ZAKK SABBATH, LOWEN / 18.03.2025 – Hamburg, Markthalle

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Philipp: Als ich 2020 von der ersten ZAKK SABBATH-LP „Vertigo“ Notiz nahm, hielt ich dieses Projekt ehrlich gesagt für eine etwas kuriose Fußnote der BLACK-SABBATH-Bibel. Dass der vielbeschäftigte Zakk Wylde, der ja neben seiner Tätigkeit als OZZY-Gitarrist auch noch mit BLACK LABEL SOCIETY und PANTERA aktiv ist, noch eine Single („Fairies Wear Boots“, 2023) sowie eine zweite LP („Doomed Forever, Forever Doomed“, 2024) hinterherschickte, hat mich überrascht. Aber positiv, denn Zakks jamartige Versionen der alten SABBATH-Granaten machen unheimlich viel Spaß. Und nun kommt der Hund auch noch auf Tour, macht Station in der Markthalle!

In unserer Hood schlug dann auch die Nachricht wie eine Bombe ein, dass auf dieser Tour die englische Progressive Doom Metal Band LOWEN Support sein würde! Deren LP „Do Not Go To War With The Demons Of Mazandaran“ ist für einige meiner Freund:innen nämlich eines DER Alben 2024. Da ist das Slowmobil schnell vollbesetzt und die DreMu-Gesandtschaft brettert an einem Dienstag gut gelaunt gen Hamburch. Come to the sabbath!

Torsten: Die Ankündigung für dieses Konzert elektrisiert mich sofort! Geil: endlich ZAKK SABBATH und Zakk Wylde erleben! Diesen Gitarren–Helden habe ich noch nie live gesehen – weder mit Ozzy, noch solo. Dabei mochte ich ihn grade mit Ozzy in seinen (und meinen ;-) jungen Jahren sehr. Bloß, hinterm Eisernen Vorhang hatte ich keine Chance und später verpasste ich ihn immer... Jetzt also die Möglichkeit, ihn mit bzw. als ZAKK SABBATH in der Markthalle shredden zu sehen.

 

ZAKK SABBATH

Bilder von MJ, Andreas und Torsten

 

Torsten: Schon cool, dass sich Zakk so dermaßen auf die frühen BLACK SABBATH – Platten bezieht, und ihnen mit den bisher erschienenen Platten seinen eigenen Stempel aufgedrückt hat. Bin gespannt, wie das Live aussieht – wird's ‘ne reine Covergeschichte oder eben mehr "was Eigenes"? 

Als sehr angenehm erweist sich die Tatsache, dass sich frühzeitig unser NDT – Trüppchen entschließt dieses Konzert gemeinsam zu erleben, und wir alle schon Tickets besorgt bekommen (Dank an Vladi-Cat-Wolter an dieser Stelle!). Wobei sich innerhalb unserer Gruppe tatsächlich ein "Interessenkonflikt" auftut; denn – nicht jeder ist angetan von Meister Wylde. Stattdessen wird die erste Band des Abends deutlich favorisiert und uns anderen vom Metalson wärmstens ans Herz gelegt. Völlig zurecht, wie sich sogleich zeigen wird, denn LOWEN aus Großbritannien passen zwar stilistisch nicht wirklich zum Sabbath-schen Sound, wohl aber in unsere Ohren und (jetzt spreche ich eher für mich) auch in meine musikalische Seele! 

Philipp: Wir nähern uns dem Markthalleneingang von der Parkplatzseite der Kunsthalle her und erblicken eine Schlange, die sich über die Kreuzung erstreckt, bis sie dem Sichtfeld entschwindet. Okay, auch schon länger nicht so krass gesehen hier (NIRVANA, METALLICA). Der Schuppen ist halt komplett ausverkauft.

 

LOWENLOWEN

 

Philipp: Es ist bereits sehr gut gefüllt, als LOWEN beginnen. Das ist nicht selbstverständlich – ich erinnere mich an ein ausverkauftes SOCIAL-DISTORTION-Konzert an gleicher Stelle, bei dem nur eine Handvoll Leute der „Vorband“ BACKYARD BABIES überhaupt eine Chance gegeben hat. Ähnlich unbekannt dürften dem ZAKK-SABBATH-Publikum halt LOWEN sein. Noch! Ich halte die Band für schlicht sensationell. Sie mischen schweren Doom mit orientalischen, fernöstlichen Elementen. Herausragend ist vor allem die Sängerin Nina Saeidi, bei deren erstem Gesangseinsatz mir gleich eine Gänsehaut über den Rücken kriecht. Was für eine klagende, eindringliche Stimme! Saeidi trägt ein blutrotes Kleid, ihr Mikroständer steht neben einem kleinem Tisch, auf dem sich diverse Accessoires wie ein Dolch, ein gebundenes Buch und andere, mystisch anmutende Objekte befinden. Die Eltern der Sängerin sind laut Interviews 1979 aus dem Iran geflohen, nachdem es dort zu der Revolution kam, sie wuchs in London auf. Texte und Titel wie „Corruption On Earth“ oder „Waging War Against God” (“They make one law for man / And yet as beasts they walk the Earth / Proclaiming god-sent verse / And slaying all who question”) müssen vor diesem Hintergrund als äußerst mutig bezeichnet werden, denn selbst wenn die Sängerin nie iranischen Boden betritt, so muss sie für die entsprechenden religiösen Fanatiker ein Hassobjekt sein, und diese Fanatiker gibt es überall. Um so krasser ihre Präsenz, ihr tiefer Blick und die Art wie sie während des Singens beispielsweise in das Buch schaut! Wird da gerade jemand verflucht? Der Auftritt geht für meinen Geschmack viel zu schnell vorbei, hat aber massiven Eindruck hinterlassen. In unserer Gruppe sind einige der Meinung, dass LOWEN vom Publikum nicht angemessen genug gewürdigt worden seien. Ich finde, man muss das in Relation zur Situation sehen: LOWEN spielen hier vor einem Publikum, das auf große Rockklassiker wartet. Das kann auch ganz anders ausgehen… Ich finde, dass LOWEN durchaus auf offene Ohren und Applaus stießen und am Merchstand steht später auch eine ordentliche Menschentraube. Diese Tour dürfte die Band deutlich bekannter gemacht haben. In einem sind wir uns einig: War geil, möchte ich wieder sehen!   

 

LOWENLOWEN

 

Andreas: Als ich 2021 Lowen das erste Mal auf Bandcamp hörte, war ich direkt begeistert. "Unceasing Lamentations" war zwar als Live Accoustic EP recht fokussiert auf die Stimme von Nina Saidi, deutete aber dennoch die Entwicklung vom 2018 Debütalbum "A Crypt in the Stars" zum letztjährigem "Do Not Go to War with the Demons of Mazandaran" an.

Im letzten Jahr spielte die Band bereits in UK eine Tour mit Green Lung, zu der ich Lowen gern gesehen hätte. Da dies nicht klappte, freute ich mich noch mehr, dass sie dieses Jahr in Deutschland spielten, auch wenn ich mir natürlich eine Headlinertour oder eine andere Band als Headliner gewünscht hätte.

Natürlich musste trotzdem direkt eine Karte her. Gut, dass nicht auf Abendkasse vertraut wurde.

Die Band war sehr gut eingespielt und spielfreudig. Bereits bei den ersten Noten "Ashurbanipal's Request" bekam ich Gänsehaut. Die Atmosphäre, die alleine Ninas Gesang erzeugte, war sehr beeindruckend. Mein Highlight des Sets war "Najang Bah Divhayeh Mazandaran". Alle Musiker*innen waren hervorragend, Gitarrist Shem Lucas, Bassist Alex und besonders Schlagzeuger Flow Toulman sorgten für einen unfasslich guten Sound und entsprechende Atmosphäre. Die allgemeinen Reaktionen auf die Musik von Lowen war relativ verhalten. Für einige schien der Sound, den ich gern als "diese Musik läuft im Dune Universum" beschreibe, zu besonders oder "anders". Ich freue mich jedenfalls auf weitere Auftritte von Lowen und empfehle sie gern weiter.

 

LOWENLOWEN

 

Torsten: Ich kannte diese Band vorher nicht (hätte ich mal besser beim Metalson zugehört ...); da wirkt nicht nur der Bandname exotisch. LOWEN? Ist das ein Schreibfehler? (mitnichten; der Bandname ist dem deutschen Löwen entlehnt, denn dieses Tier spielt sowohl in der westlichen und der östlichen Welt eine zentrale Rolle und wird, laut Frontfrau Nina, zum Bindeglied zwischen den beiden Kulturen) 

Bzw. wie klingt so ein Bandname überhaupt? Ganz einfach: Überraschend! Und dabei richtig gut! Manchmal ist es ganz gut, wenn man nicht weiß, was auf einen zukommt; dann ist das Resultat (wie im Fall LOWEN) spektakulär. LOWEN punkten mit hartem, sattem Sound, viel Stageacting, packenden Songs und nicht zuletzt mit einer Frontfrau, deren Ausstrahlung erstmal alle in ihren Bann zieht. Kaum erhebt sie ihre helle, laute Stimme über Riffgewitter und Trommelgrollen, ist ihr Aufmerksamkeit gewiss! Ihr rotes Kleid und diverse Accessoires lenken unweigerlich alle Blicke auf sie. Es wird gewissermaßen episch – theatralisch. Töne, Klänge und Gesänge aus dem mittleren Osten thronen auf den fetten Riffs (mit modernem Anstrich) und dem defizilem Drumming. Prog – Metal orientalisch. Mal harsch, mal doomig; mal marschierend, mal verträumt – LOWEN decken eine beachtliche Bandbreite ab. Frontfrau Nina "malt" mit ihrer Stimme, während ihre Bandkollegen hart an den ihren Instrumenten ackern und bangen wie Berserker. 

Mir gefällt das alles sehr! Die Halle spendet Applaus, aber die Handbremse ist doch hart angezogen. Nicht jedem mundet dieses orientalische Gebräu. Platte ("Do not go to War with the Demons of Mazandaran") nebst Shirt werden geerntet und Sängerin Nina stellt sich gerne für Smalltalk und Fotos bereit. Wunderbar!

 

ZAKK SABBATHZAKK SABBATH 

 

Philipp: Ich sag es gleich: Kein „Paranoid“, kein „Iron Man“, kein „Black Sabbath“!  ZAKK SABBATH verzichten auf die offensichtlichen Hits des Katalogs, die Setlist entspricht einem Festmahl für Metal-Gourmets und SABBATH-Diehards. Dass die Besetzung neben Zakk Wylde von Jeff Fabb (d) und John DeServio (b) komplettiert wird (beide BLACK LABEL SOCIETY) und nicht von den Musikern, die auf den Platten zu hören sind (Joey Castillo und Blasko), kann man schade finden, musikalisch fällt es nicht ins Gewicht. Das wird bei den ersten Takten von „Supernaut“ klar, der den Zuschauern ultraheavy ins Gesicht klatscht. Durch unzählige Gigs hat das Trio ein pervers tightes Zusammenspiel erworben, auf dessen Basis sich Zakk Wylde austoben kann. Während sein Gesang erstaunlich ozzyesk klingt, gönnt er sich gerade bei den Soli Freiheiten. BLACK SABBATH werden hier nicht nachgespielt, sondern eher interpretiert. Und Zakk Wylde selbst ist die Show. Im Schottenrock und mit seiner pinken Vertigo-Gitarre bewaffnet, strahlt der Mann ein ganz eigenes Charisma aus. Die Klampfe wird hochgerissen; überm Kopf, auf dem Rücken gespielt, mit der Zunge bearbeitet. „Snowblind“, „Under The Sun“, „Tomorrows Dream“, „Wicked World“, „Fairies Wear Boots”, “Into The Void” (argh!), “Children Of The Grave”, “Lord Of This World”, “Hand Of Doom”, “Behind The Wall Of Sleep”, “N.I.B.” und “War Pigs” werden von SABBATH-Intros/Zwischenspielern aufgelockert und lassen kaum ‘ne Rübe ungeschüttelt. Immer wieder lange Soli und Jam-Attacken, more is more. Zu „War Pigs“ verschwindet Zakk Wylde plötzlich durch den Ausgang zu den Backstageräumen, kommt wenig später durch den mittleren Seiteneingang wieder in die Halle und zockt entfesselt direkt zwischen den Zuschauer:innen am FOH.  In Gedächtnis wird wohl allen auch das beliebte Bälle-Bombardement bleiben – Dutzende von aufblasbaren Strandbällen mit ZS-Logo-Aufdruck hüpfen durch die Halle, wenn gierige Pranken sie nicht hektisch an sich reißen (ein Typ direkt neben mir entwickelt in der Beziehung einen schon peinlich zu nennenden Eifer). 

Kuriose Randnotiz: Ein Bekannter meint nach dem Konzert doch glatt zu mir, ihm habe Zakk Wylde zu viele Soli gespielt. Die Rückfrage muss erlaubt sein: Hast du gerade im Ernst gesagt, dass du Zakk Wylde sehen wolltest und er dir ZU VIEL Gitarre gespielt hat?  

 

ZAKK SABBATHZAKK SABBATH

 

Torsten: Gerne hätte ich noch mit den "Löwen – Jungen" gequatscht (die müssen aber erst die Bühne aufräumen) und Zakk ruft. So bahne ich mir denn meinen Weg durch die ausverkaufte Markthalle (die Schlange beim Einlass zieht sich eeeewig ...), um auch ja nix zu verpassen. Es ist sogar so voll, dass es selbst mit den Treppenstufen in der Markthalle schwierig ist, eine gute Sichtposition zu bekommen. Das Interesse an ZAKK SABBATH ist überraschend groß. Liegt's vielleicht am derzeitigem Hype um das vermutlich letzte BLACK SABBATH–Konzert im Sommer? Oder ist es einfach die Liebe an diesen unverwüstlichen Songs der BS – Frühphase? Oder ist es einfach die Sehnsucht nach einem Guitar–Wizard wie Zakk Wylde einer ist? Die Wahrheit liegt bekanntlich in der Mitte. 

Aber jetzt wird erstmal frontal gerockt! ZAKK SABBATH werden stürmisch begrüßt und legen genauso los. Mit "Supernaut" hätte ich als Einstieg jetzt nicht gerechnet. Von Anfang an sprüht das Trio vor Energie! Man merkt den Bock der Musiker. Klar, Zakk Wylde steht im Mittelpunkt, und er rockt und post was das Zeug hält. Aber grade deshalb ist es wichtig, sich auf seine Hintermannschaft verlassen zu können: Bassist John DeServio und Schlagzeuger Jeff Fabb (beide sonst bei Black Label Society) sind neu in dieser Band, spielstark und zimmern ein äußerst stabiles Rhythmusfundament in die Halle, damit Meister Wylde ordentlich solieren kann. Tut der dann auch: mit Fingern, hinterm Kopf und mit den Zähnen. Nebenbei fliegen nicht nur Bart- und Haupthaar sondern auch sein Kilt sowie diverse Plektren ins Publikum. Die Stimmung steigt von Song zu Song. Ich glaube, nicht wenige erwarten ein "Black – Ozzy – Sabbath – Best – Of". Aber so einfach machen es ZAKK SABBATH den Besucher:Innen nicht: hier wird zwar grandios gecovert und getributet, aber nicht nach Schema F. Statt "Paranoid" oder "Iron Man" ertönen heute unter anderem "Under the Sun" (Mitgröhlgänsehaut), "Tomorrows Dream", und "Lord of this World". Und alles mit viel Drive, Spiellaune und einem eigenem Verve! Zakk's Stimme ist von Ozzy's gesanglichen Trademarks nicht weit weg. Mir gefällt dieses leicht Quakige; ist eben authentisch. Ich schüttel bei "N.I.B." (die Halle singt lauthals das Riff mit!) und "Children of the Grave" mit Begeisterung mein schütteres Haupthaar und brülle mich beim mitshouten heiser. Am Schluß setzt "War Pigs" dem bisher rapide gelungenem Konzert selbigem die Krone auf: die Markthalle steht Kopf, singt mit und feiert! Zakk Wylde verschwindet solierend von der Bühne und taucht Sekunden später wieder hinterm Mischpult auf, wo er weiter Soli um Soli und Note um Note ins begeisterte Publikum shreddet! Coole Aktion! So erleben ihn auch die hinteren Ränge hautnah.

 

ZAKK SABBATHZAKK SABBATH

 

Verdammt, das Ding war Hammer! Das werde ich so schnell nicht vergessen.

 

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