DxBxSx, THRASHING PUMPGUNS / 03.06.2022 – Hamburg, Fundbureau

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In unserer Teenagerzeit stellten ein guter Kumpel und ich uns beim Plattenhören häufig die quälende Frage, wie viele hervorragende Bands „dort draußen“ wohl existieren mögen, deren Musik nie an unser Gehör dringen wird. Einfach weil sie nie die Chance erhalten werden, aus ihrem Dorf oder aus ihrem Land herauszukommen. Mehrere Jahrzehnte später hat sich durch das Internet einerseits alles verändert. Und dennoch bleibt andererseits das Phänomen bestehen, dass die potentielle neue Lieblingsband für immer an einem vorbeischrammelt, nur halt einen Klick entfernt. Stichwort Unendlichkeit, ihr versteht. Da können nur zwei Dinge helfen: Plattenkritiken oder der bloße Zufall. Im Falle von DxBxSx oder DRIVE BY SHOOTING (in der Folge schlicht DBS genannt) war es letzteres, sollte dieses Berliner Trio doch mit den Hamburger Metalpunx THRASHING PUMPGUNS im Fundbureau zocken, was natürlich meine Aufmerksamkeit erregte. Als Schrammi dann noch kurzfristig fragt, ob wir Bock auf einen gemeinsamen Konzerttrip haben, sagen wir sofort zu. Auf der Hinfahrt wirft Schrammi DBS-Scheiben in den Player und ich denke nur, wie zur Hölle mir diese geile Band über 20 Jahre lang unbekannt bleiben konnte!

 

DxBxSx

Bilder von MJ

 

Ist ja herrlich, mal wieder am und im Fundbureau herumzulungern. Sofort treffen wir Flensburger & Hamburger Freund*innen und ein weiterer Kieler ist auch am Start. Ich hatte fast vergessen, wie geil es auf der Toilette wummert, wenn eine S-Bahn über die direkt darüber befindliche Brücke donnert. Wenn du dabei den Kopf an die Wand drückst, ist das ein Klangerlebnis für sich.

 

THRASHING PUMPGUNSTHRASHING PUMPGUNS 

 

Ungewöhnlicher Aufbau bei den THRASHING PUMPGUNS: Um Zeit zu sparen bzw. aufwändigere Umbauten zu vermeiden, hat Viktor sein Drumset vor das von DBS gestellt – aber auf den Boden vor die Bühne. Der Rest der Band steht allerdings auf der Bühne und somit hinter ihrem Drummer! Mal etwas Neues. Ich glaube, dass die „neue“ Bandbesetzung hier noch in keinem Bericht gewürdigt wurde: Mit dabei sind jetzt Luca am Bass und Buddy (EXIT SMASHED) an einer der beiden Gitarren. Da haben sich Gunnar, Rolf und Viktor Top-Leute dazugeholt und zusammen dengelt der Fünfer ‘nen dicken Gelben in die Hütte. Die ungewohnte Positionierung irritiert keinen, tight, räudig und fies ballert man Stücke von der „The Lord Is Back“-LP und der Single „The New Wave Of Metal Punk“. Meine Favoriten sind heute „Not A Punk“, „The Lord Is Back“ und ein neuer (glaube ich), von dem ich den Titel nicht mitbekomme. Keiner möchte ins Schlagzeug fallen, deshalb bleibt der Mob etwas höflicher auf Abstand. Dafür macht es Spaß, Viktors Moves mal richtig en detail beobachten zu können. Schöner Auftritt, welcher Laune auf mehr Stoff von den PUMPGUNS macht.

 

DxBxSxDxBxSx 

 

DBS bieten dann eine geil knallende Mischung aus altem Rock’n’Roll wie THE STOOGES und MC5, viel Punkrock, etwas Stoner und einer Prise TON STEINE SCHERBEN. Das Ganze mit deutschen Texten in Berliner Schnack. Dem Trio gelingt es, mit dieser eigentlich völlig naheliegenden Kombination diverse totale Hits zu schmieden. Dazu zählen der BILD-Diss „Ihr! Alle! Immer!“, das herrlich betitelte „It’s So Berghain“ oder die Punk-Attacke „Deutschland Du Mieses Stück Scheisze“. Die sind heute auch alle in der Setlist und so nimmt ein mitreißendes Konzert seinen Lauf. Das sieht Gitarrist und Sänger Tom Haarbrückner ein paar Songs lang noch nicht so: „Ick wird heut nich warm, verdammt!“ Erst nachdem ein Song zum zweiten Mal gestartet werden muss und ein Einsatz kurz diskutiert wird, verkündet der Mann: „Nu bin ick warm! Ick brauchte nur eine Ansage vom Chef!“ Überhaupt sind die Ansagen schön launig, Bassist Timo Tolkmitt haut gleich mehrere Hamburgbeleidigungen raus (die gute alte Städte-Rivalität) und zählt einen Zwischenrufer aus, der den TON STEINE SCHERBEN-Einfluss thematisiert. Dies sei bei diesem Stück völlig unangebracht, ob er denn die STOOGES-Vibes nicht spüre. Tatsächlich ist aber gerade gesanglich eine gewisse Ähnlichkeit zum jungen Rio Reiser nicht von der Hand zu weisen, gerade wenn Haarbrückner besonders pöbelig und rotzig klingt. Der Boden vibriert vor Basswellen, die Hose flattert bei den Bassdrumkicks (am Kit: Steven Scherler) und am Schluss sind alle Fäuste oben. Die Forderungen nach weiteren Zugaben erübrigen sich, als dem Schlagzeuger Stück für Stück das Schlagzeug unterm Arsch abgebaut wird, während dieser weiterspielt, solange es nur geht.

DBS haben es drauf, punkigen Drecks-Rock’n’Roll mit treffenden Riffs, klasse Gitarrenarbeit, eingängigen Refrains und zeitlos wütend-gewitzten Texten zu kreieren. Für mich ist das eine fette Entdeckung. Ich kenne bis jetzt nur die Alben „Ihr! Alle! Immer!“ und „Wer will denn das“, die ich heute nach dem Konzert abernte, die sind schon mal schwer zu empfehlen. Gönnt euch!

 

DxBxSx

 

Tschüss Hamburg, Hallo Kiel, wo es am nächsten Tag MOVING TARGETS und TYPHOON MOTOR DUDES auf die Mütze gibt. Endlich wieder normale Zeiten, Review folgt.

Bewertung: 5 / 5

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