SWAN VALLEY HEIGHTS, WEDDINGS / 29.09.2022 – Kiel, natürlich in der Bude

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Mit der Schaubude verhält es sich ähnlich wie mit Slime sinnierte ich gedankenverloren vor einigen Tagen während einer Videokonferenz auf die Arbeit zu dem Thema: „Sinnlose Gespräche im Büro – wie können wir effektiver werden?“ Slime ohne Diggen geht so wenig wie Bude ohne Julius oder Fanta ohne Korn, führte ich aus und ergänzte, dass dies zumindest meine angestammte Meinung war. Aber nein, wie hatte ich mich geirrt! Slime hauen mit Tex als neuem Sänger einfach so mal eben ein Jahrhundertalbum raus und die Bude bucht plötzlich nach einer etwas längeren, der Pandemie geschuldeten Durststrecke, einen Kracher nach dem anderen. Ergänzend lässt sich sagen, das Fanta auch super mit Vodka schmeckt – einem polnischen zum Beispiel.

 

KUNDENSTOPPER

 

 

Vor der Bude fällt sofort der erneut mit viel Liebe zum Detail gestaltete Klappaufsteller auf. Nicht zum ersten Mal bewundere ich, wie sich hier Kreativität mit Genialität vereint, verschmilzt und unter bunten Farben erblüht. „Eintritt heute 8 Euro – und kein Gelaber deswegen!“, „Vielweiberei hier nicht gestattet!“ oder „Mitgebrachtes Bier bleibt draußen oder du fliegst!“, las ich zuletzt in Hamburg vor anderen Clubs auf ähnlichen Aufstellern und verstummte, vor Scham errötet.

 

Was noch kurz ergänzt werden muss: Die inzwischen nicht mehr ganz so neue Crew der Bude macht ihren Job ganz in der Tradition des Ladens großartig – vom Einlass bis zum Biertresen. Jetzt aber endlich zu einem Highlight des noch jungen Jahres: Weddings und Swan Valley Heights sind zu Gast! Ich kenne beide bisher nicht, aber der Event Eintrag im Netz verspricht „Guckt mal rein! Es wird sehr gut!“ - na, da hat jemand zwar brilliant formuliert, aber doch reichlich untertrieben. Kurzum: Es wird sogar super!

 

Zusammen mit dem Donster, der gerade ein Praktikum zum Fahrradmechatroniker macht und am heutigen Tag einen platten Reifen unter Einsatz eines Flickens fachmännisch repariert hat, betrete ich gegen 20:50 den Bums. Noch ist es leer und ich fürchte schon, es wird so bleiben, doch so nach und nach Erscheinen geschätzte 25 bis 30 nach Stoner Rock und E-Gitarren hungernde Maniacs.

 

WEDDINGSWEDDINGS

 

Weddings aus Wien (oder Salzburg oder Pölting – hier variieren die Quellen leider etwas) überraschen die Anwesenden zuerst. „You live in a very nice town here in Kiel“, bemerkt Sänger, Gitarrist und Franko-Kanadier Jay Brown und sorgt damit für erstaunte Gesichter unter den Anwesenden. Ihm zur Seite stehen Phil Nordling am Bass und aus Schweden sowie die spanische Schlagzeugerin Elena Rodriguez, die ebenfalls Teile des Gesangs übernimmt.

 

Was kommt dabei raus? Eine explosive Mischung, die hier und da mal das Beste des jeweiligen Genres abgreift, aber sich nie zu sehr anbiedert. Ein Cocktail mit Kirsche, aber ohne diesen spritigen Nachgeschmack, der einen zusammenzucken lässt. Rodriguez bearbeitet zumeist energisch ihr Schlagzeug, bleibt dann wieder angenehm im Hintergrund und überlässt Raum, nur um dann einige Momente später erneut zu explodieren. Irgendwann wird es auch ihr zu heiß und der Pullover der Marke „Eisbär“ wandert zurück auf die Stange. Mit scheppernden Becken geht es weiter nach vorne und reinster Stoner dröhnt plötzlich aus den Boxen. Dann wird wieder zurück geschaltet, der Bass spielt kunstvoll seine Läufe und die Gitarre versinkt in den Gefilden des Gothic-Rock und wird zutiefst melodisch.

 

WEDDINGS

 

Großartig! Das ist nicht 08/15 oder 1312, nein, hier ist mal wirklich Songwriting am Start. Dazu kommt der abwechselnde Gesang, der auch mal zweistimmig ist. Und egal wer der beiden singt, es passt perfekt und vermutlich würde jeder der beiden einzeln schon reichen, aber so ist es natürlich noch eine Klasse besser und doppelt geil. Mich erinnert der teilweise Wechsel zwischen den sphärischen und den anschließend wieder explosiven, fuzzigen Parts - auch wegen des sauberen Gesangs – etwas an die unfassbar guten Worm Orouboros. Jene haben sich inzwischen nach 3 Alben auf Profound Lore wohl leider aufgelöst und nie in Europa gespielt. Aber zumindest auf der Warning US Tour konnte ich sie live in Seattle, WA, Portland, OR, San Fransico CA und Phoenix, AZ als Vorband erleben – aber das nur als Randbemerkung...weil das auch so geil war!

 

Die ruhigeren Momente von Weddings würden nebenbei perfekt auf den Soundtrack des PS4 Krachers „Life is strange“ passen – wer es kennt, könnte mir zustimmen und sollte mir demnächst unbedingt mitteilen, wofür er/sie sich am Ende entschieden hat und ob er/sie seitdem auch so depressiv ist.

 

Natürlich werden beide CDs der Band am Ende des Abends „abgeerntet“ und ich vermute, die gerade erschienene „Book of Spells“ ist das erste Album, dass die neue Slime aus dem CD-Player vertreiben kann – sofern sich dieser nach geschätzten 4000 Durchläufen der „2“ überhaupt noch öffnen lässt...

 

SWAN VALLEY HEIGHTSSWAN VALLEY HEIGHTS

 

Genug Geschwätz, Swan Valley Heights next. Die Band aus München (und wohl teils aus Berlin) sind die nächste Überraschung des Abends. Also, wer heute nicht dabei war, sollte sich spätestens jetzt aber mal so richtig ärgern.

 

Sänger und Gitarrist David Kreisel steht handwerklich dem exzellenten Jay Brown in nichts nach und entlockt seiner Gitarre Geräusche, die sonst nur Rupert, die Dänische Dogge von meiner Tante Werner, nach dem Fressi Fressi von 1,5 kg HuFu von sich gibt.

 

Mal ist das Fuzz-O-Meter auf 12 gestellt, dann wird wieder gejault und anschließend gegurgelt. Jeder beschreibt das sicherlich anders, egal ob Kraut Stoner, Fuzz vom Planeten Istban IV oder 70´s Grunge – aber alle sind sich einig, dass es geiler Scheiß ist.

 

Ebenfalls bemerkenswert ist, dass der reine Instrumental-Anteil relativ hoch ist. Es geht nach vorne und viel Erklärung ist nicht nötig, aber dennoch setzen gerade im richtigen Moment die Vocals ein. Eine Mischung, die mich teilweise an das geniale „El Rodeo“ von mighty Kyuss erinnert. Hier genügt in dem gefühlten 12-Minüter auch irgendwo in der Mitte die 3-fache Nennung des Song Titels und alle strahlen und tun das Lied nicht als belangloses Instrumental ab. Der Gesang ist clean und teilweise etwas wehleidig – das meine ich aber ausdrücklich positiv. Ich mag generell das emotionale wohl auch lieber als das Happy Singing mit Blumen in den Haaren und Dauergrinsen im Gesicht.

 

Die Vorbilder sind unschwer zu erkennen – mal kommen sie aus der Wüste Kaliforniens, dann aus den Elch-verseuchten Wäldern Schwedens. Das 100ste Plagiat sind Swan Valley Heights aber nicht, zu durchdacht ist die Umsetzung und hier wird ganz vorne – an der Speerspitze – mitgespielt und mitgebdrodelt.

 

Das Mammut stampft, die Becken scheppern, die Bude rockt und die Dame und die Herren von Weddings mitten im Publikum auch. Das ist Klasse, dass sich die Bands gegenseitig unterstützen.

 

SWAN VALLEY HEIGHTS

 

Im anschließenden Gespräch vor der Bude entpuppt sich der Sänger von SWH nebenbei als äußerst angenehmer und humorvoller Zeitgenosse. Mit der Besucherzahl sei man zufrieden, ist momentan halt überall schwierig und sie hätten ja auch noch nie in Kiel gespielt. Na, da kann man nur hoffen, dass beide Bands es bald wieder tun. Leider ist der Mercher schon abgebaut, als ich wieder in die Bude komme, aber dafür ist die neue CD schon im Internet geclickert und die alte finde ich bestimmt auch noch irgendwo. Falls sie jemand hat - ich kaufe sie ab!

 

Super Abend mit super Bands ergibt ganz klar die Feststellung der Untertreibung des Anfangs erwähnten „Es wird sehr gut!“.

 

Kleine Bitte zum Schluss von Ricci: Nutzt den Vorverkauf, damit die Bude besser planen kann. Das gilt insbesondere für fuckin´ Ufo Mammut und Hippie Death Cult. Es wäre ja schade, wenn auch nur eines davon ausfallen würde. Es wird sehr gut! Alles wird gut, aber das nur als Schlusswort.

Bewertung: 5 / 5

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