WILWARIN 2024 / 31.05.2024 - Ellerdorf, am Arsch der Heide, Tag 1

3 Dislike0

Philipp: Dieses Jahr kommen wir Dank Hundesitter endlich mal wieder in den Genuss eines kompletten Wilwarin-Festivals inklusive Camping! Das ist schon eine andere Nummer, als zwischenzufahren und lediglich ein maximal achtstündiges Zeitfenster wahrnehmen zu können.

Da ich im Vorfeld lediglich fünf der Bands kannte (z.T. auch nur vom Hörensagen), nämlich THE MEFFS, LORD BISHOP ROCKS, KNOCHENFABRIK, C.O.F.F.I.N. und TOTAL CHAOS (plus natürlich die lokalen/regionalen Combos), fragte ich mal auf Facebook nach weiteren Empfehlungen im Rocksektor und bekam glatt 67 Kommentare. So stieg die Anzahl meiner persönlichen Liste lohnenswerter Wilwarin-Konzerte und ich kann schon mal verraten, dass ich immerhin 20 davon besucht habe, z.T. natürlich nicht komplett. Trotz der parallel laufen Elektrogeschichten ist somit festzuhalten: WILWARIN STILL ROCKS!

Pan: It’s that time of the year again … welcome back to Ellerground! 

Praktischerweise können wir die im Februar erworbenen Tickets im April direkt weiterverkaufen, da wir erfreulicherweise mit NIGHT TRAP noch ins Line Up einsteigen dürfen! Yeah! Ich sach wie‘s is: Mein 15-jähriges Ich ist AUSSER SICH, hätte es doch nie erwartet, jemals selbst beim Wilwarin auf einer Bühne zu stehen. Und noch geiler: wir dürfen auf der Skate Stage spielen, auf der ja wohl nachweislich regelmäßig nur die besten Acts stattfinden (man denke u.a. an NIGHT FEVER, HÅRDA TIDER und alles andere, woran ich mich leider nicht mehr erinnern kann.)

Okay, auf C.O.F.F.I.N. aufm 2nd Ground freue ich mich auch sehr, liefen die letzten beiden Alben doch in letzter Zeit bei mir rauf und runter, und KNOCHENFABRIK kann es zu der Gelegenheit dann auch mal wieder geben.

 

WILWARIN 2024

Patchworkbericht von Pan, MJ und Philipp, Bilder von MJ.  

 

SPUCKSCHLUCK

 

WILWARIN 2024WILWARIN 2024

 

Philipp: Unsere erste Station heißt SPUCKSCHLUCK. Zwischen 2016 und 2023 gab es ja eine SPUCKSCHLUCKlose Zeit, aber zum Glück sind die Rendsburger:innen zurück, mit zwei neuen Gitarristen. Natürlich findet der Auftritt auf der Skate Stage statt, vor der sich eine gehörige Menge Pöbel versammelt hat. Die (zum Glück meist leeren) Bierdosen fliegen tief, der erste Pogo lässt die Heide erzittern, die Sonne lacht. Wie man es von früher kennt, geht ihr Deutschpunk schnörkellos nach vorne und aktiviert direkt den Teil des Gehirns, der tanzen und Bier trinken will. Effektiv auch der doppelt besetzte Gesang, bei dem sich Buddel und Björn teils abwechseln, teils mit Doppelpower gleichzeitig bölken. Rendsburg, Rendsburg, asozial.   

 

ZUNDER

 

WILWARIN 2024WILWARIN 2024

 

Philipp: Voll gut: Das Wilwarinteam ließ die Meute auf Facebook entscheiden, wer den ersten Slot auf dem Second Ground bekommt und eine Band wurde mit deutlicher Mehrheit gewählt, mit der bestimmt nicht jede:r gerechnet hatte: ZUNDER aus Flensburg. Die Band brennt dann auch richtig einen ab. Die neue Sängerin Sarah passt super dazu und klingt mächtig angepisst und aggressiv, was natürlich auch für Urmitglied Sascha gilt. Roman und Dominik schreddern an den Klampfen ordentlich was weg, so dass der Mob in Rage gerät.

 

THE MEFFS

 

THE MEFFSTHE MEFFS

 

Philipp: Da diese Band gerade im Vorprogramm von NOFX getourt ist, kennt sie natürlich fast jede:r. Mir wurden sie mehrfach empfohlen und schnell zeigt sich, dass die Vorschusslorbeeren berechtigt sind. THE MEFFS erweisen sich als Duo, bestehend aus Lily Hopkins (Gitarre und Gesang) und Lewis Copsey (Schlagzeug), das vom ersten Song an mit einer gehörigen Energie nach vorne prescht. Vor der großen Bühne befinden sich viele Leute, die bereits mit den Songs vertraut sind und tanzwütig auf ihre Faves reagieren. Lily Hopkins besitzt eine raubtierhafte Bühnenpräsenz, sie stachelt den Mob noch weiter an. Die Songs, straighter Punkrock mit eingängigen Hooks, gehen gut ins Ohr. Es dauert nicht lange, bis Hopkins die Leute dazu animiert, auf die Bühne zu kommen, damit sie neben ihr herumspringen. Sehr geil, das hat durchweg Laune gemacht!

Pan: Die Ankunft auf dem Campingplatz erfolgt irgendwann am späten Nachmittag. Das Wiedersehen gestaltet sich feucht-fröhlich und plötzlich sind wir betrunken und stellen fest, dass wir unsere Bändchen noch gar nicht geholt haben. Um diesen Teil abzukürzen: irgendwann haben wir sie, stolpern aus dem Backstage direkt vor die Main Stage und landen bei THE MEFFS. Ich hatte die Existenz dieser Band bereits mitbekommen, allerdings nie bewusst reingehört. Das was ich mitbekomme, gefällt mir grundsätzlich sehr gut, aber der britische Akzent erinnert mich auch doll an anstrengende Begegnungen auf der Arbeit und ja, irgendwie hab ich dann nur so halb Bock drauf. Außerdem bin ich überdreht und muss überschwänglich alle Leute begrüßen, die ich nur 1 x pro Jahr, nämlich aufm Wilwarin, sehe. 

 

THE MEFFSTHE MEFFSTHE MEFFS

 

RANTANPLAN

 

RANTANPLANRANTANPLAN

 

Philipp: Eigentlich hätten jetzt ASH RETURN spielen sollen, die leider aus gesundheitlichen Gründen absagen mussten (gute Besserung, Hirschi!) und von RANTANPLAN ersetzt werden. Ich denk noch: Ist schon witzig, dass eine Band mit derart großer Besetzung auf der kleinsten Bühne (der Skate Stage) spielt, denn als ich RANTANPLAN letztes Mal sah, waren sie meiner Erinnerung nach zu sechst oder zu siebt mit drei Bläsern halt. Doch tatsächlich sehen wir heute eine kleine Besetzung. Ob man nun nur heute in reduzierter Zahl spielt, weiß ich nicht. Jedenfalls geht alles gut, mit einem Bläser funktioniert’s auch, die vier Mitglieder passen kommod auf die Bühne und davor herrscht natürlich ohne Ende Gezappel und Alarm. Hits wie „Durch die Nacht fällt Schnee“ kann und will jede:r mitschmettern.

Pan: Hat mich vor 20 Jahren mehr abgeholt, aber hey, wir werden alle älter. Gerade die alten Songs haben natürlich trotzdem eine unbestreitbare Qualität und ja, so unter nostalgischen Gesichtspunkten ist es letztlich auch ganz nett, die mal wieder zu hören.  

 

LORD BISHOP ROCKS

Philipp: Als ein Highlight des ersten Tages gehen LORD BISHOP ROCKS durch! Ein Trio mit einem Hünen an Gitarre und Gesang, welches eine Mischung aus 70er Hardrock, Blues und Funk spielt und damit an Bands wie CREAM, BLUE CHEER oder THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE erinnert. Es macht richtig Spaß, der sehr gut eingespielten Combo zuzugucken, wobei Lord Bishop himself im Fokus steht: Die Stimme klingt herrlich rauh, er stapft im Duckwalk über die Bühne und lässt dabei die Saiten glühen. Wenn er nicht gerade singen muss, nimmt er direkt Blickkontakt auf und animiert die Leute hemmungslos. Der Kollege trägt bunte Klamotten, die großzügig geschnitten sind und an ihm herumwallern, dazu so eine Art Voodoo-Priester Hut. Also auch optisch herrlich anzuschauen. Nicht vergessen sollte man aber die anderen Musiker! Denn der Bassist zockt derart geile Riffs, die im Brustkorb wummern, der Drummer pflegt einen harten, aber stets swingenden Beat. Neben der transportierten Energie sind die Songs auch noch enorm eingängig. Interessanterweise erzählt Lord Bishop uns auch von seinen Einflüssen und stellt diese z.T. gleich durch Coversongs musikalisch vor (u.a. „Notbush City Limits“). Jemand meint zu mir, dass diese sensationelle Band eigentlich auf die Hauptbühne gehört hätte, aber ich weiß gar nicht, ob ich da zustimmen würde, denn die Second-Ground-Konzerte sind ja doch allein vom Sound her intensiver. LORD BISHOP ROCKS kann man jedenfalls unbedingt als sehenswerte Liveband empfehlen!  

 

KNOCHENFABRIK

 

KNOCHENFABRIKKNOCHENFABRIK

 

Philipp: Ist es wirklich schon 16 Jahre her, dass ich KNOCHENFABRIK zum letzten Mal sah? Die DreMu-Datenbank behauptet das jedenfalls. Fast schon erschreckend ist es dann, wie gut ich die Texte präsent habe, denn groß zu Hause gehört habe ich meine einzige KNOCHENFABRIK-LP „Ameisenstaat“ in den letzten Jahren nicht. Der Auftritt verläuft unterhaltsam, ich mag ja den Humor und die Art, wie Claus Lüer seine Texte verfasst. „Oh, da hab ich mich aber eben schwer verspielt“, wirft Lüer heute z.B. nach einem Song völlig trocken ein. Natürlich gibt’s alle Hits zu hören, von „Der nackte Golfer“ über „Obdachlos und trotzdem sexy“ (das Lied habe ich damals auf einer PLASTIC-BOMB-CD-Beilage zum ersten Mal gehört – das kann man sich heute auch kaum noch vorstellen) bis hin zu „Grüne Haare“ und natürlich „Filmriss“. Und wen begrüßen KNOCHENFABRIK hier als Bühnengast? Keinen anderen als Robin von ROBINSON KRAUSE und MOPED ASCONA! Mir fällt es tatsächlich erst angesichts dieses Gastauftritts wie Schuppen von den Augen, dass Robins Texte stilistisch und inhaltlich durchaus mit jenen von Lüer vergleichbar sind. Wenn Robin die Zeilen „Wir hatten uns nicht vorgenommen / Jemals auf die Welt zu kommen / Und trotzdem is' es irgendwie passiert“ oder „Einem Körper der gesund ist, dem genügt ein leerer Geist / Wir trinken bis der Alkohol gewinnt / Auch wenn wir nur Statisten sind in einem Film der ständig reißt / Wir halten uns're Fahne in den Wind“ singt, klingt das jedenfalls völlig natürlich. Anyway, top Dingen.

Pan: Auf KNOCHENFABRIK freue ich mich im Vorfeld durchaus, weil ich die „Ameisenstaat“ wie jeder vernünftige Deutschpunk-Teenie im Alter von 15/16 Jahren natürlich rauf und runter gehört habe. Gleichzeitig habe ich noch im Hinterkopf, dass ich die Band bereits 2012 oder so schon mal live gesehen habe und von dem Konzert damals echt sehr enttäuscht war. Sogar so enttäuscht, dass ich es daraufhin tatsächlich vermieden habe, KNOCHENFABRIK nochmal gezielt live zu sehen. Jetzt kreuzen sich unsere Wege auf dem Wilwarin wieder und wie bereits gesagt: ich freue mich sogar ehrlich darauf. Irgendwie schwingt bei mir die leise Hoffnung mit, dass es dieses Mal besser wird als 2012 und ich die Erinnerung daran endlich mit einer besseren Live-Erfahrung überschreiben kann. Spoiler: Das klappt leider nur so halb.

Der ganze Auftritt ist zwar sehr sympathisch, wirkt aber gleichzeitig nur halb motiviert und kaum geprobt. Den Songs selber tut das jetzt nicht so viel Abbruch und die Texte kann ich auch zu falschen Tönen mitgröhlen - gleichzeitig hätte ich mir von einem der Headliner auf der Main Stage am Freitagabend um 21.30 Uhr schon ein bisschen mehr gewünscht. 

 

KNOCHENFABRIK

 

SHIRLEY HOLMES

 

SHIRLEY HOLMESSHIRLEY HOLMES

 

Philipp: Zu den eingangs erwähnten Empfehlungen zählen auch SHIRLEY HOLMES, die ich mir sonst wohl nicht angeguckt hätte. Der Besuch lohnt sich in der Tat. SHIRLEY HOLMES sind ein Berliner Trio, bestehend aus zwei Sängerinnen an Gitarre und Bass sowie einem Schlagzeuger. Die Berliner:innen zocken recht flotten Punkrock mit poppigen Melodien. Auf Platte wäre das wahrscheinlich nicht ganz meine Baustelle, live reißt die Bühnenaction aber mit. Da ist ständig Bewegung drin, dazu schreien und singen die beiden Frontfrauen um die Wette. Hängen bleibt bei mir vor allem der Song „Tanzen!“.

 

SLOMOSA

 

SLOMOSASLOMOSA

 

Philipp: Unlängst las ich ein Interview mit einem US-Musiker, welcher skandinavische Desertrockbands disste. Tenor: Es sei absurd über die Wüste zu singen, wenn man aus einem Land ohne Wüsten komme. Ich halte diese „Kritik“ für ausgemachten Quatsch. Denn was für ein Kunstverständnis steht dahinter? Soll man nur über das singen, was man konkret vor der eigenen Haustür sieht? Weitergedacht hieße das, dass ein:e Schriftsteller:in die Handlung seines Romans nicht in anderen Epochen oder aus anderen Blickwinkeln außerhalb seines/ihres Geschlechts oder Alters ansetzen könnte. Dann könnte man große Teile der Weltliteratur vergessen, wenn man das „absurd“ findet. Auch SLOMOSA widerlegen die Aussage, denn sie kommen aus Norwegen und spielen dreisterweise Desertrock. Die Band hat offenbar bisher ein Album draußen und steht kurz vor VÖ des Nachfolgers, von dem auch bereits zwei Songs gespielt werden. Der Auftritt wirkt erstaunlich souverän für einen Newcomer. Aus der Masse an Stonerbands ragt vor allem der melodiöse Gesang von Gitarrist Benjamin Berdous heraus, ab und zu ergänzt durch die Stimme der Bassistin Marie Moe. Ein weiteres Plus ist das griffige Songwriting, denn SLOMOSA verlieren sich nie in endlosen Fuzz- und Jamorgien. Gefällt mir richtig gut, schon die dritte Neuentdeckung heute nach THE MEFFS und LORD BISHOP ROCKS und vielleicht sogar die beste Band des Tages.

 

FANSKAPT

 

FANSKAPTFANSKAPT

 

Philipp: Dass ich FANSKAPT bisher nicht kannte, überrascht mich noch im Nachhinein, denn bei dieser schwedischen Hardcore/Punkband spielen Ex-Mitglieder von DRILLER KILLER, SATANIC SUFERS u.a. Ist dann auch geil basischer Old School Hardcore, der nicht von dicken Gitarrenwänden zugelötet wird, sondern Raum für einen knarzig-polternden Bass lässt. Der Sänger schreit dazu herrlich am Limit, so mag ich das. Der Vierer hat sichtlich Spaß auf der Bühne, fängt auch mal einen Song neu an, wenn was schiefläuft und animiert die Leute im Second Ground zu letzten Pogo-Aktionen.

Pan: FANSKAPT gehen dann leider völlig an mir vorbei, weil ich - wie viele andere - immer erst auf dem Wilwarin selbst ins Programmheftchen schaue und deshalb leider gar nicht checke, was da zu fortgeschrittener Stunde noch über den Secound Ground rumpelt. Mist!

Hier also nochmal die schon häufiger formulierte Bitte ans Wilwarin Team: Ich würde ein etwas ausführlicher gestaltetes Programmheftchen, in dem es bestenfalls zu allen Bands eine kurze Beschreibung oder zumindest eine Genre-Zuordnung gibt, wirklich sehr begrüssen. Denn auch wenn ich bei Ankunft auf dem Acker gern immer noch mal versuche, in alle Bands zumindest einmal kurz reinzuhören: der Empfang ist vor Ort üblicherweise so schlecht, dass der Recherche meistens immer ein sehr schnelles Ende beschert ist. (Anm. Philipp: Ja, Danke! Sehe ich ganz genauso!)

Anyways, zurück zu FANSKAPT: die, die da waren, äußern sich später sehr positiv. Kein Wunder, HC aus Malmö dürfte selten enttäuschen. Ich erkenne später auf dem Bandfoto auch den zauseligen Bassisten wieder, der schon bei den SATANIC SURFERS und KNAEGT die Seiten zupfte.

 

FANSKAPT

 

UNBEKANNTE BAND

 

WILWARIN 2024WILWARIN 2024

 

AUGN

 

AUGNAUGN

 

Philipp: Boah, wer immer mir geraten hat, zu AUGN zu gehen: Dat war ja wohl nichts. Die Publikumsbeschimpfungen sind ja noch ganz lustig, aber die Mucke langweilt hart. Kein Schlagzeug = no satisfaction.

 

Philipp: Insgesamt ein starker erster Tag! Ordentlich Bands gesehen (zehn insgesamt, sechs davon zum ersten Mal), Junkfood gefressen und unfasslich viele Leute getroffen. Auf dem Gelände gibt’s auch ein paar Neuerungen – die Fotobox ist weg (oder haben wir die nur übersehen?), dafür gibt es mitten im Wäldchen eine Chillout-Zone zum Sitzen. Find ich ganz geil, wenn man mal zwischendurch einen Burger futtern möchte. Die Fotobox darf dennoch gern ein Revival feiern, ist doch immer ganz witzig.  

 

TBC!

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv