DEAF FOREVER BIRTHDAY BASH mit CIRITH UNGOL, ASPHYX, RAM, ULTHA, KERRIGAN / 21.09.2024 – Hamburg, Markthalle
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Montag, 30. September 2024 14:13
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Happy birthday, DEAF FOREVER! Es galt ja für viele als verrücktes Unterfangen, im Jahre 2014 ein neues Printmag an den Start zu bringen. Aber nun schreiben wir 2024 und das DEAF FOREVER ist immer noch dabei, und das, wie ich finde, in Topform. Die Leidenschaft, die in dieses Heft gesteckt wird, kann den Redakteurinnen und Redakteuren nun wirklich keiner absprechen. Dass dies übrigens auch für die Seite der Leser:innen gilt, wird heute ebenfalls bewiesen. Lass rocken!
Bilder von MJ.
KERRIGAN
Leider kommen wir zu spät an, um KERRIGAN ganz zu sehen. Schade, denn sowohl die EP „Heavy Metal 2020“ als auch das Debutalbum „Bloodmoon“ haben mich sehr überzeugt. Die jungen Freiburger sollen ihren Auftritt bereits absolviert haben, teilen mir mehrere andere Besucher:innen mit. Ich gehe also erst mal in aller Ruhe Bier holen, pullern und Merch begucken, als ich mitbekomme, dass KERRIGAN durchaus noch spielen. Waah, fake news! Ich stürme also in die Halle und erkenne, dass KERRIGAN gerade etwas covern. Es handelt sich um „Rest In Peace“ der englischen WOLF. Sehr geile Wahl, dieses 1984er Album „Edge Of The World“ ist ja eine echte Perle der NWOBHM, die zum Glück durch High Roller Records wieder gut erhältlich ist. Obwohl der Gig damit dann auch wirklich zu ende ist, haben KERRIGAN bei mir punkten können.
ULTHA
Verrückterweise habe ich von ULTHA bisher noch keine Platte abgeerntet, obwohl mich die Band bereits auf dem HELL OVER HAMMABURG und dem KIEL EXPLODE überzeugte. Die heutige Bandmischung erinnert mich übrigens an ersteres Festival, auf dem ja auch immer klassischer Metal neben Black Metal auf dem Billing steht (beim nächsten Mal prangen z.B. die Logos von DEMON und BLASPHEMY friedlich nebeneinander). ULTHA bedanken sich erstmal beim DEAF FOREVER, beglückwünschen das Magazin zum Jubiläum, weisen auch auf den Geburtstag ihres Drummers hin und kündigen an: „Wir spielen jetzt 50 Minuten lang, das sind fünf Songs, viel Spaß!“ Mein Kumpel Tank kommentiert: „So geht Black Metal heute? Ich hatte jetzt Tod, Vernichtung und Satan erwartet…“ Es ist ja tatsächlich interessant, in welche Richtungen sich dieses Genre weiterentwickelt hat. Bei ULTHA (und vergleichbaren Bands) haben Melancholie, Selbstzweifel, Trauer und Leid ihren Platz, selbstverständlich ebenso der kritische Blick auf Kirche und Religion. Wahnsinn, was für eine Atmosphäre ULTHA aufbauen! Da knattern die Bassdrums und es klirren die Gitarren, während unmenschliche Stimmen klagen, toben und kreischen. Aber es wird auch immer wieder ruhig und trippig. Im Fotograben wird indes geflucht, sind ULTHA doch aufgrund von Dauernebel und konstant rotem Licht schwer zu fotografieren. Toller Auftritt, und danach lasse ich mich kompetent beraten, mit welcher Platte ich anfangen möge, mir wird zu „The Inextricable Wandering“ geraten (ein guter Tipp).
DEAF FOREVER MANIACS: DAS FANZINE ZUM MAGAZIN
In der Pause spricht sich herum, dass irgendwo Freaks herumliefen, die ein Fanzine verkauften. Und tatsächlich: Da haben sich Maniacs aus dem DF-Forum zusammengetan und eine Fanausgabe mit über 150 Seiten erstellt. Dabei haben sie inhaltlich tief gegraben und wirklich im Stil des DF intensive und ausführliche Specials, Storys und Interviews erstellt (ich sage nur: Japan-Special, Black Metal in Vietnam, Dungeon Synth...). Da sind Herzblut, Hingabe und Leidenschaft im Spiel, die in der Form einmalig sein dürften! Gab es etwas Vergleichbares in dem Umfang und mit dieser Qualität überhaupt schon mal? Kommentare willkommen.
RAM
Endlich mal wieder RAM (letzte Show für mich: 2019 im Bahnhof Pauli)! Dadurch dass die Schweden nicht so oft zu sehen sind, hat man auch richtig Bock auf sie. Das scheint heute jede:r so zu sehen, denn die Stimmung kocht von Anfang an hoch auf den Siedepunkt. Irgendwie schaffen es RAM, die Power von JUDAS PRIEST mit dunkler Energie zu kombinieren und ihren Heavy Metal knallhart rüberzubringen. Und sie sehen einfach super aus! „Defiant“ ist ein gut gewählter Einstieg, der durch „The Trap“ mit seinen scharfkantigen Riffs und dem Ohrwurm-Refrain noch getoppt sind. Alle Fäuste oben, die Hitze unglaublich. „Blades Of Betrayal“, das pumpende „Gulag“ und „Sudden Impact“ zeigen, dass RAM sich offenbar durch alle Phasen ihres Schaffens pirschen wollen. Gut so! Und nun kündigt Oscar an, dass man natürlich eine neue Platte in der Mache habe, von der sie uns nun einen Song präsentieren. Das Ding heißt „Night Blades“ (glaube ich) und selten hat ein noch völlig unbekannter Track derartige Reaktionen eingefahren: Der Mob steigt instinktiv drauf ein, pumpt die Fäuste im Rhythmus gen Hallendecke und skandiert anfeuernde Chöre. Mit dem folgenden „Svbversvm“-Doppel „Eyes Of The Night“ sowie „The Ursuper“ spielen RAM zwei meiner absoluten Faves. Total Metal! Mir wird dann auch bewusst, dass gerade ein weiteres (persönliches) Jubiläum stattfindet, denn ich sah RAM vor ziemlich genau 20 Jahren zum ersten Mal, auf dem HEADBANGERS OPEN AIR 2004. Ich hoffe schon die ganze Zeit, dass auch noch „Machine Invaders“ kommen möge, da sagt Oscar: „Up to this point everything that is written in DEAF FOREVER is done by humans. But very soon AI will take over. Magazines will be written by AI, bands will be replaced by AI…“ Was für ein geiler Song, was für ein hymnenhafter Rafrain! Danach tüten RAM noch den „Infuriator“ ein und ich persönlich muss sagen: Highlight des Tages!
ASPHYX
Aber ASPHYX knüpfen hier natürlich stimmungstechnisch an, denn diese Band ist ja auch immer geil, eine Live-Dampframme. Ich sah sie übrigens zum ersten Mal auch in der Markthalle, damals auf ihrer ersten Tour, oben in der kleinen Markthalle (jetzt der kleine Kunstraum). Martin van Drunen ist bester Laune, macht fast alle Ansagen in Deutsch und grinst eigentlich permanent. „Was ist das, was habt ihr mit ASPHYX?“ Bei ASPHYX gibt es einerseits die Stücke der Frühphase early Nineties, die zu den beliebtesten gehören, aber dann auch die Songs ab 2007 nach der Reunion. Dazwischen liegen bekanntlich vier weitere Alben, die aber ignoriert werden, was auch genau richtig so ist, denn die fallen qualitativ etwas ab. So gibt es mit „The Quest Of Absurdity“, „Vermin“, „Asphyx (Forgotten War)“, „The Rack“ und „Last One On Earth“ die alten Ultraklassiker, aber eben auch neue Biester, bei denen man sich gut fragen darf, ob die nicht zum Teil sogar noch geiler sind, ich sage nur „Deathhammer“, „Scorbutics“, „Death The Brutal Way“ oder „Molten Black Earth“. Die Markthalle bebt jedenfalls unter den wuchtigen Beats von Husky und den markerschütternden van-Drunen-Schreien.
CIRITH UNGOL
Da ich es nicht zum KEEP IT TRUE RISING schaffen werde, findet der Live-Abschied von CIRITH UNGOL für mich jetzt statt. Die Band hat ja nicht wirklich bekanntgegeben, warum sie aufhört. Aber angesichts der Tatsache, dass Greg Lindstrom und Jim Barraza nicht auf der Bühne stehen (stattdessen Jarvis Leatherby und Armand Anthony von NIGHT DEMON), beantwortet sich diese Frage von selbst. Oder zumindest wollen Tim Baker und Robert Garven CIRITH UNGOL offenbar nicht ohne die anderen Originalmitglieder weiterführen. Der Abschied muss als würdig bezeichnet werden! Dass Tim immer noch seine einzigartige Stimme besitzt, hat er live in den vergangenen Jahren häufig bewiesen, und Robert spielt heute erstaunlich gut. Jarvis und Armand sind eigenen Worten zufolge große CIRITH UNGOL-Fans und spielen die Sachen so werkgetreu wie möglich. Mit 14 Songs ist die Setlistlänge perfekt, auch wenn es natürlich noch mehr Killersongs von dieser Band gibt. Meine Highlight heißen heute „Atom Smasher“ (sehr guter Opener), „I’m Alive“, „Chaos Descends“, „Frost And Fire“, „Black Machine“ (ich liebe es, den Song im Pit mitzusingen!), „King Of The Dead“ und „Join The Legion“. Das Publikum bleibt bis zum Schluss voll dabei und somit findet einer der letzten CIRITH-UNGOL-Auftritte vor einer angemessenen Kulisse statt. Denn was will man mehr, als eine gut gefüllte Markthalle? Man muss ja auch berücksichtigen, dass man noch bis 2015 nie gedacht hätte, die Band mal live zu sehen. Und nun konnte man das mehrfach genießen (in meinem Fall: 2 x KEEP IT TRUE, HAMMER OF DOOM, WACKEN, mit KULTURPALAST sogar eine Clubshow…) und hat zwei weitere Studioalben, eine Livescheibe und zwei EPs bekommen. Grandios! KNEEL TO THE MASTERS OF THE PIT!
Mir ist so, als hätte ich einen Festivaltag mit 11 Bands hinter mir, was vielleicht an der stickigen Luft liegt. Es war generell schon ein heißer Tag, in der Halle kam es mir noch brutaler vor. Aber das gehört dazu und so kann ich nur sagen: Auf die nächsten zehn Jahre, DEAF FOREVER. Cheers!