KADAVAR, SPLINTER / 25.05.2022 – Kiel, Pumpe

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So langsam reduziert sich die Anzahl der durch Corona angesammelten Konzertkarten. Auf KADAVAR mussten wir im Vergleich gar nicht so lange warten, denn meine älteste Karte ist die von OZZY und JUDAS PRIEST (dieses Konzert sollte ursprünglich Anfang 2019 stattfinden, während KADAVAR für Dezember 2021 angesetzt war). Ärgerlich ist nur, dass KADAVAR gerade auf das heutige Datum verlegt wurden, an dem im Logo auch MIDNIGHT und NIGHT DEMON spielen. Aber ab Juni kommt das 9-Euro-Ticket, da kann man ein verpasstes Konzert mit Glück woanders doch noch abgreifen. Einfach mal nach München brettern und da irgendeinen Quatsch gucken, ist doch herrlich.

 

KADAVAR

Bilder von MJ

 

SPLINTER hatte ich nun gar nicht auf der Reihe. Dabei spielen hier alte Bekannte, die bereits in Bands wie GEWAPEND BETON, DEATH ALLEY, BIRTH OF JOY und VANDERBUYST unterwegs waren. Ja, tatsächlich ist der Sänger kein anderer als Douwe Truijens, der bereits in beiden eben zuerst genannten Amsterdamer Bands schmetterte. Von Hardcore/Punk zu Classic Rock! DEATH ALLEY gingen bereits in diese Richtung und waren mehrfach mit KADAVAR auf Tour, die SPLINTER-LP „Filthy Pleasures“ ist jetzt auf dem KADAVAR-Label ROBOTOR Records erschienen. Schon vor dem ersten Song versammeln sich neugierige Musiknerds vor der Bühne und bestaunen das Vintage-Equipment. Eine fette Hammond-Orgel steht da unter anderem, an welcher bereits ordentlich herumgeschraubt wurde und die mit einem D.I.Y.-Fahrgestell versehen wurde (den Orgler Gertjan Gutman konnte man 2018 übrigens mit BIRTH OF JOY aufm ENZO-Festival sehen). Als es dann losgeht, hört jeder Laie den Unterschied zu einem Korg-Keyboard. Das wämst rein! Die schweren Orgelklänge überdecken sogar fast die Tatsache, dass ein Bass fehlt (fast, denn mit wäre es wohl noch schöner). Douwe rennt auf die Bühne und aus dem Rotzbengel-Punk von eins ist ein Rocksänger mit Charisma geworden. Der wackelt mit den Hüften, schnipst mit den Fingern und strahlt allen Anwesenden ins Gesicht. Erwähnenswert wohl auch sein T-Shirt, auf dem zwei – äh – flirtende Cowboys zu sehen sind. Seine Stimme klingt wirklich völlig anders als bei GEWAPEND BETON, wobei er ja auch dort nicht nur gebrüllt hat. Aber hier wird mit großer Geste gesungen. Super gefallen mir zum Beispiel die Songs „Plastic Rose“ (passenderweise werfen irgendwelche Freaks echte Rosen auf die Bühne, worüber sich die Bandmitglieder nachhaltig freuen) und das melancholische „Take No More“. Insgesamt treffen lässiger Hardrock auf Einflüsse aus Punk und Glam. Mit jedem Stück scheinen SPLINTER mehr Leute zu überzeugen und folgerichtig gibt’s am Merchstand danach ordentlich Andrang (ich ernte die LP und drei Singles ab).

 

SPLINTERSPLINTERSPLINTER

 

 

Nicht nur SPLINTER-Sänger Douwe erweist sich heute als wandlungsfähig: Tiger hat Rasur und Frisur radikal verändert. Der Bart ist ab, die Matte auch. Sämtliche Haarpower ist in den Schnurrbart gewuchert. Da guckt man glatt zweimal hin, um sich zu versichern, ob er es auch sei. Hinzuhören braucht man zur Identifikation hingegen nur kurz, denn der Groove und der Punch sind einmalig. Musikalisch ist man gespannt: Wird es Songs des ruhigen und völlig aus dem bisherigen „Rahmen“ fallenden „The Isolation Tapes“-Albums geben? Eine längere Zeit sieht es nicht danach aus, denn KADAVAR geben uns erst mal voll auf die Mütze: „Lord Of The Sky“, „Last Living Dinosaur“, „Into The Wormhole“, „Doomsday Machine“ und „All Our Thoughts“ heißen die ersten fünf Stationen – heavy stuff, der zu wildem Headbanging einlädt. Das Trio peitscht die Leute entsprechend an, indem es sich offenbar bewusst noch mehr als sonst auf der Bühne bewegt. Wenn Lupus Lindemann nicht singt, bangt er am Bühnenrand, während Bassist Simon Boutelop zähnefletschend hin und herstakst. Tiger ist eh eine Show an sich, weswegen seine Position vorn in der Mitte weiterhin ein gelungenes und typisches KADAVAR-Element ist. Nur von kurzen, lockeren Ansagen unterbrochen krachen bei wirklich hervorragendem Sound „The Old Man“, „Come Back Life“, „Black Sun“, „Die Baby Die“, „Tribulation Nation“, „Purple Sage“ (geil!) und „Pale Blue Eyes“ in die gut gefüllte, aber nicht ausverkaufte Pumpe. Seltsam nur, dass die sehr gelungene „For The Dead Travel Fast“-Scheibe komplett ignoriert wird, vielleicht war ich aber auch gerade Bier holen. Ende, Abgang, Zugabe: Lupus erklärt, dass man während der Pandemie das „Isolation Tapes“-Album produziert habe und nun davon zwei Stücke spielen werde. Ein kluger Schachzug, diese Songs an genau dieser Stelle zu platzieren! Die Dinger sind sehr ruhig und üben eine kontemplative Stimmung aus, was zum Ende des Auftritts besonders intensiv wirkt. Mit „Fly Among The Stars“ und „(I Won’t Leave You) Rosi“ wählen KADAVAR die beiden gelungensten Stücke dieser LP, finde ich. Es folgt noch eine weitere Überraschung, nämlich ein BEATLES-Cover (“Helter Skelter“, schön heavy gespielt).

 

KADAVARKADAVAR 

 

Das war mal wieder eine Vollbedienung von KADAVAR, welche die Band in Topform gezeigt hat. Dazu noch mit SPLINTER eine coole Neuentdeckung – wat willste mehr?

Näxte Station, näxter Bericht: SPERMBIRDS im Luna!

 

KADAVAR

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