ZOI!S, GORDON SHUMWAY, FRACHTER / 16.03.2024 – Kiel, hansa48

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ZOI!S feiern die Veröffentlichung ihres ersten Albums „Alles explodiert“. Zur Album-Releaseshow in der Hansastr. 48 sind GORDON SHUMWAY (Kiel) und FRACHTER (Weimar) geladen. Da sind wir doch dabei! Und das nicht als einzige, vielmehr zeigt sich die hansa48 heute als fast ausverkauft. Wir treffen viele Leute wieder, die wir viel zu lange nicht gesehen haben. Da ist es kein Wunder, dass das Konzert irgendwann in einem fließenden Übergang tatsächlich zur Party im wortwörtlichen Sinne wird, die sich (in unserem Fall) bis in die frühen Morgenstunden hinzieht. Ab geht der Punk:

 

ZOI!S

Bilder von MJ. 

 

FRACHTER aus Weimar legen los. Wie auch ZOI!S und GORDON SHUMWAY haben FRACHTER ein Album auf Gunner Records raus. Ist also eine regelrechte Labelparty heute! Vorher las ich etwas von Emopunk, empfinde den Emofaktor beim Konzert aber eher als gering. Ich hätt einfach Punk gesagt, deshalb schreib ich das jetzt auch, so! Das Trio zockt flott nach vorne und bietet einprägsame Hooks. Ab und zu mache ich einen leichten Hardcore-Touch aus, das Ganze noch durch Post-Punk-Gitarrenmelodien angereichert. Die Band scheint nach ein paar Songs erstaunt zu sein, dass recht viele Leute in die Halle kommen und auch bleiben. Sympathisch. Witzig finde ich auch, dass der Bassist ein THE-CHISEL-Shirt trägt, denn just heute brachte mir der Postbote deren neues Album „What A Fucking Nightmare“ (übrigens eine gute Platte). Noch ‘n Pluspunkt. Gibt’s auch Kritik? Jo, etwas mehr Bewegung auf der Bühne könnte es ruhig geben. Aber muss ja auch nicht.

 

FRACHTERFRACHTER

 

 

Es ist tatsächlich schon vier Jahre her, dass ich GORDON SHUMWAY live gesehen habe (Review). Fand ich es damals schon gut, hat sich bei dem Duo in der Zeit einiges getan. Ich bin regelrecht schockiert, dass diese Entwicklung nahezu komplett an mir vorbei gegangen ist. Immerhin hatte ich 2020 die 7“ „Alpaka Suicide“ abgeerntet. Und jedes Jahr zu Weihnachten schicken die Dudes mir so ‘ne geile Weihnachts-Postkarte (bitte weitermachen damit, ich lese die auch!). Aber was erblicken meine entzündeten Augen jetzt am Merch? Gleich ZWEI ausgewachsene Platten! Viele der Anwesenden haben mir voraus, dass sie die meisten der Stücke kennen und mitsingen. Mitsingen! GORDON SHUMWAY haben den Mob voll im Griff, Jören lässt die Leute auf Kommando klatschen („Das muss klingen wie so’n alter Diesel“), den Bandnamen ZOI!S inklusive Ausrufezeichen buchstabieren und spielt mal Schlagzeug, mal lässt er Dr. Rhythm tuckern und gesellt sich mikrofonierend zu seinem Kompagnon Nils am Bass. Die Chose schiebt, rattert, dengelt und rotzt ganz geil! Am besten sind die Texte! Es geht meist um Arschlöcher, nichts Neues im Punk. Aber wie man wen womit beleidigt, das ist die Kunst. In „Hippe Dudes“ geht's um Arschlöcher, die in der Campus Suite abhängen und sich geil finden, in „Slackline“ um Arschlöcher, die mit ihrer Slackline im Park abhängen und sich geil finden („Bitte erhäng dich mit deiner Slackline im Park“), in „Franchise Fressen“ um Arschlöcher, die bei McDreck abhängen und sich geil finden. Als totaler Hit erweist sich auch der „Sexfluencer“! Der handelt von Arschlöchern, die – na, ist klar. Ein Auftritt wie ein Fausthieb, ich ernte danach wie in Trance die beiden fehlenden Tonträger ab.  

 

GORDON SHUMWAYGORDON SHUMWAY

 

 

Nun ist es Zeit für ZOI!S, die sich immer noch als Schleswiger Band vorstellen. Erstaunlich, was diese Stadt schon alles an guten Bands ausgespuckt hat. Ist ja nicht mehr viel los da. Aber vielleicht ist das gerade der Grund. Entweder wirste Dorfproll und hörst „Deutschrock“ aufm Baltic oder entfliehst der Scheiße durch die Gründung einer geilen Punkband. ZOI!S sind mit den Jahren aus meiner Sicht immer besser geworden und das unterstreichen sie heute mit einem emotional aufgeladenen Konzert. Der Sound ist richtig gut und bringt die Facetten ihres Post Punks deutlich zur Geltung. Das detailreiche Gitarrenspiel lässt sich so richtig genießen, Hannes spielt sehr rhythmisch, mit viel Reverb und sorgt für eine melancholisch-düstere Grundstimmung. Dazu treiben Bass (Marvin) und Schlagzeug (Rasmus) unermüdlich voran. Extrem charismatisch klingt mittlerweile Felix‘ Stimme, die hell und klagend durch Schall und Raum schneidet. Die Lyrics sind heftig und beschäftigen sich mit Resignation, Wut, Depression und Verzweiflung. Sehr eindringlich kommt zum Beispiel der Titelsong der neuen Platte „Alles explodiert“: „Und alles explodiert! / Alles wird noch schlimmer! / Das, was jetzt passiert, / bleibt garantiert für immer!“ Die Texte intoniert Felix äußerst deutlich, so dass man ihnen auch ohne Vorkenntnis folgen kann, bei Konzerten ja nicht selbstverständlich. Sehr gelungen finde die Fragen, die sich das lyrische Ich in „Der große Untergang“ stellt: „Ja und plötzlich muss ich fragen, / ob ich Teil der Falschen bin. / Es lässt mich nicht mehr schlafen, / es ist zu unbequem.“ Aber so negativ Songs wie „Nichts“ oder „Tränen“ auch wirken, tanzbar sind sie gleichzeitig auch. Spätestens ab der Hälfte des Auftritts wogt die Menge hin und her. Ich glaub, alle Beteiligten können mit dem Verlauf des Abends glücklich sein. 

 

ZOI!SZOI!S

 

Hansa48 – immer wieder herrlich hier!

 

GORDON SHUMWAY

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