REAVERS, SACRIFIZED / 22.10.2022 – Kiel, Schaubude

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„Zwei mal Thrash-Metal live gibt es ab 20 Uhr mit  REAVERS & SACRIFIZED - Kutte an, Bier und Haare aufmachen und ab ins Thrashgetümmel!“, so kündigt die Bude dieses Konzert an. Da beherrscht jemand nicht nur das Booking, sondern weiß, wie man den Metalfreak hinterm Ofen hervorlockt. Ich jedenfalls fühle mich abgeholt und folge dieser Aufforderung akkurat.

Auch viele andere finden sich vor und in der Bude ein. Angesichts von zahlreichen anderen Konzerten, die heute im Norden stattfinden, sind es jedenfalls deutlich mehr Besucher:innen, als ich erwartet hatte. Darf man sich vielleicht gar vorsichtig fragen, ob die Talsohle der schwach besuchten Konzerte mittlerweile durchschritten ist? Ich denke ja auch, dass manche Berichte in dieser Hinsicht etwas hysterisch formuliert sind und dass bestimmte Veranstaltungen auch vor der Pandemie nicht gut gelaufen sind.

 

Kundenstopper

Bilder von MJ.

 

SACRIFIZED hatten es auf ihrem Auftritt im Hafenklang 2020 (mit SLAUGHTER MESSIAH, BLACKEVIL und WARLUST) angekündigt, dass sie von nun an als Duo weitermachen würden. Sänger Jakob hat seinen Bass gegen eine Gitarre eingetauscht, auf die Einarbeitung eines/einer neuen Bassisten/Bassistin wird verzichtet. Sowas ist ja immer spannend, denn es zwingt die beiden verbleibenden Musiker dazu, ihre musikalische Vision nun anders umzusetzen. Dass Bands aus lediglich zwei Menschen bestehen, ist mittlerweile im extremen Metal keine Seltenheit mehr, das beste Beispiel findet sich direkt in der Nachbarschaft bei DIVIDE (deren Moritz hat übrigens auch bei der Produktion des SACRIFIZED-Longplayers „Arrival Of The Tyrants“ mitgeholfen). Dennoch bin ich gespannt, ob SACRIFIZED ihr bisheriges Niveau halten können, denn beim Auftritt im Hafenklang hatte mich nicht zuletzt der damalige Gitarrist begeistert. Zunächst überrascht der Aufbau, denn das SACRIFIZED-Drumset steht vor der eigentlichen Budenbühne auf dem Boden. Offenbar konnte man nicht ein Schlagzeug für beide Bands nutzen (was tatsächlich manchmal komplizierter ist, als man als Nicht-Drummer denken mag), weswegen man sich kurzerhand für ‘ne Punkrock-Floorshow entschieden hat. Finde ich gut, denn die Alternative wäre ein langer Umbau zwischen den Bands gewesen. So wird die Bude auch gleich doppelt so voll, denn SACRIFIZED belegen bereits den halben Innenraum. Yeah, unheiliges Intro, Abfahrt und ab! SACRIFIZED bewegen sich weiterhin im Spannungsfeld von Black und Thrash Metal, erweitern dieses um klassische Rockeinflüsse und oldschoolige Metalriffs. Da sind einige wahre Gänsehautmomente dabei, sowohl bei den Songs vom Album (welches man übrigens unbedingt abernten sollte!) als auch bei den heute erstmalig vorgestellten neuen Songs. Ich denke mal an CRUEL FORCE und DESASTER, manchmal aber auch an AURA NOIR und NOCTURNAL. Drummer Tjark „Knüppel“ Schöneck streut zusätzliche Gesangspassagen ein, welche Jakobs Vocals effektiv ergänzen. An einigen Stellen holpert es noch etwas, aber insgesamt lässt sich sagen, dass SACRIFIZED auch in der aktuellen Bandkonstellation überzeugen. Man spürt, dass da in Zukunft noch mehr gehen wird. Die Stimmung ist übrigens super, das Duo wird nach einem Akustik-Outro unter großem Jubel verabschiedet.  

 

SACRIFIZED

 

Nach ihrem Gig auf dem METALHÖHLE OPEN AIR II im Juli ist dies bereits der zweite REAVERS-Auftritt in Kiel dieses Jahr. Ich kann sagen, dass ich die Hamburger noch nie mit einem derart guten Sound erlebt habe. Nicht dass die anderen sechs scheiße geklungen hätten, aber heute knackt es wirklich druckvoll und klar aus der Budenanlage. Da ballert der Old School Thrash tatsächlich noch mehr. REAVERS knüpfen in mehrfacher Hinsicht an Thrash-Traditionen an. Zum einen sind da ihre Einflüsse, die alles nach 1987 ausklammern und sich auf den Kernsound des Genres fokussieren. Alte DESTRUCTION, DARKNESS, SODOM, halt roh und rüpelig. Zum anderen haut Sänger/Bassist Klitz politische Ansagen raus, was man ja heutzutage in diesem Genre leider nur noch selten hört. Putins Angriffskrieg wird thematisiert und verurteilt, was selbstverständlich sein mag, aber von den meisten Musiker:innen dann doch lieber nicht angesprochen wird. Was ich bei REAVERS auch mag, ist die Tatsache, dass sie ihre Songs eher kurz halten und innerhalb von drei Minuten auf den Punkt kommen. Komplexerer Thrash gefällt mir natürlich auch in bestimmten Fällen, aber endlose Wiederholungen derselben Riffs und Parts können nerven. Am Schluss gibt es die Trinkerhymne „Bier und Korn“, über die ich später im Raucherraum länger diskutiere. Eine Freundin ist nämlich der Meinung, dass REAVERS mit diesem Stück den bis dahin guten Eindruck ruinierten, sozusagen mit dem Arsch alles wieder einreißen. Ich halte dagegen, dass auch TANKARD oder SODOM solche Stücke hatten, sogar mit TANKWART und ONKEL TOM ganze Platten damit gefüllt haben, zudem sei ein „Spaßsong“ in einem einstündigen Set auch eine ziemlich niedrige Quatschquote. Aber wir kommen in dem Punkt nicht auf einen Nenner, für die Bekannte hat dieses eine Stück den Ausschlag gegeben, sich REAVERS nicht mehr angucken zu wollen. Nun, ist halt so, ich finde es spannend, wie unterschiedlich hier die Wahrnehmungen sein können.

 

REAVERSREAVERS

 

Der Abend wird noch herrlich durch DJ BERT abgerundet. Leider können wir nicht mehr lange bleiben (zu Hause wartet der Hund!), was uns irgendwie leidtut. Daher wagen wir zur Würdigung von BERTs Einsatz immerhin einen Tanz, gespielt wird gerade ein Ska-Song, da passt ein kleiner Shuffle. 

 

Geiles Ding. Up The Bude!

 

REAVERS

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