EMMA RUTH RUNDLE / 20.08.2024 - Hamburg, Knust
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Donnerstag, 22. August 2024 21:02
- Geschrieben von Steffen Frahm
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„Some Heavy Ocean“ heißt ein Album von EMMA RUTH RUNDLE, das dieses Jahr seinen zehnten Geburtstag hat und das ich nicht besitze. „Some heavy ocean“ beschreibt aber auch nahezu perfekt die emotionale Macht der Musik, die Emma Ruth Rundle heute Abend im vollen Knust macht.
In den letzten Jahren ist Emma Ruth Rundle (ERR) vor allem als Solokünstlerin in Erscheinung getreten. „On Dark Horses“, ihr letztes Album unter eigenem Namen und mit einer Band, ist von 2018, und auch die aktuelle Tour macht sie allein. Singer/Songwriter mit den Mitteln moderner Metal-Derivate, heavy music, aber völlig ohne Doublekick, Growls oder sonstige, überwiegend maskulin besetzte gadgets. Im Publikum viele mit entsprechender Beflaggung, recht hoher Frauenanteil, und der klassische Metalhead verirrt sich hierher statistisch wohl weniger.
Nach einer mir persönlich etwas zu langen Einstimmungsphase mit Orgelmusik und der zwar schönen, irgendwann dann aber doch sehr im eigenen Fahrwasser mäandernden Klavierimprovisation von JON SAMUEL ADRON steht sie endlich mit gereckter Faust auf der Bühne, ihr hauchdünnes Jäckchen flattert leicht im Wind des Ventilators, und sie kommt ohne weitere Umschweife zur Sache.
Es braucht nur wenige Akkorde auf der doomig gestimmten Nylonsaitengitarre, um die Anwesenden in Emma Ruth Rundles Ozean der Gefühle zu ziehen. Einen unverbindlichen Angebotscharakter hat ihr Sound ja nicht gerade: Entweder du bringst die Bereitschaft zum Ertrinken mit oder halt nicht. Ich gebe zu, ich brauche ein paar Songs, bis ich mich eingelassen habe. Die neben mir stehende Frau illustriert derweil Rundles Musik längst mit schwelgerischem Ausdruckstanz.
Rundles Fähigkeit, alle Nuancen ihrer Gesangsstimme, vom schweren Atmen bis zum Kopfregister zur Geltung zu bringen, ist phänomenal. Allein mit diesem Gesang, der sich in ihrer Sprechstimme erstaunlicherweise kaum wiederfinden läßt, erzeugt sie eine Intensität, die etwas Unerbittliches hat. Man kann vielleicht froh sein und sie dazu beglückwünschen, dass sie irgendwann die Musik als Ausdrucksmittel und Kanal für eine überflutende Innenwelt gefunden hat. Sonst wäre sie vielleicht krank, wobei das Eine das Andere natürlich nicht ausschließt.
Diese Stimme wird momentweise fast von der Gitarre übertönt, und das soll keine Kritik sein, treibt es doch das Immersive und Überwältigende dieser Musik auf die Spitze. Ein Sound wie der von ERRs Instrument ist mir noch nicht untergekommen, mit in Richtung SUNNO))) deutenden, endlos sustainenden Subbässen, großen Hallräumen, subtilen Echos und Harmonizing. Sehr geschmackvoll, absolut eigen und bei Bedarf gewaltig: Das gut gefüllte Effektpedal scheint erst ab einer gewissen Anschlagsintensität getriggert zu werden, so dass die Dynamik von Rundles Spiel der Dynamik ihres Gesangs in nichts nachsteht.
Und so präsentiert diese kleine, ultracharismatische und zu bestimmten Einsen energisch mit dem Fuß aufstampfende Frau ein restlos überzeugendes, nicht zu langes Set, das völlig zurecht mit Beifallsstürmen goutiert wird.
Auf dem Backdrop gab es (natürlich) Wasser zu sehen, Meerespanoramen, Brandung, Rinnsale, Flüsse, geloopt und vereinzelt überblendet mit Möwen oder dunklen Pferden, dark horses, you name it. Vielleicht auch nur weil ich es gerade zum 2. Mal gelesen habe, erinnerten mich diese Sequenzen an Stanislaw Lems „Solaris“, dessen Hauptfigur ein extraterrestrischer Ozean ist, der ein Bewußtsein hat und nach seinen ganz eigenen Regeln existiert und erschafft; so wie ERR.
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