GIRLSCHOOL, ALCATRAZZ / 28.08.2022 – Hamburg, Bambi Galore

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Philipp: Was für ein Package! GIRLSCHOOL allein wären ja schon hinreichend Grund gewesen, um sich auf den Weg nach Hamburg zu machen. Aber dann auch noch ALCATRAZZ obendrauf, eine Band, die ich seit Jahrzehnten höre und noch nie live sehen konnte! Gleichzeitig ist es schade, dass es bei den Hardrockern 2020 so heftig rumpelte, so dass nun zwei Versionen unterwegs sind, nämlich ALCATRAZZ mit den Originalmitgliedern Gary Shea (Bass) und Jimmy Waldo (Keys), ergänzt um Joe Stump (g), Doogie White (v) und Larry Paterson (d) und GRAHAM BONNET’S ALCATRAZZ. Anyway, Anwesenheit ist für Musikliebhabende Pflicht! Auf geht’s, ein letztes Mal das 9-Euro-Ticket nutzen.

 

GIRLSCHOOL

Doppelbericht von Torsten Matzat und Philipp Wolter, Bilder von MJ. 

 

Dass ALCATRAZZ hart liefern wollen und werden, wird allen Anwesenden nach Sekunden klar. Was ist der Joe Stump denn bitte für ein Shredderkönig? Allerdings kommt Doogie Whites Stimme zunächst nur aus den Monitoren, nicht aus der PA, weshalb der Mann den rollenden Zug mitten während der Fahrt anhält. „You couldn’t hear me sing this song? But it’s a good song, so let’s play it again!” Aaaah, und da ertönt “Grace Of God” in all seiner Pracht, schließlich hat Ritchie Blackmore den guten Doogie White nicht ohne Grund Mitte der Neunziger zu RAINBOW geholt. Natürlich sorgt diese Personalie auch dafür, dass ALCATRAZZ Nummern von eben jenen RAINBOW und von MSG spielen. Mit „Take Me To The Church“ oder „Vigilante Man“ hätte ich nicht gerechnet, die Dinger flutschen aber rein wie Zäpfchen. Kein Wunder, ist doch wirklich jeder aus der Band ein Tier am Instrument. Paterson zum Beispiel hat diesen Swing in seinem Spiel, den er mit einem schweren Punch umsetzt. Neben den, naja, Coversongs begeistern Nummern vom Debut – „Jet To Jet“, „Too Young To Die, Too Drunk To Live“ – und von der aktuellen Scheibe „V“, z.B. „Sword Of Deliverance und „Turn Of The Wheel“. Die Kommunikation der Musiker miteinander, die ganze Mimik und Gestik ist herrlich zu beobachten, wiederholt muss ich über diverse charmante Gesten und Ansagen lachen. Als Stump ein exzessives Solo beendet, in dessen Verlauf er sein Instrument wirklich nachhaltig malträtiert, bis er es kopfüber in den Bühnenboden rammt, kommentiert Doogie White trocken, dass er ihm deswegen nie eine Gitarre leihe. Der Hammer kommt am Schluss – eine super Version von RAINBOWs „The Temple Of The King“. Nur geil!

 

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Und GIRLSCHOOL? Die rocken das Haus, so wie es seit Jahrzehnten tun! Eigentlich eine Frechheit, dass diese Band nicht deutlich bekannter ist. Ohne Quatsch, die vier Ladies haben den MOTÖRHEAD-Drive und Hits ohne Ende am Start. Immer wenn ich eine jüngere GIRLSCHOOL-Platte abernte, bin ich erstaunt, was für geile Songs da drauf sind (checkt mal „Legacy“ von 2008 oder „Guilty Of Sin“ von 2015). Aber leider kennt kaum jemand diese Scheiben, weswegen sich GIRLSCHOOL wie immer sehr auf ihre Klassiker konzentrieren. „Hit And Run“ sowie „Demolition“ werden jeweils zur Hälfte gezockte, dazu kommen natürlich „Bomber“ sowie „Race With The Devil“. Vom gesamten weiteren Katalog (elf Longplayer oder so) kommen lediglich „Screaming Blue Murder“, „Guilty As Sin“ und die MOTÖRHEAD-Hommage „Take It Like A Band“. Was den Spaß natürlich in keinster Weise schmälert. Die Band hat Bock, die Leute haben Bock – selbst das Tresenpersonal sieht man eifrig die Rüben schütteln. Kim McAuliffe, Denise Dufort, Jackie Chambers und Tracey Lamb bilden offenbar die am längsten aktive female rock band, denn sie rocken konstant seit 40 Jahren. Auch hier fliegen die verbalen Pfeile nur so hin und her, allerdings versteht man bei dem harten Akzent nicht jedes Wort… Unmissverständlich ist es aber, wenn uns Jackie das Mikro vor die Nase hält – „9-9-9 Emergency, emergency!“

 

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Torsten: Was gibt es schöneres als ein Sonntag mit Konzert? Dazu noch in geselliger Begleitung. Da geht man doch gerne auf die "GIRLSCHOOL"! Und die liegt dazu noch auf DER Gefängnisinsel schlechthin. Also definitiv KEIN Entkommen heute – Rock'n'Roll Oberklasse!

Dabei gibt es heute eine weitere Premiere für mich (nach meinem ersten Blaze-Bayley-Konzert ein paar Tage zuvor), habe ich GIRSCHOOL doch vorher noch nie live erlebt (von ALCATRAZ ganz zu schweigen). Die vier englischen Mädels sind seit 1978 unterwegs auf den Bühnen dieser Welt. Ich kannte ein paar Songs von Radiomitschnitten zu DDR-Zeiten. Mein bester Kumpel mochte GIRLSCHOOL immer mehr als ich; ich fand den Sound damals nich' sooo dolle ...

 

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An diesem schönen Sonntagabend aber werde ich eines besseren belehrt. GIRLSCHOOL bringen das Bambi (nicht zum ersten Mal) gehörig in Wallung! So viele Hits wie sie in der Hinterhand haben, brauchen die (überaus witzigen und charmanten) Damen einfach nur "irgendwas" anspielen und die Konzert – Freaks drehen am viel beschriebenen Rad! Mich freut's total die Band spielen zu sehen und die, eben alten, aber tollen, Songs hören zu können. Selbst wenn ich die meisten Songs nicht verinnerlicht habe, singe und gröle ich doch pausenlos mit. Besonders natürlich bei der bandeigenen LEMMY/motörhead – Hommage und dem "Bömber" – Coversong. Die mötorGirls sind in ihrem Element – Herr!lich! Diabolisch grinsend "rase ich mit dem Teufel", fühle mich wie "The Hunter", laufe Amok bei "Hit and Run" und am Ende wähle ich überglücklich "(Nine, Nine, Nine) Emergency"! Volltreffer!

 

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Vorher konnte man fliehen – nicht VON ALCATRAZZ sondern dorthin, denn die gleichnamige Band zog einen gradezu magisch in ihren Bann! Das war eine reine "Lektion in Rock" Und dabei kannte ich vorher nichts von der Band. Unglaublich eigentlich. Jedoch wenn man bedenkt ... - hinterm Eisernen Vorhang war's ja auch n' büsch'n wie auf diesem kahlen Felsen. Und danach hab ich wohl einfach gepennt ...

Was mir auffällt: diese Band kennt große Bühnen (und kann die auch). Die Bühne im Bambi ist etwas zu klein für soviel Charisma. Zum Glück nimmt's die Band mit Humor (ich hatte anfänglich echt Bedenken) und rockt den kleinen Laden souverän und bravorös. Graham Bonnet sang eigentlich immer bei ALCATRAZZ höre ich – unvergleichliche Stimme dieser Mann. Jetzt ist es Doogie White. Verdammt, der hat einen (und alle!) sogleich im Blick. Mit Augenkontakt auf Tuchfühlung mit dem Publikum (ein Mitsingender in der ersten Reihe wird von Doogie White auf die Bühne geholt, als der erkennt wie textsicher der Fan ist - obersympathisch). Das gibt gleich ne dicke Gänsehaut. Und dann diese Stimme! Nimmt einen gleich in Beschlag. Alter! Wie gut! Nochmal Gänsehaut! Und auch hier: ich kenne keinen Song von ALCATRAZZ. Trotzdem singe und schmettere ich mit (die Stimme vom Blaze – Bayley – Gig noch angeschlagen). Du kannst dich diesen Songs einfach nicht entziehen. Vor allem am Schluß nicht: Rainbows "Temple of the King (gut, den kannte ich) mit der Widmung an die bereits von uns gegangenen Musiker Jimmy Bane, Cozy Powell, Ronnie James Dio. Sagenhaft! Ihr ahnt, was jetzt kommt ... - Gänsehaut und Pipi inne Augen! Apropos DIO: Doogie White hat was von ihm. Seine Erscheinung, seine Körpersprache. Alles "Holy Diver", ey. Mag ich.

Daneben Joe Stump. Seines Zeichens Gitarrist und Ritchie Blackmore Verehrer. Hört man. Geht garnicht anders. Sieht man auch – irgendwann zertritt er sogar eine Klampfe. Und hat, meine ich, so'n leicht arroganten Zug an sich. Das bessert sich während des Auftritts, aber das Gefühl bleibt. Abseits der Bühne isser aber doch eher Kumpel. So wirkt auch die Band auf mich – alles Kumpels. Der Bassist Gary Shea und der Keyborder Jimmy Waldo sind von Beginn an dabei, der Schlagzeuger grade neu. Aber ich hab den Eindruck, die kennen sich alle schon ewig. Herzlich und humorvoll geht es zu. Das überträgt sich auch aufs Publikum. Man sieht überall zufriedene Gesichter. ALCATRAZZ haben alle gefangen genommen und jede/r hat das genossen. Grandiose Band!

 

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Philipp: So isset, Kollege! Nächster Stop: SLIME!

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