MANOWAR, INNER AXIS / 22.02.2025 – Kiel, Wunderino Arena

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Jeder Musikfreak kennt sie, die Nächte umspannenden MANOWAR-Diskussionen. Welches der ersten sechs Alben ist das beste, warum konnten sie ab 1988 nicht mehr an das vorherige Niveau anknüpfen, wieso sind gerade MANOWAR die Kings Of Metal, warum werden sie in den Polls großer Zeitschriften immer gleichzeitig „beste“ und „schlechteste Liveband“ etc. pp? Bei allen Debatten fand man Einigkeit in einer bitteren Tatsache: Sie könnten live noch gut sein, sehr gut sogar, denn Eric Adams kann immer noch super singen und Joey DeMaio hat das Bassspielen nicht verlernt. Das Songmaterial ist sowieso da. Aber durch sinnlose Solo-Einlagen und peinliches Gesabbel standen sich die Giganten seltsamer- und unnötigerweise selbst im Weg. Mit der 2017er „The Final Battle“-Tour kam dann tatsächlich die ersehnte Wende – MANOWAR zeigten sich zum ersten Mal seit Jahren (Jahrzehnten?) wieder in guter Form und fokussierten sich auf ihre Kernkompetenz: magische Songs zu spielen! Mit dem Einstieg von Michael Angelo Batio sorgten MANOWAR 2022 für eine echte Überraschung, denn der u.a. von NITRO bekannte Gitarrist ist ja ein Schredder und Showman vor dem Herrn. Nun also eine Tour, auf der man sich abwechselnd den Klassikeralben „Sign Of The Hammer“ und „Hail To England“ widmet. Für mich fast egal, welches der beiden Alben heute im Zentrum steht, die liebe ich beide von A bis Z. Zum Glück kam ich kurz vorher noch an ein Ticket, denn die fucking Ostseehalle ist heute AUSVERKAUFT!

 

MANOWAR

Bilder von Rüdiger Naffin und Madlen. 

 

Sehr cool finde ich ja, dass mit INNER AXIS eine Kieler Vorband dabei ist! Die ja auch noch stilistisch super passt, denn MANOWAR sind unzweifelhaft ihr Haupteinfluss. Da ich der Band auf Social Media folge, bekomme ich mit, dass sie ab 19:00 Uhr spielen, obwohl auf dem Konzertticket 20:00 Uhr als Beginn angegeben ist. Zum Glück bin ich pünktlich vor Ort, denn bis man bei einer derartigen Veranstaltung überhaupt seinen Platz (1. Rang D1 in meinem Fall) gefunden hat, vergeht ordentlich Zeit. Crazy: Die Bierbecher werden hier jetzt mit einer neuen Befüllungstechnik von unten gezapft. Bottoms up! An der Unterseite des Bechers befindet sich deswegen logischerweise ein Loch, welches wiederum nach der Bezapfung von einer magnetischen Scheibe verschlossen wird. Für mich ein eher ungeiles Prinzip, denn ich halte meinen Becher aus Gewohnheit immer so, dass sich ein Finger unter dem Boden befindet. Ich muss mich jetzt den ganzen Abend darauf konzentrieren, genau das nicht zu tun, denn der Magnet wird schon durch einen sanften Druck angehoben und damit ist das kostbare Bier permanent in Gefahr. Vielen unterläuft heute so eine Sauerei (Bierverschwendung!), ich schaffe es unfallfrei durch den Abend.

 

INNER AXIS

 

INNER AXIS stoßen auf Wohlwollen, bekommen auch korrekte Sound- und Lichtverhältnisse. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass sich bei MANOWAR etwas zum Positiven verändert hat, denn die New Yorker waren nicht immer für einen fairen Umgang mit Supports bekannt (Peavy berichtet in seiner Autobiografie, wie sie RAGE mal eine komplette Backline gestohlen haben, das Buch ist übrigens totaler Kult)! Es gibt sogar ein paar Feuersäulen. Früher wurden INNER AXIS ja gern für Kai Hagemanns tonal nicht immer sichere Darbietung kritisiert. Auf der dritten Scheibe „Midnight Forces“ singt er deutlich besser, was er heute auch live zeigt. Er versucht erst gar nicht, die ganz hohen Tonlagen anzusteuern, singt insgesamt sicherer. Auf der anderen Seite droht sich dadurch eine gewisse Monotonie einzuschleichen, ein paar Ausbrüche, vielleicht durch aggressive Schreie, wären ganz cool. Aber insgesamt haben sich INNER AXIS positiv weiterentwickelt und mit „Midnight Hunter“ ist sogar ein kleiner Hit gelungen. Der kommt zusammen mit „Steelbladed Avenger“ und „The Last Stand“ auch am besten an. Kompliment dafür, die Ostseehalle gerockt zu haben! Die Jungs dürften wohl jetzt noch grinsen.    

 

MANOWARMANOWAR 

 

Yeah, Licht aus, Intro an, die berühmte Stimme Orson Welles‘ ertönt mit den Worten „Ladies and gentlemen, from the United States of America, all hail Manowar!“ und ab geht es mit der Hymne „Manowar“. Eric Adams ist sowas von da, der Mann singt wie ein junger Gott. Richtig amtlich auch der Gitarrensound von Michael Angelo Batio, schön basisch, warm und durch und durch MANOWAR. Ich sag es jetzt schon: Das ist meiner Meinung nach der beste MANOWAR-Gitarrist seit Ross The Boss. Man sieht früh, dass die Band nicht einfach stumpf das „Sign Of The Hammer“-Album durchspielt, sondern zunächst mit vier Klassikern Spannung aufbaut. Viele reißt es bei „Kings Of Metal“, „Fighting The World“ sowie “Brothers Of Metal, Pt. 1” jetzt schon aus den Sitzen. Die Produktion ist sowohl optisch als auch klanglich mächtig (vorne soll es schlechter abgemischt gewesen sein, höre ich später), aber am wichtigsten: Es gibt bis auf Joeys Rede nicht eine Solo-Einlage oder sonstigen Quatsch, sondern fast zweieinhalb Stunden lang Song auf Song. Yeah, und dann folgt der SOTH-Teil der Show, coolerweise nicht in der Songreihenfolge der Platte. „Animals“ ballert gut rein, ist aber natürlich (im Vergleich) ein eher durchschnittliches MANOWAR-Stück. Mit „The Oath“ kommt einer der schnellsten und härtesten Songs, der Drummer (Dave Chedrick, Ex-HIRAX, RUTHLESS, RAVEN…) massiert hier schön Tausende von Trommelfellen. Noch geiler für mich die epische Hymne „Thor (The Powerhead)“, dessen O-hohohohohohooo-Chöre nicht vom Band kommen, sondern vom Publikum gesungen werden. Am dicksten wuchert mir die Gänsehaut bei „Guyana (Cult Of The Damned)“ und „Mountains“ über den Body. „Guyana…“ war ja ewig nicht im Set, bei „Mountains“ bin ich nicht sicher, ob der früher überhaupt mal live gespielt wurde. Jedenfalls ein gutes Beispiel für die musikalische Qualität der Band, für die außerweltliche Stimmung, die sie gerade in ihren epischen und ruhigeren Momenten erzeugt. Und auch für die – jawohl! – Klasse mancher ihrer Texte! Mit dem Titelsong schließen MANOWAR diesen Part der Show ab – eine „Hail To England“-Darbietung hätte ich natürlich auch gern gesehen. Nun schrauben die Soundleute langsam aber sicher die Lautstärke hoch, bis selbst der Boden vibiriert. Der folgende Part enthält neuere Songs – u.a. „House Of Death“, „King Of Kings“ und „Fight Until We Die“, die flott gespielt werden und gut ankommen (zum Glück ist nichts von „The Lord Of Steel“ dabei). Sind sie nun durch? Nope, während der Rest pausiert, gönnt Joey sich seine Rede, die mit „I love Kiel – the city made of steel“ beginnt und mit „Schwing dein Ding und hau weg die Scheiße!“ endet. Insgesamt aber eher von Altersmilde gekennzeichnet und nicht zu peinlich, wobei die grundsätzliche Botschaft („Be an asskicker, not an asslicker!“) nicht viel Substanz enthält und auch für alle möglichen Arschlöcher anschlussfähig ist. Egal. Dafür gelingt mit „Warriors Of The World United“ nun der größte Mitsingmoment (ist wie bei MAIDEN und „Fear Of The Dark“), danach rasieren „Hail And Kill“ sowie „Black, Wind, Fire And Steel“ inkl. Adams-Endlosschrei, Konfettiregen, Rumsbummpeng alles weg.  

 

MANOWAR

 

Tatsächlich eines der besten MANOWAR-Konzerte, dem ich je beiwohnen durfte. Ob man jetzt sogar auf eine gute MANOWAR-Platte hoffen darf? Auf jeden Fall projiziert man zum Outro eine Schriftrolle im Stil mittelalterlicher Urkunden mit den Worten: „Let it be known that on February 22nd 2025 the Manowarriors of Kiel kicked fucking ass. We will return to do it again. MANOWAR.“ Deal!

Kommentare   

0 #2 Philipp 2025-03-14 16:01
zitiere sumpfsuppe:
Schöner Bericht, wie immer sehr geil geschrieben! :lol: Inner Axis fand ich etwas schrecklich (sorry), aber bei deiner Einschätzung zu Manowar gehe ich mit. War super!


Danke, das freut mich!
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+1 #1 sumpfsuppe 2025-03-14 09:04
Schöner Bericht, wie immer sehr geil geschrieben! :lol: Inner Axis fand ich etwas schrecklich (sorry), aber bei deiner Einschätzung zu Manowar gehe ich mit. War super!
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