GRIMA, ULTAR, HOULE / 31.05.2025 – Hamburg, Kultur Palast

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Heute gönnen wir uns drei Bands, über die wir rein gar nichts wissen. Ich hatte vorher noch nicht mal die Bandnamen gehört. Aber eine Freundin fragte, ob wir Bock hätten, sie auf einen Black-Metal-Abend nach Billstedt zu begleiten. Manchmal passt es einfach und sich so völlig überraschen zu lassen, finde ich immer reizvoll. Beim Ticketkauf bekomme ich immerhin mit, dass es sich um zwei russische Bands und eine französische Combo handelt, was schon mal spannend klingt.

 

GRIMA

Bilder von MJ.

 

Vor Ort treffen wir schnell auf Menschen, die mit der Materie vertraut sind. Tatsächlich sind alle drei Formationen im Black Metal Underground offenbar bereits recht bekannt. Der Kronensaal zeigt sich später gut gefüllt. Natürlich kommt die Frage auf, wie sich die russischen Musiker zum Ukrainekrieg positionieren mögen. Diesbezüglich erfahren wir, dass GRIMA und ULTAR auf der letzten Tour Spenden für ukrainische Kriegsopfer gesammelt und eine Ukraineflagge aufgehängt hatten. Das ist mehr als nur mutig, Respekt! Trotz ihrer Masken stellt sich mir da die Frage, ob die Musiker überhaupt nach Russland zurückkehren können, ohne mit Repressionen rechnen zu müsse. Als weitere interessante Randnotiz erfahren wir, dass die Besetzung von GRIMA und ULTAR nahezu identisch sei, wobei die Bandmitglieder zum Teil die Instrumente wechseln und ULTAR eine Person mehr im Line-Up haben.

 

HOULEHOULEHOULEHOULE

 

Aber erst mal gehört die Bühne der französischen Band HOULE. Die hauen mich komplett um! Könnt ihr euch vorstellen, dass Black Metal mit Gummistiefeln und gestreiften T-Shirts funktioniert? Genau das ist hier der Fall! Das Konzept von HOULE (zu Deutsch „Seegang“) ist nämlich komplett maritim. Auf der Bühne befinden sich Positionsleuchten, die Musiker sehen aus wie Seeleute des 19./20. Jahrhunderts, die Sängerin hat auf den Schultern ihres Ölmantels sogar Algen befestigt. Das kommt optisch absolut super rüber und ist offenbar richtig gut durchdacht und entwickelt worden. Mit einem markerschütternden Schrei geht Adsagsona an den Bühnenrand und die Band beschwört einen schwarzmetallischen Sturm herauf. Natürlich wird hemmungslos geblastet, aber gleichzeitig stellen sich HOULE als extrem abwechslungsreich heraus. Ruhige Passagen, akustische Gitarrenparts, richtig packende Melodien - HOULE mögen es nicht nur textlich originell! Ich finde es spannend, dass man in dem Genre musikalisch und inhaltlich immer neue Impulse setzen kann. Während die Bereiche Tod, Satan oder Natur schon fleißig beackert wurden, bieten der Ozean und seine Geheimnisse noch Raum für Phantasie und vermögen zudem die Abgründe der menschlichen Psyche widerzuspiegeln. Denn was muss heftiger sein, als Monate an Bord eines derart fragilen Mini-Universums mit anderen Menschen zu verbringen? Was für ein Menschenschlag hat gerade in vorindustrieller Zeit seine Existenz auf See gefristet? Adsagsona wütet wie ein Derwisch auf der Bühne, schwenkt eine Laterne, fuchtelt mit einer Weinflasche herum, steigert sich ein verstörendes Schluchzen, um dann wieder in manische Tobsuchtsanfälle zu verfallen. Ich bin begeistert und freue mich, dass ich mir diese Show angeguckt habe! Der neue Longplayer nennt sich „Ciel cendre et misère noir“ und sei heiß empfohlen, wenn ihr atmosphärischen Black Metal mögt. Ernte25!        

 

ULTARULTAR

 

Es folgen ULTAR, die ihren Stil als Post Black Metal bezeichnen. Auch diese Band setzt auf ein stimmungsvolles Bühnenbild, welches mittels Copsepaint, zwielichtartiger Beleuchtung, Seitenbannern mit düsteren Motiven umgesetzt wird. Bei Post Black Metal denkt man häufig an überlange Songs, doch ULTAR halten es meist kompakt. Das fürstliche Doublebass-Geknatter bietet den Boden für Tremolo-Riffs, die typisch flirrenden Postgitarren und unheilvolle Synthieklänge. Die Vocals decken von schrillen Screams bis hin zu Growls den Extrembereich souverän ab. Insgesamt erzeugen ULTAR eine Musik, die als Soundtrack für alptraumartige Filmsequenzen geeignet wäre. Wie auch HOULE kommen ULTAR sehr professionell rüber, packen mich dabei nicht so sehr wie ihre Vorgänger. Trotzdem auch sehr stark.

 

GRIMAGRIMA

 

Für viele stellen GRIMA dann den Höhepunkt dar (Spoiler: ich bleibe bei HOULE als Höhepunkt des Abends). Was für eine allein schon optisch völlig kranke Darbietung! Das Licht ist bei solchen Konzerten nie so ganz einfach, um die Stimmung auf Fotos festzuhalten. Aber ich hoffe, man erkennt, was für Masken GRIMA tragen. Sie sehen aus wie Baumwesen, mit hölzernen, knorrigen Ent-„Gesichtern“. Dazu tragen sie lumpenartige Fetzen am Leib, was an die Nazguls aus „Herr der Ringe“ oder Dementoren aus „Harry Potter“ erinnert. Eindrucksvoll, wie hier der Mensch hinter der Kostümierung verschwindet. Der Höhepunkt kommt zum Schluss, als der Sänger noch mit zusätzlichen Ästen über den Pranken und einer Art totenkopfbesetztem Druidenstab auf die Bühne kommt. Ringgeister mit Flying Vs, angeführt vom Baumkönig der Untoten, ein abgefahrener Anblick, der seine außerweltliche Wirkung nicht verfehlt. Dass es bei Extrem-Metal-Shows mittlerweile auch mal Konfettiregen gibt, kennt man inzwischen, GRIMA setzen dem mit Schneefall die Krone auf. Musikalisch darf man GRIMA wohl als die harscheste Band bezeichnen - Blastbeats, Gitarrenwände und ein Kreischen der Hoffnungslosigkeit demonstrieren die Macht der Natur angesichts der Nichtigkeit des Menschenwurms.

 

GRIMAGRIMA

 

Ähnlich wie nach dem UADA/CLOAK/GHOST BATH-Konzert an selber Stelle gehe ich heute mit einem Gefühl der völligen Befriedigung aus der Halle. Nächster Stop: PENTAGRAM!         

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