POM, SWEARING AT MOTORISTS / 22.10.2021 – Hamburg, Molotow SkyBar
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Mittwoch, 27. Oktober 2021 13:33
- Geschrieben von Doom Fränk
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Das Ganze geht auf den Donster zurück. Ursprünglich sollten POM zwei Tage später auf der MS Hedi spielen. Eine feucht-fröhliche Barkassen Tour hatte eben genannter Kieler uns allen versprochen. Traurigerweise wurde diese von dem Veranstalter abgesagt, aber sofort stand das Molotow – wie immer mit dem super(!) Riecher für geile Musik – bereit und bot einen Ersatztermin an. Dieser wird natürlich wahr genommen, nur der Donster ist leider nicht dabei. Sein neuer Chef hat ihm eine Gehaltserhöhung oder sogar eine Beförderung zum Ober-Don in Aussicht gestellt, wenn er noch vor dem Wochenende zeigt, was er alles kann. Viel Erfolg dabei, aber trotzdem schade.
Die Hinfahrt mit der Bahn ist wie immer eine Katastrophe. Gestern noch fegte Sturm „Ingolf“ über das Land, heute klappt auf der Strecke Kiel – Hamburg natürlich mal wieder gar nichts. Dies verwundert – außer die Bahn selbst – vermutlich niemanden mehr. Zug um Zug fällt ganz aus, aber endlich geht es mit Verspätung doch los. Bereits ab Neumünster ist der Regionalexpress jedoch voll wie die Tōzai-Linie (die Ost-West-Linie) in Tokyo an einem Werktag um 08:00 morgens. Kurzum: es geht gar nichts mehr. Leider fehlen die in Japan um die Uhrzeit anwesenden Stopfer (welche immer weiße Handschuhe tragen und die Fahrgäste nur ganz vorsichtig nach vorne schieben) hier völlig. Da schließt dann halt auch mal eine Tür nicht und der ansonsten geforderte Corona Sicherheitsabstand wird sowieso ad absurdum geführt. Egal, irgendwann ist auch diese Höllenfahrt vorbei.
Swearing at Motorists sind heute Abend der Opener. Dave Doughman, Sänger und Gitarrist der The World`s Local Band, blickt sich erstaunt um. Sein Schlagzeuger ist noch nicht da, aber der kommt bestimmt noch. „Ich werde heute dieses Konzert für meine kommende DVD aufnehmen“, erklärt er uns sogleich. „Dieses soll ein One-Take – also ohne Schnitte – werden. Damit das Live Feeling aber mal so richtig rüber kommt, muss es perfekt werden. Nur ein Fehler und ich sehe mich gezwungen, von vorne anzufangen!“
Uff, denke ich, das kann ja heiter werden und schon schlägt Dave zu unser aller Entsetzen gleich beim ersten Lied die falsche Saite an. „Ich werde heute dieses Konzert für meine kommende DVD aufnehmen“, erklärt er uns sogleich. „Dieses soll ein One-Take – also ohne Schnitte – werden. Damit das Live Feeling aber mal so richtig rüber kommt, muss es perfekt werden. Nur ein Fehler und ich sehe mich gezwungen, von vorne anzufangen!“
Jetzt klappt es besser! Zwischen teilweise recht kurzen Rock- und Liebesliedern gibt es immer wieder Anekdoten aus dem Leben des Sängers wie auch aus der Geschichte des 1994 in Dayton, Ohio gegründeten Duos. Wobei der Schlagzeuger immer noch nicht aufgetaucht ist. Das scheint aber Dave und seine DVD Aufnahme nicht weiter zu stören. Doch da…plötzlich….nach über 30 Minuten eines perfekten(!) Konzertes…..Dave verspricht oder verspielt sich! Ich weiß nicht mehr, was es war, so geschockt bin ich…aber ich weiß, was jetzt kommt:
„Ich werde heute dieses Konzert für meine kommende DVD aufnehmen“, erklärt er uns sogleich. „Dieses soll ein One-Take – also ohne Schnitte – werden. Damit das Live Feeling aber mal so richtig rüber kommt, muss es perfekt werden. Nur ein Fehler und ich sehe mich gezwungen, von vorne anzufangen!“
„Noooooooooooo! Everything was perfect“, schreit das entsetzte Publikum, „Just play on! Don´t start over! Pleeeeaaaaseeeee!“ Und Dave hat ein Einsehen, das Konzert geht weiter. Der Drummer erscheint nicht mehr, aber auch so hat der Auftritt Spaß gemacht. Natürlich ist das (vermutlich) nicht alles so ganz ernst gemeint, aber Dave kann Singen und Spielen und mit Schlagzeug geht das bestimmt auch gut nach vorne. Er hat nicht grundlos die White Stripes bereits zu einem Wettbewerb herausgefordert, um zu sehen, wer die bessere Show liefert. Aber komischerweise haben diese ihm nie geantwortet.
Für POM ist die Bühne der Skybar bereits jetzt schon zu klein. Dieses ist durchaus doppeldeutig gemeint und bezieht sich nicht nur darauf, dass sich nun ein Schlagzeuger, ein Bassist und eine Sängerin auf das doch recht schmale Podest quetschen. Dazu kommen noch 2 Gitarristen und diese haben ihre Pedalboards aber mal so richtig mit Effektgeräten und Verzerrern dichtgeschraubt.
FuzzPop nennen die 5 Niederländer ihre Musikrichtung und ich kann dieser Bezeichnung nicht widersprechen. Die Gitarren donnern sogleich los und Übersteuern die angeschlossenen Verstärker, die ohnehin schon auf maximale Sättigung gefahren sind. Fuzz ist da ohne Ende! Dieser erschafft eine breite, undurchdringliche Tonwand, über den sich nun der emotionale – teils säuselnde, teils flehende, teils schimpfende, teils (ver)fluchende – Gesang Liza van As` legt. Das ist mal eine geile Kombination und die Eingängigkeit dem Pop entlehnt. Sogleich kommt Bewegung in das überraschend zahlreich erschienene Publikum und die Temperatur steigt sofort auf 175 Grad über dem normalen Fuzz-Punkt.
Punk, Garage und Britpop nennt die Band als Inspiration und dies ergibt durchaus Sinn, da nicht bei allen Liedern das Big Muff Pedal auf Stufe 12 eingestellt ist und die Becken des Schlagzeugs ununterbrochen scheppern – doch gerade diese gefallen mir am besten. Der ganze Auftritt lebt natürlich auch von der Bühnenpräsenz der Sängerin. Ständig ist sie in Bewegung, positiv extrovertiert und scheut auch den Kontakt zu dem Publikum nicht. Sofern dies die derzeitigen Woke Debatten noch erlauben, würde ich durchaus von diesem Rampen-Säugetier sprechen, aber formuliere es besser nicht weiter aus.
Manche können es halt oben auf der Stage, manche nicht (also ich natürlich auch nicht…). Hier muss noch ein letztes Mal Japan als Beispiel dienen. Im Land der Geisha und der Samurai – so ist eine dortige Redewendung – spricht man mit dem Mund, jedoch nicht mit den Händen. Ausschweifendes Gestikulieren ist also nicht erwünscht; auf der Bühne muss es aber genau anders sein. Hier singt für eine mitreißende Vorstellung nicht nur die Stimme, sondern der ganze Körper transportiert hier den Inhalt bzw. die Lyrics.
Und diese, aus eigenen Erfahrungen in der Drogenhölle Amsterdams entstanden, haben es in sich. Mal wurde eine rote (oder blaue?) Pille geschluckt, um dann anschließend in einem Kaninchenbau aufzuwachen, ein anderes Mal der Bong mit dem geilen Pot geladen und sodann mit der Raupe (oder der purpurnen Katze? Oder beiden?!?) aus Nachbars Garten geteilt – auch so entstehen tiefe Freundschaften. Vielleicht habe ich hier auch nicht alles verstanden oder falsch interpretiert, aber das sei mal bitte egal.
Die Stimmung ist super und der Jubel frenetisch. Noch ist leider kein Album draußen, aber POM haben gespielt, was sie haben: Alles. Trotzdem fordert das Publikum eine weitere Zugabe – aber bekommen wir diese? Ich bin mir da gerade nicht so sicher, aber es wurde ja auch ALLES gespielt, daher entscheide jeder/jede jetzt für sich selbst.
Das Publikum ist begeistert und die Band natürlich auch. Damit hat zuvor sicher keiner vor oder hinter dem Graben gerechnet. „Wir hatte eine tolle Auftritt!“, wird die Band freudetrunken später sagen - ich sie selbstredend am nächsten Tag im Flensburger Volksbad ein zweites Mal sehen – Bericht folgt!
Anspieltip bis dahin: POM – Down The Rabbit Hole