ROCK HARD FESTIVAL XX / 26.05.2023 – Gelsenkirchen, Amphitheater, Tag 1

3 Dislike0

Philipp: Was für ein Billing! Für mich stellt das diesjährige ROCK HARD FESTIVAL eines der stärksten Open Airs 2023 dar, was ausdrücklich nicht nur für die Bandauswahl gilt, sondern für das nahezu perfekte Gesamtbild (Amphitheater, Sound, Organisation…). Mit MSG / MICHAEL SCHENKER GROUP schließt sich auch eine riesige Lücke in meiner Konzertvita, hatte ich die Band doch 1983 verpasst und harrte nun 40 Jahre auf eine zweite Chance (Außerhalb von MSG sah ich Michael Schenker immerhin zweimal, auf der Solotour zur "Thank You" und bei der U.F.O.-Reunion Mitte der Neunziger). Da können selbst die Absagen von zwei weiteren Faves (DISCHARGE und EXODUS) die Vorfreude nicht trüben, zumal sich die beiden „Ersatzbands“ VOIVOD und SODOM letztlich als zwei der Highlights erweisen.

Da wir am Freitag nicht so früh loskommen, verpassen wir die ersten beiden Bands SCREAMER und MOTORJESUS. Immerhin können wir in unserem gemütlichen Airbnb einchecken, uns ein Wegbier greifen und noch einen großen Teil von HOLY MOSES sehen. Ab geht’s!

 

TRIPTYKON

Fotos von MJ, Stefan Harkonnen und Christian Claußen.

 

Strecker: Zum 20 jährigen Jubiläum haben die Organisatoren ein tolles Billing zusammengestellt und uns ist die Entscheidung leicht gefallen mal wieder nach Gelsenkirchen zum Rock Hard Festival zu fahren. Die Absagen von DISCHARGE und EXODUS haben meine Vorfreude schon etwas getrübt. Mit VOIVOD wurde für mich aber eine sehr gute Alternative verpflichtet. Mit SODOM … ich sage mal naja. Ist natürlich nur meine persönliche Meinung.

„Nicht so früh loskommen“ nehme ich auf meine Kappe. So ein Vormittag ist aber auch immer schnell um. Die Straßen waren zum Glück halbwegs frei und die Anzahl der Baustellen und die damit verbundenen Staus hielten sich in Grenzen. Inklusive einchecken und kurzer Planlosigkeit, wie wir vom Appartement zum Amphitheater kommen, haben wir es trotzdem fast pünktlich zum Konzertbeginn von Holy Moses vor der Bühne geschafft. Von den anfänglichen Soundproblemen, von denen in anderen Berichten zu lesen ist, habe ich nichts mitbekommen. Allgemein muss ich sagen, dass mir der Sound bei allen Bands gut gefallen hat. Dies ist gerade bei Open Airs keine Selbstverständlichkeit. Klar hätte die Musik ab und zu gern etwas lauter sein können, aber das Amphitheater ist nun mal Nahe einer Wohnsiedlung gelegen und von daher ist etwas Rücksicht auf die Anwohner schon in Ordnung. Andersrum würde ich vermutlich durchdrehen, wenn ich in  Hörweite eines Schlagerfestivals wohnen würde und Nachts noch Texte über Sangria saufende Friseusen, die beim Holzmichel leben, hören müsste.

 

ROCK HARD FESTIVAL 2023

 

HOLY MOSES

 

HOLY MOSESHOLY MOSES

 

Philipp: Als Schlusspunkt für ihre Bühnenkarriere hat sich Sabina Classen ihren 60. Geburtstag gesetzt, der am 27.12.2023 in der Hamburger Markthalle mit dem letzten HOLY-MOSES-Auftritt gefeiert werden wird. Das gilt es zu respektieren, auch wenn man es angesichts der heutigen Leistung schade findet. Denn Sabina wirkt total fit, zudem ist das aktuelle Bandalbum „Invisible Queen“ eines der besten ihrer gesamten Diskografie. Bei hervorragendem Sound schreddert die Band Thrasher wie „Near Dark“, „Nothing For My Mum“ oder „World Chaos“ herunter. Die neuen Stücke „Cult Of The Machine“ und „Invisible Queen“ knüpfen auch live an den leicht progressiven Touch der „The New Machine Of Liechtenstein“-Scheibe an. Sabina hüpft agiler als Jane Fonda im Erscheinungsjahr dieses Albums (1989). Schön auch, dass ihr Ex-Mann Andy Classen, der bei „Finished With The Dogs“ eine zweite Gitarre beisteuert. Mit „Life’s Destroyer“ und „Current Of Death“ wird der Sack kompetent zugemacht. Ich freue mich jetzt schon auf den HOA-Gig und die finale Show! 

Strecker: Holy Moses ist eine Band, die es schon gibt, seit ich Musik höre. Ich erinnere mich auch noch daran, dass die Platten in Magazinen nicht gerade überschwänglich gelobt wurden. Rückblickend denke ich aber, dass Bands wie z.B. ARCH ENEMY ohne HOLY MOSES anders klingen würden. Trotzdem sind HOLY MOSES dadurch etwas an mir vorbei gegangen und so sehe ich die Band auf deren Abschiedstour zum ersten Mal und vermutlichen letztem Mal live. Immerhin habe ich mal TEMPLE OF THE ABSURD gesehen.

Die Band hat richtig Bock und wirkt überhaupt nicht wie eine Band, die eines der letzten Konzerte ihrer Karriere spielt. Allen voran tobt Sabina Classen über die Bühne und animiert das Publikum immer wieder zu begeisterten Reaktionen. Auftakt in ein schönes Festival Wochenende.   

 

HOLY MOSESHOLY MOSES

 

 

VICIOUS RUMORS

 

VICIOUS RUMORSVICIOUS RUMORS

 

Philipp: Nach dem Supergig auf dem KEEP IT TRUE herrscht nichts als Vorfreude auf VICIOUS RUMORS. Und ich bin sehr froh, die Band heute ein zweites Mal mit Ronny Munroe am Mikro sehen zu können, denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass nach Carl Albert (R.I.P.) kein Sänger lange im Line-Up verblieb (tatsächlich ist Munroe mittlerweile wieder draußen, mehr dazu im HOA-Review demnächst). Wie schon bei METAL CHURCH versteht es Munroe wirklich gut, die unterschiedlichen Charakteristika seiner Vorgänger stimmlich wiederzugeben. Wir reden immerhin von David Wayne (R.I.P.) und Mike Howe (R.I.P.) sowie Gary St. Pierre und dem bereits erwähnten Carl Albert! Besonders die sogenannte „Atlantic Years“-Phase der Band steht im Fokus des Auftritts, also Songs der Alben „Digital Dictator“ (1988), „Vicious Rumors“ (1990) und „Welcome To The Ball“ (1991). Was sind das auch für geile Stücke, was hatte die Band damals einen Lauf! Ich verzichte mal darauf, die Setlist herunterzubeten – es sind eh ausschließlich Killersongs, die fast so gut wie „damals“ dargeboten werden. Besonders cool: Beim KIT fehlte „Don’t Wait For Me“, heute spielen sie es! Mit „March Or Die“ und „Soldiers Of The Night“ werden auch zwei Songs vom Debut gezockt. Supersache, aber richtig sensationell wird es dann auf dem HEADBANGERS OPEN AIR, wo das Schicksal gleich doppelt zuschlagen wird… 

Strecker: Mit einer Setlist, die hauptsächlich aus Songs der vermutlich erfolgreichsten / bekanntesten Phase der Band besteht haben es VICIOUS RUMORS leicht die Zuhörerschaft von sich zu überzeugen und es ist durchweg viel Bewegung im Publikum. Die Musiker sind natürlich Könner und wissen wir die Gitarrensaiten zu bewegen Trommelstöcke zu schwingen sind und  Sänger Ronny Munroe weiß stimmlich und durch ein selbstbewusstes Auftreten zu überzeugen. Das Konzert wird fast schon zu einem Triumphzug und es schade ist, dass das es  so schnell vorbei ist.   

 

VICIOUS RUMORS

 

BENEDICTION

 

 BENEDICTIONBENEDICTION

 

Philipp: Jaa, BENEDICTION gehen immer! Seit der Rückkehr von Dave Ingram sehe ich die Band heute zum dritten Mal. Die Birmingham-Legende verlässt sich nicht ausschließlich auf eine Old-School-Setlist, sondern ballert insgesamt fünf Songs der „Scriptures“-LP ins Amphitheater, aber das Ding ist ja auch genial. Besonders „Stormcrow“ und „Progenitors Of A New Paradigm“ sorgen für ordentlich Alarm im gut gefüllten Innenkreis. Das gilt natürlich auch für die Klassiker, die ebenfalls gespielt werden – immerhin sind nicht weniger als acht Scheiben beim heutigen Auftritt repräsentiert. Wenn ich meine absoluten Glücksmomente benennen müsste, wählte ich wohl „Nightfear“ (dieser Groove!), „Subconscious Terror“ und „The Dreams You Dread“. Aber eigentlich kannste das ganze Konzert über durchbangen. Dieser sägende Gitarrensound, diese authentisch rohe Gewalt! Und man muss diese Typen einfach mögen, das möchte ich doch explizit hervorheben. Wenn ich nicht gerade headbange, ergötze ich mich an der Mimik von Darren Brookes. Muss man gesehen haben! 

Strecker: Death Metal ist an diesem Wochenende leider die Ausnahme und um so mehr freute ich mich auf BENEDICTION. Aus bekannten Gründen konnte Scripures nur unzureichend mit Konzerten beworben werden. Von daher liegt der  Schwerpunkt der Setlist auf Songs des Albums und wird durch einige Klassiker der Band ergänzt. Auch wenn es Death Metal und die Musik böse ist, finde ich, dass BENEDICTION bei ihren Konzerten immer eine positive Energie versprühen, die auf das Publikum überspringt und die Konzerte daher zu einer Party werden. Hat Spaß und Lust auf Erfrischungsgetränke gemacht. 

 

BENEDICTIONBENEDICTION 

 

 

TRIPTYKON

 

TRIPTYKONTRIPTYKON

 

Philipp: TRIPTYKON spielen heute streng genommen keinen eigenen Song, sondern bringen eine reine „Early CELTIC FROST-Show“. Das schmeckt nicht jedem, da die Stücke natürlich von der TRIPTYKON-Besetzung anders gespielt oder sogar interpretiert werden, als es die Originalbesetzung getan hat. Aber wer meckern will, findet immer etwas und die Entscheidung, wie sein Werk von seiner Band gespielt wird, liegt einzig und allein bei Tom Warrior. Und sowohl sein Gitarrenspiel als auch seine Stimme können ja wohl nur als höchst charismatisch und unverwechselbar angesehen werden. Abgefahrenerweise spielen TRIPTYKON die Songs in einer fast chronologischen Reihenfolge. Erst kommen also die beiden EPs „Morbid Tales“ und „Emporer’s Return“ zum Zuge, deren Songs ineinander verzahnt, aber vollständig gespielt werden. „Danse Macabre“ wird als Intro genutzt, ich hab schon jetzt ‘ne Gänsehaut. Als Fan der ersten Stunde geht mir das runter wie Öl, wobei ich mir HELLHAMMER und diese ersten CF-EPs bei Erscheinen erarbeiten musste. Heute sind diese Stücke wohl Teil meiner DNA geworden und ich empfinde sie als angenehm hörbar, geradezu eingängig. Mein Favorit aus dem gesamten Warriorversum ist aber bis heute „To Mega Therion“, weshalb ich die letzten Stücke „The Ursurper“, „Jewel Throne“, „Dawn Of Meggido“, „(Beyond The) North Winds“ und „Necromantical Screams“ („Tears In A Prophet Dream“ dient als Outro, „Fainted Eyes“ fehlt) bis ins Mark genieße. Monströses Ding und ein angemessener Tagesheadliner! 

Strecker: Fanden die Konzerte bisher alle bei Sonnenschein also Tageslicht statt wird es nun langsam dunkel und das passt super zu einer Band wie TRIPTYKON. Die Lightshow wird stimmig und effektiv eingesetzt und unterstützt die Musik optimal. Wie nicht anders zu erwarten ist sind die Musiker top aufeinander eingespielt und es macht einfach nur Spaß, die Songs live zu erleben. Im Vorwege des Konzerts wurden von einigen Leiten Bedenken geäußert, dass die Lieder neu interpretiert werden und kaum noch zu erkennen sein würden. Ich habe keine Ahnung, woher diese angebliche Information stammt. Dem war nicht so und die Songs wurden nahe an den Albenversionen gespielt. Großartiges Konzert und für mich das Festivalhighlight. 

 

TRIPTYKONTRIPTYKON 

 

Philipp: Wir freuen uns schon auf die beiden Folgetage und ich kann schon mal verraten, dass ich mir alle Bands ansehen werde! TBC!

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv