CLOWNS, THE DEATH SET / 20.07.2022 – Hamburg, Hafenklang

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Als ich bei herrlichstem Wetter am Hafenklang ankomme, erblicke ich unter den am Wasser herumlungernden Gestalten doch gleich Bekannte: „Du willst bestimmt zum falschen Konzert?“, befragt mich Claas inquisitorisch. Tatsächlich wusste ich gar nicht, dass oben im Goldenen Salon KOMBYNAT ROBOTRON spielen. Von daher will ich tatsächlich zum „falschen“ Konzert. Zwischendurch schleiche ich mich mit dem Hafenklang-Stempel erfolgreich an der anderen Kasse vorbei und luschere mal, aber das Kombinat baut bereits ab. Wird also kein Doppelreview mit Clubhopping heute, aber was unten geliefert wird, reicht auch dicke!

 

CLOWNS

Bilder von Jörg Linnenkohl

 

Den einen (mir) sind THE DEATH SET vollständig unbekannt, für andere (Gregor Samsa) sind sie der Grund für den heutigen Konzertbesuch. Vor 18 Jahren hätten die Experimentalpunks live begeistert, verrät mir Gregor. An seiner Miene sehe ich wenig später schon, dass das Trio seiner kritischen Erwartung standhält. Die Jungs strahlen eine angenehme Dosis Wahnsinn aus. Gerade bei Sänger/Gitarrist Johnny Siera weißt du nie, was er als nächstes tut. Er könnte urplötzlich mit oder ohne Gitarre ins Publikum springen, dich an der Gurgel packen oder sein Mikro so unter deinem T-Shirt durchziehen, dass das Kabel zwischen Stoff und Haut verläuft und er dich somit nach vorne ziehen kann. Dauert angesichts solcher Moves und wilden Hopsern von der Bassdrum nicht lange, bis das Publikum mit Pogo reagiert. Musikalisch kommt ein Großteil der Musik vom Band, Casio/C64-Synthie Sounds, Beat-Samples ergänzen das live gespielte Schlagzeug. Zwei Gitarren, kein Livebass, zwei bis drei Gesänge und die ganzen Elektro-Sounds ergeben eine wüste Mischung aus WavePunk und Hardcore-Gedresche, wobei einige Tracks durchaus eingängig sind. Wenn Siera mit hysterischer Kopfstimme kreischt und hyperaktiv abgeht, kann das niemanden kaltlassen. Ein sehr kurzweiliger Spaß.

 

CLOWNSCLOWNS 

 

CLOWNS, ne? Ein reines Tanzvergnügen, und das vom ersten Song an. Stevie Williams verrät uns, dass er fast schon ein schlechtes Gewissen habe, weil er gestern in Berlin etwas härter gefeiert habe. Aber anzumerken ist ihm davon nichts. Der Mob eskaliert sofort, Williams kann sich bei Stagediveausflügen auf hinreichend helfende Hände verlassen. Auch Bassistin Hanny J stürzt sich von der Bühne, wirft sich zwischen die Tanzenden auf den Boden und zuckt ekstatisch. Wieso rocken Australier:innen häufig so dreckig? Gregor formuliert später auf der Rückfahrt in der S-Bahn eine längere musiktheoretische Abhandlung, die mich in dem Moment total überzeugt. Wiedergeben kann ich sie aber nicht, irgendwas mit Pubrock und Entfernungen. CLOWNS veredeln ihren Hardcore/Punk mit ganz viel Rock’n’Roll und finden eine schöne Balance aus Eingängigkeit, Rotz und Geschwindigkeit. Songs zu nennen fällt gar nicht so leicht, ich meine, dass u.a. „I Shaved My Legs For You“, „Bad Blood“, „Nature“, „Freezing In The Sun“, „Play Dead“ und „Destroy The Evidence“ dabei sind. Der Sound ist okay, zum Glück, denn sowohl von den Gitarren als auch von den Gesängen will man ja keine Nuance missen. Immer wieder hält Williams das Mikro in die Meute und Frost, Pisse, Elend-Feli steuert einen besonders widerwärtigen Schrei bei.

 

CLOWNS 

 

Diese Band werde ich mir immer wieder angucken! Zwei CLOWNS-Konzerte reichen noch nicht.

 

Bewertung: 5 / 5

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