SCREAMER, HAUNT, GLACIER, IRON KINGDOM / 15.03.2024 – Hamburg, Bambi Galore

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Für diesen Abend verleihen wir Flo die UNSICHTBARE DREMU-ORANGE 2024, die bekanntlich jährlich für besondere Leistungen im Bereich des Schwermetall-Bookings vergeben wird. Was höre ich da aus der Mecker-Lounge? Das Bambi habe doch nur „hier“ gerufen und sich den freien Slot dieser Tour gegriffen? So einfach ist das keineswegs. Vielmehr handelt es sich eigentlich um zwei verschiedene Touren (einmal GLACIER und IRON KINGDOM, einmal SCREAMER und HAUNT), die man für den heutigen Tag aber vereinen konnte. Die Verhandlungen sollen mit harten Bandagen geführt worden sein, denn wer spielt schon gern als letzter von vier, wer als erster! Wo soll das ganze Merch hin, wer schält so viele Kartoffeln? Aber tatsächlich läuft alles reibungslos, die Hütte ist ausverkauft, der Eintrittspreis von 30,- Euro für vier Bands ja auch äußerst fair. Für mich sind das vier Bands, für die ich auch jeweils einzeln nach Hamburg gefahren wäre. Revolt!

 

HAUNT

Bilder von MJ und Rüdiger Naffin. 

 

IRON KINGDOMIRON KINGDOM 

 

IRON KINGDOM bringen sofort Schwung in die Bude. Diese Band anzusehen macht einfach immer Spaß! Die leichtfüßigen Doppelgitarrenläufe, der herrliche Gesang Chris Ostermans, die permanente Action auf der Bühne und obendrauf noch ausschließlich Knallersongs – all das sorgt für unwiderstehliche Anziehungskraft. Gitarristin Megan Merrick wechselt wiederholt die Bühnenseite, um mal mit Bassist Leighton Holmes, mal mit Osterman um die Wette zu bangen und zu posen. Manchmal gelingen der Band regelrechte PRIEST-Wackel-Moves, was mich so begeistert, dass ich dann immer Bier verkleckere. Ich mag alle fünf IRON-KINGDOM-Alben, verständlicherweise konzentrieren sich die Kanadier:innen aber auf die letzten beiden, „The Blood Of Creation“ und „On The Hunt“. Höhepunkte herauszuheben fällt schwer, denn es gibt keinen schwachen Moment. Aber gut, ich nenne „Queen Of The Crystal Throne“, „Hunter And Prey“, „Road Warriors“ und den Klassiker „Vodoo Queen“. Mit einem schön schnellen und nah am Original gesungenen HELLOWEEN-Cover „Victim Of Fate“ rennt man in Hamburg natürlich offene Türen ein.

 

IRON KINGDOMIRON KINGDOM

 

 

GLACIERGLACIER 

 

Dass ich GLACIER mal live sehen könnte, hätte ich bis 2017 nicht zu hoffen gewagt, aber dann gab es ja den DEVIL IN DISGUISE-Auftritt auf dem KEEP IT TRUE und nach der Reunion 2022 die Sause auf dem HEADBANGERS OPEN AIR. Auch heute zeigen sich Michael Podrybau und seine Recken voll im Saft. Das Material der 1985er EP ist zeitlos glänzender Stahl, der feurig dargeboten wird. „Ready For Battle“, „Devil In Disguise“, „Speak No Evil“ – besseren US Metal gibt es nicht. Und Podrybau singt den Stoff mit einer Power und einem Stimmvolumen, dass man wirklich staunen muss. Ebenfalls unfasslich ist ja die Qualität des 2020er Albums „The Passing Of Time“, welches heute durch „Infidel“, „Ride Out“ und „Into The Night“ repräsentiert wird. MJ will sich weiter nach vorne kämpfen, um ein paar Fotos aus der Nähe knipsen, muss sich aber wegen Pit-Eskalation wieder zurückziehen. GLACIER präsentieren auch einen brandneuen Song, der Bock auf eine weitere Scheibe macht und schließen – natürlich – mit dem Ultra-Brecher „Vendetta“, der aus zahlreichen Kehlen mitgeschmettert wird. Ach ja, Bonuspunkte gibt’s für den engagierten Bassisten, der den ganzen Gig über wie ein Maniac bangt.

 

GLACIERGLACIER

 

 

HAUNTHAUNT

 

Endlich wieder HAUNT! Ich bin ja großer Fan und versuche, den immensen Output der Band komplett abzuernten. Zehn Longplayer in sieben Jahren, dazu die Splits, 7“s und EPs – das sind schon Ausmaße wie bei FUCKED UP. Mich kickt die Mischung aus Heavy Metal, einem unterschwelligen Punk-Einfluss sowie einer gewissen Melancholie sehr. Und ich bin nicht allein, im Bambi befinden sich heute viele Anhänger:innen vom Schaffen Trevor William Churchs. HAUNT legen mit viel Charisma los und lassen sich durch anfängliche Soundschwächen (Gitarren zu leise) nicht irritieren. Auch das wiederholte Aussetzen eines Sample-Pads kommentiert Trevor lässig: „This is our Keyboarder Brendan Flowers – I think we have to fire him“ (oder so). Der Sound wird stetig besser, überall fliegen die Köpfe, als clever komponierte Songs wie „Hearts On Fire“, „Fight The Good Fight“, „Mind Freeze“ oder „Frozen In Time“ erklingen. Auf ersteren Song reagieren ein paar Spaßvögel mit dem Refrain des gleichnamigen HAMMERFALL-Stücks. Auch hier reagiert Trevor super und erklärt schmunzelnd, dass ihm das HF-Stück beim Schreiben nicht bekannt gewesen sei: „I wrote this song about a skater friend“. Auch bei HAUNT explodiert der Pit geradezu, und zwar als die Kalifornier „Burst Into Flame“ spielen. Ich will mehr HAUNT!

 

HAUNTHAUNT

 

 

SCREAMERSCREAMER 

 

SCREAMER habe ich von allen Bands des heutigen Abends am häufigsten gesehen, gleichzeitig ist das letzte Mal am längsten her. Ich bin dann doch erstaunt, wie deutlich ihre Beliebtheit gewachsen ist! Denn nach drei derart guten Formationen könnte ja auch die Luft raus sein. Doch mitnichten, das Gegenteil ist der Fall. Es wird noch mal voller und die Leute feiern SCREAMER von A bis Z ab. Mit Recht! Die Songs der Schweden treiben unermüdlich voran und besitzen großartige Refrains. Ich war ja damals erst etwas traurig über den Wechsel am Mikro, aber durch Andreas Wikström ist die Band wohl endgültig aus dem Underground herausgekrochen. Er gehört zu diesen typisch schwedischen Frontmenschen, die das Rocken offenbar mit der Muttermilch aufgesogen haben. Gut gelaunt, gleichsam zwingend stampfen und rollen „Shadow Hunter“, „Highway Of Heroes“ (was für ein gigantischer Stadion-Refrain!), „Kingmaker“, „The Traveler“, „Burn It Down“, „Can You Hear Me“ (Klasse-NWOBHM-Flair!) oder „Out Of The Dark“ durch die Bambi-Katakomben. Einen großen Anteil an der Durchschlagskraft dieser Darbietung hat wieder mal Henrik Peterssons lebendiges und druckvolles Schlagzeugspiel. Dazu bietet der Hüne auch optisch ein Schauspiel, hat er doch Crash- und Ridebecken traditionell extrem hoch hängen und bearbeitet selbige mit außerweltlich wirkenden Tentakelmoves. Mit „Rock Bottom“ schließt man das Ding mit einem Bandhit aus der Frühphase (wie frech ist übrigens allein der Titel) ab und alle sind glücklich.

 

SCREAMERSCREAMER

 

 

Dat war super, Danke an die Bambi-Crew für den tollen Abend und auch dafür, dass „ausverkauft“ hier nicht bedeutet, dass man den Laden bis zum Gehtnichtmehr vollquetscht!

 

SCREAMER

Bewertung: 5 / 5

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