SLIME, DAN GANOVE / 03.09.2022 – Speicher, Husum

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„Schreib das ma so ins Internett“, fordert mich Elf auf. Ja – richtig gelesen! Der Elf von der besten deutschen (Polit) Punk Band aller Zeiten. Bis eben noch hatten wir geiles Gesülze ausgetauscht. Ohne Allüren sitzen Elf, Tex und Alex vor dem Speicher in Husum derweil Nici die Instrumente aus dem Bus in die Halle buckelt. Christian ist sicherlich auch noch irgendwo zwischen den bereits anwesenden Punks zu finden und trinkt ein Bier. Ich finde es ja immer toll, wenn sich eine Band so „publikumsnah“ gibt – das Wort Fan benutze ich hier absichtlich nicht- und sich auch gerne mal vollquatschen lässt. Bei Elf kam ich in den letzten 10 Jahren öfters angeschissen, habe aber auch gelegentlich mal mit Diggen gequatscht. Mit Christian verbindet mich eine leider etwas kurzlebige Brieffreundschaft und zudem war ich mal Backstage nach einem Konzert in die Markthalle und habe mir dort selbst eine Mischung zubereitet.

 

SLIME

 

 

SLIME gehören für mich zu den wichtigsten Bands überhaupt. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich sie nach deren Auflösung Mitte der 90er noch derart häufig live sehen würde – mehrmals in der Markthalle, im Knust, in der Fabrik, in der Großen Freiheit, in der Pumpe, im Palladium und was-weiß-ich-noch-wo. Aber was noch geiler ist: Nie hätte ich erwartet, dass es SLIME nochmal derart krachen lassen! Das neue Album ist ja wohl der Oberhammer. Ich habe es mittlerweile 4752 Mal von vorne bis hinten im CD-Spieler rotieren lassen und bekomme dessen Auswurf-Klappe inzwischen deswegen auch nicht mehr geöffnet. Ich mag tatsächlich jeden Song. Spielfreude, Rotz, Wut, Energie - viel Vertrautes knallt da aus den Boxen, aber durch Tex‘ Stimme und seinen eigenen textlichen Ansatz hat es gleichzeitig auch etwas Neues und Unverbrauchtes. Obwohl ich Diggens Stimme liebe, hat das endlich wieder etwas Mitreißendes. Alles dumme Gelaber, das gegen das neue Album vorgebracht wird, klammert das Werk von vornherein aus, versucht sich am Namen abzuarbeiten oder versteift sich in der Behauptung, dass Tex „nicht authentisch genug“ sei. Nun, spätestens live zeigt sich die Wahrheit.

 

Im Vorprogramm zockt ein Typ namens DAN GANOVE auf seiner Akustik-Klampfe. Manche finden es lustig – aber sorry, ist schlicht nicht meine Welt.

 

Aber dann endlich SLIME! Ich werde sie danach noch im Knust sehen, wo die neue Besetzung nach allen Regeln der Kunst ebenfalls abgefeiert werden wird. Selbst der Typ vom Eingang wird da mit seiner Kasse über dem Kopf zu „Störtebecker“ im Circle Pit rumrennen. Ein Review vom Wolthers Philipp ist natürlich hier schon zu finden. Das Set im Knust und das heute im Speicher waren vermutlich identisch und demnach locker doppelt so lang wie beim Wacköööön und ungefähr viermal so geil.

 

SLIMESLIME

 

Genau so ist das und alle Wackinger müssen das jetzt mal „als gegeben“ akzeptieren. Selbstbewusst spielen SLIME heute tonnenweise neue Songs. Die Band weiß, wir kommen damit klar und krachbumm werden mit „Komm schon klar“ sämtliche Haarstoppel aus den Ohren gefegt. Von Anfang an denke ich, wie geil mächtig kommt der Sound hier und heute aus den Boxen und Texs Stimme brettert aus dem geilen Mix hervor – das wird danach im Knust nicht viel anders sein, auch wenn das lange Touren natürlich ein ganz klein wenig Tribut fordert. Es folgen Klassiker und neue Songs im flotten Wechsel. Von den Songs des „Zwei“-Albums erzeugen besonders „Lieben müssen(!)“. „Bester Freund“, „Taschenlampe(!)“, „Nix von Punkrock“, „Mea Culpa“ und „Safari“ munteren Pogo im schon lange ausverkauften Speicher. Natürlich drehen die Leute bei den alten Songs genauso ab wie bei den neuen, die ganze Zeit fliegen Bierfontänen und verloren gegangene Schuhe wie auch Hörgeräte durch die Luft - man hat aber den Eindruck, dass diese Umstände die Laune der Band eher steigern.

Tex singt die alten Stücke natürlich leicht verändert, was aber sehr geil kommt. „A.C.A.B.“, „Alptraum“ – jetzt aktueller denn je -, „Schweineherbst“, „Alle Gegen Alle“, „Sie wollen wieder schießen dürfen“ (einziger Song der Reunion-Phase mit Diggen, außer man zählt „Ebbe und Flut“ dazu), „Störtebecker“, „Deutschland“, „Religion“, „Linke Spießer“ und „Zu kaltt“ zählen zu den unbedingten Highlights. Natürlich vermisse ich „Demokratie“, „Wenn der Himmel brennt“ und „Untergang“ – aber generell ist die Abstimmung aus alten und neuen Liedern mehr als geglückt. „Auf die Jagd“ von den neuen fehlte ebenso wie vorgenannte Klassiker und dies zeigt allemal, wie das neue Album zündet.

 

SLIMESLIME 

 

Schön zudem das von Elf gesungene ABWÄRTS-Cover „Computerstaat“, welches den Urhebern gewidmet wird. Bei „Zu kalt“ und „Gewalt“ wird es ruhiger, da diese unplugged gespielt werden, wie man es von den letzten Touren kennt. Auch diese Stücke funktionieren in der neuen Besetzung super, zum Teil erzeugt Tex‘ Gesang stechenden Durst. „Lieben müssen“ ist ein Text, der mir sehr, sehr gut gefällt - er selbstreflektiert und analysiert eigene Fehler. SLIME unterstreichen jedenfalls heute vehement, dass sie es weiterhin draufhaben und „Wut im Bauch“ verspüren. Die vielen Volltreffer-Songs in all den Jahrzehnten Bandgeschichte sind eben kein Zufall, dahinter steckt großes Punkrock-Songwriting-Vermögen.

 

Da Elf mir bereitwillig erklärte, wie der geniale Anfang von „Untergang“ zu Stande kam und (glaube ich) mir auch sagte, er wäre ein begeisterter und regelmäßiger Leser dieser Kieler Konzert-Schmonzette, schreibe ich es nun - wie anfangs gesagt - auch hier im Internett:

 

Die neue SLIME ist das beste Album der letzten Jahre (überhaupt) und das beste SLIME Album seit der Schweineherbst oder sogar der Alle gegen Alle. Ihr habt alles richtig gemacht, nicht aufzuhören und es mit Tex noch einmal zu probieren. Macht bloß weiter!!!!

 

Fabrik? Bin ich wieder dabei. Gleiche Rutsche und Besetzung wie ins Knust bzw in den Speicher? Hat beides mega Spaß gemacht!

 

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