DIE SCHWARZEN SCHAFE, NIXDA! / 08.10.2021 – Hamburg, Stellwerk

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„Ich würde an dem Abend ins Stellwerk gehen“, lautete die Empfehlung eines Kieler Punk Rock Experten gestandenen Alters und Gewichts. „Da spielen ´Die schwarzen Schafe´“. Ich war bisher weder jemals im Stellwerk noch habe ich zuvor gewusst, dass es eine Band mit dem Namen „Die schwarzen Schafe“ gibt – also hin da! Schnell noch Ticket 49 (von 50) online geclickert und wenig später meldete der Club auch bereits: Ausverkauft!

Nach Hamburg geht es heute mehr oder weniger zufällig. Ich hatte noch diverse gratis Hotel Übernachtungen und die mussten im März gebucht werden, damit sie nicht verfallen. Heute ist das Radison Blu am Bahnhof Dammtor (dieser riesige Klotz neben dem CCH) fällig. Die dazu nun jeweils besuchten Konzerte waren vor 6 Monaten nicht absehbar und erweisen sich ein ums andere Mal als bunte Wundertüte voller Überraschungen.

 

DIE SCHWARZEN SCHAFE

 

 

Mit dem Stellwerk geht es heute Abend los. Es befindet sich direkt im Bahnhof Hamburg-Harburg und dieser ist eigentlich super easy zu erreichen – der Club selbst aber ist in dem Gebäude bestens versteckt. So ist es nicht verwunderlich, dass mich bei Verlassen der S-Bahn ein alter Punker fragt, ob ich wüsste, wo der Eingang von dem besagten Club ist. Ich verneine, aber wir vereinbaren, dass ich oben und er weiter unten suchen würde und wenn der eine den Eingang gefunden hat, würde er den anderen informieren.

Kleiner Tip: Er ist oben zwischen Gleis 3 und 4.  Also gefunden und hernach schnell rein und Bier trinken – ich bin noch fast nüchtern und recht spät dran. Hamburg ist zurzeit voller Baustellen im U- und S-Bahn Bereich rund um den Hauptbahnhof und weder über noch unter der Erde mag man in der Bahn wegen der bestehenden Maskenpflicht saufen. Ok, verboten ist das ja auch noch.

Die Veranstaltung heute ist noch „3G“, da bei deren Anmeldung das Model „2G“ noch nicht abzusehen war. Demnach besteht Masken-Pflicht bei Verlassen des Platzes und von den Stehtischen darf sich (ohne Maske) maximal eine Armlänge weit entfernt werden; die ganze Zeit Sitzen braucht aber keiner mehr. Die Kapazität ist zudem auf 50 gedeckelt, das mögliche Fassungsvermögen schätze ich auf mindestens 200. Das Stellwerk wird ehrenamtlich betrieben und dies in einer ausgesprochen freundlichen Art und Weise. Das kalte Holsten Edel kostet zudem zivile EUR 2,50 – da kann man sich auch noch vor Ort einen reinschrauben und das wird heute auch gemacht. Der Verkauf ist jedoch nur bis 2300 erlaubt und selbst die Hotel Bar schließt um diese Zeit.

 

NIXDA!

 

NixDa! aus Hamburg sind der Opener. Im Vorwege beschleicht mich der Verdacht, es könnte sich um die von mir gefürchtete Musikrichtung des dümmlichen Funpunks handeln, aber nein, sehr schnell kommt die Entwarnung. Die klassische Besetzung aus E-Gitarre, Bass, Querflöte, Schlagzeug und Gesang spielt sauberen Street-Punk mit klassisch norddeutschem Einschlag. Mal langsamer und mal schneller, also durchaus abwechslungsreich.

Textlich geht’s um Hamburg, Pauli und Probleme hüben wie drüben, wobei die rotzig-rattige Stimme des Sängers den einzelnen Liedern einen schmissigen Auftrieb verleiht. Ironie ist durchaus immer vorhanden. Die Texte wurden nicht im Zustand des Vollsuffs niedergeschrieben oder entstammen ausschließlich Latrinen Parolen – nein, hier wurden sich Gedanken gemacht.

Die nach dem 4ten Lied (oder so) zusätzlich gespielte Querflöte ist mal eine interessante Idee. Blood Ceremony, eine kanadische Doom Band, bedient sich ja ebenso dieser, wenn auch in einer ganz anderen Spielart. Derweil sie bei den Doomern eher schrill und irgendwie auch in Moll erklingt, würde ich bei NixDa! vielmehr auf Dur tippen – ich bin da jedoch absoluter Laie. Diese Spielweise führt aber aus meiner Sicht eher zu einem heiteren als einem bedrohlichen Klang.

Diese funktioniert bei den eher „lockeren“ Liedern durchaus, sie entfällt aber klugerweise bei anderen mit schwereren, ernsthafteren Themen. Ich kann nur sagen, Glückwunsch zu diesem Konzept. Wäre toll, wenn mehr Querflöte gespielt und dafür weniger gedudelt werden würde, aber ich fürchte, daran ändert sich nichts mehr.

 

DIE SCHWARZEN SCHAFEDIE SCHWARZEN SCHAFE

 

Allgemein eine sehr sympathische Band, was sich auch daran zeigt, dass diverse Gäste persönlich angesprochen werden und es offensichtlich eine breite Base gibt, die NixDa! zu diesem Auftritt begleitet hat. Erste Tanzversuche werden auch schon unternommen, aber die Corona bzw. 3 G Regeln werden stets respektiert.

Fazit: Hat Spaß gemacht, hätte mal eine CD kaufen sollen, aber vielleicht ergibt sich ja mal wieder die Möglichkeit.

Die Schwarzen Schafe sind, wenn ich mich nicht verhört habe, das erste Mal in Hamburg. Oder in Harburg...ist eigentlich auch egal. Also im Stellwerk waren sie zweifellos noch nie und geben sich gleich sehr umgänglich und bodenständig. Gut gelaunt steht Sänger Armin am Mercher und gibt bereitwillig Auskunft zu allem – hier ist D.I.Y. Punkrock seit 1985 angesagt und davon wird nicht mehr abgewichen.

Entstanden im Dunstkreis des Ratinger Hofs in Düsseldorf und benannt nach einer Kurzgeschichte von Heinrich „Gäääähn“ Böll, kann man hier durchaus von einer Punk Legende sprechen. Warum ich diese bisher nicht kannte, erschließt sich mir wirklich nicht.

Umso verwunderlicher wird dies noch, als die ersten Takte aus den Boxen knallen. Die 4 Herrn machen sofort ganz gewaltig Druck und sind voller Energie. Nur mit Mühe hält es das Publikum an den Tischen und immer wieder gibt es einzelne Ausbruchsversuche, aber den Corona Regeln wird im Grunde genommen Folge geleistet.

Lieder wie „Rote Sterne“ oder „Voran, voran“ bleiben sofort hängen und auch neuere Stücke wie „Anna Lena“ oder „Largas Noches“ sind grundehrlicher Punk. Natürlich fehlt auch der Band Klassiker „Friede den Hütten – Krieg den Palästen“ nicht – das Lied kannte ich vorher tatsächlich doch.

„Wer war der erste Punk in D´dorf?“, fragt der charismatische Sänger der schwarzen Schafe – für sein Alter absolut top in Schuss und ständig in Bewegung – das Publikum. Na klar, wie sollte es anders sein…die einzige Antwort ist: Campino! Das ist natürlich falsch und die Hosen nur Kommerz Kacke (sorry, kann nicht anders)! Ich hätte auf Jürgen Engler getippt, aber ich glaube, die richtige Antwort war Bernd Klötkowsky oder so…das habe ich leider nicht richtig verstanden – aber auch egal. Ich weiß auch nicht, in welcher Band der wohl gespielt hat.

Super Auftritt, sofort wieder und mich würde echt mal interessieren, wie die Stimmung bei den Schwarzen Schafen ohne Corona Beschränkungen wohl abgeht. Wie so oft ist die ganze Chose – gefühlt – leider viel zu schnell zu Ende.

Kommentare   

+3 #2 Danny 2021-10-16 14:17
Hey, eine super Zusammenfassung des Abends. Es war wirklich sehr schön und wir werden uns wohl noch lange daran erinnern. Vielen Dank für den tollen Text. Armin meinte mit dem ältesten Düsseldorfer Punkrocker Heinrich Heine, es war die Ansage vom Weberlied.

Grüße von den nixda!s :-)
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+1 #1 Philipp 2021-10-16 13:21
Hinweis von Janny Only-One:
"Very nice, aber das Stellwerk wird nicht ehrenamtlich geführt. Cheers Janny/Stellwerk"
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