LEFT TO DIE, 1914 / 19.08.2024 – Hamburg, Knust

3 Dislike0

Wow, mit einer Rückkehr von LEFT TO DIE nach Deutschland bzw. Hamburg hätte ich so schnell nicht gerechnet, waren die DEATH-Tribute-Metaller doch erst letztes Jahr im April hier. Und GRUESOME tourten ja gerade erst im Juli, da sind einige Mitglieder wie Matt Harvey wohl gar nicht erst nach Hause geflogen und haben einfach gleich weitergemacht. Touring, touring, it’s never boring. Es ist LEFT TO DIE hoch anzurechnen, dass sie den Spirit und das Werk von Chuck Schuldiner (R.I.P.!) am Leben halten. Die Platten, auf denen Rick Rozz (g) und Terry Butler (b) mitspielen, also das MANTAS-Demo „Death By Metal“ und die beiden ersten DEATH-Alben „Scream Bloody Gore“ und „Leprosy“, liegen in hochwertigen Vinyl-Reissues am Merch, so dass jüngere Hörer:innen die Dinger für einen fairen Preis abernten können (zumindest im Vergleich zu den alten Pressungen, die mittlerweile dreistellige Summen kosten). Großer Bonus heute: Die ukrainische Band 1914 ist als Support mit dabei!

 

LEFT TO DIE

Bilder von Tobias Piwek.

 

 

Ich stehe nicht ohne eine gewisse Beklemmung vor der Bühne, als 1914 loslegen. Da gönnt man sich Konzerte, genießt seine Ferien – während 1914 aus einem Land im Kriegszustand kommen. Was muss in den Musikern vorgehen? Sänger Dmytro Kumar wird es uns später sagen, steht zunächst schweigend da und hält eine ukrainische Flagge in der Hand. Allerdings entfaltet er sie nicht oder schwenkt sie hin und her, sondern hält sie an einem Zipfel hoch, sodass die Flagge herunterhängt. Die ersten schweren Riffs und Drumbeats rollen erbarmungslos über das Publikum hinweg. Teilweise mag das an BOLT THROWER erinnern, doch 1914 haben ihre Variante des Death Metal weiterentwickelt, sie fällt doomiger, experimenteller aus und enthält Black Metal Elemente. Schon vor dem russischen Angriffskrieg widmeten 1914 ihre Texte ausschließlich dem Krieg, genauer dem Ersten Weltkrieg. Das tun zwar viele Metalbands, dennoch bleibt es ein schwieriges Thema und kann schnell danebengehen. Ich denke da an gitarrenschwenkende Rockstars in Sonnenbrillen, die über historische Schlachten singen – fürchterlich. 1914 wirkten schon immer ernst und legten den Fokus auf das Grauen, man sehe sich nur die Artworks der Platten an, beachte im Zusammenhang die Titel „The Blind Leading The Blind“ oder „Where Fear And Weapons Meet“. Dmytro Kumar: „The difference between ukranian and russian soldiers is this: If we drop our weapons, the russians will send us into the concentration camps, they already have built for us. If the russians drop their weapons, they just will go home.” Er wendet sich auch an diejenigen, die sich auf sozialen Netzwerken darüber „beschweren“, dass 1914 auf ihren Konzerten „zu politisch“ seien: „This is not about politics. War is massgraves, rape and murder.“ Ein 1914-Konzert stellt somit kein (reines) Entertainment dar, sondern (auch) eine Konfrontation mit der Realität. Dmytro scheint dies so eindringlich wie möglich vermitteln zu wollen, klettert plötzlich von der Bühne und stellt sich mitten zwischen die Zuhörer:innen, die sich unwillkürlich in zwei Hälften aufteilen und dem Sänger einen Graben öffnen, in dem er hin- und herschreitet. Ich bin zu erschüttert, um auf Songtitel zu achten, meine aber, dass „Vimy Ridge (In Memory Of Filip Konowal)“, „…And A Cross Now Marks His Place“, „Arrival. The Meuse-Argonne“ und „Paschenhell“ dabei sind. Ein besonderes Konzert, das lange nachklingt.  

 

19141914 

 

Unweigerlich vergleicht man ein Konzert mit dem vorherigen, welches man von der jeweiligen Band gesehen hat. Was sind also die Unterschiede zum letztjährigen LEFT TO DIE-Gastspiel im Logo? Zunächst mal ist der Sound heute noch mal besser. Es klingt so herrlich massiv, die Gitarrenwände und das donnernde Schlagzeug bilden die Soundästhetik der frühen DEATH perfekt ab. Es sind, wie eingangs erwähnt, auch zwei Originalmitglieder dabei, welche diesen Sound mitgeprägt haben. Dazu haben sich Matt Harvey (g, v) und Gus Rios (d) tief in das Material hineingedacht und spielen es so nah am Original, dass es schon fast unheimlich ist. Schließt man die Augen, fühlt man sich in die Neunziger zurückversetzt, als DEATH im Docks und in der Markthalle spielten. Chuck lives! Zumindest lebt er fort in seinen genialen Songs. „Leprosy“ ist der Startpunkt, von dem aus die Reise beginnt. Ich stehe optimal, direkt hinter dem schnell eskalierenden Pit. Da kann ich jedes Bühnendetail sehen, muss nur auf plötzlich heranschießende Körper achten. Zur Setlist ist zu sagen, dass die „Leprosy“ komplett gespielt wird, aber zum Glück nicht stumpf in chronologischer Reihenfolge. Immer wieder werden auch Songs des Debuts eingeflochten, nämlich „Infernal Death“, „Sacrificial“, „Torn To Pieces“, „Regurgitated Guts“, „Zombie Ritual“ und „Scream Bloody Gore“. Ich hätte ja gern auch noch „Mutilation“ und „Evil Dead“ gehört, aber die waren beim letzten Mal dabei. Der Abschluss ist eh top, denn mit „Scream Bloody Gore“ und vor allem „Pull The Plug“ kommen meine absoluten DEATH-Faves. Und jetzt alle: „„Release me from this lonely world / There is no hope, why don't you...” – radadada radadada – “PULL THE PLUG?”

 

LEFT TO DIELEFT TO DIE 

 

Der Besuch hat sich gelohnt! Übrigens: Ich persönlich interessiere mich nicht für Autogramme, finde es aber sympathisch, dass LEFT TO DIE vor dem Konzert Autogramme am St. Pauli Fanshop gegeben haben, und das halt für umme, während andere Bands dafür mittlerweile VIP-Tickets verkaufen. Uargh!

 

LEFT TO DIELEFT TO DIE

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv