KREATOR, LAMB OF GOD, MUNICIPAL WASTE / 05.03.2023 – Hamburg, Edel-Optics Arena

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Hui, was vor der Halle abgeht, erinnert von der reinen Menge an Langhaarigen und Kuttenträger:innen an Konzerte von PRIEST oder MAIDEN in den 80ern. So viele Menschen ziehen KREATOR mittlerweile. Und man muss trotz des Tourmottos „State Of Unrest“ als Co-Headline-Tour sagen, dass KREATOR für die große Mehrheit die eindeutige Hauptband sind. Ich weiß nicht, ob das in den Staaten möglicherweise anders ist, aber in Hamburg (und wahrscheinlich generell in Deutschland) gibt’s da kein Vertun. KREATOR haben sich diesen Status mit den Jahrzehnten auch einfach verdient, finde ich. Nachdem sich SLAYER aufgelöst haben, gibt es streng genommen keine andere Thrash-Metal-Band, die KREATOR den Thron streitig machen könnte. Der Titel „Reconquering The Throne“ (2001) war wohl nicht so gemeint, hat sich aber als prophetisch erwiesen.

 

KREATOR

Fotos von Max von Lobeck und Torsten Matzat.

 

Ich stehe zwar eher auf kleine Klubs, aber an der Edel-Optics Arena gibt’s bis auf den abtörnenden Namen nichts zu meckern. Die Sichtverhältnisse sind super, der Sound durchweg gut und es gibt auf beiden Etagen Toiletten, Bierstände und Fressbuden. Auch ist der Ablauf an den Garderoben optimal geplant, so dass man nirgendwo länger anstehen muss. Klar, richtigen Charme besitzt so eine Multifunktionshalle nicht und alles ist auf maximale Gewinnausschöpfung angelegt, aber wenn ich an die überfüllten Sporthallen denke, in die man uns früher reingepfercht hat, muss man halt von einem entspannten Konzertgenuss sprechen.

 

MUNICIPAL WASTEMUNICIPAL WASTE

 

Wir stehen gut gelaunt vor der Bühne und tüdeln uns zurecht: Torsten hält zwei volle Bierbecher in den Pranken, während ich mit einer Packung Nachos kämpfe (da, wo sie aufgehen soll, rührt sich natürlich nichts). Bäm, da fangen MUNICIPAL WASTE auch schon an! Und BÄM, da fegt der erste Circle Pit durch die Halle und erwischt uns kalt: Wir werden hart angerempelt, ein Bier segelt davon, die Nachos hinterher. Das Resultat: ein klebriger Schmiersiff auf dem Boden. Nun wird der Circle Pit zur Herausforderung: Der Untergrund ist durch den Nachobierschmonk rutschig, manche maulen sich sofort ab, andere rutschen mit rudernden Armen meterweit. Schön wären jetzt Schilder mit Ziffern drauf, um besonders sportliche Haltungen mit entsprechenden Notenpunkten zu würdigen. MUNICIPAL WASTE freuen sich über den tobenden Mob: „Just five o’clock and already moshing! Great!“ (Tony Foresta). Die Spielfreude der Crossover-Thrasher hat in den letzten zwanzig Jahren nicht nachgelassen, weiterhin hat die Band ihren Biss, ihre Wildheit und ihre Tightness beibehalten. Zu „The Thrashin‘ Of The Christ“, „You’re Cut Off“, „Sadistic Magican“, „Slime And Punishment“ (dieses Riff!), "Born To Party" oder „Headbanger Face Rip“ lässt sich herrlich slammen. Insgesamt erweisen sich MUNICIPAL WASTE als hervorragende Wahl für die Openerposition, nachdem POWER TRIP ja leider nicht mehr zur Verfügung standen (R.I.P. Riley Gale!).

 

LAMB OF GODLAMB OF GOD

 

Okay, welche positiven Seiten lassen sich bei LAMB OF GOD finden? Zum einen ist Randy Blythe natürlich ein souveräner Frontmann, der ständig in Aktion ist und auch eine geil fiese Stimme hat. Der Drummer ist tight, technisch ist die Band über jeden Zweifel erhaben. Aber richtig aufs Gaspedal treten die kaum mal, für meinen Geschmack bewegen sich zu viele Songs im Midtempo. Und es fehlen richtig große Hits, jedenfalls wenn man sie im direkten Vergleich mit KREATOR betrachtet. Immerhin mache ich drei Songs aus, die mir gut gefallen: „Walk With Me In Hell“, „Now You’ve Got Something To Die For“ sowie „Redneck“. Übrigens überzeugen Bühnenbild und Licht mit ansprechender Optik. Unterm Strich kann ich sagen, dass ich in diesem Leben wohl kein LOG-Fan mehr werde, aber der Auftritt hatte zumindest Unterhaltungswert.

 

KREATORKREATOR

 

Was dann allerdings bei KREATOR abgeht, muss als Spektakel bezeichnet werden. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hingucken soll – zu den völlig freidrehenden Freaks, die auch ohne Aufforderung gigantische Circle Pits, Walls Of Death und hammerlaute Sprechchöre starten oder auf die Bühne mit ihrer kranken Deko. Gnome mit Leuchtstäben marschieren wie Heralde zum Bühnenrand, wenn die Band kurz von der Bühne verschwindet, gepfählte Zombies laden zur Betrachtung ein, plötzlich baumeln Puppen an Galgenseilen von der Decke, und natürlich gibt es Konfettiregen und einen Luftschlangen-Beschuss. Braucht es das alles bei einem Thrashkonzert? Ich finde es bei dieser Größenordnung durchaus angemessen, dass KREATOR etwas fürs Auge bieten. Wichtiger sind natürlich die Songs und die Performance der Band. Was soll man sagen? Besser waren KREATOR nie. Über Ventor, Mille und Sami muss ich wohl keine Worte mehr verlieren, Neuzugang Frédéric Leclercq (seit 2019 dabei) fügt sich hervorragend ein. Zur Setlist: Mir fällt auf, dass heute viele Titelsongs gespielt werden, z.B. „Hate Über Alles“, „Enemy Of God“, „Hordes Of Chaos“, „Phantom Antichrist“, „Violent Revolution“ (Bombe!) oder „Pleasure To Kill“. Gleichzeitig konzentrieren sich KREATOR eher auf neueres Material, aus der Frühphase kommen außer „Pleasure…“ nur noch „Phobia“ und „Flag Of Hate“. Ich persönlich finde das nicht schlimm, habe ich KREATOR auf jeder Tour gesehen und die alten Songs somit häufig live erlebt. Dennoch dürfen es beim nächsten Mal gerne wieder mehr Klassiker sein. Letztendlich ist das zweitrangig, denn auch mit fast nur neuen Stücken ist die Setlist gut „komponiert“, schnelle Brecher wie „Hail To The Hordes“, „Satan Is Real“, „666 – A World Divided“ wechseln sich mit klassischen Metal-Stampfern ab („Strongest Of The Strong“ besitzt vom Riffing her ein PRIEST-Flair) und mit „Midnight Sun“ gibt es sogar einen ruhigen Song. Zu diesem Stück kommt Sofia Portanet (übrigens eine Kielerin) auf die Bühne und schmettert kongenial mit. Ich liebe den hymnischen Charakter dieses Songs und empfinde diesen Moment als einen der Höhepunkte des Konzerts. Wie schon LAMB OF GOD schenken sich KREATOR den Zugabenquatsch, spielen „Violent Revolution“ und „Pleasure To Kill“ ohne vorheriges Bühnenverlassen zum Schluss und verabschieden sich. Als Outro ertönt eine Art Swing-Version von „Satan Is Real“. Falls jemand weiß, was es mit dieser Nummer auf sich hat, dann hinterlasst gerne einen Kommentar, fand ich nämlich ganz geil.

 

KREATORKREATOR

 

Jo, draußen erwartet uns überraschenderweise eine regelrechte Schneelandschaft. Ich hole mir ein Bier aus ‘ner Pizzeria, denn der Durst ist jetzt stechend. Drinnen gab es wohl auch in der letzten halben Stunde kein Bier mehr – ausverkauft!

THE KREATOR WILL RETURN!

 

KREATORKREATOR

Kommentare   

+1 #2 Philipp 2023-04-02 17:00
Das ist es, Danke!
Schöne Version.
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+1 #1 MetalSon 2023-04-02 15:55
https://youtu.be/4Z5qUZ_pJ2A

Habe nur das gefunden.
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