie „Rock The Neighbours“, „Gods Of Tomorrow”, “Surrender My Heart”, “On The Loose” oder “Check’s In The Mail” regelrecht die Kehlen aus, so dass ständig für Biernachschub gesorgt werden muss. Richtig geiler Old-School Hardcock/Heavy Metal-Auftritt!

Strecker: VICTORY fingen in etwa zu der Zeit an zusammen Musik zu machen, zu der ich anfing, weniger Fünf Freunde und TKKG Hörspiele auf Kassette zu hören und dafür häufiger den Club auf NDR 2 mit Dethardt Fissen hörte. Im Rahmen des Clubs gab es – ich meine einmal pro Woche – eine 2 stündige Heavy Metal Sendung, in der bestimmt auch VICTORY gespielt wurden. ACCEPT, VENOM und SLAYER wurden auch gespielt und gefielen mir damals viel besser, so dass VICTORY an mir vorbei gegangen sind und ich die Band heute zum ersten Mal live sehe. Ich kenne lediglich den Song "Check´s In The Mail", alle anderen Songs sind mir völlig unbekannt. Wird sich demnächst ändern. Falls jemand VICTORY Platten los werden möchte – ich hätte Bedarf. Die gespielten Songs sind allesamt hochklassiger, eingängiger und zeitloser Hard Rock, der für gute Laune und Bierdurst sorgt. Die Musiker sind engagiert und haben merklich Freude daran, vor so vielen Menschen zu spielen. Ein sehr gelungenes Konzert, das mir gut gefallen hat.  

   

FORBIDDEN

 

WACKEN 2025WACKEN 2025

 

Philipp: Schnell rüber zu FORBIDDEN, die für mich sowohl live als auf Platte zu den besten Bands überhaupt zählten! Ich bin überrascht, dass Chewie von VOIVOD eine der beiden Gitarren zockt. Oder wusste ich es schon mal, habe es vergessen und freue mich gerade ein zweites Mal? Wer ist noch dabei? Erst mal die Ur-Mitglieder Craig Locicero (g) und Matt Camacho (b), dazu der geniale Chris Kontos (d) und – besonders spannend – der neue Mann am Mikro, Norman Skinner. Er tritt in große Fußstapfen, denn Originalsänger Russ Anderson war für mich einer der besten Thrash-Metal-Shouter. Leider ist der Sound anfänglich ziemlich grottig (Gitarren viel zu leise), aber das bessert sich schnell und weiter vorne klingt es noch mal besser, also bewegen wir uns in Richtung Bühne. Die Band hat nichts verlernt und Skinner ist ja echt eine Entdeckung. Er kann genau diese Mischung aus Halford-Screams, Melodie und Aggression abrufen, die bei FORBIDDEN nötig ist. Die Gitarren brennen die herrlichen Twin-Melodien runter und werden wieselflink gespielt, dazu donnert Kontos jedes Break und diese markanten Triolen mit Power und Präzision. Natürlich werden die schwächeren Platten ignoriert und vor allem Songs der ersten beiden gespielt. „March Into Fire“! „Twisted Into Form“! „Forbidden Evil“! „Step By Step“! „Through Eyes Of Glass” (mein Favorit)! “Chalice Of Blood”! Kontos gönnt sich den Spaß, seine Mutter zu grüßen, wird ja schließlich alles gefilmt und gestreamt. Und es gibt mit „Divided By Zero“ einen neuen Song, der gut ans klassische Material anknüpft. Da darf man gespannt sein auf den Nachfolger des „Omega Wave“-Albums (auch schon wieder 15 Jahre alt)!   

 

NAILBOMB

 

NAILBOMB

 

Strecker: Eine weitere Konzertpremiere stand für mich an. NAILBOMB hatte ich bisher noch nie live gesehen und war gespannt, was mich erwartet. Es wurde laut, dissonant und einfach nur gut. Die 6 köpfige Band war gut aufeinander eingespielt und präsentierte Songs wie "Wasting Away", "Guerrillas" und das DEAD KENNEDYS Cover Stück "Police Truck" mit einiger Wut im Bauch. Der Spaß hat dennoch überwogen und ich war begeistert. 

 

KROKUS

Philipp: Mit die härteste Entscheidung des Festivals für mich: Entweder das Hauptbühnenprogramm mit KROKUS und DIRKSCHNEIDER oder zur LOUDER Stage mit NAILBOMB und FEAR FACTORY oder zur W.E.T./HEADBANGERS Stage mit ANGEL WITCH und KYLESA. Es ist insofern ein Luxusproblem, als dass ich alle Bands schon gesehen habe. Ich entscheide mich aus dem Bauch heraus einfach mal für die erstere Variante. Beim Warten auf KROKUS sehe ich einen Teil von PEYTON PARRISH. Was zur Hölle soll das denn sein? Hier finde ich wirklich null Zugang. Der Typ singt über „Valhalla“, labert zwischendurch aber immer über Jesus und Gott. Die Mucke plätschert völlig belanglos aus den Boxen und könnte auch zur Beschallung in Kaufhausfahrstühlen dienen. Gülle! Eine wahre Wohltat stellen dann KROKUS dar, die mit ihrem unverwüstlichen Hardrock / Heavy Metal einen angenehmen Kontrast setzen. Wat kann der Marc Storace immer noch geil singen! Mit „Headhunter“ und „Long Stick Goes Boom“ hauen die Schweizer gleich mal zwei knackige Hits in den Acker. Das löst Emotionen aus und bei einigen Leuten fallen gleich einige Hemmungen. Ein fast nackter Typ wirft sich der Länge nach in den Matsch und suhlt sich darin, bis kein Zentimeter Haut mehr zu sehen ist. Doch diese Sideshow kann zu keiner Zeit mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als das Gerschehen auf der Bühne. Neben weiteren KROKUS-Klassikern wie „Hoodoo Woman“, „Easy Rocker“, „Bedside Radio“, „Heatstrokes“ oder „Screaming In The Night“ widmen sich KROKUS auch Coversongs, so werden „Stayed Awake All Night“ (BACHMAN TURNER OVERDRIVE) und „Rockin‘ In The Free World“ (NEIL YOUNG) ganz gespielt, andere berühmte Riffs und Licks kurz eingeworfen. Das mag nicht jede:r, nimmt es ja auch Spielzeit weg, ich finde es aber irgendwie lässig. Übrigens feiert ein volles Infield die Band bei bestem Wetter. Toller Auftritt, mögen die Hunde ewig weiterrocken!

 

KYLESA

Strecker: Die Band hat bereits einige Male in Wacken gespielt. Ich habe es noch nie geschafft, KYLESA in Wacken zu sehen. [Doch! 2012, siehe hier im Bericht] Nun war es soweit, auch wenn ich dafür auf FEAR FACTORY und DIRKSCHNEIDER verzichten musste. Ich finde auch mit einigem zeitlichen Abstand, dass sich der Verzicht gelohnt hat und ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Schön war es, die Band nach einiger Zeit wieder zu sehen und zu hören. Der Sound war anfangs noch etwas mau. Dies Manko besserte sich glücklicherweise schnell und Songs wie "Don`t Look Back", "Unspoken" oder "Running Red" konnten ihre volle Wirkung entfalten. Aufgrund der zeitgleich stattfindenden zuvor genannten Konzerte war es nicht ganz so voll vor der Bühne. Ich empfand dies als sehr angenehm. So konnte ich bei den hypnotischen Sludge- und Psychedelic-Parts ein bisschen vor mich hinträumen, um bei den brutalen Heavy Parts wieder zurück in die Realität geholt zu werden. Meiner Meinung hätten KYLESA für das herausragende Konzert mehr Zuspruch verdient gehabt. Vielleicht beim nächsten Besuch in Wacken. 

 

DIRKSCHNEIDER

Philipp: Das „Balls To The Wall“-Programm von DIRKSCHNEIDER konnte ich noch nicht sehen, weil das Hamburger Gastspiel der Tour zeitgleich mit RKL stattfand. Insofern super, dass Udo und seine Mannen das Ding jetzt auch nach Wacken bringen (und demnächst nach Kiel). Das ACCEPT-Programm beginnt zunächst mit einer Mini-Werkschau: „Fast As A Shark“, „Living For Tonite“ sowie „Midnight Mover“, bevor man die komplette „Balls…“ chronologisch durchspielt. Udo braucht ein, zwei Songs, bis er voll da ist (bzw. gut im Mix platziert ist), aber dann muss man ihm wie immer eine astreine Leistung attestieren. Ich merke, dass ich die Platte länger nicht gehört habe, was ich nach der Wacken-Woche gleich ändern werde. Erneut erweist sich das Album als zeitlos, und das gilt wirklich für jedes Stück. Ich entdecke heute mehrere Songs zum x-ten Mal neu, obwohl ich „Balls…“ bei VÖ abgeerntet habe. Da sind so viele Details versteckt, sei es in den Gitarren, beim Gesang oder beim generellen Arrangement. „Losing More Than You’ve Ever Had“, „Love Child“, „Turn Me On“, „Losers And Winners“ und „Guardian Of The Night“ flashen mich hart. Mir fällt auch wieder auf, wie originell die Texte waren. Bei „Winterdreams“ kommt Doro dazu und schmettert mit Udo im Duett. Gehört wohl einfach zum W:O:A dazu, dass Doro einen Gastauftritt hat. Es ist bewegend, wie voll das Infield ist und wie laut die Leute mitsingen. Am krassesten wohl beim nun folgenden „Princess Of The Dawn“ – Gänsehaut! Mit zwei gelungenen Versionen von „Up To The Limit“ und „Burning“ wird der Sack zugemacht. Amtlich!

 

ORANGE GOBLIN

Philipp: Der Weg durchs volle Infield zurück HEADBANGERS Stage erweist sich als schwieriges Unterfangen. Ich bin einer der wenigen, der in dieser Richtung unterwegs ist, teilweise starren mich die wartenden PAPA-ROACH-Fans regelrecht feindselig an und schließen die Reihen, um mich nicht durchzulassen. Das hab ich ja noch nie erlebt. Ist doch auch voll sinnlos, schließlich bleibt dann mehr Platz für sie, wenn Leute gehen. Ein Typ will sogar handgreiflich werden und droht mit erhobener Faust. Nur mein sonniges Gemüt und ein mit strahlendem Lächeln gebrülltes „Danke fürs Durchlassen“ verhindern wohl eine Eskalation. Immerhin bekomme ich aber noch einige Songs von ORANGE GOBLIN mit, womit ich gar nicht gerechnet hätte. Nach 2010 (Wilwarin) und 2014 (Knust) sehe ich die Stonermetaller heute zum dritten Mal. Und wohl auch zum letzten Mal, denn nach der laufenden Tour lösen sie sich offenbar auf, der heutige Gig ist die letzte Deutschlandshow. Sind sie härter geworden? Oder liegt dieser Eindruck möglicherweise daran, dass ORANGE GOBLIN im letzten Drittel des Sets noch mal extra aufdrehen? Jedenfalls rockt und kracht es, der Metal- und Rock’n’Roll-Anteil ist sehr hoch. Und Sänger Ben Ward überzeugt mit seiner Präsenz, was nicht nur an seiner hünenhaften Größe liegt. Ciao, baby!

Strecker: Es hat oftmals den Anschein, dass Abschiedstouren nur noch zu Werbezwecken angekündigt und oftmals nicht ernst gemeint werden. Im Falle von ORANGE GOBLIN glaube ich schon, dass ich die Band zum letzten Mal live gesehen habe. Zumindest bin ich mir sicher, dass ORANGE GOBLIN niemals einen Millionen Deal angeboten bekommen, um noch einige endgültig letzte Konzerte zu spielen. Verdient hätten sie es zwar, aber die Welt ist nun mal ungerecht.  Ich finde es schade, die Band zum letzten Mal live zu sehen. Zumal sich die Musiker in herausragender Form präsentieren und Songs wie "Made Of Rats", "Hard Luck" oder "Devil´s Whip" mit einer Leidenschaft spielten, die viele andere Bands vermissen lassen. Danke, ORANGE GOBLIN für 30 Jahre Stoner-Metal, einige unvergessliche Konzerterlebnisse und eine würdige und tolle Abschiedsshow. 

 

MOONSORROW

Roman: Das Wacken 2025 hat für mich in diesem Jahr wieder ein sehr starkes Line-up. Zu meinen beiden Highlights gehören aber nicht die ganz großen Headliner, sondern Moonsorrow und King Diamond. Moonsorrow dürfen am Freitag gegen 20 Uhr auf die Bühne und pflügen einfach mal den Acker von links nach rechts. Lieder hilft das nicht, und man steht vor der Wackinger Stage knietief im Morast. Mit grimmiger Miene, Corpse Paint und Blut auf dem Körper geht es in den musikalischen Kampf. Trotz des Auftretens merkt man gleich, die Band hat BOCK! Vielleicht liegt es daran, dass die Bühne zu den kleineren des Festivals gehört, aber Band und Fans verschmelzen dadurch zu einem sich gegenseitig abfeiernden Mob. Und wer Moonsorrow kennt, der weiß, dass es die Finnen lang und episch lieben. In der einen Stunde Spielzeit werden nur fünf Songs gespielt. Mit „Sankaritarina“ wird das Set beendet und das Publikum singt die Hauptmelodie nach dem Verklingen des letzten Tons einfach begeistert weiter. Heftiger Scheiß!

 

MOONSORROWMOONSORROW

 

UK SUBS

Philipp: Als eines der diesjährigen W:O:A-Highlights sehe ich den UK SUBS-Auftritt. Anfänglich klingt der Sound noch etwas hohl, doch Meister Bocky regelt die Sache und nach einigen Songs drückt es exzellent. Es finden sich auch immer mehr Leute ein, und viele gehen völlig steil. Kein Wunder, denn Charlie Harper und seine Mannen haben richtig Bock und 1A gespielter Punkrock kann auf einen wahren Musikliebhaber eigentlich niemals seine Wirkung verfehlen. Den Schalk haben sie auch im Nacken, fragen doch erst Bassist Alvin Gibbs und dann Harper selbst, ob die Gunners am Donnerstag ihr „Down On The Farm“ gespielt hätten. Harper ergänzt grinsend, dass er sich von den Tantiemen dieses Covers ein Haus gekauft habe. Anyway, Hits, Hits, Hits – „Emotional Blackmail“, „Police State“, „Rat Race“, „Bitter & Twisted“, „Down On The Farm“, „Warhead“, „Stranglehold“, „I Live In A Car“, „Endangered Species“ und und und. Ich meine auch, dass die Setlist im Vergleich zu der auf der Kieler Woche neulich geändert wurde. Zum Schluss herrscht derartig große Begeisterung, dass die Band wieder auf die Bühne gebrüllt wird und eine offenbar ungeplante Zugabe spielt („You Don’t Belong“). Wieder mal ein grandioser Auftritt der SUBS.

Strecker: Um die Frage zu beantworten. Auch in einem 3,5 Stunden Set haben GUNS N 'ROSES keine 2,5 Minuten Zeit gefunden um "Down On The Farm" zu spielen. Ich hätte es total gefeiert, wenn die Gunners "Down On The Farm" mit Charlie Harper als Gastsänger gespielt hätten. Nächstes mal. Vorausgesetzt GUNS N' ROSES halten solange durch. Bei Charlie Harper mache ich mir da keine Sorgen. Während andere Stars ihr Alter gern mal nach unten korrigieren, korrigiert Charlie Harper sein Alter doch nach oben. So fit wie er wirkt, kann er doch unmöglich schon 81 sein. Die UK Subs sind sichtlich begeistert von der großen Menge an Zuhörenden, die auch sehr laut sind und die Musiker gebührend feiern. Diese positive Resonanz spornt die Band zu Höchstleistungen an und zusammen mit einer Setlist, die mit den Band Hits gefüllt ist, wird es ein grandioses Konzert. Im nächsten Jahr gibt es die UK Subs 50 Jahre. Vielleicht geht es auf eine 50 Jahre UK Subs Tour. Ich wäre auf jeden Fall dabei.    

    

THE HELLACOPTERS  

Philipp: Leck mich am Arsch! Habe ich jemals einen derart energetischen Auftritt der HELLACOPTERS gesehen? Nicke scheint regelrecht unter Strom zu stehen. Die Band schießt aus allen Rohren, als spiele sie um ihr Leben. Manchmal sieht man ja Bands, bei denen nur bei den alten Klassikern Stimmung aufkommt. Das ist hier keineswegs der Fall, das Konzert ist durchweg mitreißend und die Spannungskurve fällt nie ab. Mindestens acht Alben werden abgedeckt (mir fehlen leider noch drei). Der Sound ist hervorragend, so dass sowohl rotzige Highspeedrocker („Token Apologies“, „(Gotta Get Some Action) Now!“) als auch getragene Schieber („Toys And Flavors“, „By The Grace Of God“) und Balladen („So Sorry I Could Die“) ihre volle Wirkung entfalten. Der Gesang kommt kräftig und klar, Backingchöre und Gangshouts sitzen wie Arsch auf Eimer. Die Fans würdigen diesen Killerauftritt mit viel Lärm, begeisterten Chören und Zugabenforderungen, die natürlich auch erfüllt werden, u.a. durch „I‘m In The Band“ und einen mir unbekannten Coversong. Jetzt bin ich aber auch richtig im Eimer und verzichte auf DARK FUNERAL. Geiler kann es eh nicht mehr werden… 

 

PARTY CANNON

Strecker: Für meinen letzten Programmpunkt muss ich den Weg in die Wastelands auf mich nehmen, der sich im Vergleich zu früheren Regenjahren etwas gebessert hat. Man sackt nur noch etwa bis zu den Knöcheln ein und nicht mehr bis zu den Knien. Die schottische Grind Band macht für etwa 45 Minuten noch einmal ordentlich lärm und animiert das mittlerweile nicht mehr ganz so zahlreiche Publikum immer wieder zum Mitmachen. Ein Typ mit Totenkopfmaske wirft ständig irgendwelche aufblasbaren Sachen ins Publikum, die zum Volleyballspiel genutzt werden, aber schnell am Rand im Matsch liegenbleiben. Das gute Konzert hätte ein paar Stunden früher vermutlich viel besser funktioniert. Anders als bei den aufblasbaren Sachen war bei einem Großteil der Besuchenden die Luft raus. Bei mit auch und ich mache mich auf den Weg zurück ins Camp.

Von Wastelands lässt es sich normalerweise gut zu Fuß zurück ins Camp gehen. Um zu vermeiden, dass ich noch einmal über das gesamte Bühnenareal in den Pressebereich latschen muss, um dort auf einen Shuttlebus zu warten dachte ich mir, dann gehe ich doch zu Fuß. Es war den Tag über halbwegs trocken und von daher müsste der Weg ganz gut begehbar sein. Nein, war er nicht! Der Weg „Through The Forest“ ausgeschildert hätte besser mit „Through The Swamp“ ausgeschildert sein sollen. Meiner Meinung nach hätte dieser Weg gesperrt werden müssen. Die ersten Meter waren noch ok, dann wurde es wirklich schlimm und man ist bis zu den Oberschenkeln im Matsch versunken und benötigte Hilfe, um dort wieder raus zu kommen. Einige Personen haben Panik bekommen,weil dieser Weg ohne Hilfe nicht zu schaffen war. Zumindest nicht von Festivalbesuchenden, die den ganzen Tag über Konzerte geguckt und einige alkoholhaltige Getränke konsumiert haben. Bei Leistungssportlern mag es anders sein. Ich habe mich einer (Wander-) Gruppe anschließen können und wir haben uns gegenseitig gestützt, aus dem Matsch gezogen und Mut zugesprochen. Irgendwann hatten wieder festen Boden unter den Füßen. Diesen Erfolg haben wir kurz mit einigen Bier gefeiert und dann ging es den restlichen Weg ins Camp und ins Reich der Träume.

 

Philipp: Erwähnenswert ist noch die Drohnenshow, die wir vom Campingplatz aus mitbekommen: Hunderte lilafarbene Lichter bilden am Himmel erst die Worte „OZZY – WE LOVE YOU“ und dann den geflügelten BLACK-SABBATH-Luzifer. Dazu werden „Mama, I’m Coming Home“ und „Paranoid“ gespielt. Tolle Geste!

Kommentare   

0 #1 Philipp 2025-10-18 11:26
MOONSORROW-Review von Roman ergänzt! Geil!
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv