"Jeder Besucher und Kunde ist wichtig, um die Szene über Wasser zu halten." - INTERVIEW MIT CHRISTIAN KIND VON DER PLATTENKISTE HAMBURG
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- Kategorie: Interviews
- Veröffentlicht: Freitag, 27. Dezember 2024 12:51
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Ihr kennt ihn als Inhaber der PLATTENKISTE, Konzertveranstalter und Musikfreak. Zusammen mit Lars Rempe (MOUNT ATLAS) betreibt er den CAUSE OF DEAF PODCAST und das Label CAUSE OF DEAF RECORDS. In letzter Zeit tauchte sein Name in den sozialen Netzwerken und im MINT-Magazin auf, da Christian eine Crowdfunding-Kampagne gestartet hatte, um die Plattenkiste vor dem Ruin zu bewahren. Höchste Zeit für ein DreMu-Interview!
Fotos: Toni B Gunner.
Wir beginnen mit dem aktuellen Geschehen. Du hast, wie du online schriebst, die Hosen runtergelassen und per Crowdfunding um finanzielle Unterstützung für die PLATTENKISTE gebeten. Schuld an der Misere seien Rückzahlungen von Corona-Hilfen und Steuernachzahlungen gewesen. Was war da genau los und muss man also sagen, dass die Folgen von Corona erst jetzt so richtig zu Buche schlagen? Haben sich die Hilfen am Ende als Bürde erwiesen?
Da muss ich etwas weiter ausholen! Denn man muss bei der Situation auch berücksichtigen, wo die Plattenkiste her kommt.
Als ich den Laden 2011 als Angestellter übernommen habe, musste ich dafür einen großen Kredit aufnehmen. Die letzte Rate dafür habe ich 2021 also mitten in der Corona-Krise gezahlt. Das bedeutet, dass ich, im Gegensatz zu so manchem Kollegen, keine Reserven hatte, die mich eine Zeit lang über Wasser hätten halten können...eher im Gegenteil.
Die finanzielle Hilfe im ersten Lockdown war für die 2 Monate im Jahr 2020, die wir geschlossen lassen mussten, natürlich sehr nützlich und haben auch einen Puffer für die ersten 2 Monate im 2. Lockdown 2021 dargestellt. Aber ab März 2021 habe ich monatlich ein Minus in vierstelliger Höhe gemacht. Also stand ich am Ende nicht wie erhofft endlich auf eigenen Beinen, sondern war wieder hoch verschuldet. Und immer wenn ich Hoffnung geschöpft habe, einen Teil der Schulden abbauen zu können, kam ein „Nackenschlag“. Erst musste ich für die Hilfe aus dem ersten Lockdown eine hohe Steuernachzahlung leisten, dann wurde aufgrund dieser Hilfe auch mein Krankenkassenbeitrag empfindlich erhöht, so dass ich für das Jahr 2020 mehrere Tausend Euro nachzahlen sollte und am Ende auch noch die Rückzahlung der Coronahilfe selbst.
Da die Bank mir keinen Kredit gewährt hat, stand ich mit dem Rücken zur Wand und musste mich entscheiden, ob ich den Laden schließe oder meine Kunden und Freunde um Hilfe bitte.
Wie sieht die Lage aktuell aus? Konntest du durch das Crowdfunding den Laden stabilisieren?
Durch den unglaublichen Support ist die Plattenkiste ERSTMAL safe. Aber natürlich muss ich auch hier abwarten, wie sich die Einnahmen durch die Spenden auf die Steuernachzahlungen und die Krankenkassenbeiträge auswirken. Denn, so gern ich das auch hätte, es handelt sich nicht um ein gemeinnütziges Projekt, das die über 400 bisherigen Spender da unterstützt haben.
Aber die aktuelle Situation lässt mich erstmal ruhiger schlafen positiv in die Zukunft blicken!
Hat sich durch Corona die Mentalität der Käufer verändert? Bestellen die Leute mittlerweile eher online statt in einen Plattenladen zu gehen?
Ja, ich habe schon das Gefühl, dass einige Kunden dabei geblieben sind, online zu shoppen, wozu sie während der Pandemie gezwungen waren. Und es gibt auch Händler, die ihr Geschäft geschlossen haben, um sich komplett auf das Onlinegeschäft zu verlagern.
Jetzt aber erst mal back to the roots! Wer bist ‘n du, ey? Also, woher kommst du ursprünglich und wie hat es dich nach Hamburg verschlagen?
Geboren bin ich zwar in Bremen, aufgewachsen bin ich aber im Weserbergland, in Südniedersachsen. Gedanken über meine Zukunft habe ich mir vor meinem Abitur nie gemacht, und so stand ich plötzlich da und hatte keine Ahnung, was ich machen soll. Ich bin mit gelb gefärbten Haaren und kaputten Jeans zum Vorstellungsgespräch in eine Bank gegangen, und habe nur durch Vitamin B den Job bekommen. (ich entschuldige mich an dieser Stelle vielmals bei demjenigen, den ich den Job damals dadurch verbaut habe!)
Bankkaufmann war natürlich gar nichts für mich, und so habe ich nach einiger Zeit nach einem Job in einem Plattenladen gesucht, weil Musik das einzige war, das mich wirklich interessiert hat. Da ich immer gerne in den Norden gefahren bin, zu Hot Shot in Bremen oder WOM in Hamburg, habe ich auch dort nach Jobs geguckt...und in Hamburg einen gefunden.
Also habe ich meine Ausbildung geschmissen und habe meinen ersten Job in einem Plattenladen angenommen.
Die PLATTENKISTE an sich gibt es ja bereits seit 1982, steht auf eurer Seite. Ich hab den früher noch nicht wahrgenommen, aber mittlerweile ist er für mich einer der wichtigsten Plattenläden Norddeutschlands. Was war denn das anfänglich für ein Laden, wie kamst du als neuer Besitzer ins Spiel und inwiefern hast du daraus deinen Laden gemacht?
Die Anfänge der Plattenkiste kenne ich nur vom Hören/Sagen. Erst gab es wohl Paul-Ingo's Plattenrille, aus der dann die Plattenrille, die man heute am Grindelhof findet, und Ingo's Plattenkiste entstanden sind.
Als ich die Plattenkiste als Kunde für mich entdeckt habe, war Ingo schon gar nicht mehr da. Seine Ex-Frau und ihr Sohn haben das Geschäft in der Grindelallee geführt. Es gab musikalisch keine besonderen Fokus. Von Klassik über Weltmusik bis hin zum Rock war alles da. Ende der 90er/Anfang der 2000er vor allem CDs, etwas Vinyl und nur vereinzelt ein paar DVDs.
Wir haben uns angefreundet, ich habe bei Gelegenheit mal ausgeholfen. Als ich später auf Jobsuche war, habe ich dann erst in Teilzeit, dann Vollzeit in der Plattenkiste gearbeitet. Und als die Senior-Chefin in den wohlverdienten Ruhestand gegangen ist, kam die alles entscheidende Frage „Chris, willst Du den Laden übernehmen?“ Die Antwort ist recht offensichtlich!
Wie entwickelte sich deine Plattenkiste bis heute?
Mein Wunsch war es, einen kleinen Plattenladen zu führen, in dem man sich wohl fühlt, in dem man sich lange aufhalten mag, zum Stöbern, zum Entdecken und zum Austausch mit Gleichgesinnten. Und mir war wichtig ein Sortiment aufzubauen, mit dem ich mich identifizieren kann, hinter dem ich stehe und das sich von den anderen Plattenläden in Hamburg etwas absetzt.
Auf welche Genres bist du denn spezialisiert?
Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf ROCK...und zwar in all seinen Facetten. Classic Rock, Alternative, Punk, Stoner, Doom und natürlich Metal.
Es war gar nicht so leicht, das Sortiment so umzukrempeln und auch die Kundschaft musste sich mit der Umstellung arrangieren. Ich bin heute noch überrascht, wie viele Leute ich auf den entsprechenden Konzerten treffe, die noch nie in der Plattenkiste waren. Kaufen die online? Oder ist das Stammpublikum von Remedy?
Du bist ja selbst auch Plattensammler. Als ich mal in einem Plattenladen gearbeitet habe (MUSIKPARADIES, Rüdiger Büll R.I.P.!), war der Lohn eigentlich immer gleich in Platten investiert. Wie umgehst du das Problem?
Christian: Natürlich bin ich Sammler. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es authentische Verkäufer gibt, die nicht diese Leidenschaft für das entsprechende Produkt haben, wie der Käufer selbst. Die Kunden spüren so etwas in der Regel auch. Darum geht man ja auch in einen Plattenladen, weil der Typ hinterm Tresen genauso bekloppt ist wie man selbst.
Ich gönne mir keinen Luxus! Ich habe kein Auto, fahre extrem selten in den Urlaub, trage keinen teuren Schmuck, aber wenn ich mir etwas leiste, dann in Form von Vinyl oder Konzertkarten.
Dabei konzentriere ich mich aber lieber auf ein paar wenige besondere Releases im Monat. Platz und Geld sind bei mir sehr begrenzt. Das fällt zwar manchmal schwer, aber ich habe mich da ganz gut im Griff.
Heutzutage ist das Angebot allein im Heavy-Metal-Sektor unendlich groß. Wie triffst du die Auswahl, was du gerne im Laden anbieten möchtest? Hast du Lieblingslabel? Gibt es auch Labelpolitik, die du ablehnst?
Ich versuche ein buntes Sortiment anzubieten, in dem viele kleine Label und Eigenproduktionen genauso ihren Platz finden wie die Mainstreamprodukte. Mein Herz hängt zwar mehr an ersteren, aber komplett verzichten kann ich auf die gängigen Titel nicht.
Es gibt einige Label, die ich sehr gerne im Sortiment habe, wie Vendetta, Dying Victims, H42, Made Of Stone, High Roller, Bound By Modern Age, Pink Tank, Metal Blade, Fucking Kill, Moshferatu oder Moment Of Collapse. Und besonders freue ich mich, wenn Bands ihre eigenen Releases im Laden vorbeibringen. Ich erstelle dann eigene „Reiter“ für die Bands, damit sie mit ihrem Logo im entsprechenden Sortiment stehen. Das macht mein Sortiment schon besonders und auch für die Bands ist es was Schönes, wenn ihr Bandlogo zwischen den Größen des Genres im Regal steht.
Ablehnen tue ich dagegen nur Label die in Verbindung zur rechten Szene stehen. Leider ist das speziell im Black Metal mittlerweile sehr undurchsichtig, weil das Genre massiv untergraben wird und es auch für mich als Händler immer schwerer wird, entsprechende Verbindungen rechtzeitig zu erkennen bzw. für mich zu entscheiden, wo ich die Grenze bei den sogenannten Grauzonen ziehe.
Du betreibst auch ein Online-Angebot, der Laden scheint dir aber wichtiger zu sein. Wie groß ist der Anteil von Online-Kunden im Vergleich zu Besuchern im Laden? Welche soziale Komponente hat so ein Plattenladen und speziell die PLATTENKISTE?
Online biete ich fast nur die Titel unseres Labels Cause Of Deaf Records an. Da ist es mir wichtig auch über den Laden hinaus agieren zu können. Ansonsten bin ich sehr froh, dass ich weit über 90% meines Umsatzes im Geschäft vor Ort mache.
Bevor ich selber Inhaber einen Plattenladens war, habe in einem Urlaub in Wien in einem Plattenladen des schönen Spruch „dies ist kein Geschäft, dies ist ein sozialer Ort!“ gelesen. Das habe ich nie vergessen und sollte das Motto „meiner“ Plattenkiste werden.
Die Preisentwicklung im Vinylbereich ist ungünstig. Ich finde es schade, dass LPs zum Luxusgut werden. Als Schüler und Student hatte ich nicht viel Knete, konnte mir aber trotzdem den Grundstock meiner jetzigen Plattensammlung aufbauen. Wie siehst du die Entwicklung? Hast du Tipps für junge Musikfreaks, die keinen Bock auf Streaming haben?
Die Preisentwicklung ist ja nicht generell so, sondern überwiegend bei den großen Labels zu beobachten. Wenn Du Dir die Preise bei Dying Victims, High Roller oder Metal Blade anguckst, dann kannst Du das überhaupt nicht mit denen von Warner oder Sony vergleichen.
Daher hoffe ich, dass die jüngeren Fans sich eher dem „Underground“ zuwenden, was ja gerade in dem Alter auch viel attraktiver ist, weil man sich abgrenzen will. Außerdem gibt es da so viele tolle Bands, die oft viel spannendere Alben veröffentlichen als unsere alten Helden mittlerweile.
Du förderst auch die lokale Hamburger Szene. Was für Bands kannst du aktuell empfehlen?
Neben den Bands, die in diesem Jahr auf Cause Of Deaf Records veröffentlicht haben, worüber ich sehr glücklich bin (Majak, Fatal Collapse & Catbreath), bin ich ein großer Fan von Toxic Hazard, Silverships und Daedric Shryne! Aber auch Deutsche Postpunk aus Bremen und die fantastischen Shitshow haben es mir sehr angetan.
Wie liefen die Instore-Konzerte von D.A.D. und THERAPY?? Wie bist du überhaupt an Bands derartigen Kalibers gekommen und müssen da nicht 200 Leute draußen bleiben?
Das war schon verdammt cool, diese beiden Bands im Laden zu haben. Zustande gekommen sind die beiden Konzerte auf unterschiedlichen Wegen. AFM Records wollten zum Release von „Speed Of Darkness“ dass D:A:D eine Autogrammstunde im entsprechenden Rahmen geben und haben mich gefragt. Da die Band Mittags für einen Radiosender ein Acoustic Set spielen sollte, kam schnell die Idee auf, dass die Band dann ja auch in der Plattenkiste live spielen könnte. Ich hatte mich über die Autogrammstunde schon total gefreut, aber DAS war der Hammer! Als ich das online angekündigt habe, haben schnell über 300 Fans Interesse bekundet. Am Ende musste ich eine Lösung finden, das Ganze zu regulieren. Darum habe ich Backstagepässe drucken lassen, die ich beim Kauf des Albums gratis dazugegeben habe. Nur wer so einen Pass hatte, durfte rein. Dadurch war es ganz entspannt und die Fans, die teilweise aus Berlin, Erfurt, Dänemark und wasweißichwo angereist sind, hatten richtig Spaß. Beim Auftritt im Docks habe ich einige davon wiedergetroffen, und sie waren immer noch begeistert.
Therapy? hat mir persönlich noch ein bisschen mehr bedeutet. Das war eine Kooperation mit Marshall und dem Recordstore Day Team. Auch da war erst „nur“ eine Autogrammstunde geplant. Dass daraus auch noch ein Instore Gig wurde, hat mich extrem gefreut! Eine unglaublich sympathische Band, die auch nur glückliche Fans zurückgelassen hat. Da Therapy? auf einem Montag bei mir waren, hatte ich keine Angst, dass wir überrannt werden. Die Bude war gerammelt voll, aber es musste keiner draußen bleiben.
Wie viel Wahrheit steckt in „High Fidelity“?
Eine Menge! Ich bin Rob & Barry in Personalunion.
Ich habe zwar keine Angestellten, aber oft Praktikanten, die viel länger im Laden abhängen als sie müssten, was ja aber nur ein positives Zeichen ist. Der „Nerdtalk“ im Laden, die ständige Frage „Die hast Du nicht?“, die Verfolgungsjagd nach einem Ladendieb, nach Ladenschluß auf einem Konzert treffen oder die Gewissheit, wenn man einen Song spielt, dass man die Platte gleich verkauft...in der Plattenkiste das gleiche wie bei Championship!
Die eigene Plattensammlung: Chronologisch, alphabetisch, geographisch, nach Genres oder autobiographisch?
Haha...die Frage musste jetzt kommen! Ich bin überhaupt kein Freund vom alphabetischen Sortieren. Aktuell habe ich nach Genres sortiert, aber ich habe schon öfter überlegt, meine Sammlung geographisch zu sortieren. Abschrecken tut mich da bisher nur die Recherche nach den Bundesstaaten. Denn alles stumpf unter USA einzusortieren wäre für mich wie alle Bands mit „The“ unter T einzusortieren.
Kommen wir zum Podcast. Ihr habt da schon ca. 100 Folgen rausgehauen, oder? Was ist euer Konzept?
Lars kam während der Pandemie mit der Idee auf mich zu, weil man ja eine Zeit lang nur zu zweit zusammenkommen durfte. Wir haben sowas beide noch nie gemacht und haben einfach drauf los gelegt. Ein Konzept hatten wir nicht. Zwar haben wir uns grob ein Thema vor jeder Aufnahme überlegt, aber uns sonst eher auf einen Schnack mit Bier getroffen. Mittlerweile haben wir 92 Folgen veröffentlicht. Nach der Pandemie sind wir natürlich wieder mehr in unseren Jobs eingebunden und finden weniger Zeit dafür, aber es macht immer noch Spaß!
Wen hattet ihr denn schon als Gäste? Gibt es bestimmte Folgen, die du den DreMu-Leser:innen als Highlights empfehlen kannst?
Ähnlich wie in meinem Sortiment im Laden haben wir sowohl lokale Größen aus dem Musikbusiness als auch bekanntere Musiker zu Gast gehabt.
Wir hatten tolle Gespräche mit den Jungs von Endseeker, mit Bart von Metal Blade, Katti von YOR, Jutta Weinhold von Velvet Viper, Malte Schön von Maere, Tom Angelripper, Konzertfotografin Toni B. Gunner, meinem ehemaligen Praktikanten Linus, Bela B. und vielen mehr.
Highlights kann ich da nur schwer rauspicken, aber natürlich war die Aufnahme mit Bela für mich als alten Ärzte-Fan schon was ganz besonderes. Damals war ein Mikro kaputt, so dass man Lars und mich (wir mussten uns da noch ein Mikro teilen) kaum hören kann, was aber völlig egal ist, weil Herr Felsenheimer eine Ankedote nach der anderen rausfeuert und wir eigentlich nur halb staunend, halb lachend vom Hocker fallen.
Die Folge über Queen mit meinen Buddie Michi war allerdings auch episch.
Und dann hast du mit Lars das CAUSE OF DEAF RECORDS Label gegründet. Wieso, weshalb, warum? Welche Platten habt ihr bisher veröffentlicht?
Verzweiflungstat wäre übertrieben, aber vielleicht ist Trotz das richtige Wort für den Antrieb. Lars war längere Zeit auf der Suche nach einem Label für seine Band Mount Atlas. Den Labels für Stoner- und Psychrock war das Material zu hart, den Metallabels nicht hart genug...so saß die Band gefühlt zwischen den Stühlen, so dass wir überlegt haben „dann machen wir das halt selbst!“. Ich hatte eh geplant, die Vinyl-Version von meinem Sampler „Rock down the Lockdown“ selbst zu veröffentlichen...also hatten wir schon 2 Releases zum Start.
Kaum hatten wir verkündet, dass wir ein Label gegründet haben, habe ich eine Nachricht vom Bassisten der Band Ash Return erhalten, in der er mir von einem Projekt erzählt, das er in der Schublade hat und dass er gerne mit uns zusammenarbeiten würde. Ich solle mir etwas in Richtung Municipal Waste vorstellen. Ich war begeistert! Diese Anfrage ehrte uns sehr, denn wir hatten zu dem Zeitpunkt ja noch gar nichts vorzuweisen.
Kurz darauf hat sich mein Namensvetter Chris von Fucking Kill Records gemeldet, weil er das Vinyl einer Hamburger Band veröffentlichen wolle, ob wir da als Hamburger Label nicht mit einsteigen wollen. So ist die Kooperation zum Release von „Herbst“ unserer Freunde von B-S-T entstanden.
2024 sollte dann ein besonderes Jahr für uns werden! Denn in diesem Jahr haben wir dann das Projekt von Tank (dem Bassisten von Ash Return) auf Vinyl veröffentlichen dürfen: Catbreath! Außerdem haben wir am CD-Release unserer Freunde Fatal Collapse mitgewirkt.
Neben Catbreath ist aber auch das Album „Restless Wicked“ von Majak eine echte Herzensangelegenheit für uns, das wir sowohl aus Vinyl als auch als CD veröffentlicht haben. Bei der CD haben wir uns besonders Mühe gegeben, weil ich unbedingt einen Hidden Track unterbringen wollte.
Ihr veranstaltet auch das CAUSE OF DEAF-Fest. Was erwartet die Besucher:innen?
Nachdem wir in diesem Jahr immer wieder daran gescheitert sind, dass wir keine Venue zu unseren Wunschterminen gefunden haben bzw. unsere Wunschacts nicht für die Termine zur Verfügung standen, an denen wir eine Venue hätten buchen können und wir keine faulen Kompromisse machen wollten, freuen wir uns, dass es 2025 wieder klappt!
Unsere beiden, hier schon öfter erwähnten, Labelmates von Catbreath und Majak bilden das Herzstück unseres kleinen Indoor Festivals. Eröffnen werden die fantastischen Breathe Your Last und als großes Finale bitten Sick Fizz aus Australien zum Tanz!
Damit haben wir eine bunte Mischung Rock und Metal. Death'N'Roll, Occult Heavy Magick, Thrash/Hardcore und Garage Glam Punk.
Sick Fizz sind ein Nebenprojekt von Mike Foxall, dem Gitarristen von The Neptune Power Federation.
Auf deiner Seite sah ich die Info, dass du im Comic Cave gearbeitest hast. Erzähl mal! Ich war früher Kunde beim COMICLADEN (Mundsburg) und beziehe meine Comics seit einigen Jahren beim COMIC ROOM. Welche Hamburger Comicläden kannst du empfehlen?
Sherlock Wolters entgeht auch nichts...
Tatsächlich hat sich das Sortiment der Comic Cave seit dem Umzug von der Bornstrasse in die Gärtnerstrasse stark verändert. Der Schwerpunkt liegt viel mehr auf Actionfiguren, Büsten und Statuen als auf Comics. Und in diesem Segment ist die Comic Cave europaweit wohl kaum zu überbieten.
Ansonsten sind natürlich Comics Total in der Grindelallee und der Comicladen an den Mundsburg Towers beste Adressen für Comics.
Du hast mal bei einer Diskussionsrunde im TV (?) teilgenommen. Worum ging es, was konntest du daraus mitnehmen?
Du meinst wahrscheinlich meinen Auftritt beim First International Vinyl Club.
Dort war ich neben Jutta Weinhold, Holger Hübner, Kornelia Girgsdies und Maschine von Bernd Jonkmanns und Yared Dibaba eingeladen. Das Format wird nicht ausgestrahlt sondern nur für ein Publikum live vor Ort präsentiert. Also fast wie in der Plattenkiste. Bernd und Yared sprechen dabei mit ihren Gästen nacheinander über sie selbst, ihre Liebe zum Vinyl und dem jeweiligen Thema. In unserem Fall war das „Metal“.
Jeder Gast stellt dann noch Platten aus der eigenen Sammlung vor, die von Ingo Scheel dann angespielt werden.
Das war eine gute Erfahrung, weil es mir in der Regel schwer fällt, vor Menschen zu sprechen. Ich bin, wenn ich nicht gerade meinen Tresen als „Safe Space“ habe, eher introvertiert und schüchtern. Außerdem war es schön, Maschine und Jutta mal wieder zu sehen. Man läuft sich nicht ständig über den Weg.
Okay, Listenzeit. Nenne uns:
Deine zehn Lieblingsbands?
Queen, Die Ärzte, Black Sabbath, The Doors, Type O Negative, AC/DC,
Motörhead, Sisters Of Mercy, Slayer, Danzig
Die Top Ten Scheiben 2024?
- Majak – Restless Wicked
- Catbreath – Slice 'em All
- Blood Incantation – Absolute Elsewhere
- Dool – The Shape Of Fluidity
- Freedom – Stay Free
- Daedric Shryne – Daedric Shryne
- Hexenbrett – Dritte Beschwörung: Dem Teufel eine Tochter
- Castle Rat – Into The Realm
- Vidres A La Sang – Virtut Del Desencis
- Amyl & The Sniffers – Cartoon Darkness
Die besten Konzerte 2024?
- Erik Cohen (Knust)
- The Cult (Grosse Freiheit)
- The Chats (Fabrik)
- Sadhus (Bar 227)
- Catbreath (Bambi Galore)
- Nick Cave & The Bad Seeds (Barclays Arena)
- Therapy? (Plattenkiste)
- Starcat (Nochtspeicher)
- Pavlov's Dog (Principal)
- Die Ärzte (Tempelhof)
- Scorched Oak (Deichdiele)
- Sodom (Amphitheater Gelsenkirchen)
- John Fogerty (Uber Arena)
- Majak (Bambi Galore)
- The Neptune Power Federation (Markthalle)
Die zehn besten Comics/Comicserien 2024?
Ich sammle tatsächlich kaum Comics und bin da auch nicht in der Materie, aber da ich ein Fable für Figuren habe, nenne ich stattdessen die 10 besten Figuren, die 2024 auf den Markt gekommen sind:
- Kreator Pleasure To Kill 1/10 Statue von Cave Toys
- Captain Future, Otho und Grag, 9inch Figuren
- MotU Origins, The Collector
- Masterverse, Beastman Movie Edition
- MotU Origins, Horde Trooper Prime
- Graf Orlok auf dem Deck der Demeter
- Vincent Price, 7inch Neca (inkl. Vinylreplika)
- Ming (Flash Gordon) red military outfit, 7inch Neca
- Big Lebowski The Dude, Digital Movie Maniacs
- Christopher Lee, Horror Of Dracula 1/6
Die zehn besten Musikclubs Norddeutschlands?
- Bambi Galore
- Bar 227
- Hafenklang
- Gängeviertel
- Schaubude
- Nochtspeicher
- Tower
- Aladin
- Bahnhof Pauli
- Markthalle
Die besten Seiten im Netz bzw. Social-Media-Profile?
- myrevelations.de
- hamburg-record-stores.de
- doomcharts.com
- bandcamp.com
- recordstores.love
- DreMuFueStiAs.de
Jetzt ging es viel um die Plattenkiste. Welche anderen Plattenläden findest du gut? Inspiriert man sich da eigentlich auch gegenseitig?
Leider finde ich viel zu wenig Zeit, andere Plattenläden zu besuchen...wir haben ja überwiegend die gleichen Öffnungszeiten. Das Verhältnis untereinander, speziell in Hamburg, ist aber wirklich klasse. Besonders zu Hot Shot Records in Bremen, 25 Music in Hannover und den Hamburger Kollegen von der Plattenrille, Groovecity, Slam, Remedy, Ju Ju Trumpet, Back Records, Zardoz und Fischkopp habe ich einen guten Draht.
Nur im Urlaub finde ich Zeit in andere Läden zu gehen, darum waren meine letzten Highlights allesamt in Thessaloniki. Dort gibt es wirklich tolle Plattenläden, in denen ich reichlich Beute gemacht habe.
Bonusfrage: Wer ist Jens Hoffmann?
Hahaha...Jens ist jemand, der auch eine Figur in High Fidelity verdient hätte! Er ist fast jeden Tag in der Plattenkiste, daher nenne ich ihn liebevoll „lebendes Inventar“. Er wurde vor ca. 8 Jahren von einem anderen Stammkunden mit in den Laden gebracht. Damals hat er überhaupt nichts für Hard Rock oder Metal übrig gehabt. Mittlerweile ist er leidenschaftlich dabei und oft im Bambi oder der Bar 227 anzutreffen. Teilweise halten ihn andere Kunden schon für einen Mitarbeiter oder machen sich Sorgen, wenn er mal nicht da ist.
Alright, Danke für das Interview! Was möchtest unseren Leser:innen zum Abschluss noch mitteilen?
Danke für das Interesse! Ich denke, die Leute, die DreMuFueStiAs.de lesen, muss man nicht extra dafür sensibilisieren, mehr auf kleinere Clubkonzerte und in Independent Plattenläden zu gehen. Aber sie dürfen das gerne auch ihrer „Umwelt“ ans Herz legen, denn die Situation wird nicht einfacher für uns, und jeder Besucher und Kunde ist wichtig, um die Szene über Wasser zu halten.
Interview: Philipp Wolter mit Input von Torsten Matzat.
Hier noch der Link zu Christians Crowdfundingseite:
https://www.gofundme.com/f/plattenkistes-post-corona-trauma
Plattenkiste Online:
https://plattenkiste.nonstop-merch.com/
Cause Of Deaf Podcast:
https://podcasts.apple.com/de/podcast/cause-of-deaf/id1552061624
Cause Of Deaf Records:
https://causeofdeaf.bigcartel.com/products