NAPALM DEATH, CROWBAR, FULL OF HELL, (BRAT) / 11.02.2025 – Hamburg, Markthalle
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Montag, 24. Februar 2025 16:54
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Immer wieder NAPALM DEATH! Warum man auch dieses Mal zu den Grind-Pionieren pilgern sollte, obwohl man sie doch schon x-mal gesehen habe? Nun, für mich gibt es gleich diverse Gründe:
- Shane Embury ist wieder dabei!
- Shane hat seine Autobiografie am Merch (Titel: „Life…? And Napalm Death“).
- Mit CROWBAR spielt eine weitere Hammerband.
- Das Konzert findet in der Markthalle statt.
- Ist eh jedes Mal Bombe, also Schnauze jetzt und ab!
Ein häufiges Ärgernis bei größeren Konzerten: Die Veranstaltung beginnt einfach mal eine halbe Stunde früher als offiziell angekündigt. Wir sind pünktlich vor Ort, verpassen aber BRAT komplett. Warum? Im Falle von BRAT haben wir aber offensichtlich nicht viel verpasst, denn alle erzählen uns, dass der Gag, Metalcore mit ABBA-Intros zu verknüpfen, sich nach zwei, drei Songs schnell totgelaufen habe.
Die mir bisher unbekannten FULL OF HELL machen dann aber definitiv Freude. Gnadenloses Gegrinde mit fiesen Effekten zerschreddert uns die Köppe. Der Sänger springt hektisch hin und her, steckt sich eine Art Lötkolben in den Schlund (Fachbegriff unbekannt, Sinn ebenfalls, sieht aber geil gestört aus) und bedient eine große Effekthaubitze. Vor 32 Jahren sei es in Hamburg auch schon super gewesen, erzählt er uns. Gibt es die Band echt schon so lange? Ich bin gerade zu faul zu recherchieren. Das Tempo der Band ist irrwitzig, ein einziges Geraspel, Geballer und Gebelle. Nichts, was ich dringend abernten muss, aber live extrem unterhaltsam!
Dafür steckt natürlich mittlerweile Shanes Backstein in meinem Beutel. Mir ist ja nicht wichtig, ob so ein Buch signiert ist. Ist es aber nu und rausreißen werde ich die Seite auch nicht. Praktischerweise bekommt man den Schmöker in einem Pappkarton ausgehändigt, der das Biest vor Moshern und Crowdsurfern schützt. Und falls mir jemand heute zu nah auf die Pelle rückt, hab ich was zum Auf-den-Kopp-Schleudern. Heavy reading.
Aaah, CROWBARs Heaviness ist einfach wohltuend! Ich bin ja Fan der ersten Stunde und kann ähnlich wie bei NAPALM DEATH unmöglich sagen, wie oft ich Kirk Windstein und seine Band live gesehen habe. Die haben sich ja sogar mal nach Kiel verirrt (Schaubude)! Viele sagen während des Auftritts schon, dass sie heute besser als zuvor seien. Nur waren CROWBAR denn jemals schlecht? Kann aber sein, dass Kirk heute besonders gut gelaunt ist, das Grinsen strahlt jedenfalls durch den Bart. Riffs kommen mächtig, der Bass schiebt, die Drums dröhnen und über allem liegt dieser herrlich leidende Gesang. „To Build A Mountain“ markiert den Opener und kann gleichzeitig programmatisch verstanden werden, weitere Highlights kommen mit „High Rate Extinction“, „Planets Collide“ (massiv!), „Like Broken Glass“ oder „All I Had (I Gave)“. Super!
Einerseits könnte man über NAPALM DEATH sagen: Wie immer. Aber andererseits haben die Birminghamer die Setlist gehörig umgestellt. Natürlich gibt es ein paar Eckpunkte, sozusagen Standards, die kommen müssen. Zu diesen gehören u.a. „Scum“, „You Suffer“, „Suffer The Children“ oder „Nazi Punks Fuck Off“. Ein Großteil der heute gespielten Stücke waren aber lange nicht mehr in der Setlist, was ich begrüße. „Twist The Knife (Slowly)“ ist zum Beispiel ein alter Fave von mir, der saugeil reingroovt und brettert (von der „Fear, Emptiness, Despair“). Super auch „Prison Without Walls“, „Pride Assassin”, „Necessary Evil“, „Vision Conquest“ und “Unchallenged Hate”! Barney hastet über die Bühne, heute übrigens mit schicken Hosenträgern, gestikuliert heftig und gibt überhaupt alles. An den Ansagen werde ich mich in diesem Leben auch nicht mehr satthören können, der Mann ist einfach zu sympathisch. Heute reicht es ja, wenn eine Metalband sich gegen Faschismus positioniert, um Buhrufe zu ernten, die nach dem Motto „Please no politics!“ formuliert sind. Vor einer derart degenerierten Geisteshaltung kriechen NAPALM DEATH nicht zu Kreuze. Das tun mittlerweile nicht wenige Bands, um ja keine Fans zu verlieren. Danke also an Barney und ND für die die Standhaftigkeit und Solidarität! Schön ist es auch, dass Shane zurück ist und sich ganz offensichtlich wie ein Fisch im Wasser fühlt. Die sehr gut gefüllte Halle geht völlig steil und lässt es sich trotz Wochentag nicht nehmen, mit Circle Pits, Headbanging und Handstand (macht ein Typ neben mir jedenfalls mehrfach und ich interpretiere es als Ausdruck der Begeisterung) zu feiern.
Da hat die Campaign For Musical Destruction mal wieder überzeugt und ihre Anhängerschaft erweitert. YOU SUFFER, BUT WHY?