HAMMERHEAD, BRIEFBOMBE, ASOCIAL DISTORTION / 13.11.2021 – Hamburg, Hafenklang

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Es kommt mir vor wie gestern, dass ich eine junge SxE-Band, dürre Kerle in weißen T-Shirts, im Kieler Konken habe zocken sehen. Sie sprangen auf der Bühne herum, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her, coverten CRO-MAGS und nannten sich BREAKING THROUGH. Ist aber tatsächlich im Juli 1990 gewesen und es war „das allererste Hammerheadkonzert“ („Cut The Melon“-Booklet). 2021 sind HAMMERHEAD immer noch am Start (Päuschen gab es sicher mal, aber die darf sich jede Band mal gönnen), wenngleich in neuer Besetzung, denn statt Headbert (Respekt und Danke für über dreißig Jahre Hardcorepunk!) steht nun David Kmpfsprt an einer der beiden Gitarren. Ob in neuer oder alter Besetzung, da wollen wir natürlich wieder dabei sein!

 

HAMMERHEAD

Bilder von MJ 

 

Zu zweit geht’s hin, vor Ort vergrößern wir unsere Reisegruppe zum Teil geplant, zum Teil spontan auf fünf Leute, Kommentare von Martina, Schrammi, Herbert und Zlatko werden also zwangsläufig Einzug in diesen Text finden, das lässt sich gar nicht verhindern. Auch ansonsten treffen wir so unfassbar viele Leute, dass mir jetzt noch die Ohren klingeln. Herrlich so ein Konzert mitten in einer Pandemie. Ausverkauft heißt bei 2G im Hafenklang aber zum Glück moderate Fülle, ähnlich wie bei SUBHUMANS fühlt man sich nie eingequetscht oder beengt, bei Bedarf kann aber hinreichend Körperkontakt hergestellt werden.

 

ASOCIAL DISTORTIONASOCIAL DISTORTION 

 

Bei ASOCIAL DISTORTION sitzt Karsten vom NO SPIRIT-Zine am Schlagzeug, mit dabei sind Buddel an der Gitarre und Bela am Bass. Karsten und Buddel kotzen im Wechsel die Texte raus, in denen es unter anderem um „die Hölle“, den „Staat der Rechthabenden“, das „Springerquartier“ und um „Ananas“ geht. Leider ist Buddels Gitarre im Mix deutlich zu leise, weswegen man als Zuschauer:in diesen Effekt empfindet, als komme nicht die Gesamtenergie an, die auf der Bühne zweifelsohne reingepumpt wird. Es ist nicht so schlimm wie bei CRACKMEIER neulich, aber schon etwas schade. Der Bass knattert in bester Lemmymanier zu den fast durchweg schnellen Stücken, sodass man sich vorstellen kann, dass die Chose bei Idealbedingungen gut knallen müsste. Das bestätigt sich auf den Tonträgern (gibt eine LP und eine Kassette), die ich heute abernte. (Endlich mal wieder Platten direkt auf’m Konzert kaufen!) Übrigens hole ich mir die Tonträger noch VOR dem Auftritt, führe quasi eine Prä-Ernte durch. So übe ich sublimen Druck auf die Musiker aus, die dann ja auch liefern müssen. 

 

BRIEFBOMBEBRIEFBOMBE 

 

BRIEFBOMBE sind dann der Hammer. Kurz nach dem Linecheck ziehen sich drei der Mitglieder Postuniformen an, weswegen man ohne Frage von Postpunk sprechen darf. Am Mikro übrigens Kris, Karstens Schwester, bleibt alles in der Familie heute. Mir wird gesagt, dass Kris Frisörin sei und für die einwandfreien Haarfrisuren ihrer Bandkollegen verantwortlich sei. Ich übernehme das hier ungeprüft, denn es klingt zu schön, um nicht wahr zu sein. Der Look stimmt also, aber die Mucke erst mal, wow! Fixer Schrei-Hardcore/Punk, nicht ohne wenig versteckte einschmeichelnde Melodien. In jedem Stück scheint es offenbar um postbezogene Themen zu gehen. Was genau? Ich weiß es nicht, schätze aber, dass es nicht um die gute alte Zeit geht, in der Postbedienstete noch verbeamtet wurden. Ein Stück beginnt mit einem Zitat aus einem Pop-Song („Hey yeah, what’s up Mr. postman“ oder so), um dann fies nach vorne zu knüppeln. Am Merch gibt es gegen Spende Briefumschläge, in denen sich ein Böller und ein Downloadcode befinden. Hol ich mir glatt. Fazit: Fettes Paket, schnell geliefert, Expresszustellung würd ich sogar sagen.

 

HAMMERHEAD

 

Ja, leck mich doch am Arsch, sind HAMMERHEAD dann geil! Das schiebt, drückt, dengelt und ächzt so herrlich schmutzig, dass ich es kaum in Worte zu fassen vermag. Natürlich vermisst man Headbert, aber der ab jetzt für immer „Neue“ macht seine Sache ordentlich (nicht zu viel Lob im ersten Review, ist klar). Tobias Scheiße röchelt, grölt und brüllt insgesamt neunzehn Songs (Setlist geklaut), die alle schön druckvoll aus der PA pumpen. Alle Zwischenrufer werden mit liebevollen Bemerkungen gekontert, manchmal labert Herr Scheiße auch auf Englisch. Von unserem Standpunkt aus kann ich auch perfekt Schlagzeuger Osche beobachten, der mit ganzem Körpereinsatz spielt. Ich mag das ja, wenn ein Drummer die Arme maximal hochreißt, den ganzen Radius nutzt und es so aussieht, als kloppe er gleich alles kaputt. Bei einem der ersten Songs passiert das auch fast, der Song muss früher abgebrochen werden, was immer kaputtging, kann aber schnell gefixt werden. Wat ist alles an Songs dabei, fragt ihr? Los geht’s mit „Morgen Is Untergang“, „Handgranate“ und „Ballonseide“ – natürlich ist spätestens jetzt der Innenraum an Randalieren. Weiter mit „Hier geht’s da lang (Punk-Religion)“, „Die Alte im Vegancafé“ und dem Pogo-Eskalierer „Hochhaus“. Mein T-Shirt ist jetzt biergetränkt, aber es sind auch keine Arschlöcher dabei, die einem von hinten ins Kreuz springen oder so, es herrscht eher so ein Gute-Laune-Pit. Ich brauche hier nicht jeden Titel aufzuzählen, aber als weitere Höhepunkte kommen „Punk Maschine“, „Ich sauf allein“, „Hell On Earth“, „Immer weiter“ (ich liebe das ja, wie T. Scheisse hier immer wieder die Worte „es geht immer weiter“ bölkt), „Dinge Sachen Zeug“ und schließlich das CRO-MAGS-Cover „Hard Times“. Die Leute hätten Bock auf mehr, aber Zugaben sind Rockstarscheiße.

 

RegioSchrammi

 

Jo, grandios. Danach gönnen wir uns die Regio-Rückfahrts-Action und ich könnte hier noch weiterschwärmen von verpassten Zügen, Halloumi-Burgern, Brillentausch, "Geh arbeiten!"-Pöbeleien, Kreislaufproblemen und derlei mehr. Immer weiter!

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