THE DÜSSELDORF DÜSTERBOYS / 05.10.2022 - Hamburg, Kampnagel

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Was Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti als THE DÜSSELDORF DÜSTERBOYS da genau machen, läßt sich, zumindest für mich, nicht mal eben in Worte fassen. Aber der Bühnenaufbau im selben „Kampnagel“-Saal, in dem ich schon SunnO))) und Fehlfarben gesehen habe, ist schonmal gleich sehr berückend: 2 Stühle, 2 Gesangsmikrofone, 2 weitere Mikrofone für die Gitarren, ein Klavier. Sitzkonzert, 1. Reihe, Support ist, wie ein sympathisch verpeilter Ansager ansagt, spontan erkrankt, ich hab immer noch Kopf- und Gelenkschmerzen von Panopticon letzte Woche, genieße den Komfort und freue mich, früh nach Hause zu kommen. Ja, wir Konzertbesucher haben‘s halt auch nicht immer leicht.
 
 
THE DÜSSELDORF DÜSTERBOYS
 
 
 
Schon geht das Saallicht aus und eine rückwärts abgespielte Musik ertönt, die für Cognoscenti wie mich unschwer als DüDü-Song zu identifizieren ist (Das Wort „Cognoscenti“ MUSSTE ich allein wg. des Nachnamens des einen Düsterboys jetzt mal introducen). Peter und Pedro betreten dementsprechend rückwärtsgehend die Bühne, legen sich dabei gerade so sehr ins Zeug, daß der Witz transparent wird, um dann ohne Umschweife den ersten Song anzustimmen, „Ab und zu“, vom neuen Album „Duo Duo“, das es mit Leichtigkeit in viele Jahresbestenlisten schaffen wird, auch in meine.
 
 
Als Erstes fällt auf, wie sehr diese beiden Männer aufeinander eingespielt sind. Ansagen, Songs und Rumgespiele mit dem mittig plazierten Kassettenrekorder gehen nahezu bruchlos ineinander über, viel Blickkontakt, viel Interaktion, man sieht den jeweils Anderen und wird von ihm gesehen, so daß sich schnell die Anmutung eines traumwandlerischen, warmherzigen Fließens einstellt. Mit Lagerfeuerknorrigkeit und sonstigen Folk-Folk-Klampf-Klampf-Klischees hat das Konzept der Düsseldorf Düsterboys jedenfalls so gut wie gar nichts zu tun, dazu ist es einfach zu kunstvoll und, im besten Wortsinn, abgehoben, leicht abgehoben und entspannt zwischen den Stühlen schwebend. Da können Viele andocken, wie der volle Saal beweist, und heutzutage muß man sich ja nochmal mehr freuen, wenn Leute zu Konzerten kommen.
 
 
Die „Energielosigkeit“ dieser Musik wurde in verschiedenen Rezensionen zu „Duo Duo“ positiv herausgestrichen. Na gut, das kann man vielleicht so sagen, aber wenn du auf die Spitze getriebene Schlaffheit erleben willst, solltest du dir vielleicht lieber Nirvana unplugged anhören und dazu unter den Tisch diffundieren. Denn die Texte der Düsseldorf Düsterboys erfordern eine gewisse geistige Sprungkraft, und mit ausgeschlafenem Verstand springt es sich besser. Dieser freigeistigen Dichtung zuzuhören ist spannend, denn man weiß nie, zu welchen Koordinaten im Assoziationsraum es einen als nächstes beamt: Vom ich zum du, von mikro zu makro, selten von a nach b, eher von a nach f oder gleich von b nach k oder von den Füßen zum Flieder wie im somnolent groovenden „Nimm meine Füße“.
 
 
THE DÜSSELDORF DÜSTERBOYS
 
 
Das hat psychedelische Qualitäten, umso mehr, wenn diese Texte, wie das bei den DüDüs so ist, enorm intim gecroont werden. Die einzige Band, von der ich mir ein a-capella-Album gefallen lassen würde. Ok, vielleicht auch nur ne EP aber die dann auch mit so eingespielten Geräuschen, Stimmen, Klängen - halt mit diesen kleinen Irritationen, die ihrerseits die Musik auf ein anderes Level schnippen. Was Pedro und Peter in punkto Gitarrespielen vorführen (natürlich ohne sich auch nur ein Jota gitarristisch zu geben), ist allerdings für sich genommen schon so reichhaltig, daß z.B. die wundervollen Streicher in „Lavendeltreppen“ heute Abend gar nicht fehlen. Wieviel kann man rausholen aus zwei Westerngitarren bzw. einer Western und einer Spanischen?
Ein zärtlich surrealer Rausch ist das, wie gutes Bekifftsein, nicht „breit“, Musik wie warme Socken mit wabernden Mustern, in denen man gern seine Zehen zum Vergnügen bewegt, liebevoll durchgeknallt, klar, aber slacker‘s paradise sieht anders aus.
 
 
THE DÜSSELDORF DÜSTERBOYS
 
 
Beeindruckend auch, wie sie, als eine Zuhörerin ruft: „Spiel mal das mit dem Döner!“ wie aus der Pistole geschossen den gewünschten Song präsentieren, den ich leider aus den Alben gerade nicht rausgepickt kriege. Vielleicht ein live-only-Stück. Ansonsten dominiert „Duo Duo“ die Setliste, mit locker eingestreuten Perlen von der „Nenn mich Musik“, wie dem beinah sakral hallenden „Mama“, zu dem sie dreihändig Klavier spielen.

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