GAAHLS WYRD, TRIBULATION, UADA, IDLE HANDS / 21.02.2019 – Hamburg, Kulturpalast

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Dieses abwechslungsreiche Billing lockt mich vor allem wegen IDLE HANDS und UADA nach Hamburg. Erstere haben mit der „Don’t Waste Your Time“-EP gerade einen sensationellen Tonträger veröffentlicht, sie zählen für mich zu den besten Newcomern (wobei mehrere Mitglieder vorher bei SPELLCASTER aktiv waren), letztere haben mich mit ihrem Auftritt auf dem HELL OVER HAMMABURG 2017 schlicht umgehauen. Und wenn man schon da ist, kann man sich TRIBULATION und GAAHL natürlich auch mal wieder gönnen...

 

Wir bekommen es hin, auf die Sekunde pünktlich zu sein (die angegebene Zeit von 18:20 Uhr war kein Teaser!) und dem ersten Europa-Auftritt von IDLE HANDS von Anfang an beiwohnen zu können. Warum so geil? Nun, die aus Portland stammende Combo bringt etwas Frisches mit sich, ein gewisses DEPECHE-MODE-Element, das begeisternderweise originell und unverkrampft wirkt. Auch IN SOLITUDE hatten zum Beispiel so einen Gothic-Rock-Ansatz, der letztlich im Gesamtkontext aber anders klang (auch gut natürlich). Überraschend kommt das auch deshalb, weil man bei SPELLCASTER noch nichts von diesem Stil ahnen konnte, obwohl dort auch beide Gitarristen Sebastian Silva und Gabrial Franco (hier zudem auch Gesang) sowie Drummer Colin Vranizan am Start waren. Mich begeistern die ergreifenden Kompositionen, allen voran das nach vorne galoppierende „Blade And The Will“, welches bei bereits voll klingendem Sound gleich als zweiter Song gezockt wird. Mein zweiter Fave nennt sich „Can You Hear The Rain?“, der eine gewisse Melancholie zum Klingen bringt, die wohl jeder Mensch kennt. Die Dinger kommen live super, der Gesang klingt fast wie auf der EP, Franco streut auch die ganzen „Uh’s!“ und „Ah’s!“ ein. Mit „Time Crushes All“, „I Feel Nothing Nothing“ sowie „By Way Of Kingdom“ präsentieren IDLE HANDS auch alle weiteren Tracks der EP, dazu gesellen sich zwei, drei weitere Stücke vom kommenden Album. Ein gelungener Einstand in Europa!

 

UADA schaffen es, Death und Black Metal perfekt miteinander fusionieren zu lassen und zu wirklich jedem Zeitpunkt nachvolltziehbar zu klingen. Die klirrende Boshaftigkeit von DISSECTION trifft auf das dunkle Melodieverständnis von UNANIMATED. Bei aller Brutalität (was für ein Drumming!) können die Stücke UADAs fast „catchy“ genannt werden, zumindest rechtfertigen die virtuosen Gitarren den Begriff Melodic Black Metal. Erstaunlich finde ich auch, wie variabel die Vocals eingesetzt werden, denn von Death Metal Growls über Kreischexzesse bis hin zu geisterhaftem Heulen wird alles eingesetzt, was der Song oder der Part gerade verlangt. Die Überlänge der Songs schmälert deren Wirkung nicht im Geringsten, im Gegenteil. Ich bange mich jedenfalls in eine stetig tiefer währende Trance und erkenne erst nach Beendigung des unfasslichen Triples „Devoid Of Light“, „Cult Of A Dying Sun“ und „Black Autumn, White Spring“, dass mein Nachbar mir frecherweise das Bier aus der paralysierten Hand gewunden und leergesoffen hat. Die Kapuzenfreaks, die übrigens wie IDLE HANDS aus Portland kommen, haben wieder delivert!

 

Den Äußerungen diverse Besucher*innen lässt sich entnehmen, dass sie TRIBULATION wegen ihrer Musik schätzen, das exaltierte Bühnengebaren aber zum Teil als „übertrieben“ ablehnen. Ich empfinde das tendenziell anders herum: Gerade Jonathan Hulténs androgyne, mephistophelische Bewegungen sind doch echt mal was Anderes. Mit umherflatternden Tüchern und spinnwebenartigen Gelöt schwebt Hultén über unsere Köpfe, reißt die Arme hoch und wirft seinen dürren Körper in unmögliche Verrenkungen. Aber den Songs fehlt das letzte zündende Element. Ich habe sogar drei Alben der Band, aber sowohl dort als auch live wirken TRIBULATION eher als atmosphärisches Gesamtkonzept. Im Gegensatz zu IDLE HANDS fehlen die ganz packenden Melodien, gerade im Gesangsbereich. Ich bin mir bewusst, dass mir in diesem Punkt sehr viele Leute widersprechen werden, welche die Songs offenbar anders hören oder empfinden als ich. Für mich sind TRIBULATION aber unterm Strich eine Band mit unterhaltsamen Bühnenqualitäten (neben Hultèn sollte auch Ex-ENFORCER-Gitarrist Adam Zaars genannt werden), deren Mucke mich nur bedingt kickt.

 

Von GAAHL hatte ich eher wenig erwartet, auch hier befinde ich mich wohl im Kontrast zu vielen Anwesenden, die sich jetzt dicht nach vorne drängen. Aber da hatte ich den ollen Gaahl unterschätzt, denn das Konzert wird besser als erwartet. Erst gibt es ein extrem langes Monoton-Geschrubbe auf einer Saite und als gerade als ein Typ neben mir seine Freundin fragt, ob das jetzt so bleibe (Anfänger…), gibbet ein Break und der erste Song böllert los. Gaahl selbst hat (immer noch) eine krasse Präsenz, die er bewusst einzusetzen weiß. Mit undurchdringlicher starrer Miene und herrischer Körperhaltung hypnotisiert er seine Jünger*innen geradezu, die Stimme klingt ungebrochen krass. Es gibt eine harsch und gut gespielte Mischung aus Klassikern seiner Karriere zu hören, Songs von TRELLDOM, GORGOROTH und GOD SEED also. Gerade das letzte Drittel mit „Incipit Satan“, „Exit – Through Carved Stones“, „Alt Liv“ und „Prosperity And Beauty“ ruft massives Headbanging hervor. Überzeugend aber auch der einzige Song vom kommenden Debutalbum dieses Projekts, „Ghosts Invited“ (?), der heute wohl zum ersten Mal live gezockt wird.

 

Insgesamt ein durchweg spannender Abend, bei dem mich UADA und IDLE HANDS am stärksten beeindruckt haben

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