WARBRINGER, EVIL INVADERS, SCHIZOPHRENIA, MASON / 31.03.2023 – Hamburg, Bahnhof Pauli

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Was für ein geiles Package! Für jede dieser drei Bands (WARBRINGER, EVIL INVADERS und SCHIZOPHRENIA) wäre ich auch einzeln nach Hamburg gebrettert. Erst auf der Fahrt erfahre ich, dass sogar nach eine vierte Band angekündigt ist, die sich später als MASON aus Australien entpuppt.

Wir sind früh vor Ort, verkaufen noch ein Ticket für einen an Corona erkrankten Kumpel („Corona? Das gibt’s noch?“, fragen übrigens fast alle Angesprochenen) und haben noch etwas Zeit zum Abhängen. Dafür gäbe es schönere Orte als die Reeperbahn, die sich jetzt am frühen Abend so langsam mit Mutanten füllt. Wir setzen uns an eine der Buden direkt auf diesem Mittelstreifen am Spielbudenplatz, was ich tatsächlich noch nie in meinem Leben gemacht habe. Ich weiß auch, warum nicht: Kaum haben wir unsere Getränke bekommen, trudeln die nächsten Gäste ein – eine fünfköpfige Männergruppe aus Bayern. Klar, keine Vorurteile und so, theoretisch könnten einem auch fünf betrunkene Frauen aus Tokyo oder von den Molukken auf den Senkel gehen, das hab ich nur faktisch noch nie erlebt. Die fünf Touristen, die wir hier real vor uns haben, entsprechen jedem erdenklichen Klischee, sie können sich offenbar nur brüllend verständigen, nerven die nette Tresenfrau mit unterirdischen Sprüchen und saufen sich durch die Getränkekarte. Als ich den hiesigen Toilettenwagen entere, ist die Kabine bereits besetzt. Natürlich von einem der bayerischen Gäste und natürlich steckt kurz darauf einer seiner Kumpels den Kopf in den Wagen und brüllt in ohrenbetäubender Lautstärke hinein „Horscht, du stiankst!“ Nie wieder Reeperbahn!

 

EVIL INVADERS

Bilder von Rüdiger Naffin und Bö Börbel, Crowdshot von der EI-Fb-Seite geklaut. 

 

Hui, der Bahnhof Pauli hat immense Umbauarbeiten erfahren! Die Seitentreppen und Stege fehlen nun völlig, wodurch der Saal größer wirkt und wohl auch mehr Besucher:innen fasst. Noch sei man nicht durch mit der Umgestaltung, erfahre ich am Tresen. Bin gespannt, was hier noch so passiert. Der Laden ist ja tiptop, der Sound durchweg super, die Sichtverhältnisse optimal, fehlt eigentlich nur wirklich leckeres Bier am Tresen.

 

MASON 

 

Ich stehe auf die Situation, wenn sich eine völlig unbekannte Band vor so einem Package beweisen muss. MASON nutzen ihre Chance und räumen letzten Endes regelrecht ab. Die Australier spielen wilden Thrash Metal mit vielen Ideen, bei denen man aufhorcht. Die Band zeigt eine hohe Agilität auf der Bühne, so rennen die einzelnen Bandmitglieder von einem zum anderen Mikro und wechseln häufig ihren Standort. Besonders der glatzköpfige Gitarrist überzeugt mit ausladenden Sprüngen. Musikalisch finden MASON durchaus ihre eigene Nische im Thrash, so manches Riff und diverse melodische Leads bleiben hängen. Auch der aggressive Gesang gefällt. Am Schluss ist die Hütte voll und alle Arme sind oben. Gelungener Opener!

 

SCHIZOPHRENIASCHIZOPHRENIASCHIZOPHRENIA 

 

Ich erfahre kurz vorm Auftritt der Belgier, dass SCHIZOPHRENIA auch auf dem MOSH IM MAI zocken werden. Herrlich, denn das bedeutet nicht nur, dass sie bald in Kiel spielen, sondern auch, dass wir uns mit VLADIMIR HARKONNEN und CATBREATH mit SCHIZOPHRENIA die Bühne teilen! Die Hunde liefern den erhofften Barbaren-Abriss. Starteten sie ja mit ihrer ersten EP noch als reine Thrashband, kamen wenig später Death-Metal-Einflüsse hinzu. Diese Melange funktioniert in diesem Fall hervorragend. Die Energie, welche SCHIZOPHRENIA versprühen, erinnert mich an die jeweils ersten Touren von MORBID ANGEL und DEMOLITION HAMMER. Totale Aggression gepaart mit tödlichen Riffs und fiesem Gurgelgesang. Nach fünf zerstörerischen eigenen Nummern wie „Souls Of Retribution“, „Sea Of Sorrow“, „Divine Immolation“ und „Onwards To Fire“ folgen gleich zwei Coversongs. „Maze Of Torment“ (MORBID ANGEL) hatten sie bereits beim letzten Mal im Bambi im Programm, der passt auch sehr gut zum eigenen Stil. Gleich darauf folgt mit „Bullet“ ein MISFITS-Cover, der nach dem Technik-Gehacke herrlich simpel-brutal dengelt. Mit „Cranial Disintegration“ und „Structure Of Death“ machen die Hunde den Sack zu und lassen ein durchweg begeistertes Publikum zurück. 

 

EVIL INVADERSEVIL INVADERSEVIL INVADERS

 

Nun wird der Hysteriefaktor noch gesteigert, alle Regler gehen auf Elf und Vorsicht, wenn du die Pulle ansetzt! EVIL INVADERS in the house! Seit Jahren machen die Belgier live wirklich alles richtig und sind dementsprechend Schritt für Schritt bekannter geworden. Mein einziger Kritikpunkt war ja früher, dass bei den Songs zu wenig hängenbleibt. Nun hat Joe offensichtlich Gesangsunterricht genommen, sich aber in jedem Fall heftig gesteigert. Die auch heute gespielten „In Deepest Black“ und „Die For Me“ sind richtige Ohrwürmer mit zum Teil ruhigen Momenten. Ansonsten wird natürlich die Brechstange gezückt und alles zu Klump gehauen. „Feed Me Violence“, „Sledgehammer Justice“, „Pulses Of Pleasure“ oder „Fast, Loud ’n’ Rude” seien als Beispiele genannt. EVIL INVADERS haben ihre Stageproduktion gehörig vergrößert. Die Ventilatoren mussten offenbar weichen, stattdessen gibt’s Pyroeffekte in Form von Funkensäulen, die geschickt eingesetzt an passenden Stellen die Meute endgültig in die Raserei treiben. Auch trägt Joe mittlerweile an beiden Seiten Dolche (!), die er gen Ende hin zückt und mit hochgereckten Armen im Bühnennebel auf ‘nem Podest steht. Was mir beim letzten Mal auf der „Kings Of The Underground“-Tour auch nicht aufgefallen war: Die EVIL-INVADERS-Logo-Schilde an den Mikroständern sind beweglich und drehen sich zu unheilig klingenden Geräuschen wie an Ketten getrieben im Kreis. Einfach nur in jeder Hinsicht over the top, zu Recht tobt den gesamten Auftritt über ein Circle Pit durch den Saal und alle rasten komplett aus. 

 

WARBRINGERWARBRINGERWARBRINGER 

 

Können WARBRINGER der Menge jetzt noch Reaktionen entlocken, nachdem diese von drei intensiven Liveattacken in die Mangel genommen wurde? Derbe: Die Antwort lautet JA! WARBRINGER drehen die Schraube der Tightness noch ein wenig enger, was ich faszinierend finde. Denn weder bei SHIZOPHRENIA noch bei EVIL INVADERS hätte ich gedacht, dass man noch tighter spielen könnte oder müsste. Doch im Vergleich erfährt man nun, dass dies durchaus möglich ist und die gnadenlose Präzision zeigt auch ihre Wirkung: Ich hatte zu Beginn des Abend noch Nacken vom HELLSHOCK-Konzi, aber jetzt wird mein Schädel förmlich zum Bangen gezwungen! Von allen bisherigen sechs Alben finden sich Songs in der Setlist und ich merke, dass mir mit Platte Nr. 5, „Woe To The Vanquished“, ein dicker Fisch durchs Netz geschlüpft war. Diese Lücke wird danach natürlich gleich am Merch geschlossen, wo man das Teil immerhin als CD für einen fairen Preis abernten kann. Die vier von der Platte stammenden Songs, die heute gespielt werden, erweisen sich nämlich als absolute Brecher: „Divinity Of Flesh“, „Remain Violent“, „Silhouettes“ sowie der Titelsong. Aber auch die „Weapons Of Tomorrow“-Stücke killen, allein das Riffing in „Firepower Kills“! Die Band bringt immer noch viel Bewegung auf die Bühne und erzeugt durch ihre Power und die durchweg guten Songs genau wie EVIL INVADERS zuvor einen durchgehenden Circle Pit. Fans der ersten Stunde feiern besonders „Living Weapon“, „Total War“ und „Living In A Whirlwind“, insgesamt ein Auftritt ohne Schwächen.

 

Feine Sache, tatsächlich noch besser als ohnehin schon erwartet! Viele tolle Leute getroffen und noch was geschenkt bekommen.

Bewertung: 4 / 5

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