GLENN HUGHES, KING HERD / 19.04.2024 – Hamburg, Fabrik
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Mittwoch, 24. April 2024 20:26
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Was hatte ich mich vor ein paar Jahren geärgert, als GLENN HUGHES in der Fabrik spielte und ich dieses Konzert nicht besuchen konnte! Die Möglichkeit, hier eine letzte Chance verpasst zu haben, bestand ja durchaus. Doch dann erblickte ich beim SLIME-Gig das geil bunte Plakat GLENN HUGHES „50 Years Burn Album Tour 2024“ und bestellte noch in derselben Nacht eine Karte. Für mich als DEEP-PURPLE-Anhänger nahezu aller Phasen und Inkarnationen dieser Urkraft von Band ist GLENN HUGHES mit Purple-Songs ein fehlendes Puzzleteil. Denn wer von den noch lebenden Protagonisten spielt Sachen von „Burn“, „Stormbringer“ oder „Come Taste The Band“? Dazu kommt: GLENN ist on fire, das kann man auf diversen Platten seiner zahlreichen Projekte in den letzten Jahren hören. Ich erwarte also einiges. Und bekomme… mehr!
Bilder von Nico Krogmann.
Die schnuckelige Fabrik ist sehr gut gefüllt, als ich mich einfinde. Das Publikum erweist sich als sehr gemischt. Es sind sicher Leute anwesend, die „Burn“ im Jahre des Erscheinens 1974 abgeerntet haben, aber auch viele jüngere Besucher:innen und alles, was da so dazwischenpasst. Ich treffe sofort auf Bekannte und nach einigen Begrüßungen und Gesprächen beginnen auch schon KING HERD. Diese Band, die wie Glenn Hughes aus dem Black Country stammt, passt von der Ausrichtung her erfreulicherweise recht gut zum Hauptact. Classic Rock gibt’s nämlich auf die Ohren, und das auf äußerst geschmackvolle und im positiven Sinn professionelle Weise. Die Musiker dürften noch (relativ) jung sein, haben aktuell erst einen Longplayer am Start, könnten aber durchaus bekannter werden. Die kräftige Stimme dürfte für meinen Geschmack noch etwas prominenter im Mix vertreten sein, sie transportiert aber packende Melodien. Alles wird tight und spielfreudig auf den Punkt gebracht (sehr guter Schlagzeuger!), da kann die Reaktion des Publikums gar nicht schlecht ausfallen. Man kann förmlich sehen, wie sich die anfänglich versteinerten Mienen aufweichen. Der Applaus wird von Song zu Song lauter – KING HERD fahren schließlich ordentlich Zuspruch ein und dürften Hörer:innen gewonnen haben.
Je länger ein Musiker dabei ist, desto weniger Zinnober veranstaltet er, zumindest habe ich das in manchen Fällen so erlebt. GLENN HUGHES gehört dazu: Ein Intro gibt’s nicht, die Band kommt auf die Bühne, Hughes bewegt sich zum Mikroständer und sagt erst mal „I love you!“, bevor irgendetwas passiert. Irgendwie schön. Dass der Kerl noch singen und Bass spielen kann, hatte ich durchaus erwartet, aber die anderen Bandmitglieder müssen den Kram bringen, den Ritchie Blackmore, Jon Lord, Ian Paice und Tommy Bolin eingespielt haben. Mit „Stormbringer“ geht es los und mein Unterkiefer klappt mit jeder Sekunde weiter nach unten. Besser kann man diese Art Musik nicht performen! Was sind das für Tiere? Antwort: An der Gitarre Søren Anderson (auch Jesper Binzer Band), am Schlagzeug Ash Sheehan und an der Orgel Bob Fridzema (auch mit Bernie Marsden unterwegs). Dieser Besetzung gelingt es (scheinbar) mühelos, die verschiedenen Facetten der Mark III/IV-Phase zu interpretieren, die immerhin riffgeladene Rocker, Proto-Speed Metal, Soul, Blues und Funk umschließt. Die große Klammer bilden der bereits genannte Opener und das heiß ersehnte und ganz zum Schluss gespielte „Burn“. Hughes selbst ist glänzend aufgelegt und plaudert zwischen den Songs aus den alten Zeiten, so mit Ritchie an der Bar beim Songwriting oder mit Bruder Bolin zu „crazy Glenn-Zeiten“ unterwegs (heute sei er zum Glück „sober Glenn). Jon Lord und Tommy Bolin wird zudem ausführlich das Gedenken ausgesprochen. Manchen mag das zuviel Gesabbel sein, ich aber mag das hören, zumal Hughes so unverstellt hippiesk wirkt. Die eigentliche Sensation ist aber das seelenvolle Spiel aller Beteiligten. „Might Just Take Your Life“, „Sail Away“, „You Fool No One“, “High Ball Shooter”, “Mistreated”, “Gettin’ Tighter” oder “You Keep On “Moving” werden durch herrliche Improvisationen, Soli und Jams zu intensiven Darbietungen, die aber gleichzeitig den Spirit der Albumversionen verkörpern. Und man muss auch klar sagen, dass GLENN HUGHES stimmlich wirklich keinerlei Limits kennt, er kann bluesig und kratzig singen, aber auch die dynamische Kopfstimme in markerschütternder Weise zum Einsatz bringen. Ich empfinde es als Glück, dies 50 Jahre nach „Burn“ noch in dieser Qualität erleben zu dürfen! Ich liebe ja auch die aktuellen DEEP PURPLE, bei denen man sich damit arrangieren muss, dass die Stücke mit den ganz hohen Gesangspassagen eben nicht mehr gespielt werden oder Ian Gillan bestimmte Passagen und Songs halt anders singt (auch auf seine Weise vollständig großartig). Wie es möglich sei, dass der 1951 geborene Hughes auch 2024 so zu schmettern vermag wie 1974? Er sei nur das Medium erklärt THE VOICE OF ROCK, daher sei er selbst auch einfach nur froh und dankbar. Die Stimmung geht jedenfalls mehrfach durch die Decke und am liebsten möchte man nach dem aufputschenden „Burn“ die Hütte nicht verlassen, sondern weiter schwelgen.
GLENN HUGHES wird zurückkommen. Aber dieses Kapitel der Purple Classics sei beendet, denn nun stehe ein weiteres Album mit BLACK COUNTRY COMMUNION an, zudem eine Tour mit Songs seines Solo-Katalogs. Auch gut, hin da!