KEEP IT TRUE RISING II / 02.10.2022 – Würzburg, Posthalle, Tag 2

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Sonntag 

Nerdtalk beim Frühstück. Über die historische Bedeutung des gestrigen Tages sind sich alle einig, Diskussionen gibt es bei den Details. Einhellige Begeisterung ist immer noch spürbar, wenn die Sprache auf SAXON, RIOT CITY und TYGERS OF PAN TANG kommt. Wir entscheiden uns für das bewährte Procedere, holen uns ein Wegbier an der Tanke und genießen die ersten köstlich-kühlen Schlücke beim Weg zur Posthalle durch ziemliches Schietwetter. Der Regen ist noch machtlos gegen die zahlreichen Straßenpizzen, von denen nicht wenige sicherlich von KIT-RISING-Besucher:innen stammen dürften. Heute steht wieder ein strammes Programm bevor, was die Einnahme fester Mahlzeiten schier unmöglich macht. Zehn Bands, alle der Kategorie Must-See zugehörig. Ab!

 

VENOM INC.

Bilder von Alex Fähnrich. 

 

IRON FATE

 

IRON FATE

 

Bei den Reaktionen auf das zweite IRON FATE-Album war ich manchmal erstaunt, gab es doch in den asozialen Medien auch verhaltene Stimmen. Da frage ich mich, ob die Leute teilweise zu verwöhnt sind, nicht richtig hinhören oder einfach den Kopp im Arsch stecken haben. Denn „Crimson Messiah“ kann meines Erachtens mit US Metal-Großtaten aus der ersten Liga mithalten, Sänger Denis „Iron Ivan“ Brosowski erinnert an Geoff Tate in jungen Jahren. Nun, die Zweifler erröten spätestens jetzt vor Scham, denn IRON FATE bieten die Qualität der Platte auch live. Spätestens bei „Hellish Queen“ sind alle Arme oben, „We Rule The Night“ und „Strangers (In My Mind)“ halten die Stimmung und das QUEENSRYCHE-Cover „Walk In The Shadows“ sorgt für offene Mäuler. Hoffentlich gehen IRON FATE diesen Weg weiter, denn sie stellen in dieser Form einen der deutschen Newcomer dar!

 

TENTATION

 

TENTATION

 

Yeah, auf diese Franzosen habe ich jetzt richtig Bock! Die 2018er Split mit IRON SLAUGHT hatte ich nur wegen des Covers mit den im Wald am Feuer saufenden Heavy-Metal-Tieren (mein Favorit:  der Bär) abgeerntet, aber mit „Le Berceau Des Dieux“ (2021) kam dann ja ein richtiger True-Metal-Burner. Dass das Quartett aus totalen Freaks besteht, hörst du schon in jedem Ton, live siehst du ihnen den Fanatismus in den Augen blitzen. Wie bei SORTILÈGE verstehe ich kein Wort, liebe aber den Klang der französischsprachigen Texte. Und worum es sich in Songs wie „Illusions“, „Bruixes“, „Conquérants“ oder „Heavy Metal“ dreht, kann man erahnen. Geil!

 

TYTAN

 

TYTAN

 

Auf dem HEADBANGERS OPEN AIR hatten TYTAN das Pech, einer Elbtunnel-Vollsperrung zum Opfer zu fallen, ihr Auftritt musste gecancelt werden. Umso schöner, dass sie nun heute hier sind (der HOA-Gig wird zudem 2023 nachgeholt)! Der extrem melodiöse, teils AOR-lastige NWOBHM kommt wieder super an, nicht zuletzt durch den unter die Haut gehenden Gesang Tony Coldhams (auch bei BAPHOMET und THE COLD am Start) und das brillante Bassspiel Kevin Riddles‘. Dass die Leute aber derart laut mitsingen, überrascht sogar die Band selbst und Kev bricht in einer Dankesansage glatt die Stimme vor Rührung. Besonders „Women On The Frontline“ und „Far Side Of Destiny“ werden textsicher vom Publikum mitgetragen.

 

TORCH

 

TORCH

 

Argh, leider singt Dan Dark nicht mehr bei TORCH. Das stellt erst mal einen Downer dar, fand ich den Frontmann in seinen roten Lederklamotten beim HOA 2011 doch zu geil und auch auf der „Reignited“-Scheibe hat er 2020 mega geliefert (eine meiner Lieblingsplatten 2020). Aber der neue Mikromensch Lasse Gudmundsson überzeugt mich dann doch von Song zu Song mehr. Coole Socke mit gehörig Ausstrahlung und der nötigen Reibeisenstimme. Von der neuen Platte kommen „Knuckle Duster“ sowie „Collateral Damage“, die Songs des Debuts von 1983 werden aber natürlich am heftigsten gefeiert, konkret „Beauty And The Beast“, „Sweet Desire“, „Battle Axe“, „Wartcher Of The Night“ und das kultige „Warlock“, bei dem bestimmt nicht nur ich an das Plattencover denken muss.

 

CLOVEN HOOF

 

CLOVEN HOOF

 

Dass es auch bei CLOVEN HOOF einen Sängerwechsel gab, hatte sich bereits herumgesprochen. George Call ist also nach sieben Jahren draußen, aber bis Showbeginn weiß niemand, wer ihn ersetzt. Es handelt sich um Chris Dando, der die beiden letzten (sehr geilen!) Alben der Band produziert hat. Der Typ sieht zwar aus wie ein PC-Game-Nerd, aber wir haben ja mittlerweile gelernt, dass das Äußere wumpe ist. Und Dando hat ja mal ‘ne Wahnsinnsstimme! Der Auftritt wird zur großen Party, die Stimmung schäumt regelrecht über. CLOVEN HOOF machen es wie SAXON und hauen die Klassiker raus. Sogar noch konsequenter, denn es gibt ausschließlich Stücke der ersten drei Alben „Cloven Hoof“, „Dominator“ und „A Sultan’s Ransom“. Ich hätte ja nichts gegen Songs der „Age Of Steel“ gehabt, aber natürlich macht diese Setlist Laune. „Laying Down The Law“, „Astral Rider“ und „Reach For The Sky“, Alte:r! Mittlerweile hat die Band übrigens Harry Conklin als neuen Sänger bekanntgegeben. Dass der überhaupt noch Zeit hat….

 

GRAVESTONE

 

GRAVESTONE

 

Nun kommt ein Doppel deutschen Stahls mit gleich zwei alten Gama-Bands, erst GRAVESTONE, dann TYRANT. Ich find’s super, stehe ich doch seit den Achtzigern auf beide Truppen, konnte aber weder die eine noch die andere bisher live sehen. Das geht offenbar vielen Besucher:innen so, denn es wird keineswegs leerer. Die Band verkörpert deutsche Musikgeschichte, wurde immerhin bereits 1977 gegründet und hat mit Mathias Dieth, der nach seiner Zeit bei GRAVESTONE bei SINNER, U.D.O. und zuletzt DIRKSCHNEIDER & THE OLD GANG gespielt hat, ein bekannteres Gesicht dabei. Die Musiker wirken fit, besonders Sänger Berti Majdan hat Power und Bewegungsdrang. „Back To Attack“, „The Tiger“, „Creating A Monster“, „Won’t Stop Rockin‘“, „I Love The Night” oder „Rock’n’Roll Is Easy” habe ich länger nicht aufgelegt, aber erkenne sie sofort wieder, was für die Zeitlosigkeit der Songs spricht. Solider Auftritt! 

 

TYRANT

 

TYRANT 

 

Auf TYRANT hatte ich mich noch mehr gefreut, bin ich doch großer Anhänger des Debuts „Mean Machine“ und besonders der Stimme Kerrmits. Leider klingt der Gute aber nicht mehr so geil schrill wie früher. Daran muss ich mich schon etwas gewöhnen, denn das kreischige Organ macht für mich einen großen Teil der Faszination der TYRANT-Platten aus. Aber mit der Zeit gewöhne ich mich an den etwas zurückhaltenderen Gesangsstil. Zu „Free For All“, „Blood Suckin‘ Woman“, „Killer Cat“ und „Rulin‘ The World“ lässt sich herrlich bangen. Die Leute gehen ordentlich mit, wobei man merkt, dass alle Bock auf zwei bestimmte Stücke haben: „Making Noise And Drinking Beer“ und „Wanna Make Love“. TYRANT sind nicht doof und wissen, dass es sich um ihre beliebtesten Stücke handelt, deshalb kommen die ganz zum Schluss. Da geht natürlich der Ratz ab und Kerrmit kann angesichts der Sprechchöre zufrieden die Bühne verlassen.

 

SATAN

 

SATAN

 

Es folgt der zweite Auftritt für Brian Ross an diesem Wochenende, da er gestern ja bereits mit BLITZKRIEG spielte. SATAN sind dieses Jahr extrem fleißig, ich sehe sie dreimal (Wacken, KIT RISING und HEAVY HAMBURG HALLOWEEN). Jedes Mal toppen sie den Vorgängerauftritt, unglaublich! Auch ihr Run in Sachen Alben kennt keine Konkurrenz und so sind SATAN eine der wenigen Bands, die sich nicht auf ihr 80er Material verlassen muss. Die Stimmung kocht durchgehend, egal ob die Briten „The Doomsday Clock“, „Twenty Twenty Five“, „Burning Portrait“ und „From Second Sight“ spielen oder „Court In The Act“-Songs wie „Trial By Fire“, „Blades Of Steel“ oder „Alone In The Dock”. Was für eine geniale Gitarrenarbeit Steve Ramsey und Russ Tippins aber auch wieder abliefern! Überhaupt ist die Band traumhaft tight eingespielt und klingt frisch. Brian Ross hält das Niveau des Vortags und zeigt sich gewohnt sabbelfreudig. Wir erfahren, dass die anderen SATAN-Musiker durch einen verspäteten Flug erst knapp vor Showbeginn eingetroffen sind. Auf dem HELL OVER HALLOWEEN gelingen in Hinsicht Ansagen bzw. Kommunikation übrigens besonders originelle Momente. Top!

 

RIOT V

 

RIOT

 

SATAN und RIOT kann man in mehrfacher Hinsicht vergleichen, denn beide Bands liefern starke aktuelle Alben ab und haben Klassiker in der Hinterhand. Und genau einen solchen legen RIOT heute den Fokus, gibt es doch eine spezielle „Thundersteel“-Show. Was für ein Feuerwerk! Es ist selbstverständlich nicht dieselbe Besetzung (Mark Reale, R.I.P.!), aber RIOT (V) bieten das gesamte Album in Perfektion dar. Todd Michael Hall übertrifft sich selbst – mal wieder! Ich verwende ungern Superlative, aber es nützt ja nichts, zusammen mit Harry Conklin ist Hall nun mal der beste lebende Heavy Metal Sänger. Und ebenso wie bei SATAN kurz zuvor brillieren alle fünf Musiker auf ihrer jeweiligen Position. Das „Thundersteel“-Album wird chronologisch Song für Song durchgezockt, es enthält bekanntlich keine Schwachstelle. Diese Melodien! Danach bleibt noch Zeit für einen Kurzstreifzug durch die Geschichte der Band – „Swords And Tequila“ sowie „Warrior“ dürfen schließlich nicht fehlen. Doch die Band hat NOCH ein Ass im Ärmel… Der Tyrant, Harry Conklin, kommt ein weiteres Mal auf die Bühne und schmettert zusammen mit Todd Michael Hall den Klassiker „Magic Maker“. Diesem Publikum muss man nicht erzählen, dass Harry Conklin kurz Mitglied von RIOT war, dokumentiert auf der 7“ „The Tyrant Sessions“. Wir wohnen somit einem weiteren Stück Heavy Metal Geschichte bei. Wow!

 

VENOM INC.

 

2022 konnte ich an zwei Wochenenden nacheinander VENOM und VENOM INC. sehen, wobei VENOM INC. sich als die stärkere Version erwiesen. Heute legen sie sogar noch einen drauf und unterstreichen diesen Eindruck. Es geht zurück ins Jahr 1984 mit der „Return To Hammersmith 1984 Stage Show“. Das Trio, neben Mantas der Demolition Man Tony Dolan und Schlagzeuger Jeramie Kling, will die Posthalle offenbar vorzeitig abreißen und hat die nötige Menge Schwarzpulver dabei. Whusch, Bang, Puff – ein Pyro nach dem anderen explodiert, Flammensäulen verwirren die Sinne. Mit Treppen zum Drumriser erinnert man an das Design der legendären Hammersmith-Show. Die Songs verlangen der Meute noch einmal alles ab, von „Witching Hour“ über „Black Metal“ und „Countess Bathory“ bis hin zu „Bloodlust“ ist hier nahezu jeder Vorschlaghammer vertreten, den VENOM verbrochen haben (bis 1984 versteht sich). Die Attitüde wirkt überzeugend, der Demolition Man kommt rüber wie ein wildes Tier. Gerade nach den beiden melodischen und im direkten Vergleich filigranen Vorgängerbands kommt die barbarische VENOM-Brechstange besonders gut.

 

Das KEEP IT TRUE RISING II war ein voller Erfolg. Obwohl das reguläre KEEP IT TRUE nun wieder stattfinden kann, wird das RISING-Format beibehalten und 2023 fortgeführt. Witzigerweise wird genau heute, am selben Tag, an dem ich das 22er Review fertigstelle, das KIT RISING III angekündigt. Und das auch noch in der Posthalle, die uns etwas länger als befürchtet erhalten bleibt:

 

„Hallo Freunde,

lange hat die Posthalle gekämpft und wir sind nun überglücklich euch bekannt geben zu können, dass es in der Posthalle bis Ende 2025 sicher weitergehen wird.

Wir waren natürlich nicht untätig, mussten aber die finale Entscheidung abwarten. Aber nun endlich können wir euch offiziell das Billing vom KEEP IT TRUE RISING 3 präsentieren. Es fehlen noch der Headliner und Co-Headliner am Freitag, sowie noch die ein oder andere Band, aber wir sind glücklich, euch ein richtig fettes Billing vorstellen zu können. Um diese Ankündigung nicht zu lang zu machen, werden wir auf alle Bands in den kommenden Tagen separat eingehen, aber nur so viel, wir sind sehr stolz euch mit Udo UND Peter zwei wirkliche Legenden des Traditionsstahls aus Deutschland als Samstagheadliner präsentieren zu können und auch eine der ersten Shows von METAL CHURCH mit dem neuen Sänger Marc Lopes.

Wir konnten nun jahrelang den Ticketpreis stabil halten und haben auch die beiden ersten Rising und das kommende April KIT mit den üblichen 99 Euro durchgezogen, auch wenn die Preise in der Zwischenzeit um ein vielfaches gestiegen sind, aber für Rising 3 müssen wir einfach den Preis etwas erhöhen, weil wir sonst auf keinen Fall die gewohnte KIT Qualität garantieren können. Wir hoffen ihr versteht das und wir danken euch schon mal für euren Support. Aber hier nun das bisherige Billing:

KEEP IT TRUE RISING 3

DIRKSCHNEIDER

(ACCEPT only set Special guest: Peter Baltes)

METAL CHURCH

BRIAN DOWNEYS ALIVE AND DANGEROUS

ENFORCER

METALUCIFER

Q5

EVIL INVADERS

DESTRUCTOR

AMBUSH

PHANTOM SPELL

(First Show)

WIZZARD (SWE)

(Exclusive First Reunion show)

WITCHUNTER

CLAYMOREAN

TAILGUNNER

AMETHYST

…and more

  1. und 7. Oktober 2023

Posthalle Würzburg“

(Quelle: KIT-Facebook-Seite)

 

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